Entscheidungsstichwort (Thema)

Von einem deutschen Konkursgläubiger im Ausland zulässig durchgeführte Einzelzwangsvollstreckung. Bereicherungsanspruch des Konkursverwalters. Auslandsvermögen gehört zur Konkurssollmasse und unterliegt dem Konkursbeschlag. Gesamtvollstreckung. Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung aller Konkursgläubiger

 

Leitsatz (amtlich)

Erlangt ein inländischer Konkursgläubiger eines im Inland eröffneten Konkursverfahrens durch eine im Ausland zulässige Einzelzwangsvollstreckung dort belegene, zur Konkurssollmasse gehörende Vermögenswerte des Gemeinschuldners, so muß er diese wegen ungerechtfertigter Bereicherung an den Konkursverwalter herausgeben.

 

Normenkette

KO § 14 Abs. 1, §§ 3, 1 Abs. 1, § 30 Nr. 1 2. Alt., §§ 37, 50, 56, 117, 237; BGB § 823 Abs. 2, § 687 Abs. 2, §§ 398, 407

 

Tatbestand

Der Kläger ist Verwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma KBV-Kunststoffvertriebs GmbH & Co. KG, M. (Gemeinschuldnerin). Das Konkursverfahren wurde am 8. April 1980 um 9.55 Uhr aufgrund eines Konkursantrags vom 18. März 1980 eröffnet, nachdem bereits durch Beschluß vom 19. März 1980 die Sequestration für das Vermögen der Gemeinschuldnerin angeordnet worden war. Am 9. April 1980 wurde außerdem das Konkursverfahren über das Vermögen des Kaufmanns Jochen V. eröffnet, der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Gemeinschuldnerin gewesen war.

Die Gemeinschuldnerin hatte bei der beklagten Spar- und Darlehenskasse mehrere Konten unterhalten, mit denen sie sich insgesamt mit etwa einer Million DM im Debet befand. Vor Stellung des Konkursantrages für die Gemeinschuldnerin hatte V. auf einem Konto bei einer anderen Sparkasse über eine Million DM aus Geldern der KG angesammelt. Er ließ sich hierfür u.a. einen von dieser Sparkasse auf die Landeszentralbank gezogenen Scheck über 650 000 DM geben, reiste mit diesem Scheck sowie weiteren, an die Gemeinschuldnerin gegebenen Kundenschecks am 12. März 1980 in die Schweiz und eröffnete dort ein Konto auf seinen Namen, wobei er der schweizerischen Bank die Schecks zum Einzug übergab.

Nachdem am 8. April 1980 bei einem Gespräch zwischen dem Kläger und der Beklagten erörtert worden war, daß Gelder der Gemeinschuldnerin in die Schweiz abgeflossen seien, erwirkten die Beklagte am 10. April 1980 und einen Tag später auch der Kläger in der Schweiz jeweils einen Arrestbefehl gegen Jochen V. Die Zwangsvollstreckung führte in der Folgezeit gemäß dem Kollokations- und Verteilungsplan des zuständigen eidgenössischen Betreibungsamts vom 21. August 1980 dazu, daß die Beklagte 211 876,99 DM aufgrund ihrer Vollstreckung in der Schweiz ausbezahlt erhielt. Den Rest erhielt der Kläger.

Der Konkursverwalter im Konkurs des Jochen V., der im ersten Rechtszug als Kläger zu 2) an diesem Verfahren beteiligt war, seine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil aber später zurückgenommen hat, hat dem Kläger alle Ansprüche wegen des in der Schweiz an die Beklagte ausbezahlten Geldes abgetreten. Jochen V. ist wegen Veruntreuung von Vermögen der Gemeinschuldnerin zwischenzeitlich rechtskräftig verurteilt worden.

Der Kläger als Konkursverwalter der Gemeinschuldnerin und der Konkursverwalter im Konkurs über das Vermögen des Jochen V. haben die Vollstreckung der Beklagten in das Auslandsvermögen V's in der Schweiz angefochten und Herausgabe des auf diese Weise Erlangten an die Masse von der Beklagten verlangt. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 211 876,99 DM nebst Zinsen zu verurteilen.

Auf dem Konto der Gemeinschuldnerin bei der Beklagten war am 8. April 1980 um 9.00 Uhr eine Überweisung mit dem Betrag von 4 520 DM gutgeschrieben worden. Die Verrechnung dieses Betrages mit dem Debetsaldo der Gemeinschuldnerin hat der Kläger ebenfalls angefochten und auch insoweit Zahlung nebst Zinsen verlangt.

