Entscheidungsstichwort (Thema)

Minderung oder Ausschluss nachehelichen Unterhalts für in langfristiger Wohngemeinschaft mit einem gleichgeschlechtlichen Partner lebenden Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten bei langjährigem Zusammenwohnen mit einem gleichgeschlechtlichen Partner – ganz oder teilweise – entfallen kann.

 

Normenkette

BGB § 1573 Abs. 2, § 1577 Abs. 1, § 1579 Nr. 7

 

Tatbestand

Aus dem Sachverhalt

Die Parteien waren miteinander verheiratet. Ihre im Jahre 1965 geschlossene Ehe, aus der zwei inzwischen volljährige Töchter hervorgingen, wurde im Dezember 1985 geschieden.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Aufstockungsunterhalt in Anspruch.

Während des Scheidungsverfahrens war dem Beklagten durch Beschluß vom 29. April 1985 im Wege einstweiliger Anordnung aufgegeben worden, für die Dauer des Getrenntlebens monatlich 177,18 DM Ehegattenunterhalt an die Klägerin zu zahlen. Diesen Betrag zahlte er auch nach der Scheidung zunächst freiwillig weiter. Eine im Jahre 1988 von der Klägerin erhobene Klage auf höheren Unterhalt blieb ohne Erfolg, da das Familiengericht ihre (zusätzliche) Bedürftigkeit verneinte.

Die Klägerin ist, wie auch schon während der Ehe der Parteien, ganztägig als Verkäuferin tätig. Ihr zu berücksichtigendes Nettoeinkommen belief sich nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts im Jahre 1991 auf monatlich 1.158 DM, im Jahre 1992 auf monatlich 1.116 DM und für das Jahr 1993 auf monatlich 1.208 DM.

Die Klägerin lebt seit 1986 zusammen mit ihrer gleichfalls geschiedenen etwa fünf Jahre älteren Freundin in einer Wohn- und Haushaltsgemeinschaft. Seit März 1993 teilen sie sich die Miete für die derzeit von ihnen bewohnte Dreizimmerwohnung. Frau W. ist ebenfalls Verkäuferin. Sie ist finanziell nicht besser gestellt als die Klägerin.

Der Beklagte ist Angestellter. Sein zu berücksichtigendes Nettoeinkommen betrug nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts im Jahre 1991 monatlich durchschnittlich 2.501 DM und im Jahre 1992, in dem seine Unterhaltsleistungen für die jüngere Tochter der Parteien wegfielen, monatlich 2.685 DM; für 1993 ist das Oberlandesgericht von einem maßgeblichen durchschnittlichen Nettoeinkommen des Beklagten von monatlich 2.550 DM ausgegangen.

Die Klägerin forderte den Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 11. März 1991 auf, ab 1. März 1991 monatlich insgesamt 563,99 DM nachehelichen Unterhalt an sie zu zahlen. Da der Beklagte dieser Aufforderung nicht nachkam, macht sie den Anspruch mit der vorliegenden Klage geltend. Sie hat beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 3.328 DM rückständigem Unterhalt für die Zeit von März bis Dezember 1991 (unter Berücksichtigung der von ihm geleisteten Zahlungen von monatlich 177,18 DM) und von monatlich 487 DM Elementarunterhalt sowie 106 DM Vorsorgeunterhalt – hilfsweise insgesamt 533 DM Unterhalt – ab Januar 1992 zu verurteilen. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und im Wege der Widerklage die Feststellung begehrt, daß der Klägerin seit 1. Februar 1991 kein Ehegattenunterhalt mehr zustehe. Er hat behauptet: Die Klägerin lebe seit 1986 in einer eheähnlichen Verbindung mit Frau W.. Aus diesem Grund sei ihr Unterhaltsanspruch nach § 1579 Nr. 7 BGB ausgeschlossen. Die Klägerin hat das Bestehen gleichgeschlechtlicher Beziehungen in Abrede gestellt und vorgetragen, sie unterhalte zu Frau W. nur ein rein freundschaftliches Verhältnis; die Wohnung teile sie aus finanziellen Gründen mit ihr.

