Entscheidungsstichwort (Thema)

– Schriftform von Miet- bzw. Pachtverträgen –

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Untermiet- oder Unterpachtvertrag, der auf längere Zeit als ein Jahr abgeschlossen wird, bedarf der Schriftform.

Zur Frage, ob ein Pachtvertrag über eine Tankstelle, der eine Benzinbezugsbindung enthält, der Schriftform bedarf.

 

Normenkette

BGB §§ 549, 566, 581 Abs. 2; GWB § 34

 

Verfahrensgang

LG Aschaffenburg

OLG Bamberg

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 10. April 1980 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Durch Vertrag vom 1. April 1959 pachtete die Beklagte zu 2 (R… L…) von E… … L… auf die Dauer von 30 Jahren ein in M… gelegenes Grundstück zum Betrieb einer Tankstelle. Dieses Gelände verpachtete sie im selben Jahr ohne schriftlichen Vertrag an die Firma D… KG, die dort eine Tankstelle errichtete. Einer der persönlich haftenden Gesellschafter der D… KG war der Beklagte zu 1 (E… L…), der Ehemann R… L…s. Anläßlich seines Ausscheidens aus dieser Gesellschaft unterbreitete er am 22. Oktober 1960 den beiden anderen Gesellschaftern ein von ihm unterzeichnetes Vertragsangebot, indem es unter Nr. 7 hieß:

„Frau R… L…, die Ehefrau des ausscheidenden Gesellschafters E… L…, hat 1959 mit E… … L… in A… einen dreißigjährigen Pachtvertrag über das im Steinbruch an der B…straße in M… liegende Gelände abgeschlossen, auf dem die Firma D… KG eine Tankstelle errichtet hat. Frau L… hat ihre Rechte aus diesem Pachtvertrag der Firma D… KG übertragen, die nun ihrerseits Herrn L… und seiner Ehefrau das Recht gibt, diese Tankstelle bis zum Ablauf des Pachtvertrages zu bewirtschaften.

Hierfür gelten folgende Bedingungen:

Der Treibstoff und das Schmieröl müssen ausschließlich von der Firma D… bezogen werden. Ein einmaliger anderweitiger Bezug würde der Firma D… die Berechtigung geben, den Vertrag fristlos zu kündigen.”

Dieses Angebot nahmen die beiden anderen Gesellschafter am 27. Oktober 1960 in einer von ihnen und dem Beklagten zu 1 unterzeichneten Vereinbarung mit folgenden Änderungen an:

„3 b) Herr E… L… zahlt für die Überlassung der Tankstelle am Steinbruch an der B…straße in M… ab 1.1.1961 an die Firma D… KG jährlich 500 DM, die jeweils am Jahresende, erstmals am 31.12.1961, zur Zahlung fällig sind.”

In der Folgezeit bewirtschafteten die Beklagten die Tankstelle. Ab 1. Juli 1963 belieferte die Klägerin, die die Betriebsanlagen der D… KG übernommen hat, die Beklagten. Die beabsichtigte schriftliche Festlegung ihrer vertraglichen Beziehungen kam zwischen den Parteien nicht zustande. Gleichwohl belieferte die Klägerin die Beklagten weiter, wobei sie mit Schreiben vom 5. Februar 1964 klarstellte, daß die Beklagten Mineralöl im eigenen Namen und auf eigene Rechnung verkauften.

Die Parteien schlossen lediglich am 23. September 1971 einen schriftlichen Vertrag zur Berechnung der Kraftstoffpreise und zur Regelung der Lieferungsbedingungen. Ausdrücklich heißt es dort:

„Grundlage für die getroffenen Vereinbarungen war Punkt 7 des zwischen der Firma D… KG (Rechtsnachfolger PAM) und den Eheleuten L… am 22.10.1960 abgeschlossenen Vertrages”.

