Leitsatz (amtlich)

1. Wer zur Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung einen Strohmann benutzt, ist hinsichtlich der GmbHG § 30, GmbHG § 24, GmbHG § 19 Abs 2 wie ein Gesellschafter zu behandeln. Auf ihn ist auch AktG 1965 § 39 Abs 5 entsprechend anwendbar.

2. Der Gesellschafter einer unterkapitalisierten Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der der Gesellschaft zur Abwendung der Konkursantragspflicht Gelder darlehensweise zur Verfügung gestellt hat, muß diese Gelder, solange dieser Zweck noch nicht nachhaltig erreicht ist, wie haftendes Kapital behandeln lassen und der Gesellschaft etwaige „Darlehensrückzahlungen”, die danach dem GmbHG § 30 zuwider geleistet sind, nach GmbHG § 31 Abs 1 erstatten.

3. Durch Weisungen an die Geschäftsführer können die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nur unter den Voraussetzungen des BGB § 826 schadenersatzpflichtig werden.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der B.-Luftverkehr GmbH. Das Konkursverfahren wurde am 16. Juni 1955 eröffnet. Die Gemeinschuldnerin ist am 10. Juli 1953 zu dem Zweck gegründet worden, Rundflüge, Reklameflüge, Taxiflüge, medizinische Höhenflüge, Bildflüge, Vermessungsflüge und Schulungsflüge auszuführen, Gründer waren E. und G.. Die Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern und dem Beklagten regelte der Treuhandvertrag vom 10. Juli 1953. Der Beklagte zahlte auf das Stammkapital von 20.000 DM am 14. Juli 1953 5.000 DM und am 11. August 1953 15.000 DM ein. Das Stammkapital war bereits im September 1953 verbraucht. Der Beklagte hat der Gesellschaft in der Zeit vom 5. September 1953 bis letztmals am 2. Dezember 1954 Gelder über insgesamt rund 56.000 DM zur Verfügung gestellt. Nach seiner Behauptung sind das kurzfristige Darlehen gewesen, die sofort wieder zurückzuzahlen gewesen seien, sobald der Gemeinschuldnerin aus den finanzierten Tätigkeiten Mittel zugeflossen seien. Tatsächlich hat er in der Zeit vom 21. Mai bis 4. Dezember 1954 insgesamt 25.497,75 DM zurückgezahlt erhalten. E. und G. traten ihre Geschäftsanteile am 20. Dezember 1954 und 23. Februar 1955 an den Beklagten ab.

Der Kläger sieht die Beträge, die der Beklagte über das Stammkapital hinaus gewährt hat, als risikotragende Einlage an und führt aus: Der Beklagte sei wirtschaftlich von vornherein der wahre, alleinige Gesellschafter der Gemeinschuldnerin gewesen, die ihrerseits unterkapitalisiert gewesen sei. Der Beklagte habe die außer dem Stammkapital hergegebenen Beträge zur Verfügung gestellt, um die Gesellschaft am Leben zu erhalten. Die von der Gemeinschuldnerin vorgenommenen Rückzahlungen liefen auf eine unzulässige Rückgewähr haftenden Kapitals hinaus. Der Beklagte sei deshalb in Anwendung des § 31 Abs 1 GmbHG verpflichtet, der Gemeinschuldnerin 36.115,16 DM zu erstatten. Der Kläger beantragt, den Beklagten zur Zahlung dieses Betrages zu verurteilen.

Er stützt seine Ansicht, daß der Beklagte zu den erbrachten Geldleistungen verpflichtet gewesen sei, auch auf den Treuhandvertrag. Dieser bestimmt:

„Alle Rechte und Pflichten aus der treuhänderischen Tätigkeit gehen zugunsten und zu Lasten des Treugebers. Die Treuhänder haben auf Verlangen des Treugebers die übernommenen Geschäftsanteile an den Treugeber oder an von ihm bezeichnete Dritte herauszugeben, wogegen der Treugeber den Treuhändern alle zur Erfüllung dieser Verpflichtungen erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen hat. Die Treuhänder dürfen die treuhänderischen Rechte nur im Benehmen mit dem Treugeber oder seinen Bevollmächtigten und nach deren Weisungen ausüben. Die Treuhänder sind auf Verlangen verpflichtet, dem Treugeber oder einem von ihm bezeichneten Dritten Vollmacht zur Ausübung des Stimmrechts zu erteilen”.

Der Kläger verlangt den Klagebetrag ferner als Schadensersatz. Er meint: Der Beklagte sei für die Geschäftstätigkeit der Gemeinschuldnerin verantwortlich, er sei der wirkliche Geschäftsführer gewesen; auch für die Aufgaben des Geschäftsführers habe er E. als Strohmann vorgeschoben. Jedenfalls habe E. mindestens im Anfang seiner Tätigkeit die Weisungen des Beklagten befolgt. So seien von der S.-Flug-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Beklagte war, Einrichtungsgegenstände zu einem Preise (9.250 DM) übernommen worden, der weit übersetzt gewesen sei. Gegen zu hohen Gebühren seien Flugzeuge von Strohmännern des Beklagten und von Firmen gechartert worden, an denen der Beklagte maßgebend beteiligt gewesen sei. Auf Geheiß des Beklagten habe E. widerstrebend Versuche zur Erprobung einer Himmelsschriftreklame unternommen, durch die Schäden an Flugzeugen und weitere Unkosten von zusammen etwa 22.000 DM entstanden seien. Auf Veranlassung und im Interesse des Beklagten sei B. von der Gemeinschuldnerin eingestellt worden; für diese durchaus überflüssige Kraft seien an Gehältern, Reisespesen und für Fahrzeugunterhaltung insgesamt 8.365,37 DM aufgewendet worden; außerdem seien für B. drei Geldbußen von zusammen 751,60 DM, die er sich nicht im Betrieb der Gemeinschuldnerin zugezogen habe, bezahlt worden. Auf Veranlassung des Beklagten habe die Gemeinschuldnerin Einrichtungsgegenstände, die einen Wert von 1.861 DM gehabt hätten, und einen VW-Kombi-Wagen im Wert von 3.500 DM ohne Berechnung einer Vergütung an die S.-Flug-GmbH herausgegeben. Die Gemeinschuldnerin sei überhaupt nur eine Zwischenlösung gewesen, um die Zeit der besatzungsrechtlich bedingten Aktionsunfähigkeit der S.-Flug-GmbH auszufüllen.