Das Amtsgericht – Familiengericht – hat der Klage überwiegend stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für März bis Dezember 1991 rückständigen Unterhalt in Höhe von 3.083,58 DM sowie ab Januar 1992 monatlich 425,76 DM Elementar- und 94,04 DM Vorsorgeunterhalt, insgesamt 519,80 DM, zu zahlen. Die weitergehende Klage und die Widerklage hat es abgewiesen.

Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg; das Berufungsgericht hat bei seiner Entscheidung lediglich berücksichtigt, daß die Parteien den Rechtsstreit wegen monatlich von dem Beklagten gezahlter 127,20 DM für die Zeit von Januar 1992 bis Mai 1993 in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren auf Abweisung der erhobenen Klage weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Berufungsgericht hat die Klage nicht als Abänderungsklage im Sinne von § 323 ZPO, sondern als selbständige Leistungsklage beurteilt und diese für zulässig gehalten. Da das Einkommen des Beklagten inzwischen erheblich gestiegen sei, sei die Klägerin nicht gehindert, ihren Unterhaltsanspruch im Wege einer neuen Leistungsklage ohne Bindung an das klageabweisende Urteil aus dem Jahre 1988 erneut geltend zu machen.

Das steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile BGHZ 82, 246 ff; und vom 30. Januar 1985 – IVb ZR 63/83 = FamRZ 1985, 376, 377) und wird auch von der Revision nicht angegriffen.

2. a) Zur Sache hat das Berufungsgericht den von der Klägerin erhobenen Unterhaltsanspruch nach §§ 1569, 1573 Abs. 2 BGB für gerechtfertigt erklärt und dem Einwand des Beklagten, der Unterhaltsanspruch sei wegen des Zusammenlebens der Klägerin mit ihrer Freundin Frau W. in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft gemäß § 1579 Nr. 7 BGB ausgeschlossen, den Erfolg versagt. Dazu hat das Oberlandesgericht im einzelnen ausgeführt:

Der Behauptung, daß zwischen der Klägerin und Frau W. seit 1986 eine gleichgeschlechtliche Gemeinschaft bestehe, brauche nicht näher nachgegangen zu werden. Denn das Zusammenleben von zwei Frauen in einer solchen Gemeinschaft rechtfertige keinen Unterhaltsausschluß nach § 1579 Nr. 7 BGB. Die Kriterien, die nach der Rechtsprechung für den Unterhaltsausschluß bei einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau angeführt würden, seien auf eine Gemeinschaft zwischen zwei Frauen nicht anzuwenden. Der Klägerin könne nicht entgegengehalten werden, zwischen ihr und Frau W. bestehe eine Unterhaltsgemeinschaft im Sinne einer „ehegleichen ökonomischen Solidarität”. Anders als der Lebensgefährte übernehme eine Lebensgefährtin nämlich nicht die Rolle des Ehemannes, der für die Ehefrau sorge. Im übrigen könne der Unterhaltspflichtige den Berechtigten auf eine derartige Unterhaltsgemeinschaft ohnehin nur verweisen, soweit dieser in der neuen Gemeinschaft wirtschaftlich sein Auskommen finden könne. Auch daran scheitere es hier. Denn die Klägerin finde bei der wirtschaftlich jedenfalls nicht besser gestellten Frau W. nicht ihr Auskommen. Eine Eheschließung sei zwischen der Klägerin und Frau W. nicht möglich, so daß auch eine Umgehung des § 1586 BGB nicht in Betracht komme. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Härtegrundes nach § 1579 Nr. 7 BGB bei nichtehelichem Zusammenleben könnten von zwei Frauen nicht erfüllt werden, da die Rechtsordnung die Rechtsfolgen einer eheähnlichen Gemeinschaft nur an eine Gemeinschaft von Mann und Frau knüpfe. Das habe auch das Bundesverfassungsgericht bestätigt (FamRZ 1993, 164, 168).

b) Diese Ausführungen greift die Revision ohne Erfolg an.

