Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs

 

Leitsatz (redaktionell)

(Fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs - BGB § 554 Abs 1 - : Nicht unerheblicher Teil des Mietzinses; vertragliche Einschränkung des Kündigungsrechts)

1. Die Beurteilung, ob der Mieter im Sinn von BGB § 554 Abs 1 S 1 Nr 1 mit einem nicht unerheblichen Teil des Mietzinses in Verzug ist, richtet sich nicht nach dem für den einzelnen Termin rückständigen Mietzins, sondern nach dem gesamten Mietzinsrückstand. Dieser ist jedenfalls dann nicht mehr unerheblich, wenn er den Mietzins für einen Monat übersteigt.

2. Zur Frage, ob das Kündigungsrecht aus BGB § 554 Abs 1 vertraglich eingeschränkt werden kann.

 

Orientierungssatz

(Vertragliche Einschränkung des Kündigungsrechts aus BGB § 554 Abs 1)

Hinsichtlich des Kündigungsrechts aus BGB § 554 Abs 1 ist kein Grund dafür ersichtlich, daß seine Voraussetzungen nicht zugunsten des Mieters verschärft werden können. Der Ausschluß oder die Einschränkung muß allerdings im Einzelfall im Mietvertrag klar zum Ausdruck kommen oder sich aus der Interessenlage zwingend ergeben. Das Recht zur Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund muß in seinem Wesensgehalt respektiert werden.

 

Normenkette

BGB § 554 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Entscheidung vom 19.03.1986; Aktenzeichen 15 U 47/85)

LG Wuppertal (Entscheidung vom 21.02.1985; Aktenzeichen 17 O 426/84)

 

Tenor

Die Revision gegen das Teil-Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. März 1986 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Revisionsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Kläger, eine Erbengemeinschaft, vermieteten den Beklagten durch schriftlichen Vertrag vom 30. September 1976 die Haus- und Hoffläche des Grundstücks Ho. Straße … in W. -E. mit den im Erdgeschoß angrenzenden beiden Räumen einschließlich Untergeschoß zu einem im voraus zu zahlenden monatlichen Mietzins von 500,– DM, für den eine Wertsicherungsklausel vereinbart ist. Danach betrug im Jahr 1984 der monatliche Mietzins für das Hausgrundstück 547,20 DM und für den unstreitig mitvermieteten Anbau 136/80 DM. Neben der Beschreibung des Mietobjekts und der Festlegung des Mietzinses hat der knapp gefaßte Vertrag folgenden Wortlaut:

„Die Mietdauer beträgt 17 Jahre und der Vertrag ist dann mit jährlicher Kündigung lösbar. Der Mieter hat jedoch den Vorzug gegenüber Dritten, wenn er an der weiteren Anmietung interessiert ist. Alle erforderlichen Baumaßnahmen, die u. a. auch zur Errichtung eines Gaststättenbetriebes erforderlich sind und zu Lasten des Mieters gehen, dürfen uneingeschränkt durchgeführt werden, innerhalb und außerhalb des Gebäudes. Alle installierten Einrichtungen bleiben Eigentum des Mieters. Der Vertrag ist durch den Vermieter nicht vor Beendigung der Laufzeit kündbar.”

Hinsichtlich der Nebenkosten sind sich die Parteien darüber einig, daß den Beklagten die Kanalbenutzungsgebühren anteilig zur Last fallen. Außerdem haben sich die Beklagten bereit erklärt, die Haftpflichtversicherung für das Mietobjekt zu tragen. Schließlich kamen die Parteien im Jahr 1982 überein, daß die Kläger das Mietobjekt gegen Schäden durch Feuer, Leitungswasser und Sturm versicherten und die Beklagten ihnen die auf das Haupthaus und den Anbau entfallenden Prämien erstatteten.

Das Gebäude befand sich bei Vertragsabschluß im Jahre 1976 in einem äußerst schlechten baulichen Zustand. Die Beklagten bauten es zu einer Gaststätte aus, die der Beklagte zu 2 betreibt. Bald nach Vertragsabschluß kam es zwischen den Parteien, vor allem zwischen dem Kläger zu 3 und den Beklagten, zu erheblichen Spannungen, die eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten im Gefolge hatten.