Die S.-Flug-GmbH, deren Stammkapital 20.000 DM beträgt, ist am 20. November 1952 vom Beklagten (Stammeinlage 10.000 DM), P. (Stammeinlage 2.000 DM) und B. (Stammeinlage 8.000 DM) gegründet worden. Sie verfolgte satzungsmäßig dieselben Zwecke wie die Gemeinschuldnerin, hatte aber ihren Flugbetrieb einstellen müssen, weil das Unternehmen von der Alliierten Luftaufsichtsbehörde gesperrt wurde. Gegen ihre drei Gründergesellschafter wurde vor amerikanischen Militärgerichten ein Strafverfahren wegen unerlaubten Besitzes von Flugzeugen durchgeführt. Die Tätigkeit der Gemeinschuldnerin war dagegen keinen Beschränkungen ausgesetzt, da E. einen brasilianischen Paß besaß und ihm von den Besatzungsmächten freie Hand gelassen wurde, Flugzeuge zu besitzen und Flüge auszuführen. Am 14. Juli 1953 traten P. und B. ihre Geschäftsanteile an der S.-Flug-GmbH an den Beklagten ab; sie stimmten darin überein, daß die Anteile nach dem Stand des Gesellschaftsvermögens wertlos seien. Am gleichen Tage verpflichtete sich der Beklagte für den Fall, daß er sämtliche Geschäftsanteile der Gemeinschuldnerin erwürbe, 6.500 DM an B. und 4.500 DM an Bo. abzutreten. Unter Bezugnahme hierauf enthielt der Anstellungsvertrag zwischen B. und der Gemeinschuldnerin die Klausel, daß das Anstellungsverhältnis nur mit Zustimmung des Beklagten und des Bo. gekündigt werden dürfe. Die S.-Flug-GmbH sollte ihre Tätigkeit wieder aufnehmen, sobald Deutsche wieder ungehindert würden fliegen dürfen. Im Hinblick hierauf sieht der Kläger die Gemeinschuldnerin als eine Ausweichgesellschaft der S.-Flug-GmbH an. Er meint, der Beklagte habe die Gemeinschuldnerin schon wegen ihrer eng begrenzten Zielsetzung so organisieren müssen, daß durch ihren Geschäftsbetrieb niemand Schaden erleide. Statt dessen habe der Beklagte die Gesellschaft mit einem zu geringen Stammkapital ausgestattet, den nach außen eingesetzten Geschäftsführer (E.) nicht eigenverantwortlich handeln lassen und seinerseits durch die Gemeinschuldnerin Versuche unternommen, die nach Beendigung der mit der Neugründung gesuchten Zwischenlösung letztlich ihm als dem alleinigen Gesellschafter der S.-Flug-GmbH hätten zugutekommen sollen. Er habe die Rechtsform der Gemeinschuldnerin und die Hörigkeit E.'s rechtsmißbräuchlich für eigene Interessen ausgenutzt. Unter den gegebenen Verhältnissen müsse er für das Ansteigen der Schulden der Gemeinschuldnerin haftbar gemacht werden. Dies auch deshalb, weil er die vorzugsweise Befriedigung seiner persönlichen Forderungen angestrebt habe. Entweder sei er als der wahre Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin anzusehen oder wegen seiner Eingriffe in die Geschäftsführung gleich einem Geschäftsführer nach § 43 GmbHG schadensersatzpflichtig.

Auch § 81a GmbHG mit § 823 Abs 2 BGB treffe zu. Jedenfalls sei aber § 826 BGB gegeben, da der Beklagte der Gemeinschuldnerin durch sein Verhalten in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt habe. Der Schaden habe mindestens die Höhe des eingeklagten Betrages.

Der Kläger behauptet weiter, die Gemeinschuldnerin sei bereits gegen Ende September 1953 überschuldet gewesen, der Beklagte habe die rechtzeitige Stellung des Konkursantrages verhindert, mindestens aber E. dazu angestiftet, der Konkursantragspflicht nicht nachzukommen. Die außer dem Stammkapital zur Verfügung gestellten Gelder habe er zur Vermeidung der Zahlungseinstellung gegeben. Unter diesen Umständen hafte er aus den §§ 64 GmbHG, 823 Abs 2 BGB für den der Gemeinschuldnerin hieraus entstandenen Schaden.

Wenigstens zum Teil sei die Klage wegen versteckter Kapitalrückzahlung begründet. So habe der Beklagte den von der Gemeinschuldnerin für die Einrichtung der S.-Flug-GmbH gezahlten Überpreis letztlich seinerseits erhalten. Außerdem habe er in der Zeit vom 24. Juni bis zum 3. Oktober 1954 von der Gemeinschuldnerin ein Flugzeug zu Privatreiseflügen zur Verfügung gestellt erhalten, ohne dafür etwas bezahlt zu haben; die in der Benutzung des Flugzeugs liegende Zuwendung habe einen Wert von 2.192 DM; dazu kämen 179,26 DM für eine Landung in Holland. Ferner habe er am 18. September 1954 mit der Gemeinschuldnerin vereinbart, daß die Bo. & Co 2.000 DM von ihrer Schuld gegenüber der Gemeinschuldnerin gegen eine ihr gegen die S.-Flug-GmbH zustehende Forderung verrechnen dürfe.

Der Beklagte ist der Klage in allen Punkten entgegengetreten und hat seinerseits geltend gemacht: E. habe durchaus selbständig gehandelt. Er habe ab März 1954 Flugzeuge, die ihm gehörten, gechartert, obwohl bereits genügend Flugzeuge vorhanden gewesen seien. Überflüssigerweise habe er seine Schwester von August bis November 1953 und im Mai 1954 als Kartenverkäuferin beschäftigt; dadurch habe die Gemeinschuldnerin ganz unnötig 726,26 DM aufgewendet. Von Dezember 1954 bis April 1955 habe er den Piloten St. gegen ein monatliches Gehalt von 700 DM eingestellt, obwohl bei der Gemeinschuldnerin in dieser Zeit insgesamt nur 75 Stunden geflogen worden seien und er dies habe allein bewältigen können. E. habe den Konkursantrag aus persönlichen und eigensüchtigen Gründen hinausgeschoben; er habe seinen Namen nicht ruinieren und das Unternehmen mit Unterstützung seines Vetters K. an sich bringen wollen. Keinesfalls könne der Kläger voll mit der Klage durchdringen, da er mehr fordere, als er zur Befriedigung der Konkursforderungen benötige.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision des Beklagten wurde in Höhe von 17.869,01 DM zurückgewiesen. Zum weitergehenden Betrage wurde aufgehoben und zurückverwiesen.