Auf Betreiben der Beklagten zu 2, kam es am 31. März 1977 zu einer einverständlichen Beendigung des Hauptpachtvertrages mit dem Grundstückseigentümer. Unter Hinweis auf die Beendigung des Pachtvertrages kündigten die Beklagten mit Schreiben vom 9. Januar 1977 gegenüber der Klägerin „den Liefervertrag vom 23. September 1971” zum 31. März 1977.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin – neben anderen nicht mehr im Streit befindlichen Anträgen – die Feststellung begehrt, daß beide Beklagten wegen Nichtabnahme von Treibstoff und Schmieröl in der Zeit vom 1. April 1977 bis 1. April 1989 der Klägerin gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet seien.

Das Landgericht hat der Klage insofern stattgegeben.

Das Berufungsgericht hat die Klage gegen den Beklagten zu 1 abgewiesen und eine Ersatzpflicht der Beklagten zu 2 lediglich bis zum 31. März 1978 festgestellt.

Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht führt aus, zwischen der Beklagten zu 2 als Grundstückspächterin und der D… KG sei, wenn auch nicht in schriftlicher Form, ein Unterpachtvertrag zum Betrieb einer Tankstelle abgeschlossen worden. Die D… KG habe die Tankstelle an beide Beklagte weiterverpachtet (sogenannter Unterunterpachtvertrag). In diese Vertragsverhältnisse sei die Klägerin durch Vertragsübernahme eingetreten.

Gegen diese Auslegung der zwischen den Parteien begründeten Vertragsbeziehungen bestehen keine Bedenken. Das Berufungsgericht trägt damit den Formulierungen in Nr. 7 des Vertragsangebots und in Nr. 3 b der nachfolgenden Vereinbarung vom 27. Oktober 1960 Rechnung. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen.

II.

1. Das Berufungsgericht sieht, wie der Zusammenhang der Entscheidungsgründe ergibt, das von der Klägerin behauptete Recht auf Belieferung der Tankstelle als Teil des Unterunterpachtvertrages an. Es bejaht eine Ersatzpflicht wegen Verletzung dieses Rechts der Klägerin, begrenzt sie aber auf die Zeit bis zum 31. März 1978. Hierzu führt es aus, die Beklagte zu 2 sei durch die Aufhebung des zwischen ihr und dem Grundstückseigentümer bestehenden Pachtvertrages nicht mehr in der Lage gewesen, ihre Verpflichtungen aus dem Unterpachtvertrag zu erfüllen; der Klägerin sei es dadurch nicht mehr möglich gewesen, dort Treibstoff zu verkaufen. Damit habe die Beklagte zu 2 sich schadensersatzpflichtig gemacht. Jedoch habe ihre Verpflichtung aus dem Unterpachtvertrag am 31. März 1978 geendet. Denn dieses Unterpachtverhältnis sei nicht auf die Dauer von 30 Jahren abgeschlossen, sondern auf unbestimmte Zeit, weil die nach § 566 BGB gebotene Schriftform nicht gewahrt sei. Die Vereinbarung vom 27. Oktober 1960 habe die Beklagte zu 2 nicht unterzeichnet. Dem Vertrag vom 23. September 1971 komme keine eigenständige, die Beklagte zu 2 zur Abnahme von Kraftstoff und Öl verpflichtende Bedeutung zu. In ihm seien nur die Zahlungsmodalitäten für Treibstofflieferungen geregelt worden. Daher habe die Beklagte zu 2 den Unterpachtvertrag kündigen können. Die Kündigung vom 9. Januar 1977, die zwar ausdrücklich nur den Liefervertrag vom 23. September 1971 betroffen habe, aber sämtliche vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien habe beenden sollen, sei gemäß § 595 Abs. 1 Satz 2 BGB erst zum 31. März 1978 wirksam geworden, so daß die Beklagte zu 2 Schadensersatz wegen Nichtabnahme von Treibstoff und Schmieröl bis zu diesem Termin schulde.

2. Hiergegen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.

a) Aus dem angefochtenen Urteil ist nicht zu ersehen, ob das Berufungsgericht die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen voneinander getrennt gesehen und gewürdigt hat.