Das Berufungsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung seiner Entscheidung rechtlich zutreffend davon ausgegangen, daß die für den Unterhaltsausschluß im Falle einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen Mann und Frau (vgl. insbesondere Senatsurteil vom 21. Dezember 1988 – IVb ZR 18/88 = BGHR BGB S 1579 Nr. 7 Härtegrund 3-5 = FamRZ 1989, 487) von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien hier nicht eingreifen und (auch) nicht entsprechend angewandt werden können.

aa) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen wohnen die Klägerin und ihre Freundin seit Jahren zusammen und schlafen bzw. schliefen jahrelang in einem gemeinsamen Schlafzimmer; sie teilen sich die Mietkosten für die Wohnung. Im übrigen geht jede von ihnen selbständig ihrem Beruf nach.

Sie leben also nach außen hin ohne Auffälligkeiten als zwei weibliche Wohnungsinhaber. Ihr „Zusammenleben” unterscheidet sich damit im Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit nicht von Fällen, in denen etwa eine geschiedene Ehefrau mit einer ebenfalls alleinstehenden Schwester oder sonstigen Verwandten zusammenzieht, um auf diese Weise die allgemeinen Lebenshaltungskosten zu reduzieren und auch um eine zwischenmenschliche Beziehung zu pflegen.

Ein derartiges Verhalten bietet keinen Anhaltspunkt für die Annahme eines Unterhaltsausschlusses wegen grober Unbilligkeit der Inanspruchnahme des Unterhaltsverpflichteten nach § 1579 Nr. 7 BGB.

bb) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob es innerhalb der „Lebensgemeinschaft” zwischen der Klägerin und ihrer Freundin zu Intimitäten komme, wie der Beklagte durch Antrag auf Vernehmung eines von ihm beauftragten Detektivs unter Beweis gestellt habe. Auch wenn danach für die revisionsrechtliche Beurteilung davon auszugehen ist, daß die entsprechende Behauptung des Beklagten zutrifft, rechtfertigt dieser Umstand keine andere Beurteilung. Denn der Vortrag des Beklagten betrifft den reinen Intimbereich der Klägerin und besagt nichts darüber, daß dessen Gestaltung nach außen in die Öffentlichkeit dringe. Es liegt also keiner der Fälle vor, in denen eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 Nr. 6 und 7 BGB (entsprechend früher nach § 66 EheG) darauf gestützt wird, daß die Beziehung des Unterhaltsberechtigten zu einem neuen Lebenspartner – und dies könnte grundsätzlich auch für einen gleichgeschlechtlichen Partner gelten – wegen besonderer, etwa kränkender oder sonst anstößiger Begleitumstände geeignet ist, den Verpflichteten in außergewöhnlicher Weise zu treffen, bloßzustellen oder in seinem Ansehen zu schädigen (vgl.– Senatsurteil vom 21. Dezember 1988 aaO FamRZ 490 unter cc) m.w.N.). Fehlt es aber an derartigen besonderen Begleitumständen, dann gilt der allgemeine Grundsatz, daß ein geschiedener Ehegatte in der privaten Gestaltung seines Lebens frei und dem Unterhaltsschuldner gegenüber weder zu „nachehelicher Treue” verpflichtet noch ihm – soweit nur eine allgemein gebotene Rücksichtnahme wegen des fortbestehenden Unterhaltsrechtsverhältnisses nicht verletzt wird in sonstiger Weise verantwortlich ist.