 

Entscheidungsgründe

I. 1. Der Beklagte hat zur Gründung der Gemeinschuldnerin zwei Personen, E. und G., vorgeschoben. Seine Mittelsmänner und nicht er sollten und wollten Gesellschafter werden. Es geht mithin um eine Strohmanngründung und nicht um eine Scheingründung (BGHZ 21, 378). Da E. und G. im eigenen Namen handelten und Verpflichtungen für sich selbst eingingen, treffen sie die Pflichten als Gründer und Gesellschafter. Daß sie für fremde Rechnung, als Treuhänder des Beklagten, tätig wurden und auf Grund des Treuhandvertrages (oder schon von Gesetzes wegen nach § 665 BGB) den Weisungen ihres Auftraggebers unterlagen, berührt ihre Stellung nach außen nicht (RGZ 84, 17, 21 mw Nachw; 130, 390, 392). Mögen sie auch im Verhältnis zum Beklagten verpflichtet gewesen sein, entweder nach seinen Anweisungen zu stimmen oder ihm oder einem von ihm bezeichneten Dritten Stimmvollmacht zu erteilen, so waren sie doch als die Träger der Gesellschafterrechte und -pflichten die Inhaber des Stimmrechts. Sie traf auch die vermögensrechtliche und strafrechtliche Haftung.

Formell war der Beklagte weder Gründer noch bis zum Erwerb der Geschäftsanteile von E. und G. Gesellschafter der Gemeinschuldnerin. Wirtschaftlich war er aber von Anfang an der alleinige Gesellschafter. E. und G. sind nur der äußeren Rechtsgestaltung nach Gesellschafter geworden, die wirkliche Sachlage war verdeckt. Das Kammergericht (DR 1940, 459 Nr 26 mw Nachw, die sich zahlreich vermehren ließen) meint, in einem solchen Falle sei die Gesellschaft nicht in der Lage, den Hintermann der Gesellschafter in Anspruch zu nehmen, solange dieser nicht persönlich Gesellschafter geworden sei; nur diese Auffassung werde dem Verkehrsbedürfnis nach Klarheit über die Person der Gesellschafter gerecht; es würde zu Schwierigkeiten führen, wenn erst durch umständliche und in ihrem Ergebnis zweifelhafte Ermittlungen festgestellt werden müßte, wer der eigentliche Gesellschafter ist. Diese Gesichtspunkte verlangen jedoch nur, daß der Strohmann an seinen Gesellschafterpflichten festgehalten wird, nicht aber, daß die Hintermänner von Gründen haftfrei gelassen werden müßten.

Wer zur Gründung einer GmbH Strohmänner benutzt, ist nicht gehalten, nur solche Personen zu verwenden, die für die übernommene Einlageverpflichtung gut sind. Werden Personen vorgeschoben, deren Haftung wertlos ist, so würde das Aufkommen des Stammkapitals, das die Haftungsgrundlage der Gesellschaft bildet, gefährdet. Nur der vorgeschickte Gründer könnte seinen Hintermann dazu anhalten, ihm die zur Erfüllung der Einlageverpflichtung benötigten Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Gesellschaft könnte den Schaden, den sie durch Nichterfüllung der Einlageverpflichtung erleidet, nur unter den Voraussetzungen des § 826 BGB ersetzt verlangen; sie müßte also nachweisen, daß ihr der Hintermann des Gründers den Schaden vorsätzlich zugefügt hat, und würde beim Fehlschlagen des Beweises und bei bloß fahrlässiger Vermögensschädigung nur den Gründer in Anspruch nehmen und dessen Ansprüche gegen seinen Hintermann pfänden können. Die Ausnützung der zwischen den Gründern und ihrem Auftraggeber bestehenden Rechtsbeziehungen und die Anwendung des § 826 BGB genügen nicht, um eine GmbH, zu deren Gründung mindestens ein Strohmann verwendet worden ist, und die Gläubiger dieser Gesellschaft den Vorschriften des GmbH-Gesetzes entsprechend zu schützen.

Das GmbH-Gesetz sucht die Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals zu sichern. Dem dienen unter anderen (§ 5 Abs 4, § 56 GmbHG) die §§ 30, 31, 19 Abs 2 und § 24 GmbHG.

Nach § 30 Abs 1 GmbHG darf das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Zahlungen, die dem § 30 Abs 1 GmbHG zuwider geleistet sind, sind der Gesellschaft zu erstatten (§ 31 Abs 1 GmbHG). Dieser Erstattungsanspruch ist ein selbständiger Anspruch aus dem Gesellschaftsverhältnis, kein Bereicherungsanspruch. § 19 Abs 2 GmbHG bestimmt in seinem Satz 1, daß den Gesellschaftern die Stammeinlage außer im Fall einer Herabsetzung des Stammkapitals nicht erlassen werden darf, und versagt in seinem Satz 2 dem Gesellschafter die Aufrechnung gegen seine Einlageschuld. Nach § 24 GmbHG, haben, falls eine Stammeinlage weder von dem Zahlungspflichtigen eingezogen noch durch Verkauf des Geschäftsanteils gedeckt werden kann, die übrigen Gesellschafter den Fehlbetrag nach Verhältnis ihrer Geschäftsanteile aufzubringen. Durch diese Bestimmung wird die Haftung eines jeden GmbH-Gesellschafters im Interesse der Gesellschaftsgläubiger über seine eigene Stammeinlageverpflichtung hinaus für den Fall erhöht, daß die Mitgesellschafter ihre Einlageverpflichtungen nicht erfüllen.

Diese Bestimmungen treffen auf denjenigen, für dessen Rechnung ein Gründer gehandelt hat, wörtlich nicht zu, da nicht er, sondern der Beauftragte (Treuhänder, Strohmann) Gesellschafter wird und er die Stellung eines Gesellschafters nur dadurch erlangt, daß er einen Geschäftsanteil erwirbt. Man würde jedoch dem Zweck der §§ 30, 31 GmbHG, die Erhaltung des Stammkapitals zu sichern, nicht gerecht, wollte man diese beiden spezifisch GmbH-rechtlichen Bestimmungen nicht auf den Fall anwenden, daß das Stammkapital zu Zahlungen an jemanden angegriffen wird, in dessen Auftrag und für dessen Rechnung ein Gründer gehandelt hat. Ein solcher Sachverhalt läßt sich mit § 826 BGB, der Haftung des vielleicht vermögenslosen Geschäftsführers (§ 43 GmbHG) und einer Inanspruchnahme des Zahlungsempfängers aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht immer sachgerecht lösen. Ohne Heranziehung des § 19 Abs 2 Satz 1 GmbHG kann man dem Fall, daß der zur Gründung einer GmbH verwendete Strohmann seinem Auftraggeber den Anspruch auf Befreiung von der Einlageverpflichtung ganz ohne Rücksicht auf die Aufbringung des Stammkapitals erläßt, nicht gerecht werden, da dieser Fall auch denkbar ist, ohne daß die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllt sind. Wäre den Vertragspartnern des Treuhandverhältnisses die Aufrechnung nicht durch § 19 Abs 2 GmbHG, sondern nur aus den Gründen versagt, unter denen beim Treuhandverhältnis die Aufrechnung ausgeschlossen ist (vgl BGHZ 14, 342, 346/47; 25, 1, 6/7), so würden bloß rein schuldrechtliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden und die Gesellschaft, deren Gründung das Treuhandverhältnis dient, zu kurz kommen. Könnte derjenige, der durch einen Strohmann mit einem für eigene Rechnung handelnden Dritten eine GmbH gründet, für den Ausfall an der Einlage dieses Dritten nicht nach § 24 GmbHG herangezogen werden, so wäre, wenn der Strohmann zahlungsunfähig ist, auch diese gesetzliche Sicherung des Aufkommens des Stammkapitals durch die Verwendung eines Strohmannes zunichte gemacht.