Die Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 2 wegen Nichtabnahme von Treibstoff und Öl könnte zum einen daraus folgen, daß die Beklagte zu 2 sich durch die auf ihr Betreiben hin erfolgte Auflösung des Pachtvertrages mit dem Grundstückseigentümer die Erfüllung ihrer aus dem Unterpachtvertrag gegenüber der Klägerin obliegenden Verpflichtung, das Grundstück zum Betrieb einer Tankstelle zu überlassen, unmöglich gemacht hat.

Die Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 2 könnte aber auch aus der Nichterfüllung der von der Klägerin behaupteten Verpflichtung zur Abnahme von Treibstoff und Schmieröl und zum ausschließlichen Bezug von der Klägerin hergeleitet werden.

b) Soweit es auf den Unterpachtvertrag, an dem die Beklagte zu 2 als Verpächterin und die Klägerin als Pächterin beteiligt waren, ankommt, hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, daß dieses Vertragsverhältnis durch die Kündigung vom Januar 1977 zum 31. März 1978 beendet worden ist. Die Beklagte zu 2 konnte nämlich den Unterpachtvertrag kündigen, weil er, obwohl auf die Dauer von 30 Jahren eingegangen, nicht in schriftlicher Form abgeschlossen worden ist. Auch ein Unterpacht- bzw. ein Untermietvertrag, der auf längere Zeit als ein Jahr abgeschlossen wird, bedarf nach § 566 BGB der Schriftform.

Der Senat hat diese Frage im Urteil vom 15. Februar 1967 (VIII ZR 222/64 = WM 1967, 515, 516) angeschnitten, ohne sie zu entscheiden.

Der Wortlaut des § 566 BGB spricht dafür, daß diese Bestimmung auch für Untermiet- oder Unterpachtverträge gilt. Die Bestimmungen des Mietrechts (§ 535ff. BGB) unterscheiden grundsätzlich nicht zwischen Miete und Untermiete, sondern gehen davon aus, daß der Untermietvertrag ein Mietvertrag mit den in den §§ 535ff. BGB geregelten Rechten und Pflichten von Vermieter und Mieter ist (vgl. hierzu Senatsurteil vom 26. April 1978 – VIII ZR 236/76 = BGHZ 71, 243, 250). Kann aber ein Untermietvertrag inhaltlich ausgestaltet werden wie ein Hauptmietvertrag, so liegt es nahe, den Untermietvertrag auch den Formvorschriften des Mietrechts zu unterwerfen. Auch von der Interessenlage der Beteiligten her würde nicht einzusehen sein, daß zwar der Hauptmietvertrag (Hauptpachtvertrag) über ein Grundstück, welcher länger gelten soll als ein Jahr, der Schriftform bedarf, nicht aber ein in gleichem Zuge vom Hauptmieter (Hauptpächter) abgeschlossener Untermietvertrag (Unterpachtvertrag) gleichen Inhalts und gleicher Laufzeit (vgl. zum Ergebnis: Planck/Knoke, BGB, 4. Aufl. § 549 Anm. 2 a; Mittelstein, Die Miete, 4. Aufl. S. 635; BGB-RGRK – Gelhaar – 12. Aufl. § 549 Rdn. 15). Auch aus dem Zweck, den der Gesetzgeber seinerzeit mit der Regelung des § 566 BGB verfolgt hat, kann letztlich nichts gegen die Anwendung der Vorschrift auf Untermietverträge (Unterpachtverträge) hergeleitet werden. § 566 BGB hat danach Bezug auf § 571 BGB.

Der Grundstückserwerber, der nach § 571 BGB in bestehende Mietverhältnisse eintritt, soll in die Lage versetzt werden, sich über den Umfang und Inhalt der auf ihn übergegangenen mietvertraglichen Verpflichtungen zuverlässig zu unterrichten (vgl. Prot. II 149, 155). Indessen wurde die Regelung des § 566 BGB in einer Weise ausgestaltet, die über den ursprünglich mit ihr verfolgten Zweck hinausgeht. Sollte nur der Grundstückserwerber vor nicht überschaubaren langfristigen Mietverpflichtungen geschützt werden, so hätte es genügt, ihm ein Kündigungsrecht zuzubilligen, die Parteien, die den Vertrag abgeschlossen haben, jedoch daran zu binden. Dies zeigt, daß § 566 BGB über § 571 BGB hinaus Bedeutung hat. Letztlich steht der Gesetzeszweck somit einer Erstreckung des Formzwangs auf ein Untermiet- oder Unterpachtverhältnis nicht entgegen, selbst wenn durch die Untervermietung oder Unterverpachtung das Vertragsverhältnis zum Vermieter unberührt bleibt.

