Leitsatz (amtlich)

Rückständige Versorgungsleistungen sind bis zu sechs Monaten vor Eröffnung des Konkursverfahrens insolvenzgesichert.

 

Tatbestand

Der Kläger war ab 1937 stellvertretendes und von 1942 bis 1961 ordentliches Vorstandsmitglied der Aktiengesellschaft M. B.-Spinnerei und Weberei A.. Er erhielt 1959 eine Ruhegehaltszusage. Im Februar 1961 schied er aus dem Vorstand aus. Später wurde auch sein Dienstverhältnis gekündigt. Über die dem Kläger zustehenden restlichen Gehaltsansprüche sowie über die Pensionsansprüche entstand Streit. Die Aktiengesellschaft zahlte ab 1. August 1961 freiwillig nur einen Betrag von 2.000 DM monatlich, im übrigen berief sie sich auf Gegenforderungen. Wegen des vom Kläger begehrten Restbetrages kam es zu einem langwierigen Rechtsstreit. Noch vor dessen, nur teilweise rechtskräftigem Abschluß fiel die Aktiengesellschaft im Februar 1976 in Konkurs. Seitdem erhält der Kläger monatlich 2.000 DM von dem Beklagten.

Mit der Klage macht er gegen den Beklagten weitere Ansprüche auf Pensionszahlungen für die Zeit vor Eröffnung des Konkursverfahrens geltend. Der Beklagte wendet sich sowohl gegen die Höhe dieser Ansprüche als auch gegen seine Einstandspflicht für Rückstände aus der Zeit vor Konkurseröffnung überhaupt.

Das Landgericht hat die auf Zahlung von insgesamt 11.736 DM Ruhegeld für Dezember 1974 und Januar 1975 gerichtete Klage abgewiesen. Nach der Feststellung des Oberlandesgerichts sind die Parteien sich darüber einig, daß für die Monate Dezember 1974 und Januar 1975 dem Kläger gegenüber der Aktiengesellschaft jedenfalls je 500 DM an Ruhegehaltsbezügen (über die ihm gezahlten je 2.000 DM hinaus) zustehen. Darauf gestützt hat das Oberlandesgericht durch Teilurteil der Klage in Höhe von 500 DM für Dezember 1974 stattgegeben.

Mit der Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

I. Mit dem Berufungsgericht ist davon auszugehen, daß der Kläger, wie der Beklagte auch nicht in Zweifel zieht, als Pensionsberechtigter die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen des § 7 in Verbindung mit § 17 Abs 1 Satz 2 BetrAVG dem Grunde nach erfüllt. Im Revisionsverfahren geht es nur um die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß der Beklagte als Träger der Insolvenzsicherung (§ 14 BetrAVG) auch für solche Versorgungsansprüche einzustehen hat, die schon vor der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Pensionsschuldnerin im Februar 1976 entstanden sind. Dabei hat der Senat über solche Ansprüche des Klägers nur insoweit zu entscheiden, als sie in die Revisionsinstanz gelangt sind, also für Dezember 1974 und, wenn sich diese Forderung als unbegründet erweist, für Januar 1975 in Höhe von je 500 DM. Denn nur in diesem Umfang haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 1979 vor dem Berufungsgericht die Berufungsanträge des Klägers, mit denen er eine Rente für März 1966 sowie für Juli bis Dezember 1974, hilfsweise für Januar bis Juni 1975, gefordert hatte, vorerst zur Entscheidung gestellt. Dem hat das Berufungsgericht mit seinem auf die Zuerkennung von 500 DM für Dezember 1974 beschränkten Teilurteil entsprochen (vgl auch BU S 13).

Das Berufungsgericht hält die Klage hinsichtlich dieses Teilbetrages für begründet, weil der Beklagte nach § 7 Abs 1 BetrAVG auch für rückständige Pensionsforderungen unbeschränkt eintreten müsse. Dem vermag sich der Senat nicht voll anzuschließen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Ruhegeldanspruch des Klägers für Dezember 1974 entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht schon deshalb vom Insolvenzschutz ausgeschlossen ist, weil er vor dem Inkrafttreten des § 7 BetrAVG am 1. Januar 1975 entstanden ist (§ 32 BetrAVG). Der Rentenanspruch gegen den Beklagten scheitert für diesen Monat ebenso wie die hilfsweise erhobene Forderung für Januar 1975 jedenfalls daran, daß § 7 Abs 1 BetrAVG Rückstände zwar nicht grundsätzlich vom Insolvenzschutz ausnimmt, sie aber nach seinem Sinn und Zweck nur zeitlich begrenzt sichert.