Alle diese Folgen sind untragbar. Sie können nur dadurch verhindert werden, daß man denjenigen, für dessen Rechnung eine GmbH gegründet wird und der vor Erwerb eines Geschäftsanteils nicht Gesellschafter ist, der Gesellschaft gegenüber vermögensrechtlich wie einen Gesellschafter behandelt und insoweit passiv einem Gesellschafter gleichstellt.

Hierzu führt auch die Überlegung, daß derjenige, der sich der Vorteile der gesetzlichen Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung durch Gründung einer GmbH bedient, sich auch so behandeln lassen muß, als ob er Gesellschafter wäre und die Pflichten eines Gesellschafters zu erfüllen hätte.

Das Aktiengesetz (§ 39 Abs 5) legt Personen, für deren Rechnung gegründet wird, dieselbe Verantwortung wie den Gründern auf. Wenn auch das GmbH-Gesetz nicht die Gründerhaftung des § 39 AktG kennt, sondern die Gemeinhaftung der Gesellschafter für ungedeckt gebliebene Einlageverpflichtungen vorsieht (§ 24), so kann doch nicht daran vorbeigegangen werden, daß das Aktiengesetz die Auftraggeber von Gründern in gleicher Weise wie die Gründer selbst zur Haftung heranzieht. Durch die in § 39 Abs 5 AktG getroffene Regelung sucht der Gesetzgeber der Verwendung von Strohmännern zur Gründung von Aktiengesellschaften zu begegnen. Das ist bei der GmbH nicht minder notwendig als bei der Aktiengesellschaft. Dies rechtfertigt es, den Grundgedanken des § 39 Abs 5 AktG ins GmbH-Recht zu übertragen und auch bei der GmbH Personen, für deren Rechnung gegründet wird, wie die Gründer selbst haften zu lassen. Das führt dazu, daß derjenige, der zur Gründung einer GmbH einen Mittelsmann benützt, bei dessen Zahlungsunfähigkeit für die Einlage und, falls eine andere Stammeinlage weder von dem Zahlungspflichtigen eingezogen noch durch Verkauf seines Geschäftsanteils gedeckt werden kann, auch für den Ausfall an dieser Stammeinlage aufzukommen hat (§ 24 GmbHG). Dies rechtfertigt es, auf den Auftraggeber eines GmbH-Gründers auch die §§ 30, 31, 19 Abs 2 GmbHG anzuwenden, wenn deren Voraussetzungen außer der Gesellschaftereigenschaft gegeben sind.

Da der Beklagte die beiden Gründer der Gemeinschuldnerin als Strohmänner verwendet hat, ist er in den erörterten Beziehungen wie ein Gesellschafter zu behandeln. Durch den Erwerb der beiden Geschäftsanteile hat sich nur insofern etwas geändert, als er dadurch auch formell und vollinhaltlich die Stellung eines Gesellschafters erlangt hat.

2. Für die satzungsmäßigen Zwecke der Gemeinschuldnerin war ein Stammkapital von 20.000 DM völlig unzureichend. Das hat der Beklagte eingesehen. Er hat daher der Gesellschaft über das Stammkapital hinaus Gelder zur Verfügung gestellt. Die Feststellung des Berufungsgerichts, daß es sich dabei um Darlehen und nicht um Nachschüsse im Sinne des § 26 GmbHG habe handeln sollen, wird zwar dem Willen der Beteiligten gerecht, rechtfertigt aber ohne weiteres nicht, dem Beklagten einen Rückzahlungsanspruch zuzubilligen und die an ihn vorgenommenen Rückzahlungen und die ihm erteilten Gutschriften als schuldtilgend anzusehen.

Gesetzlich kann nicht bestimmt werden, daß das Stammkapital einer GmbH nach dem mutmaßlichen Kapitalbedarf der Gesellschaft zu bemessen sei. Denn eine solche Vorschrift brächte Rechtsunsicherheit mit sich. § 5 Abs 1 GmbHG begnügt sich damit, ein Mindestkapital (20.000 DM) vorzuschreiben. Das bedeutet nicht, daß das haftende Kapital ganz ohne Rücksicht auf das für die satzungsmäßigen Gesellschaftszwecke benötigte Kapital festgesetzt werden dürfte. Andererseits ist es der GmbH nicht verwehrt, eine Unterkapitalisierung oder einen bloß vorübergehenden Geldbedarf durch Darlehen ihrer Gesellschafter zu decken oder sich die benötigten Wirtschaftsgüter durch Kauf, Miete oder Pacht von ihren Gesellschaftern zu beschaffen. Gelingt es auf diese Weise, die Gesellschaft vor dem Zusammenbruch zu bewahren und das Gesellschaftsvermögen so weit zu vermehren, daß die mit den Gesellschaftern abgeschlossenen Darlehens-, Kauf-, Miet- und Pachtverträge ohne Gefährdung der Gläubiger erfüllt werden können, so besteht kein rechtliches Bedenken dagegen, daß die Gesellschaft diese Verträge erfüllt.

Das ist aber anders, wenn sich die lediglich schuldrechtliche Ausstattung der Gesellschaft mit Mitteln auf dem Rücken der Gesellschaftsgläubiger auswirkt.

Das Reichsgericht (JW 1938, 862; RGZ 166, 51, 57) hat den Standpunkt vertreten, Forderungen aus Gesellschafterdarlehen müßten im Gesellschaftskonkurs hinter Fremdforderungen zurücktreten, wenn der Gesellschafter durch die Geltendmachung seiner Darlehensforderung die Konkursgläubiger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise schädige (§ 826 BGB).