Am 24. Februar 1982 trat am Bodenbelag der Gaststätte ein Schaden auf, den die Beklagten als Leitungswasserschaden dem Kläger zu 3 anzeigten, der ihn seinerseits der Versicherung meldete. Die Firma G. machte dem Kläger zu 3 am 19. Juli 1982 ein Angebot über die Erneuerung des Bodenbelages zu einem Preise von 5.316/65 DM. Die Versicherung zahlte in der Folgezeit an den Kläger zu 3 3.036,50 DM. Dieser stellte den Betrag den Beklagten nicht zur Verfügung, sondern schrieb dem Beklagten zu 1 unter dem 25. Juli 1982, er verrechne diesen Betrag. Später berief er sich darauf, er behalte die ausgezahlte Versicherungssumme solange treuhänderisch für die Versicherung, bis die Ursache des Wasserschadens gutachterlich geklärt sei.

Die Beklagten haben nach vorheriger Ankündigung die Mieten für das Hauptgebäude für die Monate März bis September 1984 im Gesamtbetrag von 3.829,42 DM (7 × 547,06 DM) zur späteren Finanzierung der von ihnen danach durchgeführten Reparatur des Bodenbelags einbehalten. Mit der Reparatur beauftragte der Beklagte zu 2 einen Fliesenlegermeister und führte – wie er vorträgt – Nebenarbeiten selber aus. Er erteilte dem Kläger zu 3 am 17. November 1984 eine Abrechnung über 3.372,80 DM und überwies ihm 428,77 DM.

Die Kläger kündigten wegen des von den Beklagten einbehaltenen Mietzinses und wegen anderer ihrer Meinung nach rückständiger Zahlungen das Mietverhältnis mit Schreiben vom 7. Mai 1984, 7. September 1984, 24. Oktober 1984 und 9. Januar 1986 fristlos.

Die Kläger begehren mit ihrer Klage die Räumung und Herausgabe des Mietobjektes. Die Beklagten haben ihren Antrag auf Klagabweisung damit begründet, daß die Kündigung nach dem Mietvertrag ausgeschlossen sei und ihnen kein Verzug bei Zahlung des Mietzinses zur Last falle, weil sie die Miete für die Monate März bis September 1984 zur Finanzierung der durch den Wasserschaden notwendig gewordenen Reparaturen einbehalten hätten und dazu auch berechtigt gewesen seien, nachdem der Kläger zu 3 die Versicherungsleistung nicht für diesen Zweck zur Verfügung gestellt habe. Für den Fall ihrer Verurteilung haben die Beklagten hilfsweise Widerklage mit dem Antrag erhoben, die Kläger zur Zahlung von 226.800 DM nebst Zinsen zu verurteilen. Sie haben insoweit geltend gemacht, den Klägern fielen erhebliche Wertverbesserungen in bezug auf das Mietobjekt zu, wenn sie mit ihrer außerordentlichen Kündigung Erfolg hätten. Die Kläger haben Abweisung der Widerklage beantragt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Recht der Kläger zur fristlosen Kündigung gemäß § 554 Abs. 1 BGB sei wegen der Aufbauleistungen der Beklagten vertragsgemäß weitgehend eingeschränkt. Die Kläger könnten nur bei besonders schweren Vertragsverstößen, wenn das Mietverhältnis so grundlegend erschüttert sei, daß ihnen dessen Fortsetzung nicht mehr zumutbar sei, fristlos kündigen. Die vertragliche Redlichkeit hätte es geboten, den Beklagten den Versicherungsbetrag zweckgerichtet zur Verfügung zu stellen. Die deswegen zwischen den Parteien aufgetretenen Meinungsverschiedenheiten und die Reaktion der Beklagten auf das Verhalten des Klägers zu 3 könnten nicht als ein besonders schwerer, eine fristlose Kündigung rechtfertigender Vertragsverstoß gewertet werden.

Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung haben die Kläger insbesondere noch geltend gemacht, die Beklagten hätten gewußt, worauf sie sich mit der Einbehaltung, des Mietzinses einließen, denn sie (Kläger) hätten mit Einschreiben vom 17. März 1984 der Verrechnung widersprochen und den Beklagten die fristlose Kündigung angedroht. Desweiteren hätten die Beklagten die von ihnen zu tragende Prämie für die Gebäudeversicherung nicht gezahlt. Die Beklagten sind der Berufung im einzelnen entgegengetreten und haben die hilfsweise erhobene Widerklage, deren Abweisung die Kläger beantragt haben, aufrecht erhalten. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Kläger der Klage gemäß dem – im Berufungsverfahren neu gefaßten – Antrag durch Teil-Urteil stattgegeben; der Erfolg der Widerklage lasse sich hingegen noch nicht absehen. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, verfolgen die Beklagten ihren Klagabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Das Mietverhältnis sei mit den Erklärungen im Schreiben der Kläger vom 7. September 1984, auf jeden Fall aber mit denen im Schreiben vom 24. Oktober 1984 rechtswirksam fristlos gekündigt worden.

1. Das Recht der Kläger zur fristlosen Kündigung sei nach dem Inhalt des Mietvertrags nicht wegen der Aufbauleistungen der Beklagten weitgehend eingeschränkt. Eine solche Vereinbarung müsse in dem Mietvertrag klar zum Ausdruck kommen oder sich aus der Interessenlage der Parteien zwingend ergeben. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Der erste in diesem Zusammenhang einschlägige Satz in dem Mietvertrag, die Mietdauer betrage 17 Jahre, der Vertrag sei dann mit jährlicher Kündigung lösbar, beziehe sich nach seinem Inhalt nur auf die ordentliche Kündigung. Es sei nicht genügend ersichtlich, daß durch den späteren Satz, der Vertrag sei durch den Vermieter nicht vor Beendigung der Laufzeit kündbar, eine weitergehende Regelung, nämlich der Ausschluß des Rechts zur außerordentlichen Kündigung durch den Vermieter, zum Ausdruck habe gebracht werden sollen. Aus den – im einzelnen dargelegten – Umständen bei Vertragsabschluß sei zu folgern, daß die Parteien seinerzeit nicht den Fall von schwerwiegenden Vertragsverstößen, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, in ihre Überlegungen aufgenommen haben, zumal bei objektiver Betrachtung auch die Interessen der Beklagten nicht den Ausschluß des Rechts zur außerordentlichen Kündigung erforderten. Ihren Belangen werde, wenn eine fristlose Kündigung zur vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses führe, dadurch hinreichend Rechnung getragen, daß sie nach § 812 Abs. 1 BGB Entschädigung verlangen könnten, soweit sie ihre Aufbauleistungen noch nicht „abgewohnt” haben. Daher lege die Besonderheit, daß die Mieter zu Beginn des Vertragsverhältnisses erhebliche Leistungen zur Verbesserung des Mietobjekts erbracht haben, in dem Fall, daß eine eindeutige Regelung fehle, nur den Ausschluß des Rechts des Vermieters zur ordentlichen Kündigung nahe. Ein Mieter, der sich so vertragswidrig verhalte, daß dem Vermieter nach dem Gesetz ein Recht zur fristlosen Kündigung zustehe, verdiene vor einer aus diesem Grund ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung nur insoweit Schutz, daß er wegen seiner Verwendungen angemessen entschädigt werden müsse. Jedenfalls gelte diese Auslegung für den Fall des Zahlungsverzugs mit dem Mietzins, weil dann die Belange des Vermieters, der die Beträge u. a. zur Abdeckung der laufenden Unkosten benötige, vorrangig seien gegenüber denen des Mieters, der auf andere Art und Weise klären lassen könne, ob seine Ansprüche berechtigt sind.