II. Die Auffassung der Revision, der Beklagte hafte für Versorgungsansprüche überhaupt nur für die Zeit nach dem Sicherungsfall, findet in Wortlaut, Zusammenhang, Entstehungsgeschichte und Zweck des Gesetzes keine Grundlage.

1. Daß § 7 Abs 1 BetrAVG von „Versorgungsempfängern” spricht, steht seiner Anwendung auf rückständige Versorgungsleistungen nicht entgegen, da für die Verpflichtung des Beklagten die Versorgungsberechtigung und nicht der tatsächliche Zahlungsbeginn entscheidend ist (Urt v 9.6.80 – II ZR 255/78, WM 1980, 818 = ZIP 1980, 556).

Im übrigen deckt die Fassung der Vorschrift Ansprüche auf rückständige ebenso wie auf künftige Leistungen: Beides sind Ansprüche, die „nicht erfüllt werden, weil über das Vermögen des Arbeitgebers … das Konkursverfahren eröffnet worden ist”; denn die Beschlagnahmewirkung des § 1 KO verhindert zunächst – und bei unzureichender Masse mindestens teilweise auch endgültig – die Befriedigung schon fällig gewordener und erst künftig fällig werdender Ruhegehaltsansprüche in gleicher Weise. Daß die Konkurseröffnung die einzige Ursache für die Nichterfüllung der Leistungen sein müsse, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Sowohl das Ausbleiben künftiger als auch rückständiger Versorgungsleistungen hat im Konkursfall seinen Grund regelmäßig (neben der Überschuldung) in der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, auf der die Konkurseröffnung ihrerseits erst beruht. Schließlich lassen sich die Worte, mit denen die Höhe der insolvenzgesicherten Ansprüche bestimmt ist – „Anspruch in Höhe der Leistungen, die der Arbeitgeber aufgrund der Versorgungszusage zu erbringen hätte, wenn das Konkursverfahren nicht eröffnet worden wäre” –, zwanglos auch auf rückständige Leistungen beziehen; denn auch diese müßte der Arbeitgeber aufgrund der Versorgungszusage erbringen, wenn ihm nicht der Konkurs die Verfügung über sein Vermögen entzogen hätte.

2. Aus dem Zusammenhang oder einem Vergleich des § 7 Abs 1 BetrAVG mit anderen Gesetzesbestimmungen lassen sich keine überzeugenden Gesichtspunkte für oder gegen die Einbeziehung von Rückständen in den Insolvenzschutz gewinnen. So regeln namentlich § 7 Abs 1 Satz 2 oder § 9 Abs 3 BetrAVG besondere Tatbestände, über deren Anwendung hier nicht zu entscheiden ist und die für die Frage, ob schon vor dem Sicherungsfall unerfüllt gebliebene Ansprüche aus einer unmittelbaren Versorgungszusage unter § 7 Abs 1 BetrAVG fallen, nichts hergeben. Der Ausdruck „laufende Leistungen” in § 7 Abs 3 Satz 1 BetrAVG soll ersichtlich nur den Gegensatz zu den im folgenden Satz behandelten Kapitalleistungen bezeichnen. Ebenso regelt § 9 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 BetrAVG lediglich die Folgen verspäteter Anmeldung beim Beklagten, ohne sich mit der Insolvenzsicherung von Rückständen zu befassen, die noch aus der Zeit vor Konkurseröffnung herrühren.

3. Im Gegensatz zum Betriebsrentengesetz enthält das Gesetz über Konkursausfallgeld vom 17. Juli 1974 (BGBl I 1481) ausdrücklich Bestimmungen, die den Anspruch auf rückständige Bezüge bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers zeitlich begrenzt sichern. So hat es die Rechtsstellung sowohl der aktiven Arbeitnehmer als auch der Betriebsrentner im Konkurs zunächst in der Weise verbessert, daß es Lohnansprüche und Pensionsansprüche für die letzten sechs Monate vor der Eröffnung des Konkursverfahrens zu Masseschulden erklärt hat (Art 2 § 1 Nr 1 zu § 59 Abs 1 Nr 3a und 3d KO). Darüber hinaus gewährt es aktiven Arbeitnehmern für die letzten drei Monate vor Konkurseröffnung ein Konkursausfallgeld (Art 1 Nr 5 zu §§ 141a ff AFG). Der Umstand, daß sich in dem nur wenige Monate später verkündeten Betriebsrentengesetz keine entsprechende ausdrückliche Regelung für Pensionäre findet, erlaubt nicht den Schluß, der Gesetzgeber habe deren Ansprüche auf rückständige Leistungen ungesichert lassen wollen und sie damit bewußt schlechter als aktive Arbeitnehmer gestellt (so zutreffend Dreyer gegen ArbG Köln, Betrieb 1978, 1890). Er hat vielmehr durch das Betriebsrentengesetz die Lücke, die im Insolvenzschutz für Betriebsrentner noch bestand, durch eine weitgehend anders gestaltete Regelung geschlossen, die der besonderen Lage gerade dieses Personenkreises angepaßt ist und grundsätzlich sowohl künftige als auch rückständige Versorgungsleistungen erfaßt.