Die von der Revision für ihre Ansicht angeführte Senatsentscheidung vom 29. November 1978 (VIII ZR 163/77 = BGHZ 72, 394, 398) steht diesem Ergebnis nicht entgegen.

c) Wegen Nichtbeachtung der Schriftform war das Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten zu 2 und der Klägerin somit auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, so daß die Beklagte zu 2 es kündigen konnte. Wenn das Berufungsgericht das Kündigungsschreiben beider Beklagter, das ausdrücklich nur den Liefervertrag vom 23. September 1971 erwähnt, dahin auslegt, daß dadurch alle vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien beendet werden sollten, so ist diese tatrichterliche Auslegung möglich und für den Senat bindend. Somit wurde das Unterpachtverhältnis, zwischen der Beklagten zu 2 und der Klägerin durch die Kündigung vom 9. Januar 1977 aufgelöst, jedoch erst zum 31. März 1978.

d) Daß sich die Beklagte zu 2 auf die Nichteinhaltung der Form beruft, verstößt nicht gegen Treu und Glauben. Die tatrichterliche Würdigung insoweit begegnet keinen Bedenken und wird auch von der Revision nicht beanstandet.

III.

Soweit die Klägerin vorbringt, die Beklagte zu 2 habe sich ihr gegenüber wirksam verpflichtet, auf längere Zeit ausschließlich von ihr Kraftstoff und Schmieröl zu beziehen, und aus der Nichterfüllung dieser Abnahmepflicht Schadensersatzansprüche herleitet, ist ihr Vortrag nicht schlüssig. Die behauptete Abnahmeverpflichtung, verbunden mit der Pflicht, Kraftstoffe ausschließlich von der Klägerin zu beziehen, kann nur Bestandteil des Unterunterpachtverhältnisses zwischen der Klägerin und beiden Beklagten sein. Unabhängig davon, daß auch dieser Unterunterpachtvertrag der Schriftform des § 566 BGB bedurfte und daher zum 31. März 1978 wirksam gekündigt werden konnte, ist dieser Vertrag und die darin enthaltene Abnahmepflicht und Ausschließlichkeitsbindung wegen Nichteinhaltung der Schriftform gemäß § 34 GWB unwirksam.

a) Zwischen den Parteien bestand, wie aus dem Schreiben der Klägerin an den Beklagten zu 1 vom 5. Februar 1964 hervorgeht, kein Tankstellenstationierungsvertrag. Vielmehr verkauften die Beklagten die von der Klägerin bezogenen Waren im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Dieser Annahme steht die Tatsache, daß sie ihr Geschäft auf einem von der Klägerin ausgebauten Tankstellengelände betrieben, nicht entgegen.

Bei dieser Vertragsgestaltung, in der die Beklagten in keinem Abhängigkeitsverhältnis zur Klägerin standen, beinhaltet die Vereinbarung, Kraftstoff und Öl nur von der Klägerin zu beziehen, eine Ausschließlichkeitsbindung gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 GWB. Der Vertrag enthält unter Androhung eines Kündigungsrechts für den Fall der Zuwiderhandlung die Verpflichtung, bestimmte Waren ausschließlich von der D… KG bzw. der Klägerin als Rechtsnachfolgerin zu beziehen, und beschränkt daher die Beklagten darin, solche Waren von Dritten, ggf. günstiger, anzukaufen (vgl. BGH Urteil vom 1. Dezember 1977 – KZR 6/76 = NJW 1978, 822 = WM 1978, 216; Urteil vom 12. Februar 1980 – KZR 8/79 = BGHZ 77, 1 = NJW 1980, 1529 = WM 1980, 498).