2. Die Kläger hätten von ihrem Recht zur fristlosen Kündigung am 7. September 1984 Gebrauch gemacht. Zu jenem Zeitpunkt seien die Beklagten für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teils des Mietzinses, nämlich insgesamt 792,92 DM = 58 % der für die Monate August und September 1984 geschuldeten Miete, in Verzug gewesen (§ 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB). Den von ihnen für die Monate März bis September 1984 in Höhe von insgesamt 3.829,42 DM einbehaltenen Mieten habe nur eine Forderung der Beklagten von 3.036,50 DM aus der vertragswidrigen Vorenthaltung der von der Versicherung erbrachten Leistung gegenübergestanden, nicht eine Forderung auf Ersatz der Aufwendungen, die für die Behebung des Wasserschadens tatsächlich zu erbringen waren. Das folge aus der Regelung im Mietvertrag, wonach alle erforderlichen Baumaßnahmen zu Lasten des Mieters gehen. Der Betrag von 792,92 DM sei vor allem auch deshalb ein erheblicher Teil des Mietzinses im Sinne von § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB, weil die Beklagten am 7. September 1984 noch mit weiteren Beträgen, nämlich der Zahlung von Kanalbenutzungsgebühren in Höhe von 242,46 DM und der Erstattung der Prämie von 120,80 DM für die Haftpflichtversicherung, in Verzug gewesen seien. Der Verzug bei der Zahlung von Nebenkosten könne zwar eine fristlose Kündigung nach § 554 Abs. 1 BGB nur dann rechtfertigen, wenn sie fortlaufend wie der Mietzins zu entrichten seien. Ein Zahlungsverzug mit Nebenkosten, die nicht zu den gleichen Terminen wie der Mietzins zu bezahlen sind, könne jedoch ein Kündigungsrecht wegen schuldhafter grober Vertragsverletzung im Sinne von § 554 a BGB begründen, die hier vorliege.

Schließlich greife auf jeden Fall nach § 554 a BGB die fristlose Kündigung vom 24. Oktober 1984 durch, die zusätzlich darauf gestützt werde, daß die Beklagten trotz mehrfacher Aufforderung die Feuerversicherung (Gebäudeversicherung) für die Zeit vom 1. Februar 1983 bis 1. Februar 1984 in Höhe von 3.024,50 DM nicht gezahlt hätten.

Das hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

II. Das Berufungsgericht hat rechtlich zutreffend angenommen, daß das Mietverhältnis zwischen den Parteien durch die fristlose Kündigung der Kläger vom 7. September 1984 beendet worden ist, weil die Beklagten sich im Zeitpunkt der Kündigung mit der September-Miete 1984 und einem Teil der August-Miete 1984 von 108,92 DM in Verzug befunden haben (§ 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB). Das gesetzliche Kündigungsrecht war weder abbedungen noch haben die Kläger es rechtsmißbräuchlich ausgeübt. Infolge der Beendigung des Mietverhältnisses sind die Beklagten nach § 556 BGB als Gesamtschuldner verpflichtet, die Mietsache zurückzugeben.

1. a) Für die Frage, ob die Beklagten „für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung des Mietzinses oder eines nicht unerheblichen Teils des Mietzinses im Verzug waren” (§ 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB), ist das Berufungsgericht von einem monatlichen Mietzins für das Hausgrundstück von 547,20 DM und für den unstreitig mitvermieteten Anbau von 136,80 DM, zusammen 684,– DM, ausgegangen. Soweit die Revision geltend macht, der monatliche Mietzins habe in Wirklichkeit 984,– DM betragen, weil für die als Abstellschuppen mitgenutzten Gewerbehallen monatlich 300,– DM zu zahlen waren, kann das nicht berücksichtigt werden. Das Berufungsgericht hat im unstreitigen Tatbestand als Mietobjekt die Haus- und Hoffläche des Grundstücks Holzer Straße 39 in Wuppertal-Elberfeld mit den im Erdgeschoß angrenzenden beiden Räumen einschließlich Untergeschoß sowie den Mietzins für das Hausgrundstück mit 547,20 DM und für den mitvermieteten Anbau mit 136,80 DM angegeben. Der zweitinstanzliche Vortrag, auf den sich die Revision dafür bezieht, daß monatlich weitere 300,– DM gezahlt

worden seien, gibt für ihren Standpunkt nichts her. Die Beklagten hatten vorgetragen, der Mietzins für das Hauptgebäude habe 547,20 DM, für den Anbau 136,80 DM betragen; darüber hinaus, so haben sie weiter ausgeführt, hätten sie für die sogenannten „Gewerbehallen” monatlich 300 DM gezahlt und würden sie auch fernerhin zahlen. In der Erwiderung hierauf haben die Kläger mit Schriftsatz vom 27. Januar 1986 vorgetragen, die Beklagten zahlten für die „hinteren Hallen” ohne Mietvertrag monatlich 300,– DM. Die Hallen seien ohne Vertrag in Besitz genommen worden. Dem sind die Beklagten nicht entgegengetreten.