cc) Im Hinblick auf die finanziellen Verhältnisse hat das Berufungsgericht festgestellt, daß die Klägerin bei der wirtschaftlich nicht besser als sie selbst gestellten Frau W. nicht ihr Auskommen findet. Damit scheidet schon aus diesem Grund eine (entsprechende) Anwendung der Grundsätze aus, die der Senat aus § 1579 Nr. 7 BGB zum Unterhaltsausschluß bei Begründung einer neuen Unterhaltsgemeinschaft im Sinne einer „ehegleichen ökonomischen Solidarität” – zwischen verschiedengeschlechtlichen Partnern – u.a. für die Fälle entwickelt hat, in denen die Partner von einer Eheschließung aus hinzunehmenden Gründen absehen, aber gemeinschaftlich wirtschaften, wobei der den Haushalt führende Partner wie in einer Ehe von dem anderen unterhalten wird (vgl. Senatsurteile vom 21. Dezember 1988 aaO BGHR Härtegrund 4; vom 26. Januar 1983 – IVb ZR 344/81 = FamRZ 1983, 569, 572). Hier fehlt es allerdings auch an einer solchen Rollenverteilung, da sowohl die Klägerin als auch ihre Freundin jeweils einer eigenen Erwerbstätigkeit nachgehen. Der Fall nötigt daher aus tatsächlichen Gründen nicht zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Unterhaltsbelastung für einen geschiedenen Ehegatten unter besonderen Umständen auch dann unzumutbar werden und deshalb gemäß § 1579 Nr. 7 BGB entfallen kann, wenn der Unterhaltsberechtigte eine dauerhafte Unterhaltsgemeinschaft nicht mit einem verschiedengeschlechtlichen, sondern mit einem gleichgeschlechtlichen Partner begründet, mit dem eine Eheschließung kraft Gesetzes nicht in Betracht kommt (vgl. BVerfG Beschluß vom 4. Oktober 1993 – I BvR 640/93 = FamRZ 1993, 1419 m.w.N.). Ebensowenig bedarf es der Entscheidung, welche unterhaltsrechtlichen Auswirkungen sich im Blick auf § 1579 Nr. 7 BGB ergeben können, wenn ein geschiedener Ehegatte auf Dauer von einem finanziell wesentlich besser gestellten gleichgeschlechtlichen Partner, möglicherweise ohne ihm den Haushalt zu führen oder ihm sonstige nennenswerte Dienstleistungen zu erbringen, tatsächlich voll unterhalten wird.

dd) Die Revision vertritt die Auffassung, die aus der Unterhaltsverpflichtung erwachsende Belastung sei für den Beklagten jedenfalls deshalb nicht mehr zumutbar, weil sich die Klägerin seit 1986 einem anderen Menschen zu dauernder Lebensgemeinschaft in einer Weise zugewandt habe, daß die Partner „eheähnlich” füreinander einstanden, ohne daß die wirtschaftliche Lage des neuen Partners dabei eine maßgebliche Rolle spiele. Der Umstand, daß die Lebensgemeinschaft nicht auf einer heterosexuellen, sondern auf gleichgeschlechtlicher Basis beruhe, ändere nichts an der Unzumutbarkeit einer weiteren Unterhaltsverpflichtung für den Beklagten.

Hiermit kann die Revision nicht durchdringen.

Ihre Rüge zielt auf eine Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze, nach denen ein Härtegrund im Sinne von § 1579 Nr. 7 BGB mit der Folge der Unzumutbarkeit einer weiteren Unterhaltsbelastung für den Verpflichteten dann anzunehmen sein kann, wenn der Unterhaltsberechtigte seit längerer Zeit mit einem neuen, verschiedengeschlechtlichen Partner zusammenlebt und diese Beziehung sich in einem solchen Maße verfestigt hat, daß damit gleichsam „ein nichteheliches Zusammenleben an die Stelle einer Ehe getreten ist”; auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des neuen Partners kommt es in diesem Fall nicht entscheidend an (vgl. Senatsurteil vom 21. Dezember 1988 aaO BGHR Härtegrund 5 m.w.N.).

