Leitsatz (amtlich)

Der Pfandgläubiger an dem Geschäftsanteil des Gesellschafters einer GmbH unterliegt den Grundsätzen über die Erhaltung des Stammkapitals im allgemeinen nur dann, wenn er sich zusätzliche Befugnisse einräumen läßt, die es ihm ermöglichen, die Geschicke einer GmbH ähnlich wie ein Gesellschafter mitzubestimmen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der F. F. GmbH & Co. KG (im folgenden: Gemeinschuldnerin), über das nach zunächst am 21. April 1987 gestelltem Vergleichsantrag am 1. Juni 1987 Anschlußkonkurs eröffnet wurde. Die Gemeinschuldnerin gehörte wie die (nicht mit ihrer Komplementär-GmbH identische) F. F. GmbH zur sog. F.-Gruppe und hatte für Verbindlichkeiten dieser Gesellschaft in Höhe von 12 Mio. DM gegenüber der Beklagten – der gemeinsamen Hausbank – die gesamtschuldnerische Mithaftung übernommen.

In einer Rahmenvereinbarung vom 1. August 1985, die die Neuordnung des Kreditengagements der Beklagten bei der F. F. GmbH, welche bereits Ende 1984 ihre Tätigkeit eingestellt hatte, regelte, wurde u.a. festgelegt, daß die Mithaftung der Gemeinschuldnerin für die Schulden der F. F. GmbH bei der Beklagten unberührt blieb (Ziff. V a) der Rahmenvereinbarung); Zahlungen auf die Forderungen der Beklagten gegen die F. F. GmbH hatte die Gemeinschuldnerin aber nur zu leisten, wenn ihre Steuerbilanz einen Gewinn für das vorangegangene Geschäftsjahr aufwies (Ziff. V b) der Rahmenvereinbarung). Die beschränkte Inanspruchnahme der Gemeinschuldnerin durch die Beklagte stand zudem unter einer Reihe von – in der Rahmenvereinbarung und in weiteren Zusatzvereinbarungen vom 23./25. August 1985 festgelegten – Bedingungen. Danach waren u.a. die Gemeinschuldnerin und deren Gesellschafter verpflichtet, vor wichtigen Entscheidungen und Vereinbarungen, welche die Gesellschaft und das Gesellschaftsverhältnis betrafen, die Zustimmung der Beklagten einzuholen (Ziff. V d) d) der Rahmenvereinbarung). Darüber hinaus verpfändeten die Kommanditisten der Gemeinschuldnerin ihre zuvor im Erbgang erworbenen Kommanditanteile einschließlich der Gewinnbezugsrechte daraus an die Beklagte. Diese ließ sich außerdem von den Kommanditisten deren bestehende und zukünftige Ansprüche auf Auszahlung und Entnahme eines Gewinns, auf den Abfindungsanspruch in allen Fällen des Austritts und auf Auszahlung des Liquidationsüberschusses im Falle der Auflösung der Gesellschaft sowie auf Zahlung eines Kaufpreises im Falle der Veräußerung der Geschäftsanteile zur Sicherheit abtreten.

Eine von der W. erstellte Analyse, die die Beklagte im Oktober 1986 in Auftrag gegeben hatte, weil die erwartete Ertragsverbesserung bei der Gemeinschuldnerin nicht eintrat, stellte als wirtschaftliche Grundprobleme der Gemeinschuldnerin u.a. die Belastung durch die F. F. GmbH, Führungsprobleme sowie das Fehlen eines Ansprechpartners, der das Vertrauen der Beklagten genoß, heraus und empfahl u.a. die Trennung der Gemeinschuldnerin von der F. F. GmbH und die Bestellung eines Krisenmanagers. Zum 31. Dezember 1986 stellte überdies die D. ihr Kreditengagement bei der Gemeinschuldnerin in Höhe von 1 Mio. DM fällig, das in voller Höhe ausgeglichen wurde.