b) Die Beklagten haben Mietzinsbeträge für die Monate März bis September 1984 in Höhe von 7 × 547,01 DM = 3.829,07 DM (nicht 3.829,42 DM, wie im Berufungsurteil angegeben; die Berechnungsdifferenz kann im folgenden vernachlässigt werden) nicht bezahlt. Nach Auffassung des Berufungsgerichts war jedoch nur ein Mietrückstand von 792,92 DM zu berücksichtigen. Denn den Beklagten habe eine – von der Revisionserwiderung allerdings in Zweifel gezogene – Gegenforderung von 3.036/50 DM aus der unterlassenen Weiterleitung des von der Versicherung in dieser Höhe zu Händen des Klägers zu 3 gezahlten Betrags zur Aufrechnung zugestanden.

aa) Das angefochtene Urteil läßt nicht zweifelsfrei erkennen, ob, was im Ergebnis auch dahingestellt bleiben kann, das Berufungsgericht die Gegenforderung rechtlich zutreffend berücksichtigt hat, denn es stellt nicht fest, wann die Beklagten mit ihr aufgerechnet haben. Eine Aufrechnung nach wirksamer Kündigung wirkt gemäß § 554 Abs. 1 Satz 3 BGB nur, wenn sie unverzüglich nach der Kündigung erklärt wird, die bloße Aufrechnungslage genügt nicht (vgl. Soergel/Kummer, BGB, 11. Aufl., § 554 Rdz. 11, 12). Das gilt auch dann, wenn die Gegenforderung auf einem arglistigen Verhalten des Vermieters beruht (RGZ 119, 360).

bb) Andererseits macht die Revision geltend, das Berufungsgericht hätte eine über 3.036/50 DM hinausgehende Gegenforderung der Beklagten berücksichtigen müssen, weil von vornherein für die Behebung der Wasserschäden schon der Ansatz eines höheren Betrags berechtigt gewesen sei und außerdem die Beklagten auch Zinsen auf die ihnen vorenthaltene Versicherungsleistung verlangen könnten. Diese Beanstandungen sind nicht begründet.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, daß nach dem Mietvertrag alle erforderlichen Baumaßnahmen zu Lasten der Mieter (Beklagten) gingen und hierzu auch die Maßnahmen zur Beseitigung des Wasserschadens gehörten, lassen keinen Rechtsfehler erkennen (s. auch unten zu c); die von der Revision zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (ZMR 1984, 20) betrifft einen anderen Fragenkreis (Nebenkosten) und gibt für ihren Standpunkt, die mietvertragliche Regelung müsse eng ausgelegt werden, nichts her.

Etwaige Zinsen auf den Anspruch wegen Vorenthaltung des Betrags von 3.036,50 DM können jedenfalls deshalb nicht berücksichtigt werden, weil dem Prozeßstoff nicht zu entnehmen ist, daß die Beklagten mit der Zinsforderung in einer für § 554 Abs. 1 Satz 3 BGB erheblichen Weise aufgerechnet (s. oben aa) oder bis zur Kündigung ein Zurückbehaltungsrecht – das insoweit seine Grundlage nur in § 273 BGB haben könnte – geltend gemacht haben (vgl. Senatsurteil vom 5. Mai 1971 – VIII ZR 59/70, WM 1971, 1020 unter I. 2 b).

c) Die Beklagten waren am 7. September 1984 mit der Mietzinszahlung in Höhe von 792,92 DM in Verzug, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler ausgeführt hat. Die nach dem Mietvertrag im voraus, spätestens am 5. eines jeden Monats, zu zahlende Miete hatten die Beklagten für die Monate von März bis September 1984 nicht bezahlt. Sie kamen mit der Zahlung nach § 284 Abs. 2 Satz 1 BGB ohne Mahnung in Verzug. Gemäß § 366 Abs. 2 BGB geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, daß der Gesamtrückstand von 792,92 DM mit 108,92 DM auf die Miete für August 1984 und mit 684,– DM auf die Miete für September 1984 entfiel.