Dabei mußte der Gesetzgeber davon ausgehen, daß Pensionäre, die das Entgelt für ihre Versorgung in Gestalt betriebstreu geleisteter Dienste bereits voll erbracht haben, auf diesen Schutz nicht weniger, sondern in mancher Hinsicht noch stärker angewiesen sind als tätige Arbeitnehmer (vgl BAG, Urt v 30.3.73 – 3 AZR 26/72, BAGE 25, 146 = NJW 1973, 959 zu B II 5a). Das gilt nicht nur für den Anspruch auf die nach Konkurseröffnung laufenden Bezüge, deren Ausfall ein Pensionär in der Regel weder durch anderweitigen Einsatz seiner Arbeitskraft wettmachen noch mit Hilfe von Arbeitslosengeld überbrücken kann; der Gesichtspunkt, daß eine Betriebsrente neben den Sozialversicherungsleistungen im Rahmen der Gesamtversorgung weniger ins Gewicht fällt, trifft nicht immer und vor allem nicht auf die hier zu beurteilenden Ruhegeldansprüche von Gesellschaftsorganen zu (vgl BAG, Urt v 4.7.69 – 3 AZR 212/68, BAGE 22, 105 = NJW 1970, 964 zu II 1). Auch schon vor dem Konkurs kann einen Betriebsrentner eine Zahlungseinstellung des Betriebsinhabers härter treffen als einen Arbeitnehmer, der durch die Ankündigung seiner Arbeitsverweigerung oder einer sofortigen Lösung des Arbeitsverhältnisses mit der Aussicht, entweder einen anderen Arbeitsplatz zu finden oder Arbeitslosengeld zu beziehen, immerhin einen gewissen Druck auf den Arbeitgeber ausüben kann. Dem kann nicht entgegengehalten werden, einem Pensionär sei zuzumuten, bei einem Zahlungsverzug seines Schuldners seine Rechte bald durch eine Klage oder notfalls auch durch einen Konkursantrag geltend zu machen. Abgesehen von begreiflichen Hemmungen vor einem so scharfen Vorgehen gegen den früheren Arbeitgeber und vor gerichtlichen Auseinandersetzungen überhaupt, denen gerade Betriebsrentner vielfach unterliegen, führt eine Pensionsklage rechtlich und tatsächlich nicht immer zu einem schnellen Erfolg, wie gerade der vorliegende Fall zeigt (der Kläger kämpft seit über 15 Jahren um sein Ruhegehalt). Auch könnte der Zwang, zur Sicherung des Anspruchs aus § 7 Abs 1 BetrAVG beim kleinsten Rückstand den Arbeitgeber sofort in den Konkurs zu treiben, mitunter im Interesse aller erwünschte Sanierungsbemühungen vereiteln.

So heißt es denn auch in dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 22. November 1974 zum Entwurf des Betriebsrentengesetzes (BTDs 7/2843 S 5:

„Zwar hat das Gesetz über Konkursausfallgeld vom 17. Juli 1974 (BGBl I S 1481) eine gewisse Verbesserung in der Rechtsstellung der Versorgungsempfänger gebracht. Dieser verbesserte Schutz erstreckt sich jedoch nicht auf die erst nach Konkurseröffnung fällig werdenden Ansprüche und kann sich auch für die rückständigen Pensionsforderungen nur in den Fällen auswirken, in denen das dem Konkursverfahren unterliegende Vermögen des Arbeitgebers zur vollen Befriedigung wenigstens der bevorrechtigten Gläubiger ausreicht. Eine wirksame Insolvenzsicherung ist daher erforderlich, um die betriebliche Altersversorgung auch gegen die wirtschaftlichen Wechselfälle des Unternehmens abzusichern und sie damit im Zusammenhang mit den sonstigen Maßnahmen des Gesetzentwurfs zu einem gesicherten Bestandteil der Gesamtversorgung der Arbeitnehmer zu machen”.