In einer am 20. Januar 1987 von der Beklagten verlangten Besprechung – die Gemeinschuldnerin hatte trotz angespannter Finanzlage eine Zahlung von über 270.000,– DM an ein anderes Schwesterunternehmen vorgenommen – forderte diese den Geschäftsführer der Komplementärin der Gemeinschuldnerin ultimativ auf, zur Vermeidung einer sofortigen Kreditkündigung dem Einsatz einer Unternehmensberatung bei der Gemeinschuldnerin zuzustimmen. Den Auftrag dazu erhielt auf Vorschlag der Beklagten die Unternehmensberatung Z. und P., die bereits von der W. zur Erstellung der Analyse hinzugezogen worden war. Die Mitarbeiter Wi. und K. dieser Unternehmensberatung übernahmen umgehend unter faktischer Verdrängung der bisherigen Geschäftsführung die Leitung der Geschäfte. In einer sog. Verpflichtungserklärung vom 24. März 1987 mußten sich die Gesellschafter der Gemeinschuldnerin verpflichten, der Abberufung ihres Geschäftsführers und der Bestellung eines neuen, von der Unternehmensberatung Z. und P. ausgesuchten Geschäftsführers zuzustimmen und sich mit der umgehenden Bestellung eines Beirats mit Aufsichtsratfunktion einverstanden erklären. In der Zeit vom 2. März 1987 bis 31. März 1987 verringerten die Mitarbeiter der Unternehmensberatung Z. und P. durch umfangreiche Verkäufe von Warenvorräten das Soll des laufenden Geschäftskontos der Gemeinschuldnerin bei der Beklagten um 2.608.038,93 DM.

Der Kläger verlangt – gestützt auf Anfechtungsvorschriften – von der Beklagten Zahlung dieses Betrages. Das Landgericht (ZIP 1990, 728 ff. sowie Meyer-Landrut in EWiR § 32 a GmbHG 3/90 S. 695 f.) und das Berufungsgericht (ZIP 1991, 531 ff. sowie Dreher in EWiR § 32 a GmbHG 2/91 S. 467 f.) haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger unter dem Gesichtspunkt der verbotenen Rückgewähr eigenkapitalersetzender Gesellschafterleistungen seinen Zahlungsanspruch weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Das Berufungsgericht hat, ohne die Frage der kapitalersetzenden Funktion des der Gemeinschuldnerin von der Beklagten eingeräumten Kreditengagements zu prüfen, einen Anspruch unter dem Gesichtspunkt der verbotenen Rückgewähr eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen (§ 37 Abs. 1 KO i.V.m. §§ 32 a KO, 32 a, 32 b GmbHG, 172 a HGB) schon deshalb verneint, weil die Beklagte nicht Normadressat des § 32 a Abs. 3 GmbHG sei. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

I. Da die Beklagte nicht Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin war, trifft sie eine Haftung nach den genannten Vorschriften nur dann, wenn sie nach § 32 a Abs. 3 GmbHG einem Gesellschafter gleichzustellen ist.

1. Die Frage, ob der Pfandgläubiger an einem Gesellschaftsanteil Normadressat des § 32 a Abs. 3 GmbHG sein kann, wird in der Literatur nicht ganz einheitlich beantwortet. Die überwiegende Ansicht im Schrifttum verneint diese Frage für den typischen Pfandgläubiger (Lutter/Hommelhoff, GmbHG 13. Aufl. § 32 a/b Rdn. 47; Baumbach/Hueck, GmbHG 15. Aufl. § 32 a Rdn. 21; Rümker/H.P.Westermann, Kapitalersetzende Darlehen, 1987, S. 34; Kuhn/Uhlenbruck, KO 10. Aufl. Rdn. 11; a.A. Rowedder, GmbHG 2. Aufl. § 32 a Rdn. 22 allerdings ohne Begründung). Dieser Ansicht, gegen die auch die Revision nichts zu erinnern hat, ist jedenfalls für den Pfandgläubiger, der eine dem gesetzlichen Leitbild der Verpfändung eines Gesellschaftsanteils entsprechende Rechtsstellung erlangt, zuzustimmen.