Hier geht es nicht darum, ob eine Gesellschafterforderung zur Konkurstabelle festgestellt werden kann (§ 146 KO), sondern darum, ob sich der Beklagte, der schon vor dem Erwerb eines Geschäftsanteils wie ein Gesellschafter zu behandeln war, seine „Darlehen” zurückzahlen lassen durfte. Bei den „Darlehen” ging es nicht um die Deckung eines lediglich vorübergehenden, unerwarteten Geldbedarfs, sondern um die Behebung einer Illiquidität, die sich daraus ergab, daß die Gemeinschuldnerin mit zu wenig Stammkapital ausgerüstet war.

Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß es der Gesellschaft immer an Geld fehlte, daß E. immer wieder und wieder beim Beklagten wegen Geld vorstellig wurde, daß die Gesellschaft in Ermangelung eigener Werte keine anderweite Kreditmöglichkeit hatte und daß sie ohne die neben dem Stammkapital gegebenen Gelder des Beklagten bereits im Jahre 1953 zahlungsunfähig und damit konkursreif gewesen wäre. Auch die Revision will gelten lassen, daß der Beklagte die „Darlehen” gegeben habe, um die Gesellschaft zahlungsfähig zu erhalten. Das Berufungsgericht hat durchaus recht, daß die Tatsache der Unterkapitalisierung den Beklagten nicht zu Nachschüssen verpflichtete. Es fragt sich aber, ob der Beklagte, wenn er die Gesellschaft nur durch seine Geldgaben am Leben erhielt und vor dem Konkurs bewahrte, sich diese zweckbestimmten Beträge zurückzahlen oder zurückgewähren lassen durfte.

In jüngster Zeit ist das Problem der Unterkapitalisierung von verschiedenen Richtungen her angegangen worden: Reinhardt (Festschrift für Heinrich Lehmann, 1956, S 576ff, 588ff) will den alleinigen Gesellschafter einer GmbH, die mit einem unverhältnismäßig geringen Stammkapital ausgestattet ist, aber zum Betrieb eines kapitalintensiven Unternehmens verwendet wird, für die Gesellschaftsschulden mithaften lassen und begründet dies mit der Machtlage bei der Einmann-Gesellschaft, die unter dem Gesichtspunkt des Organisationsfehlers und nach bestimmten wirtschaftlichen Ordnungsprinzipien beurteilt werden müsse. Unger (Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen – KTS – 1959, 33, 39) meint, wer eine von ihm beherrschte juristische Person bewußt unterkapitalisiere und den zum erforderlichen Betriebskapital fehlenden Betrag durch Darlehen einlege, hafte den Gesellschaftsgläubigern aus § 826 BGB mit seinem gesamten Vermögen auf vollen Schadensersatz, wenn er die Schädigung in Kauf genommen und in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise gehandelt habe. Erman (KTS 1959, 129, 132/33) will das Problem der durch Mittelsmänner gegründeten, unterkapitalisierten Gesellschaft mit der Erklärungshaftung lösen und so alles nutzbar machen, was „an Schmiegsamkeit und der Fähigkeit zur Erzielung angemessener Ergebnisse als wertvoller Schatz in das Recht der Willenserklärungen und ihrer Auslegung eingebettet liegt”; er meint, der Hintermann erkläre, sich in seiner Rolle als Auftraggeber redlich verhalten zu wollen, und hafte, falls ein Gläubiger von der Gesellschaft nicht befriedigt werden könne, insoweit, als der Gläubiger bei korrektem Verhalten des Hintermanns bei der Gesellschaft Deckung gefunden haben würde.

Zur Lösung des vorliegenden Falles braucht das Problem der Unterkapitalisierung nicht in seiner ganzen Breite entschieden zu werden. Denn hier geht es um den Sonderfall, daß der Hintermann der Gründer die Gesellschaft mit Kapital ausgestattet hat, um auf diese Weise den Konkurs der Gesellschaft abzuwenden.

Das Berufungsgericht sucht den Fall sowohl mit der Entscheidung des Reichsgerichts JW 1938, 862 wie mit der des Senats vom 29. November 1956 – II ZR 156/55 – (BGHZ 22, 226ff) zu lösen. Das Reichsgericht ist mit § 826 BGB dem entgegengetreten, daß sich ein Einzelkaufmann die beschränkte Haftung der GmbH verschafft, ohne ernstlich eine GmbH gründen zu wollen, und dabei vorsätzlich zum Schaden der Gläubiger des Unternehmens handelt. In dem Urteil vom 29. November 1956 hat der Senat erörtert, ob bei einer Einmann-GmbH rechtlich die Möglichkeit besteht, den Gesellschafter zur Haftung für die Gesellschaftsschulden dadurch heranzuziehen, daß man auf den Menschen, der hinter der juristischen Person steht und sie benutzt, durchgreift. Hierbei geht es um Sachverhalte, bei denen die Berufung auf die förmliche Verschiedenheit von Gesellschaft und Gesellschafter objektiv dem Zweck der Rechtsordnung widerspricht und damit gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt. Das Berufungsurteil vermengt die Tatbestandserfordernisse des § 826 BGB mit denen der Durchgriffslehre. Wenn der Gesellschafter aus einem besonderen Rechtsgrund (Bürgschaft, Schuldbeitritt, Kreditauftrag, Garantievertrag, Verschulden beim Vertragsschluß oder unerlaubte Handlung) ohnehin haftet, geht es nicht um das Durchgriffsproblem. Die Frage, ob über die Rechtsform der juristischen Person hinweggegangen werden kann, stellt sich nur, wenn die Rechtsfigur der juristischen Person in einer § 826 BGB oder § 242 BGB verletzenden Weise mißbraucht wird. Ein Fall dieser Art liegt nicht vor. Daß zur Gründung der Gemeinschuldnerin Strohmänner verwendet wurden, war nicht sittenwidrig (BGHZ 21, 378, 382), denn das diente keinem verwerflichen Zweck, insbesondere nicht der Schädigung Dritter, sondern der Umgehung von Anordnungen, durch die die Alliierten die fliegerische Betätigung Deutscher verboten hatten. Solange der Beklagte den Geldbedarf der Gemeinschuldnerin durch „Darlehen” deckte, kann ihm auch die Tatsache der Unterkapitalisierung nicht vorgeworfen werden. Die Feststellung des Berufungsgerichts, der Beklagte habe von Anfang an gewußt, daß die Gemeinschuldnerin durch den Gesellschaftsvertrag nur unzureichend mit Kapital ausgestattet war, trägt die Annahme eines Schädigungsvorsatzes nicht. Denn sie steht in einem unvereinbaren Widerspruch zu den Feststellungen, daß der Beklagte mit dem wirtschaftlichen Erfolg der Gemeinschuldnerin, insbesondere mit einem positiven Ergebnis der Himmelsschriftversuche rechnete, und daß er der Gemeinschuldnerin immer weitere Beträge zur Verfügung stellte.