Die Revision greift diese rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts nicht ausdrücklich an, meint aber – anknüpfend an Erwägungen im Berufungsurteil, das Verhältnis der Parteien zueinander sei völlig zerrüttet gewesen –, das Oberlandesgericht hätte dem nach Ansicht der Revision grob pflichtwidrigen Verhalten auf der Klägerseite wesentlich mehr Bedeutung beimessen müssen. Der klar und allein auf den Zahlungsverzug abstellende Kündigungsgrund des § 554 Abs. 1 BGB läßt indessen – anders als § 554 a BGB – die Berücksichtigung von persönlichen Umständen und Zumutbarkeitserwägungen grundsätzlich nicht zu.

Gründe für den Mietzinsrückstand, die die Beklagten nicht zu vertreten haben (§ 285 BGB), liegen nicht vor. Sie konnten sich auch bei der Vielzahl von Streitigkeiten mit der Vermieterseite nicht ohne Fahrlässigkeit für berechtigt halten, wegen eines höheren als des ihnen vorenthaltenen Betrags die Mietzahlung einzustellen (vgl. dazu MünchKomm-Voelskow, BGB, § 554 Rdn. 16; allgemein zu den engen Voraussetzungen für die Beachtlichkeit eines Rechtsirrtums BGHZ 89, 296, 303 oben). Mit der strikten Kündigungsregelung in § 554 Abs. 1 BGB ist es nicht vereinbar, im Streit über die Wirksamkeit der Kündigung auf Einwendungen gegen den Mietzinsanspruch zurückzugreifen, die nicht ihren Ausdruck in der erklärten Aufrechnung oder dem geltend gemachten Zurückbehaltungsrecht gefunden haben (s. oben b aa und bb).

d) Nach Ansicht des Berufungsgerichts war der Rückstand von 792,92 DM = 58 % der Monatsmieten für August und September 1984 „nicht unerheblich” im Sinn von § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB. Dem ist im Ergebnis zu folgen.