Durch die Verpfändung erhält der Pfandgläubiger nur das Recht, sich aus dem Gesellschaftsanteil durch dessen Verwertung nach den für die Zwangsvollstreckung geltenden Vorschriften (§ 1277 BGB) zu befriedigen. Das Pfandrecht erstreckt sich dabei grundsätzlich nicht auf Mitgliedschafts- und Gewinnbezugsrechte. Der verpfändende Gesellschafter bleibt daher in der Regel in der Ausübung der Mitgliedschaftsrechte und insbesondere auch in der Ausübung des Stimmrechts frei. Das Pfandrecht gewährt damit dem Pfandgläubiger grundsätzlich keinen Einfluß auf die Gesellschafterstellung des Verpfändenden (Hachenburg/Zutt, GmbHG 8. Aufl. Anh. § 15 Rdnrn. 43 u. 44; Rümker/H.P.Westermann aaO S. 34). Dies verbietet es im Regelfall, ihn wie einen Gesellschafter in die Verantwortung für die Finanzierung der Gesellschaft einzubeziehen. Dabei muß es im allgemeinen auch dann bewenden, wenn er im Einzelfall mit dem Verpfänder schuldrechtliche Nebenabreden trifft, die ihm Schadensersatzansprüche für den Fall der Beeinträchtigung seiner Pfandrechte sichern sollen. Wenn deshalb die Verpfändungsvereinbarung vom 23. August 1985 vorsieht, daß die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte allein bei den Verpfändern verbleibt (Ziff. IV S. 1), diese jedoch verpflichtet sein sollen, keine Willenserklärungen abzugeben und keine Rechtshandlungen vorzunehmen, durch die das Pfandrecht der Beklagten beeinträchtigt werden könnte (Ziff. IV S. 2), so berechtigt auch dies nicht dazu, die Beklagte allein schon aus diesem Grunde für die Anwendung der Eigenkapitalersatzregeln einem Gesellschafter gleichzustellen.

2. Anders verhält es sich jedoch, wenn sich der Pfandgläubiger durch weitergehende Nebenabreden eine Position einräumen läßt, die nach ihrer konkreten Ausgestaltung im wirtschaftlichen Ergebnis der Stellung eines Gesellschafters gleich- oder doch jedenfalls nahekommt (Scholz/K. Schmidt, GmbHG 7. Aufl. §§ 32 a, 32 b Rdn. 96; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 32 a, 32 b Rdnrn. 34, 126; von Gerkan, Kapitalersetzende Darlehen im Konkurs der GmbH, 1986 S. 38; Dreher in EWiR § 32 a GmbHG 2/91 S. 467 f.). Eine solche atypische Ausgestaltung des Pfandrechts an einem Gesellschaftsanteil kann aus der Sicht des Eigenkapitalersatzrechts im Ergebnis keiner anderen Beurteilung unterliegen als die Stellung eines atypischen stillen Gesellschafters. In bezug auf ihn hat der Senat bereits wiederholt ausgesprochen, daß er für die Anwendung der Eigenkapitalersatzregeln einem Gesellschafter gleichzustellen ist, wenn ihm neben seiner Beteiligung am Gewinn der Gesellschaft in atypischer Weise weitreichende Befugnisse zur Einflußnahme auf die Geschäftsführung und die Gestaltung der Gesellschaft eingeräumt sind, insbesondere wenn er wie ein Gesellschafter die Geschicke der Gesellschaft mitzubestimmen berechtigt ist (vgl. BGHZ 106, 7, 10 m.w.N.).

Ist die Stellung des Pfandgläubigers im Einzelfall vergleichbar ausgestaltet und hat er insbesondere auch ähnlich weitreichende Befugnisse zur Einflußnahme auf Geschäftsführung und Gestaltung der Gesellschaft, so trägt auch ein solcher „atypischer” Pfandgläubiger die Finanzierungsverantwortung für die Gesellschaft und ist mithin Normadressat des § 32 a Abs. 3 GmbHG.

Daran ändert es nichts, wenn er als kreditgewährende Bank mit der ihm auf sein Verlangen eingeräumten Stellung in der Gesellschaft keine unternehmerischen, sondern lediglich Sicherungsinteressen verfolgt. Darauf kann es hier ebensowenig ankommen, wie beim Erwerb einer Gesellschafterstellung im Rechtssinne (vgl. BGHZ 81, 311 u. 105, 168, 178 ff.). Auch ein allgemeines Sanierungs- oder Bankenprivileg ist nicht anzuerkennen (s. Fleck, FS für Winfried Werner, 1984, 107, 123 ff. sowie K. Schmidt, ZIP 1981, 689, 690 ff. u. ZHR 147 (1983), 165, 177 ff.).