Diese Grundsätze können entgegen der Ansicht der Revision nicht (ohne weiteres) auf die Verhältnisse in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung übertragen werden. Wenn der Härtegrund im Sinne von § 1579 Nr. 7 BGB bei der verfestigten Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau darin gesehen wird, daß deren Zusammenleben gleichsam an die Stelle einer Ehe getreten ist, so beruht diese Rechtsprechung letztlich darauf, daß der Gesetzgeber für das Zusammenleben zwischen Mann und Frau in einer festen Verbindung das Institut der Ehe geschaffen hat, und zwar mit den unterhaltsrechtlichen Folgen, die sich sodann einerseits aus §§ 1360 ff BGB für die Ehegatten in ihrem Verhältnis zueinander und andererseits aus § 1586 BGB für die Unterhaltsverpflichtung aus einer früheren Ehe ergeben. Verwirklichen zwei Partner durch ihre Lebensgestaltung das „Leitbild” einer Ehe, indem sie ihre Lebensverhältnisse so aufeinander abstellen, daß sie sich gegenseitig versorgen und füreinander einstehen – ohne aber, aus welchen Gründen auch immer, die Ehe zu schließen – so rechtfertigt dies aus der Sicht des Unterhaltsverpflichteten grundsätzlich die Annahme, der Berechtigte sei in der neuen Verbindung „wie in einer Ehe” versorgt. Vor diesem Hintergrund kann sodann die Fortdauer der Unterhaltsbelastung und des damit verbundenen Eingriffs in die Handlungs- und Lebensgestaltung des Verpflichteten, dessen Unterhaltspflicht mit einer Eheschließung der neuen Partner nach § 1586 BGB erlöschen würde, auch ohne die Eheschließung unzumutbar werden (vgl. Senatsurteil vom 21. Dezember 1988 aaO).

Für eine Beziehung zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Partnern existiert hingegen kein der Ehe vergleichbares Rechtsinstitut. Der Gesetzgeber des Bürgerlichen Gesetzbuches hat derartige Verhältnisse nicht geregelt, und auch das Grundgesetz stellt sie, anders als die Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG, nicht unter besonderen Schutz. Das schließt es aus, die aufgezeigten Grundsätze auf ein Zusammenleben zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Partnern entsprechend anzuwenden, auch wenn diese ihre Verbindung im Einzelfall als „Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft” verstehen mögen, wie das Bundesverfassungsgericht für eine eheähnliche Gemeinschaft zwischen Mann und Frau formuliert hat (BVerfGE 87, 234, 265). Anders als bei einer Ehe und auch bei einer eheähnlichen Gemeinschaft, die als Lebensform in der gesellschaftlichen Wirklichkeit zunehmend Anerkennung findet, besteht für eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft kein allgemeingültiges Leitbild, das die Annahme rechtfertigen könnte, die Verhältnisse in einer solchen Verbindung gewährleisteten nach der Natur des Zusammenlebens die gegenseitige Versorgung der Partner. Aus diesem Grund kommt ein Fortfall der Unterhaltsverpflichtung aus geschiedener Ehe nach § 1579 Nr. 7 BGB allein wegen eines dauerhaft „verfestigten Zusammenlebens” des Unterhaltsberechtigten in einer gleichgeschlechtlichen Gemeinschaft grundsätzlich nicht in Betracht.

Es bedarf daher auch unter diesem Gesichtspunkt keiner näheren Feststellung dazu, ob sich die Klägerin, wie die Revision annimmt, ihrer Freundin Frau W. „zu dauernder Lebensgemeinschaft zugewandt hat”.

Ob die Unterhaltsverpflichtung eines geschiedenen Ehegatten nach § 1579 Nr. 7 BGB entfallen kann, wenn der Unterhaltsberechtigte eine gleichgeschlechtliche Verbindung eingeht und über das bloße Zusammenleben hinaus weitere Umstände hinzutreten, die in ihrer Gesamtschau die Fortdauer der Unterhaltsbelastung für den Verpflichteten unzumutbar erscheinen lassen, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung; denn solche Umstände sind nicht vorgetragen.

3. Das Berufungsurteil unterliegt auch im übrigen, unabhängig von § 1579 Nr. 7 BGB, keinen rechtlichen Bedenken.

Allerdings kann die Aufnahme gleichgeschlechtlicher Beziehungen – wie bei einer eheähnlichen Gemeinschaft mit einem Partner des anderen Geschlechts, zu der in dieser Hinsicht keine grundlegenden Unterschiede bestehen – im Einzelfall unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten Folgen für den nachehelichen Unterhaltsanspruch haben. Auch die hierfür erforderlichen Voraussetzungen sind jedoch im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