Zweifel bei der Anwendung der Vorschrift ergeben sich im Hinblick darauf, wie die Grenze der „Unerheblichkeit” zu bestimmen ist. Sie wurde durch Gesetz vom 29. Juli 1963 (BGBl I S. 505) eingeführt; in der ursprünglichen Fassung genügte der Verzug mit einem „Teil des Mietzinses”. Nach der Begründung zum Regierungsentwurf des 1. Mietrechtsänderungsgesetzes (BT-Drucks. IV/806 S. 10 zu Nr. 9) sollte in dem neu gefaßten § 554 Abs. 1 BGB für alle Mietverhältnisse der in der Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben entwickelte Grundsatz zum Ausdruck kommen, daß wegen nur unerheblicher Rückstände nicht fristlos gekündigt werden könne (RGZ 86, 334). Die Neufassung enthält aber keine eindeutige Regelung für den Fall, daß der Rückstand für einen Monat vergleichsweise gering ist. (Beispiel: Monatsmiete 500 DM. Rückstand im ersten Monat 50 DM, im zweiten Monat 500 DM.) Wird der Rückstand von 50 DM auf die Monatsmiete von 500 DM bezogen (= 10 %), so läßt sich die Ansicht vertreten, er sei unerheblich – wobei sich wiederum die Frage einer sachgerechten prozentualen oder sonstigen Grenzziehung stellt – und es fehle an der Voraussetzung, daß der Mieter „für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung des Mietzinses oder eines nicht unerheblichen Teils des Mietzinses im Verzug ist”. Das entspräche der in RGZ 86, 334, 335 vertretenen Auffassung. Diese Betrachtungsweise wird in einem Teil des Schrifttums auch für die jetzige Fassung von § 554 Abs. 1 BGB als maßgeblich angesehen (so Erman-H. Schopp, BGB, 7. Aufl., § 554 Rdz. 4; RGRK-Gelhaar, BGB, 12. Aufl., § 554 Rdn. 8; Roquette, Mietrecht, § 554 Rdn. 3; Soergel/Kummer aaO § 554 Rdz. 3; Sternel, Mietrecht, 2. Aufl., IV 269; vgl. auch LG Kassel, ZMR 1970, 307). Sie verträgt sich indessen nicht mit der Neufassung, die § 554 BGB gefunden hat. Sein Abs. 2 Nr. 1 bestimmt für Wohnraummiete, daß im Falle des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der rückständige Teil des Mietzinses nur dann als nicht unerheblich anzusehen ist, wenn er den Mietzins für einen Monat übersteigt. Mit dem „rückständigen Teil des Mietzinses” kann danach nur der gesamte Rückstand gemeint sein, denn der Rückstand für einen Monat kann nicht den Mietzins für einen Monat übersteigen. Dann aber kann die „Erheblichkeit” in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – an den Abs. 2 Nr. 1 anknüpft – nicht nach der Höhe des einzelnen Rückstands im Verhältnis zu der einzelnen Mietzinsrate, sondern nur nach der Gesamthöhe der Rückstände, bezogen auf die Summe der für die beiden aufeinanderfolgenden Termine geschuldeten Miete, beurteilt werden (so Both, NJW 1970, 2197; MünchKomm-Voelskow aaO § 554 Rdn. 10; Palandt/Putzo, BGB, 46. Aufl., § 554 Anm. 2 a aa; Staudinger/Emmerich, BGB, 12. Aufl., 2. Bearb. 1981, § 554 Rdz. 10; im Ergebnis auch Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet- und Pachtrechts, 2. Aufl., Rdz. 275; Roquette aaO Rdn. 4 nimmt allerdings eine zwischen Abs. 1 und Abs. 2 von § 554 BGB bewußt differenzierende Terminologie an). Hier kann offenbleiben, ob für die Wohnraummiete in § 554 Abs. 2 Nr. 1 BGB („nur dann als nicht unerheblich anzusehen”) zwingend vorgeschrieben wird, daß der den Mietzins für einen Monat übersteigende Rückstand erheblich ist (so Both aaO); in der Begründung zum Regierungsentwurf (aaO) heißt es, für Mietverhältnisse über Wohnraum werde besonders bestimmt, daß der Rückstand mindestens einer Monatsmiete gleichkommen müsse. Bei Berücksichtigung des Umstands, daß Abs. 2 Nr. 1 eine Schutzvorschrift zugunsten des Wohnraummieters ist (vgl. MünchKomm-Voelskow aaO), muß die „Erheblichkeits”-grenze bei Mietverhältnissen, die nicht Wohnräume betreffen, tiefer angesetzt werden, was nur bedeuten kann, daß jedenfalls der eine Monatsmiete übersteigende Rückstand erheblich ist.

Danach waren die Kläger schon deshalb zur Kündigung berechtigt, weil im September 1984 der Betrag einer Monatsmiete für den Beurteilungszeitraum August und September 1984 überschritten wurde. Daß der Rückstand für August bezogen auf diesen Monat nur etwa 16 % ausmachte, ist – wie ausgeführt – ohne Belang.

Auf die vom Berufungsgericht hilfsweise berücksichtigten Rückstände an Kanalbenutzungsgebühren in Höhe von 242,46 DM und Prämie für die Haftpflichtversicherung in Höhe von 120,80 DM kommt es danach nicht an. Dahinstehen kann deshalb auch, ob Rückstände an Nebenkosten überhaupt unter die Regelung des § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB fallen (vgl. hierzu das Senatsurteil vom 28. Mai 1975 – VIII ZR 70/74, WM 1975, 897, 899 unter IV. 3 b). Ebensowenig braucht geprüft zu werden, ob die Rückstände mit Nebenkosten und die Weigerung, die übernommene Feuerversicherungs-Prämie zu zahlen, (auch) ein Kündigungsrecht nach § 554 a BGB wegen ständiger mangelhafter und für den Vermieter nicht zumutbarer Zahlungsmoral begründen könnten (vgl. Senatsurteil vom 26. März 1969 – VIII ZR 76/67, WM 1969, 625, 626 unter IV. 3 c).