II. Die Voraussetzungen einer gesellschafterähnlichen Stellung sind im vorliegenden Fall entgegen der Annahme des Berufungsgerichts erfüllt.

1. Über die Pfandrechtsbestellung hinaus hatte sich die Beklagte durch die Rahmenvereinbarung vom 1. August 1985 und die weiteren Nebenvereinbarungen sonst nur einem Gesellschafter zustehende vermögenswerte Rechte gesichert und war dadurch mittelbar am Unternehmen der Gemeinschuldnerin beteiligt: Ausweislich der Verpfändungsvereinbarung vom 23. August 1985 waren die Gewinnbezugsrechte aus den verpfändeten Geschäftsanteilen mitverpfändet worden. Nach der am selben Tag unterzeichneten Forderungsabtretung wurden zudem bestehende und zukünftige Ansprüche der Kommanditisten auf Auszahlung und Entnahme eines Gewinns sicherungshalber abgetreten. In derselben Urkunde sicherte sich die Beklagte darüber hinaus im Wege der Sicherungsabtretung die grundsätzlich nur Gesellschaftern zustehenden Ansprüche auf Auszahlung von Abfindungsansprüchen in allen Fällen des Austritts, die Ansprüche auf Auszahlung des Liquidationserlöses im Falle der Auflösung der Gesellschaft und auf Zahlung des Kaufpreises im Falle der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen.

Überdies ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die Mithaftung der Gemeinschuldnerin für die Schulden der F. F. GmbH eigenkapitalartig ausgestaltet. Während für eine Fremdfinanzierung eine gewinnunabhängige Verzinsung typisch ist, gewährt Eigenkapital in der Regel Anspruch auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös. Wenn deshalb die Rahmenvereinbarung vom 1. August 1985 (Ziff. V d) b) die Gemeinschuldnerin zur Zahlung auf die Forderungen der Beklagten gegen die F. F. GmbH verpflichtet, wenn die Steuerbilanz der Gemeinschuldnerin einen Gewinn für das vorangegangene Geschäftsjahr ausweist, so deutet diese gewinnabhängige Ausgestaltung der Vermögensbeteiligung eher auf Eigenkapital hin und entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht auf „eine Art Ratenzahlungsvereinbarung, die es der Gemeinschuldnerin ermöglichen sollte, die Schulden der F. F. GmbH, für die sie mithaftet, allmählich abzutragen”.