a) Aus der Gestaltung eines gleichgeschlechtlichen Verhältnisses, in dem ein unterhaltsberechtigter geschiedener Ehegatte lebt, können sich nach allgemeinen Grundsätzen Auswirkungen auf seine unterhaltsrechtliche Bedürftigkeit ergeben. Diese kann, teilweise oder auch vollständig, entfallen, wenn der Berechtigte Zuwendungen von dem Partner erhält, die ihm – etwa wegen ihres Charakters als Entgelt für Haushaltsführung oder sonstige Versorgungsleistungen (vgl. Senatsurteile vom 23. April 1980 – IVb ZR 527/80 FamRZ 1980, 665, 668; vom 20. Mai 1987 – IVb ZR 50/86 FamRZ 1987, 1011, 1013) – als Einkommen zuzurechnen sind. Darüber hinausgehende Zuwendungen können die Bedürftigkeit je nach der Willensrichtung des Zuwendenden dann beeinflussen, wenn dieser damit freiwillig ohne bestehenden Rechtsanspruch die Verantwortung für den Lebensunterhalt des Berechtigten übernehmen will. Hingegen gilt das nicht, wenn der Wille des Zuwendenden nur darauf gerichtet ist, den Empfänger der Zuwendung persönlich zu bedenken oder zu unterstützen, ohne damit aber den Unterhaltspflichtigen zu entlasten (vgl. BGH Urteil vom 26. September 1979 – IV ZR 87/79 = FamRZ 1980, 40, 42; Senatsurteile vom 23. April 1980 aaO; vom 25. Juni 1980 – IVb ZR 523/80 = FamRZ 1980, 879, 880).

Im vorliegenden Fall bestehen indessen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin für Frau W. Versorgungsleistungen erbringt und ihrerseits Zuwendungen von dieser erhält.

b) Ob der Bedarf eines Unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten unter Umständen deshalb – geringfügig – niedriger anzusetzen ist, weil dieser sich Haushaltsersparnisse infolge gemeinschaftlichen Wirtschaftens mit einem gleichgeschlechtlichen Partner entgegenhalten lassen muß (vgl. dazu OLG Hamburg FamRZ 1987, 1044, 1045: für Haushaltsgemeinschaft mit einem verschiedengeschlechtlichen Partner bei gleichmäßiger Beteiligung an den Lebenshaltungskosten; OLG Frankfurt a.M. FamRZ 1985, 957, 958: für gemeinsames Wohnen mit einem verschiedengeschlechtlichen Partner mit der Folge geringerer Generalunkosten), wird sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalles richten (vgl. Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 5. Aufl. Rdn. 493; Schleswiger Leitlinien C 5, abgedruckt bei Kalthoener/Büttner aaO Rdn. 28 S. 68 ff). Dabei wird allerdings, vor allem bei wirtschaftlich engen Verhältnissen, die Ersparnis durch gemeinsame Haushaltsführung nicht selten lediglich den zunächst als Folge der Trennung aufgetretenen Mehrbedarf des Berechtigten wieder ausgleichen (vgl. Soergel/Häberle aaO § 1577 Rdn. 12; Griesche in FamGB § 1577 Rdn. 18) und sich deshalb im Ergebnis nicht bedarfsmindernd auswirken.

Aus dem letztgenannten Gesichtspunkt unterliegt es nach den festgestellten wirtschaftlichen Verhältnissen der Beteiligten keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht der Klägerin keine Ersparnisse für kostengünstiges Wohnen und gemeinschaftliches Wirtschaften mit Frau W. angerechnet hat.

4. Der Höhe nach hat das Berufungsgericht den Unterhaltsanspruch der Klägerin, die auch während der Ehe der Parteien einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, nach der Differenzmethode ermittelt. Es hat ihr jeweils 3/7 der Differenz zwischen den ermittelten beiderseitigen bereinigten Einkünften zugesprochen und dabei – unter Bestätigung des amtsgerichtlichen Urteils – außer dem Elementarunterhalt auch den Vorsorgeunterhalt (vom Amtsgericht berechnet unter Anwendung der sogenannten Bremer Tabelle) berücksichtigt. Gegen diese tatrichterliche Bemessung der Unterhaltshöhe sind aus Rechtsgründen keine Bedenken zu erheben. Auch die Revision macht insoweit keine Einwände geltend.

 

Fundstellen

Haufe-Index 609885

NJW 1995, 655

JZ 1995, 419

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