b) Ein Vertrag mit solchem Inhalt bedarf nach § 34 GWB der Schriftform. Zwar ist nicht festgestellt, daß durch die in der Vereinbarung vom 27. Oktober 1960 festgelegte Bezugsbindung eine der in § 18 Abs. 1 a bis c GWB aufgeführten wettbewerbsbeschränkenden Folgen eingetreten ist. Für das Formerfordernis kommt es indessen nicht darauf an, ob eine dieser Folgen, die das Kartellamt zum Einschreiten berechtigen, tatsächlich herbeigeführt worden ist. Die Schriftform dient dem Zweck, der Kartellbehörde die Untersuchung zu erleichtern, ob einer der Tatbestände des § 18 Abs. 1 GWB vorliegt (BGH Urteile vom 26. Februar 1970 – KZR 5/69 = BGHZ 53, 304, 306 = NJW 1970, 1131 = WM 1970, 670; vom 5. Februar 1980 – KZR 13/79 = NJW 1980, 2517 = WM 1980, 1291; Urteile vom 1. Dezember 1977 und 12. Februar 1980 a.a.O.).

c) Diese Schriftform ist nicht gewahrt.

Eine Vertragsurkunde, in der sie sich einer Abnahmepflicht und einer Bezugsbindung unterworfen hat, hat die Beklagte zu 2 nicht unterschrieben. Die Vereinbarung vom 27. Oktober 1960 hat sie nämlich nicht unterzeichnet. Sie ist auch nicht dadurch in das Vertragsverhältnis einbezogen worden, daß etwa der Beklagte zu 1 als ihr Vertreter gehandelt hat. Der Vertragstext – Angebot und Annahme – besagt eingangs eindeutig, daß nur der Beklagte zu 1 den Vertrag mit der D… KG abgeschlossen hat. Anzeichen für ein gleichzeitiges Auftreten im Namen der Beklagten zu 2 sind nicht zu erkennen und werden auch nicht vorgetragen.

Die Beklagte zu 2 hat nur die spätere, als Liefervertrag bezeichnete Vereinbarung vom 23. September 1971 unterschrieben. Hierdurch ist sie jedoch nicht der früheren Vereinbarung vom 27. Oktober 1960 beigetreten. Die Auslegung des Berufungsgerichts, dem Vertrag vom 23. September 1971 komme keine eigenständige Bedeutung zu, sondern er enthalte nur eine Regelung über die zukünftige Preisgestaltung und über Lieferungsbedingungen, begegnet revisionsrechtlich keinen Bedenken. Mit dieser Auslegung trägt das Berufungsgericht der wirtschaftlichen Bedeutung und dem Willen beider Vertragsteile Rechnung. Gerade die Beklagten hatten mehrere Vertragsentwürfe der Klägerin zur umfassenden Regelung ihrer vertraglichen Beziehungen abgelehnt. Somit entsprach es nicht dem mit der Vereinbarung vom 23. September 1971 verfolgten Zweck, dieser eine über ihren Wortlaut hinausgehende Bedeutung beizumessen. Vielmehr wollten die Parteien bewußt nur einen Ausschnitt ihrer vertraglichen Beziehungen schriftlich niederlegen.

Von Bedeutung ist ferner, daß auch die Vereinbarung vom 23. September 1971 eine Verpflichtung zur Abnahme einer bestimmten Menge an Treibstoff und Schmieröl oder zur Aufrechterhaltung des Betriebs der Tankstelle nicht enthält. Gerade einer solchen Verpflichtung, die möglicherweise mündlich eingegangen wurde, bedarf es aber zur Begründung der Schadensersatzansprüche der Klägerin.

d) Die Klägerin trägt weiter vor, im Februar 1971 hätten die Parteien in einer Besprechung ihre Rechtsbeziehungen umfassend geregelt; diese Regelung sei mit Schreiben vom 19. Februar 1972 an beide Beklagte bestätigt worden.