2. a) Entgegen dem gesetzlichen Leitbild der Verpfändung von Gesellschaftsanteilen, nach dem die Mitgliedschaftsrechte dem Pfandrechtsbesteller zu verbleiben haben, hat sich die Beklagte weiterhin durch die schuldrechtlich vereinbarten Nebenabreden entscheidende Eingriffsbefugnisse vorbehalten, die es ihr ermöglichten, in ihrem Sinne Einfluß auf die Unternehmenspolitik und Geschäftsführung zu nehmen, so daß die Ausübung der den Gesellschaftern verbleibenden Mitgliedschaftsrechte letztlich nur auf dem Papier stand. Gerade auch die Führung der laufenden Geschäfte der Gemeinschuldnerin, die nach der Bestimmung der Ziff. IV Abs. 2 Satz 2 der Verpfändungsvereinbarung vom 23. August 1985 dem Geschäftsführer ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin verbleiben sollte, konnte die Beklagte – wie es die tatsächliche Entwicklung am 20. Januar 1987 zeigte und worauf sogleich noch einzugehen sein wird – gleichsam im Handstreich übernehmen und sie in der Folgezeit faktisch von der ihr nahestehenden und in ihrem Interesse handelnden Unternehmensberatung Z. und P. ausüben lassen. Eine schwerwiegende Beschränkung der jedenfalls auf dem Papier den Pfandrechtsbestellern verbleibenden Mitgliedschaftsrechte stellt insbesondere die Bestimmung unter Ziff. V d) d) der Rahmenvereinbarung vom 1. August 1985 dar, wonach die Kommanditisten in der Ausübung ihrer Mitgliedschaftsrechte an die Entscheidungen der Beklagten gebunden waren, indem sie vor Abschluß und Änderung von Verträgen zwischen KG und Gesellschaftern, vor Fassung eines Gewinnverwendungsabschlusses, vor Abschluß und Änderung des Gesellschaftsvertrages sowie vor Änderungen der Rechtsform einschließlich der Verschmelzung oder Einbringung der Gesellschaftsanteile in eine andere Gesellschaft die Zustimmung der Beklagten einholen mußten. Diese Einflußmöglichkeit darf entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht unter dem Gesichtspunkt als rechtlich nicht ins Gewicht fallend angesehen werden, daß die Beklagte als Kreditgeberin ein berechtigtes Interesse an der Wahrung der innergesellschaftlichen Strukturen hatte, deren Veränderungen sich ihr gegenüber unmittelbar auswirken und ihr Kreditengagement belasten konnten. Von Bedeutung ist vielmehr allein, daß die Gesellschafter in grundsätzlichen Fragen wie etwa der Änderung des Gesellschaftsvertrages oder der Einbringung des Unternehmens in andere Gesellschaften nicht mehr eigenverantwortlich entscheiden konnten. Dem kann entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht nur die Wirkung einer negativen Abrede, wonach bestimmte Beschlüsse und Verträge eben nicht mehr ohne Zustimmung der Beklagten zustandekommen konnten, beigemessen werden. Diese formale Betrachtungsweise verkennt, daß die Beklagte aufgrund des Zustimmungsvorbehalts alle wichtigen Entscheidungen blockieren konnte, so daß die Gesellschafter letztlich von den Entscheidungen der Beklagten abhängig wurden.

b) Auf diesem Hintergrund begegnet es weiterhin durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht in der am 20. Januar 1987 erfolgten Einsetzung der Unternehmensberatung Z. und P. als gleichsam faktischen Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin kein tragfähiges Indiz für einen unternehmerischen Einfluß der Beklagten auf die Geschicke der Gemeinschuldnerin sieht. Dabei kann es nicht so sehr von Bedeutung sein, daß die Vorinstanzen aufgrund der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme nicht haben feststellen können, daß die Unternehmensberatung Z. und P. auf unmittelbare Weisung der Beklagten handelte und damit – schon nach außen hin deutlich gemacht – lediglich deren verlängerter Arm war. Hier bediente man sich subtilerer Formen der Einflußnahme:

Auch das Berufungsgericht stellt fest, daß am 20. Januar 1987 die Unternehmensberatung Z. und P. auf Veranlassung der Beklagten unter Ausschaltung der alten Geschäftsführung die Verantwortung in der Gemeinschuldnerin übernahm und fortan das „Sagen” dort hatte. Es ist zudem unstreitig, daß die W. die Unternehmensberatung Z. und P. bereits häufig in Fällen notleidend gewordener Kreditengagements bei den Landesbanken und Sparkassen in Anspruch genommen hatte und die Beklagte am 20. Januar 1987 in ihren Geschäftsräumen den damaligen Geschäftsführer J.-F. F. ultimativ vor die Alternative stellte, entweder das Kreditengagement sofort beendet zu bekommen oder aber eine Unternehmensberatung als Krisenmanager zu beauftragen, wobei – ebenso unstreitig – der Inhaber der Unternehmensberatung, Dr. Z., bereits in einem Hinterzimmer wartete. Bei einer solchen Sachlage kann von einer echten Wahlfreiheit hinsichtlich der Auswahl der Unternehmensberatung keine Rede mehr sein. Am selben Tage machte die Beklagte sogleich – auch dies stellt das Berufungsgericht fest – dem Geschäftsführer J.-F. F. einen Forderungskatalog dahin auf, der Unternehmensberatung umgehend Auftrag zu erteilen, Aufstellungen über Debitoren, Kreditoren, Auftragsbestand und Barbestand hereinzugeben, eine Verpflichtungserklärung dahingehend abzugeben, daß nur betriebsnotwendige Zahlungen geleistet würden, künftige Gesellschafterversammlungen mit Dr. Z. durchzuführen und die kaufmännische Leitung dahin zu informieren, daß der Unternehmensberatung Vollmacht zur Weisungsbefugnis erteilt sei. Die Unternehmensberatung Z. und P. kontrollierte in der Folgezeit durch ihre Mitarbeiter Wi. und K. den gesamten Zahlungsverkehr der Gemeinschuldnerin mit der Beklagten und führte in der Zeit vom 2. März 1987 bis 31. Dezember 1987 – was ebenso unstreitig ist – durch umfangreiche Verkäufe der Warenvorräte der Gemeinschuldnerin den Stand des Kontokorrentkredits um 2.608.038,93 DM zurück. Auch wenn das Landgericht hierdurch zwar den Verdacht einer Gläubigerbenachteiligung im Sinne von § 31 Nr. 1 KO begründet sieht, diesen Anfechtungstatbestand aber, wogegen der Kläger im Berufungs- und Revisionsverfahren keine Einwände erhoben hat, letztlich nicht festzustellen vermag, so ergibt sich nach Ansicht des Senats bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der mit der Beauftragung der Unternehmensberatung Z. und P. und deren Wirken in der Gemeinschuldnerin im Zusammenhang stehenden Umstände ein tragfähiges Indiz für einen Einfluß der Beklagten, wie es sonst nur einem Gesellschafter zukommt. Besaß die Unternehmensberatung Z. und P. das „uneingeschränkte Vertrauen” der Beklagten und führte die Unternehmensberatung Z. und P. innerhalb eines Monats das Kreditengagement der Beklagten um 2,6 Mio. DM zurück, was die Beklagte aus ihren Unterlagen unschwer erkennen konnte, so bedurfte es keiner unmittelbaren Weisung mehr: Die Unternehmensberatung Z. und P. tat, was von ihr erwartet wurde.