Beide Vorinstanzen haben die Klage wegen des durch die Vollstreckung in der Schweiz von der Beklagten erlangten Geldes abgewiesen. Sie haben die Beklagte dagegen zur Zahlung von 4 520 DM nebst Zinsen verurteilt (ZIP 1982, 1343).

Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagte beantragt Zurückweisung des Rechtsmittels und mit Anschlußrevision vollständige Abweisung der Klage.

 

Entscheidungsgründe

A) Die Revision hat Erfolg.

I. 1. a) Das Berufungsgericht meint, wegen des von der Beklagten in der Schweiz beigetriebenen Geldes sei für den Kläger schon deshalb kein Anfechtungsrecht gegeben, weil diese Vollstreckung erst nach der Konkurseröffnung erfolgt sei.

b) Auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag oder unerlaubter Handlung bestünden nicht.

Zwar umfasse das Konkursverfahren das gesamte einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen des Gemeinschuldners, also auch das Auslandsvermögen, und der Konkursverwalter müsse auch Auslandsvermögen zur Masse ziehen. Ob der inländische Konkurs auch auf das Auslandsvermögen erstreckt werden könne, hänge aber davon ab, ob der ausländische Staat die Wirkungen des deutschen Konkursverfahrens anerkenne. § 14 KO, der Zwangsvollstreckungen zugunsten einzelner Konkursgläubiger während der Dauer des Konkursverfahrens untersage, könne sich daher, wenn der ausländische Staat – wie die Schweiz – das deutsche Konkursverfahren nicht anerkenne, nur auf Zwangsvollstreckungen im Inland beziehen. Wenn auch die Einzelzwangsvollstreckung in Auslandsvermögen des Gemeinschuldners dem Konkurszweck der gleichmäßigen Befriedigung aller Konkursgläubiger zuwiderlaufe, so fehle es doch an einer Grundlage für einen Anspruch des Konkursverwalters auf Herausgabe des durch eine Auslandsvollstreckung Erlangten an die Masse.

Eine unerlaubte Handlung oder sittenwidrige Schädigung der Masse liege nicht vor, wenn die Beklagte zur Reduzierung ihrer erheblichen Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin eine gesetzlich nicht verbotene Zwangsvollstreckung in das Auslandsvermögen derselben durchgeführt habe. Die Vollstreckung sei auch nicht etwa deshalb sittenwidrig, weil die Beklagte eine möglicherweise unter Verletzung des Bankgeheimnisses erteilte Information ausgenutzt habe.

2. Die Revision vertritt die Ansicht, auch wenn von einem in Deutschland ansässigen Gläubiger Vollstreckungen im Ausland durchgeführt werden könnten, handele der Gläubiger mit einer solchen Vollstreckung der Konkursordnung (§ 14 KO) zuwider und müsse das auf solche Weise Erlangte an die Masse nach Bereicherungsgrundsätzen herausgeben. Die Tatsache, daß § 14 KO bezüglich des Auslandsvermögens nur unvollkommen wirke, weil diese Vorschrift im Ausland nicht in allen Staaten durchsetzbar sei, nämlich dort nicht, wo die ausländische Rechtsordnung dem deutschen Konkurseröffnungsbeschluß keine Wirksamkeit zuerkenne, besage nicht, daß diese Vorschrift für die Vollstreckung in Auslandsvermögen nicht gelten solle. § 14 KO nehme vielmehr einer von einem deutschen Konkursgläubiger im Ausland nach dem dort geltenden Recht zulässig durchgeführten Einzelzwangsvollstreckung die Wirkung in bezug auf das Konkursverfahren und gebe dem Verwalter einen Bereicherungsanspruch.

Außerdem sei § 14 KO auch als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der übrigen Konkursgläubiger anzusehen.

Schließlich habe hier die Beklagte ein für sie objektiv fremdes Geschäft geführt, indem sie anstelle des hierzu verpflichteten Konkursverwalters Massebestandteile im Ausland an sich gezogen habe. Sie müsse deshalb das Erlangte an den Verwalter herausgeben.