Der zweite Satz dieser Ausführungen spricht deutlich gegen die Annahme, das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung für rückständige Leistungen, wie sie das Konkursausfallgeld trifft, in § 7 Abs 1 BetrAVG solle zum Ausdruck bringen, daß Rückstände durch diese Vorschrift nicht gesichert seien.

4. Dem Zweck der Insolvenzsicherungsbestimmungen, wie er in den vorstehend wiedergegebenen Ausführungen des federführenden Bundestagsausschusses anklingt, entspricht es vielmehr, bei Konkurseröffnung rückständige Versorgungsleistungen jedenfalls in Grenzen in den Insolvenzschutz einzubeziehen. Das Gesetz sichert Versicherungsberechtigte gegen Rentenausfälle infolge wirtschaftlicher Schwäche ihres Arbeitgebers. Indem es hierfür in § 7 Abs 1 BetrAVG an die Konkurseröffnung anknüpft, geht es davon aus, daß für diesen Zeitpunkt das wirtschaftliche Unvermögen des Arbeitgebers, seinen Ruhegeldverpflichtungen nachzukommen, mit Sicherheit feststellbar ist, wobei nicht erst im Einzelfall geprüft werden soll, ob Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung den formalen Konkursgrund bildet (vgl dazu auch Begr zu RegEntw eines Konkursausfallgeldgesetzes, BTDs 7/1750 S 12 1. Sp). Erfahrungsgemäß bahnen sich aber Zahlungsschwierigkeiten, die schließlich in einen Konkurs einmünden, und damit auch das vom Schutzzweck des § 7 BetrAVG erfaßte Insolvenzrisiko meist einige Zeit vor Konkurseröffnung an. Dies rechtfertigt es, bei einem schon in dieser Zeit auftretenden Zahlungsverzug des Arbeitgebers in Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte im Gesetz den Schutz des § 7 Abs 1 Satz 1 BetrAVG in ähnlicher Weise vorzuverlegen, wie es für die Tatbestände des § 7 Abs 1 Satz 3 Nr 3 bis 5 BetrAVG, in denen es nicht zu einem Konkursverfahren oder gerichtlichen Vergleichsverfahren kommt, praktisch geschehen ist.

III. Ist hiernach eine Berücksichtigung rückständiger Versorgungsleistungen im Rahmen des § 7 Abs 1 Satz 1 BetrAVG nicht grundsätzlich auszuschließen, so ließe sich andererseits eine zeitlich unbegrenzte Haftung des Beklagten für solche Leistungen mit dem Schutzzweck des Betriebsrentengesetzes allgemein und mit dem des § 7 BetrAVG im besonderen schlecht vereinbaren.

1. Wie schon erwähnt, ist das Risiko, gegen das § 7 Abs 1 Satz 1 BetrG Versorgungsempfänger schützen soll, die Zahlungsschwäche des Pensionsschuldners in Verbindung mit der darauf beruhenden Konkurseröffnung. Dem widerspräche eine Sicherung schon längere Zeit vor Konkurseröffnung aufgelaufener Rückstände, deren entscheidende Ursache nicht darin zu sehen ist, daß der Betriebsinhaber aus wirtschaftlichen Gründen seine laufenden Verpflichtungen nicht mehr erfüllen kann, sondern in anderen Gründen wie insbesondere in einem Streit über Grund oder Höhe der Pensionsforderung, also in der Zahlungsunwilligkeit und nicht im Zahlungsunvermögen des Schuldners. Zwar kann es – wie auch im vorliegenden Fall – so liegen, daß der Versorgungsberechtigte, nachdem er in einem Rechtsstreit über seine Ansprüche endlich obgesiegt hat, sie nicht mehr durchsetzen kann, weil der Verpflichtete inzwischen zahlungsunfähig geworden ist. Aber auch in solchen Fällen ginge eine vollständige Sicherung der zunächst nur durch eine Zahlungsverweigerung des Schuldners entstandenen Leistungsrückstände über eine Deckung des typischen Insolvenzrisikos hinaus, für das der Beklagte aus sozialen Gründen kraft Gesetzes allein einstehen soll; sie würde den Beklagten praktisch zu einem Bürgen für alle Pensionsansprüche machen, die, gleichviel aus welchen Gründen, unerfüllt geblieben sind. Daß dies nicht der Wille des Gesetzgebers gewesen ist, zeigt schon eine Betrachtung der verschiedenen Tatbestände des § 7 Abs 1 BetrAVG, die durchweg nur Zahlungsausfälle infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Pensionsverpflichteten betreffen.