c) Die Tätigkeit der Unternehmensberatung Z. und P. mündete schließlich in die von den Gesellschaftern der Gemeinschuldnerin zu unterzeichnende Verpflichtungserklärung vom 24. März 1987, in der sich diese nicht nur zur – nun auch rechtlich wirksamen – Abberufung des bisherigen Geschäftsführers unter Aufhebung des Anstellungsvertrages und zur Bestellung eines neuen, von der Unternehmensberatung auszusuchenden Geschäftsführers und eines aus drei Mitgliedern bestehenden Beirats mit Aufsichtsratskompetenzen verpflichten mußten. Die Beklagte, die berechtigt war, ein Mitglied des Beirats unmittelbar zu benennen und zudem der Benennung des dritten Mitglieds, einem Wirtschaftsprüfer oder Unternehmensberater, zuzustimmen hatte, hätte dadurch, wenn nicht der Anschlußkonkurs ein vorzeitiges Ende der Gemeinschuldnerin eingeleitet hätte, zusätzlichen entscheidenden Einfluß auf deren Geschäftsführung erlangt, wodurch die wenigen den Gesellschaftern verbleibenden Mitwirkungsrechte noch weiter ausgehöhlt worden wären.

III. Die gebotene Gesamtbetrachtung führt mithin entgegen der Ansicht der Vorinstanzen zu dem Ergebnis, daß sich die Beklagte, wenn nicht schon im August 1985 im Zusammenhang mit der Verpfändung der Gesellschaftsanteile und der dazu getroffenen Vereinbarungen, so aber spätestens im Januar 1987 mit der faktischen Entmachtung der bisherigen Geschäftsführung entscheidenden Einfluß auf die Geschicke der Gemeinschuldnerin verschafft hat, der über die Stellung eines Pfandgläubigers weit hinausging und sie in eine gesellschafterähnliche Verantwortung für eine seriöse Finanzierung des Unternehmens einbezog. Spätestens ab Januar 1987 ist die Beklagte daher als Normadressat des § 32 a Abs. 3 GmbHG anzusehen.

IV. Da das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus zu Recht – noch keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob, gegebenenfalls inwieweit und ab welchem Zeitpunkt das Kreditengagement der Beklagten bei der Klägerin eigenkapitalersetzenden Charakter angenommen hat, ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 649046

BGHZ, 191

BB 1992, 1946

NJW 1992, 3035

ZIP 1992, 1300

GmbHR 1992, 656

ZBB 1992, 316

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