Aber auch wenn der Beklagte ohne Schädigungsvorsatz handelte, muß er der Gesellschaft diejenigen Beträge, die er sich von ihr zurückzahlen ließ, erstatten. Seine „Darlehen” dienten dazu, die Konkursantragspflicht (§ 64 Abs 1 GmbHG) abzuwenden. Ohne die „Darlehen” wäre die Gesellschaft bereits im September 1953 zahlungsunfähig, möglicherweise auch überschuldet gewesen. Das Berufungsgericht nimmt das letztere an, folgert dies aber aus einer Gegenüberstellung von Ausgaben und Einnahmen, während zur Überschuldung gehört, daß die echten Passivposten, also die Passiva unter Weglassung des Stammkapitals, die Aktiva übersteigen. Durch die gewährten „Darlehen” wurde der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit verhindert. Wurde die alsbaldige Rückzahlung dieser Gelder geschuldet, so wäre mit ihrer Verausgabung entweder Verschuldung eingetreten oder eine etwa bereits vorhandene Überschuldung vergrößert worden. Denn die Gesellschaft besaß nur wenig Vermögen, und mit den darlehensweise zur Verfügung gestellten Geldern sollten nicht Werte geschaffen, sondern Personalausgaben, Chartergebühren und Aufwendungen für Versuche bestritten werden. Sollte der mit dem „Darlehen” verfolgte Zweck erreicht werden, so durften diese Gelder nicht als Schulden der Gesellschaft erscheinen, sondern waren vom Beklagten und der GmbH zunächst so zu behandeln, als seien sie haftendes Kapital. Zu dieser durch den Konkursabwendungszweck der Geldgaben und die wirtschaftliche Struktur des Unternehmens bedingten Folge setzte sich der Beklagte durch die Rückforderung seiner „Darlehen” und die Entgegennahme der Darlehensrückzahlungen in Widerspruch. Damit verstieß er gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) Er hat durchaus recht, daß er mangels Bestehens einer Nachschußpflicht zu mehr als der Aufbringung des Stammkapitals nicht verpflichtet war; wenn er aber zur Abwendung der Konkursantragspflicht weitere Gelder zur Verfügung stellte, so durfte er sie nicht zur Unzeit, noch bevor der damit verfolgte Zweck nachhaltig erreicht war, zurückfordern. Die Gesellschaft durfte nicht schon in dem Augenblick mit Schulden aus diesen Geldempfängen belastet werden, in dem sie Einnahmen erzielte und auf diese Weise flüssige Mittel in die Hand bekam. Durch die Einnahmen wuchs das Gesellschaftsvermögen keinesfalls über den Betrag des nun haftenden Kapitals hinaus; infolge der Rückzahlung der „Darlehen” blieben Fremdforderungen ungedeckt. Zu den an den Beklagten geleisteten Zahlungen wurde also Gesellschaftsvermögen, das wie haftendes Kapital zu behandeln war, verwendet, bevor es die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft gestattete, auf die Ziffer des Stammkapitals zurückzugehen und dem Darlehenscharakter der über das satzungsmäßige Kapital hinaus zur Verfügung gestellten Gelder Rechnung zu tragen.

Da der Beklagte nach Lage der Dinge die Konkursantragspflicht von der Gesellschaft nur abwenden konnte, wenn seine als Darlehen gegebenen Gelder wie haftendes Kapital behandelt wurden und er sich hierzu nicht in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Weise in Widerspruch setzen durfte, muß er sich gefallen lassen, daß auf die Darlehensrückzahlungen § 31 Abs 1 GmbHG angewendet wird.

Das Berufungsgericht hat weder das Maß der Unterkapitalisierung noch festgestellt, welchen Betrag die Gemeinschuldnerin zur Konkursabwendung objektiv benötigte. Die Summe der Darlehensgewährung braucht nicht maßgebend zu sein, da sich die Geldhergaben mit den Rückzahlungen überschnitten, so daß nicht schon die Zusammenzählung der Darlehen das Ausmaß der Unterkapitalisierung und der zur Konkursabwendung notwendigen Beträge und auch kein Eingeständnis des Beklagten in diesen Richtungen abgibt. Der Konkurs der Gemeinschuldnerin hat noch andere Gründe als die beanstandeten Geldabzüge, nämlich einmal die vorwerfbaren Geschäfte der Gemeinschuldnerin mit der S.-Flug-GmbH und dem Beklagten und zum anderen die Schaden stiftenden Handlungen der Geschäftsführung, bei denen E. teils die Weisungen des Beklagten befolgte und teils selbständig handelte.

Immerhin hat der Beklagte bis zu der Zeit, als die ersten Rückzahlungen einsetzten, 46.255 DM Darlehen gegeben. Das war mindestens derjenige Betrag, den der Beklagte zum Ausgleich der Unterkapitalisierung und zur Konkursabwendung zur Verfügung gestellt hat. Die Rückzahlungen betragen 25.497,75 DM. Der Beklagte hat der Gemeinschuldnerin nach Empfang von Rückzahlungen wiederum Darlehen gewährt. Dabei handelt es sich um die am 1. und 2. Dezember 1954 zur Verfügung gestellten 10.000 DM. Es könnte sein, daß dieser Betrag rechtlich als Teilerfüllung der sich für den Beklagten aus § 31 Abs 1 GmbHG ergebenden Rückerstattungspflicht qualifiziert werden muß. Dann könnten vom Beklagten von den zuvor erwähnten 25.497,75 DM nur noch 15.497,75 DM erstattet verlangt werden. In dieser Höhe konnte das Berufungsurteil aber auch aufrecht erhalten werden.

II. Das Berufungsgericht hat dem Kläger gewisse Beträge unter dem Gesichtspunkt der versteckten Kapitalrückzahlung zugesprochen.

1. Es hat angenommen, daß die Gemeinschuldnerin den Kaufpreis für die Geschäftseinrichtung der S.-Flug-GmbH aus ihrem vom Beklagten eingezahlten Stammkapital geleistet habe, daß sie in dem Kaufpreis von 9.250 DM 5.000 DM zuviel bezahlt habe und daß dieser Betrag dem Beklagten zugeflossen sei, da er den ganzen Kaufpreis bei der S.-Flug-GmbH entnommen habe.