Selbst wenn die Beklagten dieses Schreiben widerspruchslos hingenommen haben, sollten, vermag es die Schriftform des § 34 GWB nicht zu ersetzen. Diese Vorschrift und § 126 Abs. 1 BGB verlangen die Unterzeichnung durch alle am Vertrag Beteiligten. Es reicht nicht, einmal aus, wenn nur derjenige unterschreibt, der sich der kartellrechtlichen Bindung unterwirft, nicht aber der durch die Bezugsbindung Begünstigte (vgl. OLG Stuttgart WuW OLG 1674). Um so mehr ist die Unterschrift desjenigen, der die Bezugsbindung eingeht, erforderlich. Die widerspruchslose Hinnahme eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens vermag daher die Schriftform nicht zu ersetzen (BGH Urteil vom 26. Juni 1972 – KZR 64/71 = NJW 1972, 1712 = BB 1972, 1156).

e) Die Bezugsbindung kann nicht gemäß § 242 BGB mit Rücksicht darauf, daß die Parteien das zwischen ihnen bestehende Vertragswerk jahrelang als gültig angesehen haben, als wirksam behandelt werden. Angesichts des Zwecks der Formvorschrift ist für eine Berufung auf Treu und Glauben kein Raum, und zwar selbst dann nicht, wenn man den Zweck des § 34 GWB nicht ausschließlich in der Wahrung des öffentlichen Interesses und der Erleichterung der Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen sieht, sondern auch in dem Schutz des sich bindenden Vertragspartners vor übereilten Geschäftsabschlüssen (BGH Urteil vom 6. März 1979 – KZR 12/78 = NJW 1979, 2247, 2248 = WM 1979, 675, 676). War vorliegend die Einhaltung der Schriftform auch mit Rücksicht auf die einschneidende und langjährige Bindung und Beschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit geboten, so kann die Berufung auf das Fehlen der Schriftform nicht gegen Treu und Glauben verstoßen.

f) Da somit die Beklagte zu 2 eine Bezugsbindung gegenüber der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin nicht in schriftlicher Form eingegangen ist, ist diese nach § 125 BGB unwirksam, so daß ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen Nichterfüllung der Pflicht zum Bezug von Öl und Kraftstoff nicht begründet ist.

IV.

1. Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 1 wegen Nichtabnahme von Kraftstoff und Schmieröl lehnt das Berufungsgericht insgesamt ab. Zur Begründung legt es dar, der Beklagte zu 1 sei nicht Vertragspartner des Unterpachtverhältnisses gewesen, so daß aus dessen Auflösung Ansprüche nicht herzuleiten seien. Auch aus der Vereinbarung anläßlich seines Ausscheidens aus der D… KG ergebe sich, selbst unter Berücksichtigung einer etwaigen fortwirkenden Treuepflicht, keine Anspruchsgrundlage. Dort sei nur dasRecht des Beklagten zu 1 zusammen mit seiner Ehefrau die Tankstelle als Unterunterpächter zu bewirtschaften, begründet worden, jedoch keine Verpflichtung zum Betrieb der Tankstelle oder zum dreißigjährigen Bezug von Treibstoff und Öl. Eine solche Verpflichtung sei auch der Vereinbarung vom 23. September 1971 nicht zu entnehmen.

2. Im Ergebnis halten diese Ausführungen den Revisionsangriffen stand.

Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, daß der Beklagte zu 1 nicht Vertragspartei des Unterpachtvertrages war.

Auch er ist gegenüber der Klägerin nicht wirksam eine Bezugsbindung eingegangen, weil in diesem Verhältnis ebenfalls die nach § 34 GWB vorgeschriebene Schriftform nicht eingehalten worden ist. Weder die Vereinbarung vom 27. Oktober 1960 noch die vom 23. September 1971 reichen insoweit aus.