2. Die darum notwendige Begrenzung einer Insolvenzsicherung von Pensionsbezügen auf einen Zeitraum, für den typischerweise noch ein Zusammenhang mit den zum Konkurs führenden Zahlungsschwierigkeiten des Arbeitgebers zu vermuten ist, steht auch im Einklang mit der Behandlung von Versorgungsansprüchen im Konkurs, wie sie in den durch das Konkursausfallgeldgesetz neu gefaßten Bestimmungen des § 59 Abs 1 Nr 3d und des § 61 Abs 1 Nr 1d geregelt ist. Danach sind Versorgungsansprüche für die letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung Masseforderungen und für weitere sechs Monate bevorrechtigte Konkursforderungen. Hierbei kann davon ausgegangen werden, daß diese Vergünstigungen auch pensionierten Mitgliedern des Vertretungsorgans einer juristischen Person zukommen sollen, soweit diese nicht nach der Rechtsprechung des Senats (vgl die Urt v 28.4.80 – II ZR 254/78, ZIP 1980, 453 = WM 1980, 709 u v 9.6.80 aaO) als Unternehmer zu betrachten und deshalb vom Schutz des Betriebsrentengesetzes ebenfalls ausgeschlossen sind. Denn der Gesetzgeber von 1974 hat diese Vorschriften weiter gefaßt als den früheren § 61 Nr 1 KO und zur Begründung ausgeführt, er wolle den gesamten von § 7 Abs 1 BetrAVG erfaßten Personenkreis einbeziehen, wobei er diesen Personenkreis wörtlich ebenso umschrieben hat wie in § 17 Abs 1 Satz 2 BetrAVG (RegEntw eines Konkursausfallgeldgesetzes, BTDs 7/1750 S 16, 17; vgl auch Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, KO 9. Aufl § 59 Anm 15e).

In den vorgenannten Konkursbestimmungen kommt zum Ausdruck, daß der Gesetzgeber das Sicherungsbedürfnis für Ansprüche auf eine Versorgungsrente, die (ebenso wie der in § 59 Abs 1 Nr 3a, § 61 Abs 1 Nr 1a KO in gleichem Umfang bevorzugte Arbeitslohn) in erster Linie für den laufenden Unterhalt bestimmt ist, um so geringer veranschlagt, je weiter diese Ansprüche in die Vergangenheit zurückreichen. Dieser Gedanke berührt sich in etwa mit dem allgemeinen Grundsatz des § 1613 BGB, daß Unterhalt für die Vergangenheit nur eingeschränkt verlangt werden kann. Damit ließe es sich schwer vereinbaren, wenn der Beklagte für rückständige Versorgungsbezüge sogar insoweit aufkommen müßte, als der Gesetzgeber deren bevorzugte Behandlung im Konkurs unter sozialen Gesichtspunkten nicht für angebracht gehalten hat.

3. Es bleibt zu entscheiden, welche zeitliche Grenze für den Einschluß von Pensionsrückständen in die Regelung des § 7 Abs 1 Satz 1 BetrAVG den Vorstellungen des Gesetzgebers und den sachlichen Gegebenheiten am ehesten gerecht wird. Nach Ansicht des Senats liegt es am nächsten, diese Grenze in Anlehnung an § 59 Abs 1 Nr 3 KO auf sechs Monate vor der Eröffnung des Konkursverfahrens anzusetzen. Damit wird dem Bestreben des Gesetzgebers verstärkt Rechnung getragen, in diesem zeitlichen Rahmen die Aussichten der Berechtigten auf eine möglichst vollständige Befriedigung durch eine Gleichstellung ihrer Ansprüche mit den erst nach Konkursbeginn entstehenden oder sonst zu Lasten der Masse gehenden Ansprüchen (§ 58, § 59 Abs 1 Nr 1, 2 und 4 KO) zu verbessern. Für diese Lösung spricht ferner, daß bei Rückständen, die nicht älter als sechs Monate sind, ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Konkursgrund nach wirtschaftlicher Erfahrung meist noch erkennbar ist, wogegen ein solcher Zusammenhang bei einem früheren Zahlungsverzug schon fraglich sein kann.