Zahlungen, die die Gemeinschuldnerin an die S.-Flug-GmbH vornahm, leistete sie nicht dem Beklagten, mag er auch deren alleiniger Gesellschafter gewesen und das Geld auf dem Wege von Entnahmen an ihn persönlich gelangt sein. Denn zwischen einer juristischen Person und ihrem alleinigen Gesellschafter ist durchaus zu unterscheiden. Das verkennt auch das Berufungsgericht nicht. Es meint jedoch, der Beklagte habe rechtsmißbräuchlich gehandelt, da er die S-Flug-GmbH zwischen sich und die Gemeinschuldnerin geschaltet und diesen Umweg zur Verschleierung des wirklichen Vorganges gewählt habe. Deshalb verlangten Treu und Glauben, daß er so behandelt werde, als ob er unmittelbar und nicht über die S-Flug einen Betrag von 5.000 DM erhalten hätte. So können die Dinge nicht beurteilt werden. Die Einrichtungsgegenstände, die die Gemeinschuldnerin ankaufte, gehörten der S.-Flug-GmbH und nicht dem Beklagten. Die S.-Flug-GmbH war es auch, die den Kaufvertrag mit der Gemeinschuldnerin schloß und der der Kaufpreis gebührte. Ob der Beklagte Gelder bei der S.-Flug-GmbH entnehmen durfte, ohne damit gegen § 30 GmbHG zu verstoßen, steht nicht fest. Aus diesen Gründen ist es nicht möglich, den Beklagten an Stelle der S.-Flug-GmbH als Vertragspartner der Gemeinschuldnerin zu behandeln und von einer Zahlung an ihn zu sprechen.

Eine verdeckte Kapitalrückzahlung würde aber vorliegen, wenn der Kaufpreis der Geschäftseinrichtung in dem zwischen beiden Gesellschaften geschlossenen Kaufvertrag nur zum Schein auf 9.250 DM festgelegt und dadurch ein von den beiden Gesellschaften zum angemessenen Preis abgeschlossener Kauf und eine Zuwendung an den Beklagten zum darüber hinausgehenden Betrage verdeckt worden wäre. Unter diesem Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht die Dinge nicht beurteilt. Außerdem spricht es im Widerspruch zu seiner Annahme, daß der Beklagte die 9.250 DM bei der S.-Flug entnommen habe, davon, daß dieser Betrag unmittelbar an den Beklagten gezahlt worden sei. Die Revision hat in Ausführung einer Rüge aus § 139 ZPO vorgetragen daß die S-Flug-GmbH die 9.250 DM erhalten und voll zur Bezahlung ihrer Gläubiger verwendet habe. Unter diesen Umständen ist dem Senat eine abschließende Beurteilung dieses Punktes unmöglich.

2. Das Berufungsgericht sieht es als eine verschleierte Kapitalrückzahlung an, daß die S.-Flug-GmbH am 18. September 1954, also zu einer Zeit, als der Beklagte ihr alleiniger Gesellschafter war, mit der Gemeinschuldnerin vereinbarte, daß die Bo. & Co in Höhe von 2.000 DM eine Schuld an die Gemeinschuldnerin mit einer Forderung an die S.-Flug-GmbH verrechnen dürfe. Diese Würdigung wird den Tatsachen nicht gerecht. Das Berufungsgericht geht selbst davon aus, daß die S-Flug-GmbH die Schuldnerin der Bo. & Co war. Demzufolge wurde sie und nicht der Beklagte durch das Verrechnungsabkommen von einer Schuld entlastet. Die S.-Flug-GmbH und der Beklagte als ihr alleiniger Gesellschafter sind zwei verschiedene Personen. Der Beklagte kann nicht schon deshalb mit der S.-Flug-GmbH identifiziert werden, weil er als alleiniger Gesellschafter der S.-Flug-GmbH wirtschaftlich an dem Verrechnungsabkommen interessiert war.

3. Das Berufungsgericht findet eine weitere verdeckte Rückzahlung von Stammkapital darin, daß die Gemeinschuldnerin in der Zeit vom 24. Juni bis zum 3. Oktober 1954 dem Beklagten ein Flugzeug zu privaten Flügen auf die Dauer von nahezu 18 1/2 Stunden überlassen hat, ohne ihm dafür ein Entgelt zu berechnen oder auch nur die Charterkosten in Rechnung zu stellen. Das Berufungsgericht meint, die §§ 30, 31 GmbHG sprächen zwar nur von Zahlungen; sobald das Reinvermögen einer GmbH den Nennbetrag ihres Stammkapitals nicht mehr übersteige, falle aber jede Leistung der Gesellschaft an einen ihrer Gesellschafter, der keine gleichwertige Gegenleistung gegenüberstehe, unter das Verbot des § 30 GmbHG. Das ist richtig. Das Auszahlungsverbot des § 30 GmbHG betrifft nicht bloß Geldleistungen an Gesellschafter, sondern Leistungen aller Art (Scholz, GmbHG § 30 Anm 5). Voraussetzung ist jedoch, daß die Leistung auf Kosten des Stammkapitals geht. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn (insoweit) das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Gesellschaftsvermögen angegriffen wird. Das ist der Fall, wenn (so weit) infolge der Leistung an den Gesellschafter das Reinvermögen der Gesellschaft nicht mehr die Ziffer des Stammkapitals erreicht (Scholz aaO § 30 Anm 2). Das Berufungsgericht hat zwar für die Dauer der hier in Rede stehenden Zeit nicht festgestellt, daß das Gesellschaftsvermögen unter der Summe des haftenden Kapitals lag. Das ergibt sich aber aus den zu den Akten überreichten Unterlagen ohne weiteres.

Das Berufungsgericht hat die Höhe der dem Beklagten durch die Überlassung des Flugzeugs gemachten Zuwendungen auf 2.192 DM berechnet. Hiergegen sind keine rechtlichen Bedenken zu erheben. Es setzt zu den 2.192 DM noch einen Betrag von 179,26 DM hinzu, den die Gemeinschuldnerin für eine in den Niederlanden notwendig gewordene Landung des Beklagten bezahlt hat. Auch das ist richtig.

Das Berufungsurteil konnte daher in Höhe weiterer 2.371,26 DM aufrecht erhalten werden.