2. Die Revision macht geltend, daß das Recht zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses in der Vertragsurkunde vom 30. September 1976 im Hinblick auf die erheblichen Aufbauleistungen der Beklagten weitgehend eingeschränkt worden sei und daher die geringfügigen Zahlungsrückstände der Beklagten nicht zu den Kündigungen vom 7. September 1984 und 24. Oktober 1984 berechtigt hätten. Auch diese Beanstandung greift nicht durch, wobei es hier – wie ausgeführt – nur noch auf die Kündigung vom 7. September 1984 ankommt.

Das Berufungsgericht hat sich mit diesem, vom Landgericht bejahten, Einwand auseinandergesetzt. Dabei hat es richtig erkannt, daß die Möglichkeit, das Recht zu einer außerordentlichen Kündigung auszuschließen oder wesentlich zu beschränken (auch diese engere Möglichkeit hat es entgegen der Meinung der Revision berücksichtigt), nicht von vornherein aus Rechtsgründen entfällt. Sie scheidet zwar aus, wenn eine gesetzliche Regelung entgegensteht (z. B. § 554 a Satz 2 BGB). Hinsichtlich des Kündigungsrechts aus § 554 Abs. 1 BGB ist jedoch kein Grund dafür ersichtlich, daß seine Voraussetzungen nicht zugunsten des Mieters verschärft werden können (s. Staudinger/Emmerich aaO § 554 Rdn. 45; einschränkend Soergel/Kummer aaO § 564 Rdz. 33; vgl. auch Senatsurteil vom 4. April 1973 – VIII ZR 47/72, WM 1973, 694 unter II. 2 a). Das steht indessen nicht den vom Berufungsgericht für die Auslegung des Mietvertrags als wesentlich angesehenen Grundsätzen entgegen (s. oben zu I. 1), die sich im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens halten. Das Berufungsgericht hat sich nicht etwa durch Auslegungsregeln gebunden angesehen, sondern im Einzelfall den Standpunkt vertreten, der Ausschluß oder die Einschränkung des Kündigungsrechts aus § 554 Abs. 1 BGB müsse im Mietvertrag klar zum Ausdruck kommen oder sich aus der Interessenlage zwingend ergeben. Die Gründe, aus denen es diese Voraussetzungen verneint, sind nachvollziehbar und halten sich im Rahmen der Lebenserfahrung. Sie sind auch sachgerecht im Hinblick darauf, daß trotz Anerkennung der Möglichkeit, die Kündigungsvoraussetzungen zu verschärfen, das Recht zur Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund in seinem Wesensgehalt respektiert werden muß. Dem setzt die Revision nur in revisionsrechtlich unzulässiger Weise eine abweichende Würdigung der für die Auslegung erheblichen Umstände entgegen, die das Berufungsgericht vollständig berücksichtigt hat. Sie hat auch nicht dartun können, daß der Mietvertrag wegen der fehlenden Beschränkung des Rechts zur Kündigung nach § 554 Abs. 1 BGB eine Lücke aufweise. Sie ist nur anzunehmen, wenn der Vertrag innerhalb des durch ihn gesteckten Rahmens oder innerhalb der wirklich gewollten Vereinbarungen ergänzungsbedürftig ist, wobei die richterliche Auslegung sich als zwingende selbstverständliche Folge aus dem ganzen Zusammenhang des Vereinbarten ergeben muß (BGHZ 77, 301, 304). Was die Revision insoweit ausführt, ergibt jedoch nicht mehr, als daß die Beklagten nicht die Bestandssicherung des Mietverhältnisses erreicht haben, die im Hinblick auf ihre Aufwendungen wirtschaftlich vernünftig gewesen wäre.

Da die Beklagten unterlegen sind, waren ihnen nach §§ 97, 100 Abs. 4 ZPO die Kosten des Revisionsverfahrens aufzuerlegen.

 

Unterschriften

Braxmaier, Wolf, Dr. Skibbe, Dr. Brunotte, Groß

 

Fundstellen

Haufe-Index 542335

BB 1987, 1281

JZ 1987, 734

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