Demgegenüber wäre eine Übernahme der für das Konkursausfallgeld in § 141b AFG bestimmten Dreimonatsfrist wenig sinnvoll. Denn einmal wird diese Frist, anders als die des § 59 Abs 1 Nr 3d und des § 61 Abs 1 Nr 1d KO, nicht vom Konkursbeginn, sondern (innerhalb der Grenze des § 59 Abs 3a KO) von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses an zurückgerechnet, falls dieser Zeitpunkt früher als die Konkurseröffnung liegt (vgl Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck aaO § 59 Anm 15); das paßt nicht auf Insolvenzsicherungsansprüche. Zum anderen läßt sich auch die Begründung für diese Regelung, ein längerer Zeitraum als drei Monate „könnte den Anreiz zur Manipulation zum Nachteil der Konkursausfallversicherung verstärken, ohne den Schutz der Arbeitnehmer nennenswert zu erweitern” (Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BTDs 7/2260 S 3; vgl auch RegEntw eines Konkursausfallgeldgesetzes, BTDs 7/1750 S 10 rSp), nicht auf die Sicherung rückständiger Pensionsleistungen übertragen. Denn die Annahme, auch Versorgungsberechtigte könnten in größerer Zahl und für längere Zeiträume auf ihre Betriebsrente verzichten, um dann später vielleicht den Beklagten für den Ausfall in Anspruch nehmen zu können, liegt nach der Lebenswirklichkeit nicht sehr nahe, wenn man von der bei wirtschaftlicher Notlage des Arbeitgebers gesetzlich ohnehin gegebenen Möglichkeit des § 7 Abs 1 Satz 3 Nr 5 BetrAVG absieht. Schon daran scheitert auch der Einwand, Pensionäre dürften bei der Sicherung rückständiger Bezüge nicht besser gestellt sein als aktive Arbeitnehmer, zumal deren Lage im Konkurs des Arbeitgebers, wie schon dargelegt wurde, mit der eines Versorgungsberechtigten nicht in jeder Hinsicht vergleichbar ist.

Auf der anderen Seite erscheint auch die Jahresfrist des § 61 Abs 1 Nr 1d KO weniger geeignet, zugleich den Maßstab für eine Insolvenzsicherung von Pensionsrückständen abzugeben. In der tieferen Einstufung der über sechs Monate zurückliegenden Ansprüche gegenüber den Masseforderungen nach § 59 Abs 1 Nr 3d KO kommt eine geringere Einschätzung des sozialen Sicherungsbedürfnisses zum Ausdruck. Diese gesetzliche Sicht und der Umstand, daß bei mehr als sechs Monate alten Rückständen der ursächliche Zusammenhang mit der Insolvenz des Schuldners, auf den es § 7 Abs 1 BetrAVG wesentlich abstellt, gewöhnlich nur noch lose erscheint, rechtfertigen den Ausschluß solcher Rückstände aus dem Schutzbereich der Vorschrift.

4. Rückständige Versorgungsleistungen sind hiernach bis zu sechs Monaten vor Eröffnung des Konkursverfahrens, aber nicht länger, insolvenzgesichert. Eine Belastung des Beklagten mit diesen Rückständen, soweit sie angesichts des Anspruchsübergangs nach § 8 Abs 2 BetrAVG im Ergebnis überhaupt eintritt, hält sich im kalkulierbaren Rahmen, der auch für die nach § 10 BetrAVG beitragspflichtigen Unternehmen zumutbar ist. Dagegen würde ein stärkeres Zurückgreifen in die Vergangenheit für die Beitragszahler zunehmend die Gefahr begründen, zweckwidrig für Ausfälle aufkommen zu müssen, die mehr auf fehlenden Willen zu pünktlicher Zahlung als auf fehlendes Können zurückzuführen sind.

IV. Damit erweisen sich sowohl der Hauptantrag des Klägers auf Ruhegeldzahlung für Dezember 1974 als auch der Hilfsantrag auf eine solche für Januar 1975 als unbegründet, da beide Ansprüche länger als sechs Monate vor Konkurseröffnung entstanden sind. Das klagabweisende Urteil des Landgerichts ist daher wiederherzustellen, soweit es das Ruhegeld für die genannten beiden Monate in Höhe von je 500 DM betrifft.

 

Fundstellen

Haufe-Index 647889

BGHZ, 73

NJW 1980, 2468

ZIP 1980, 662

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