a) Gegen die Annahme, die Schriftform des § 34 GWB sei erfüllt, spricht schon der Umstand, daß die im Vertrag vom 27. Oktober 1960 enthaltene Ausschließlichkeitsbindung keine selbständige Bedeutung hat, sondern ihren wirtschaftlichen Sinn erst im Zusammenhang mit dem Unterunterpachtverhältnis und dem damit verbundenen Bewirtschaftungsrecht gewinnt. Zur Erfüllung der Schriftform reicht es jedoch nicht aus, daß nur der die Wettbewerbsbeschränkung enthaltende Teil eines Vertrages schriftlich niedergelegt ist, nicht aber der übrige Vertragsinhalt (BGH Urteil vom 9. November 1967 – KZR 10/65 = BB 1968, 7 = MDR 1968, 121; in NJW 1968, 403 nur der Leitsatz). Nur die Kenntnis des Vertragsinhalts insgesamt bietet nämlich der Kartellbehörde eine sichere Grundlage für die Prüfung, ob eine unerwünschte und nach § 18 GWB zu untersagende Wettbewerbsbeschränkung vorliegt. Im vorliegenden Fall mußte daher der Unterunterpachtvertrag zwischen den Parteien, soweit er die wesentlichen Verpflichtungen betrifft, in schriftlicher Form niedergelegt sein. Daran fehlt es.

b) Außerdem ergibt sich aus den vorhandenen Urkunden die von der Klägerin behauptete Bezugspflicht des Beklagten zu 1 nicht.

aa) Die tatrichterliche Würdigung, der Vertrag vom 27. Oktober 1960 gewähre dem Beklagten zu 1 nur Rechte, ohne ihm entsprechende Verpflichtungen aufzuerlegen, läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Mit dieser Auslegung hält sich das Berufungsgericht im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens. Ihm ist zuzugeben, daß der Wortlaut nur von Rechten des Beklagten zu 1 spricht. Die Erwähnung der Kündigungsmöglichkeit der D… KG für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Bezugsbindung besagt lediglich, daß der Beklagte zu 1 eine Kündigung riskiert, wenn er von einem Dritten Kraftstoff bezieht, begründet jedoch kein Kündigungsrecht der D… KG bzw. der Klägerin, wenn er den Betrieb nicht aufrechterhält. Diese Auslegung des Berufungsgerichts mag zwar auf den ersten Blick formalistisch erscheinen. Sie trägt jedoch dem Vortrag der Klägerin Rechnung, die selbst darauf hingewiesen hat, daß es bei der Vereinbarung vom 27. Oktober 1960 um das Ausscheiden eines lästigen Gesellschafters gegangen sei, daß der Beklagte zu 1 am „längeren Hebel” gesessen und dies zu seinem Vorteil ausgenutzt habe. Berücksichtigt man diesen Hintergrund, so ist eine am Wortlaut orientierte Auslegung der Vereinbarung vom 27. Oktober 1960 in dem Sinne, daß der Beklagte zu 1 nur Rechte erhalten sollte, naheliegend.

bb) Rechtsfehlerfrei ist auch, wie bereits dargelegt, die Würdigung des Berufungsgerichts, die Vereinbarung vom 23. September 1971 betreffe nur Liefer- und Zahlungsmodalitäten, ohne Verpflichtungen des Beklagten zu 1, insbesondere eine dreißigjährige Abnahmepflicht, zu begründen.

c) Es mag zwar sein, daß im Zusammenhang mit sonstigen, außerhalb der schriftlichen Urkunden liegenden Umständen und unter Berücksichtigung der jahrelangen Übung die Verträge dahingehend auszulegen sind, daß ihnen eine Betriebs- und Abnahmepflicht zu entnehmen ist. Möglicherweise entsprach dies auch dem Willen aller Beteiligten. Dies genügt jedoch nicht. Eine solche Auslegung findet in dem Wortlaut der schriftlich vorliegenden Verträge keinen ausreichenden Ausdruck, so daß die Kartellbehörde sie nicht nachvollziehen kann (vgl. BGH Urteile vom 26. Juni 1972 und 1. Dezember 1977 a.a.O.).

V. Nach allem erweist sich die Revision hinsichtlich beider Beklagten als unbegründet. Da ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist, hat die Klägerin die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen (§ 97 ZPO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 609679

BGHZ, 46

NJW 1981, 2246

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