III. Das Berufungsgericht will den Beklagten für einen Betrag von 28.500 DM der Schulden der Gemeinschuldnerin haftbar machen und führt hierzu aus: Die Ansicht des Klägers, E. sei auch als Geschäftsführer Strohmann des Beklagten gewesen, sei unrichtig. E. habe zwar Weisungen des Beklagten befolgen müssen und nach Weisung des Beklagten gehandelt, er habe aber auch seinen eigenen Willen haben dürfen und diesen auch ausgeführt. Der Treuhandvertrag beziehe sich nicht auf die Geschäftsführerstellung E.'s. Ein Fall der vom Reichsgericht in seinem Urteil vom 20. März 1914 – III 532/13 (RGZ 83, 304) entschiedenen Art liege nicht vor. Der Beklagte könne darum nicht aus Vertrag für das Handeln E.'s verantwortlich gemacht werden. Sowohl im Verhältnis zur Gesellschaft wie im Verhältnis zu den Gesellschaftsgläubigern sei er aber für die Pflichtwidrigkeiten E.'s verantwortlich. Er habe in sittenwidriger Weise auf die Eigenverantwortlichkeit E.'s gebaut, sich die beschränkte Haftung eines GmbH-Gesellschafters zunutze gemacht und E. zu Maßnahmen veranlaßt, die, wie er gewußt habe, mit den Pflichten eines GmbH-Geschäftsführers nicht zu vereinbaren seien. Er habe E. als doloses Werkzeug benutzt, um unter dem Namen der Gemeinschuldnerin selbst Geschäfte betreiben zu können, ohne mehr als die Summe der Stammeinlagen riskieren zu müssen. Er sei geradezu als mittelbarer Geschäftsführer anzusehen und unter diesem Gesichtspunkt aus § 826 BGB schadensersatzpflichtig. Durch den Beklagten als mittelbaren Geschäftsführer und durch seine Beteiligung an der Geschäftsführung E.'s sei die Gesellschaft jedoch nur insoweit geschädigt, als die eigene Verantwortung E.'s ihr gegenüber reiche. Im Hinblick auf die sich aus § 64 Abs 2 Satz 3 GmbHG mit § 43 Abs 3 Satz 3 GmbHG ergebende Haftung könne sich E. für die nach Zahlungseinstellung geleisteten Zahlungen aber den Gesellschaftsgläubigern gegenüber nicht auf eine Weisung des Beklagten berufen. Deshalb müsse auch der Beklagte für die auf seine Veranlassung noch nach Zahlungseinstellung geleisteten Zahlungen den Gläubigern gegenüber haften. Diesen Anspruch könne der Kläger als Konkursverwalter geltend machen.

Diese Ausführungen sind in mehrfacher Hinsicht verfehlt:

Durch die Darlehen des Beklagten wurde, wie das Berufungsgericht an anderer Stelle seines Urteils mit Recht ausführt, die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin gerade vermieden.

Die Haftung des Geschäftsführers, sei es nach § 43 GmbHG, sei es nach § 64 Abs 2 GmbHG, verträgt als eine spezifisch gesellschaftsrechtliche Haftung nicht die Verwendung des Begriffs des dolosen Werkzeugs oder der mittelbaren Täterschaft.

Auch der dem Berufungsurteil zugrundeliegende Gedanke, der Beklagte würde den Gesellschaftsgläubigern gehaftet haben, wenn er Geschäftsführer gewesen wäre und dabei die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns außer acht gelassen hätte, ist nicht richtig. In der Regel haftet der Geschäftsführer einer GmbH bei Verletzung der ihm obliegenden Pflichten nur der Gesellschaft und nicht den Gesellschaftsgläubigern. Er hat nicht, wie der Vorstand einer Aktiengesellschaft (§ 70 AktG), die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten, sondern ist den im Rahmen von Gesetz, Satzung und guten Sitten bleibenden Weisungen der Gesellschafter unterworfen. Darum haftet er im allgemeinen nicht, wenn er einen Gesellschafterbeschluß oder eine Weisung des alleinigen Gesellschafters befolgt oder wenn er der alleinige Gesellschafter ist. Seine Ersatzpflicht wird aber auch beim Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht aufgehoben, wenn Zahlungen dem § 30 GmbHG zuwider oder nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach Feststellung der Überschuldung geleistet werden und der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist. Diese Ausnahmen erklären sich daraus, daß auch die Gesellschafter die in § 30 und § 64 Abs 2 GmbHG gezogenen Grenzen nicht überspringen können. Ebenso schließt eine vom Geschäftsführer befolgte Weisung der Gesellschafter nicht die Anfechtung einer Rechtshandlung nach den §§ 29ff KO oder dem Anfechtungsgesetz aus, weil die Gesellschafter auch diese gesetzliche Schranke nicht überschreiten dürfen. Liegt ein Fall des § 30 oder des § 64 Abs 2 GmbHG nicht vor und ist auch § 33 GmbHG nicht gegeben, so können die Gesellschaftsgläubiger ihren durch eine Obliegenheitsverletzung des Geschäftsführers erlittenen Schaden nicht aus § 43 GmbHG ersetzt verlangen; solchenfalls hat auch die Gesellschaft keinen Anspruch, wenn der Geschäftsführer in Befolgung eines Gesellschafterbeschlusses oder einer Weisung der Gesellschafter gehandelt hat oder wenn er der einzige Gesellschafter ist, so daß den Gesellschaftsgläubigern auch eine Pfändung nichts nützt.

Durch Weisungen an den Geschäftsführer können die Gesellschafter einer GmbH nur unter den Voraussetzungen des § 826 BGB schadensersatzpflichtig werden. Da der Beklagte bereits, bevor er durch Erwerb eines Geschäftsanteils Gesellschafter wurde, wie ein Gesellschafter zu behandeln war, sind seine E. erteilten Weisungen als die Weisungen eines Gesellschafters zu werten. Die Gesellschafter einer GmbH können den Tatbestand des § 826 BGB auch dadurch erfüllen, daß sie den Geschäftsführer zu Zahlungen veranlassen, die er im Hinblick auf § 64 Abs 2 GmbHG nicht mehr leisten durfte. Zahlungseinstellung oder Überschuldung können hier aber nicht schon für September 1953, sondern erst für einen sehr viel späteren Zeitpunkt angenommen werden, da die Darlehen des Beklagten mindestens in Höhe von 46.255 DM wie haftendes Kapital zu behandeln sind. Das Berufungsgericht stützt seine Feststellung, der Beklagte habe, soweit er sich die Gefolgschaft und Hörigkeit E.'s zunutze gemacht habe, mit dem zu § 826 BGB gehörenden Vorsatz gehandelt, auf die Annahme, der Beklagte habe im August 1953 erfahren, daß die Gesellschaft bankrott sei. Diese Annahme ist nicht haltbar, weil der Beklagte noch Gelder zur Verfügung gestellt hat, die wie haftendes Kapital zu behandeln sind. Im übrigen geht das Berufungsgericht selbst davon aus, der Beklagte habe gehofft, der Aufwand für die Himmelsschriftversuche werde sich bezahlt machen. Hiermit ist die Feststellung unvereinbar, der Beklagte habe schon bei seinen ersten, E. erteilten Anweisungen mit Schädigungsvorsatz gehandelt. Ein solcher Vorsatz kommt für die Zeit, während der der Beklagte seinem Optimismus zum Opfer gefallen ist, nicht in Frage.

(Es folgt die rechnerische Rechtfertigung des Ergebnisses).

 

Fundstellen

BGHZ, 258

NJW 1960, 285

MDR 1960, 205

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