Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlehenszahlung zur Teilrückführung eines durch Bürgschaft gesicheren Kredits. Einlagenrückgewähr. Eigenkapitalersetzende Bürgschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Tilgt der Gesellschafter eine gegen ihn bestehende Darlehensforderung der GmbH durch Überweisung auf ein im Debet geführtes Gesellschaftskonto, für das er eine eigenkapitalersetzende Bürgschaft übernommen hat, so liegt in der mit dem Zahlungsvorgang verbundenen Verminderung seiner Bürgschaftsschuld eine verbotene Einlagenrückgewähr an den Gesellschafter.

 

Normenkette

GmbHG §§ 30-31, 32a a.F., § 32b

 

Verfahrensgang

OLG Koblenz (Urteil vom 27.03.2003; Aktenzeichen 6 U 1869/01)

LG Koblenz

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Koblenz v. 27.3.2003 aufgehoben.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Koblenz v. 23.10.2001, 4. Kammer für Handelssachen, wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelzüge trägt der Beklagte.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger ist Verwalter in dem im Jahre 1998 eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen der W. Vertriebsgesellschaft mbH (nachfolgend: Gemeinschuldnerin).

Ende des Jahres 1996 bestand bei der Gemeinschuldnerin ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag i.H.v. 434.572,06 DM, der bis zum 31.12.1997 um weitere 82.000 DM anwuchs. Zu diesem Zeitpunkt belief sich eine Darlehensforderung der Gemeinschuldnerin gegen den Beklagten, ihren Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer, auf (mindestens) 56.335,72 DM. Kurz vor Eröffnung des Konkursverfahrens überwies der Beklagte auf ein durch eine von ihm übernommene selbstschuldnerische Bürgschaft gesichertes Konto der Gemeinschuldnerin bei der N. Sparkasse B. (nachfolgend: Sparkasse) einen Betrag von 134.213 DM. Das Konto der Gemeinschuldnerin wurde vor und nach der Zahlung des Beklagten im Debet geführt.

Mit der Behauptung, der Darlehensanspruch der Gemeinschuldnerin bestehe fort, macht der Kläger eine - seinem Vergütungsanspruch als Konkursverwalter entsprechende - Teilforderung von 13.456 DM gegen den Beklagten geltend. Nach Stattgabe durch das LG hat das OLG die Klage auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Mit seiner - von dem Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des Urteils des LG.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Leistende könne mit einer Zahlung mehrere Tilgungszwecke verbinden. Darum habe der Beklagte durch seine Überweisung sowohl seine Darlehensverbindlichkeit ggü. der Gemeinschuldnerin erfüllt als auch den von der Gemeinschuldnerin in Anspruch genommenen Kontokorrentkredit vermindert. Da dem Beklagten auf Grund seiner Zahlung ein Rückforderungsanspruch gegen die Gemeinschuldnerin nicht zustehe, seien die Eigenkapitalersatzregeln unanwendbar.

II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Die Klage auf Zahlung von 6.879,94 EUR (13.456 DM) ist gem. §§ 30, 31 GmbHG (analog) begründet, weil die überschuldete Gemeinschuldnerin die Darlehenszahlung des Beklagten zur Teilrückführung des von dem Beklagten durch seine Bürgschaft gesicherten Kredits der Sparkasse verwendet hat.

1. Rückzahlungen auf einen Kredit, die eine Not leidende Gesellschaft an einen Fremdgläubiger geleistet hat, sind als Einlagenrückgewähr an einen Gesellschafter zu betrachten, wenn dieser sich für den Kredit in einer Lage verbürgt hat, in der ein unmittelbar von ihm gewährtes Darlehen als Kapitalersatz zu behandeln gewesen wäre. Eine Kreditrückführung aus Mitteln des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens stellt in Höhe der Befreiung von der Bürgschaftsschuld eine Auszahlung an den bürgenden Gesellschafter i.S.d. § 30 Abs. 1 GmbHG dar (BGH v. 13.7.1981 - II ZR 256/79, BGHZ 81, 252 [260] = GmbHR 1982, 19 = MDR 1981, 912; Urt. v. 2.6.1997 - II ZR 211/95, GmbHR 1997, 890 = NJW 1997, 3171; Urt. v. 9.12.1991 - II ZR 43/91, MDR 1992, 356 = GmbHR 1992, 166 = NJW 1992, 1166; Urt. v. 2.4.1990 - II ZR 149/89, GmbHR 1990, 258 = MDR 1990, 1094 = NJW 1990, 2260).

2. Es kann zu Gunsten des Beklagten davon ausgegangen werden, dass er durch seine Zahlung auf das Konto der Gemeinschuldnerin sowohl seine Darlehensverbindlichkeit ggü. der Gemeinschuldnerin als auch den Kontokorrentkredit der Gemeinschuldnerin ggü. der Sparkasse getilgt hat. Auch bei diesen tatsächlichen Gegebenheiten ist die Klage - wie die Revision zutreffend ausführt - begründet.

Da die Gemeinschuldnerin nach den unangegriffenen tatrichterlichen Feststellungen überschuldet war, kam der Bürgschaft des Beklagten, was das Berufungsgericht verkannt hat, eigenkapitalersetzender Charakter zu. Durch seine Überweisung auf das debitorische Konto der Gemeinschuldnerin hat der Beklagte eine Doppelzahlung bewirkt: Einmal wurde die Darlehensforderung der Gemeinschuldnerin erfüllt; zum anderen hat die Gemeinschuldnerin als Folge dieses Zahlungswegs die wiedererlangten Darlehensmittel (zwangsläufig) als Eigengelder zur Rückführung des von ihr in Anspruch genommenen Kontokorrentkredits verwendet. In Höhe der Darlehensrückzahlung wurde mithin die Kontokorrentverbindlichkeit der Gemeinschuldnerin durch den Einsatz eigener Vermögenswerte verringert. Da mit der Überweisung des Beklagten von 134.213 DM ein Darlehensanspruch der Gemeinschuldnerin von (mindestens) 56.335,72 DM getilgt wurde, hat sie in diesem Umfang den Kontokorrentkredit aus Eigenmitteln beglichen. In dem Zahlungsvorgang ist, weil der Beklagte dadurch von seiner unter den Voraussetzungen des Eigenkapitalersatzes gestellten Bürgschaft (teilweise) befreit wurde, eine Einlagenrückgewähr zu erkennen. Mithin ist die auf Zahlung von 13.456 DM gerichtete Teilklage begründet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1335934

DB 2005, 882

DStR 2005, 1702

DStR 2005, 706

WPg 2005, 503

NWB 2005, 2355

BGHR 2005, 979

GmbH-StB 2005, 198

EWiR 2005, 503

MittBayNot 2006, 164

NZG 2005, 396

WM 2005, 695

WuB 2005, 449

ZIP 2005, 659

KÖSDI 2005, 14620

MDR 2005, 879

NZI 2005, 471

GmbHR 2005, 540

KSI 2005, 37

NJW-Spezial 2005, 220

ZBB 2005, 196

ZNotP 2005, 267

BBV 2005, 39

SJ 2005, 49

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