II. 1. Das Konkursverfahren umfaßt das gesamte einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen des Gemeinschuldners, welches ihm zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört (Universalitätsprinzip – § 1 Abs. 1 KO). Hierzu zählt nach einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum auch das Auslandsvermögen des Gemeinschuldners. Auch dieses Vermögen gehört zur Konkurssollmasse und unterliegt dem Konkursbeschlag, gleichgültig, ob es aufgrund der Bestimmungen des ausländischen Rechts zur Masse gezogen werden kann oder nicht (BGHZ 68, 16, 17; RGZ 153, 200, 206; Böhle-Stamschräder/Kilger, KO, 14. Aufl., § 1 Anm. 1 B; Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, KO, 9. Aufl., § 1 Rdn. 3, § 237 Rdn. 1; Hanisch, KTS 1978, 193, 199; so wohl auch Jürgen Schmidt, System des deutschen internationalen Konkursrechtes (1972) S. 142; Jaeger/Lent, KO, 8. Aufl., § 1 Rdn. 71; Jaeger/Jahr aaO § 237 Rdn. 92 ff; Hanisch in „100 Jahre Konkursordnung” S. 139, 158; Lüer, KTS 1978, 200, 212 und 1979, 12, 21). Der deutsche Konkursverwalter ist verpflichtet, auch ausländisches Vermögen des Gemeinschuldners in Verwahrung zu nehmen und zu verwerten (§ 117 Abs. 1 KO; Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck aaO § 117 Rdn. 6; Jaeger/Weber aaO § 117 Rdn. 5; Böhle-Stamschräder/Kilger aaO § 117 Anm. 2). Darauf, ob ein vom deutschen Konkursverwalter in Verfolgung dieser Pflicht erlangter Titel im Ausland durchgesetzt werden kann, kommt es nicht an (BGHZ 68 aaO).

2. Die Konkursmasse dient zur gemeinschaftlichen Befriedigung aller Konkursgläubiger (§ 3 KO). Deshalb ist der Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung („par conditio creditorum”) das Kernstück des Konkurses als einer Gesamtvollstreckung im Gegensatz zu dem in der Einzelvollstreckung herrschenden Grundsatz der Priorität (BGHZ 41, 98, 101). Demzufolge finden während der Dauer des Konkursverfahrens Zwangsvollstreckungen zugunsten einzelner Konkursgläubiger weder in das zur Masse gehörende Vermögen noch in das sonstige Vermögen des Gemeinschuldners statt (§ 14 Abs. 1 KO).

a) In der Literatur wird die Auffassung vertreten, daß wegen der Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Gläubiger im Konkurs auch die Zwangsvollstreckung in das Auslandsvermögen des Gemeinschuldners nach § 14 Abs. 1 KO unzulässig ist, weil durch sie das den Konkursgläubigern haftende Vermögen, die Konkursmasse also, vermindert und dem Zweck der gemeinsamen Befriedigung der Konkursgläubiger teilweise entzogen wird. Der Umstand, daß das Zwangsvollstreckungsverbot hinsichtlich des Auslandsvermögens unvollkommen ist, weil es nur durchsetzbar ist, soweit die ausländische Rechtsordnung dem deutschen Konkursrecht und damit dem Eröffnungsbeschluß unmittelbare Wirksamkeit zuerkennt, besagt nach dieser Meinung nichts dafür, daß § 14 KO insoweit nicht gelten sollte (Böhle-Stamschräder/Kilger aaO § 14 Anm. 2 a; Lüer, KTS 1978, 200, 214).

b) Dem steht gegenüber die Auffassung, das Vollstreckungsverbot des § 14 KO verwehre einem Gläubiger nur den Zugriff auf Inlandsvermögen des Gemeinschuldners; denn nur Inlandsbehörden könne das deutsche Gesetz die Ausübung staatlicher Zwangsgewalt verbieten. Folgerichtig ordne § 237 KO im Falle eines im Ausland eröffneten Konkursverfahrens gerade das Gegenteil von § 14 KO an, indem er die Einzelzwangsvollstreckung in inländisches Vermögen eines ausländischen Gemeinschuldners ausdrücklich zulasse. Erlange ein Konkursgläubiger des Inlandkonkurses durch Einzelvollstreckung in ausländisches Vermögen des Gemeinschuldners eine Teilbefriedigung seiner Forderung, so entspreche das nach dem deutschen Recht dem Fall, daß eine Teilbefriedigung einem parallel zum deutschen Konkurs im Ausland laufenden Konkursverfahren entstamme. Die Konkursquote müsse daher bis zur Vollbefriedigung der Gläubigerforderung für die ursprünglich zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens bestehende Schuldsumme, also auch nicht etwa nur für den nach der ausländischen Zwangsvollstreckung verbleibenden Restbetrag, im deutschen Konkurs bezahlt werden (Jaeger/Lent aaO § 12 Rdn. 10, § 14 Rdn. 35).

c) Eine vermittelnde Meinung geht dahin, daß zwar der Konkursgläubiger, der durch Zwangsvollstreckung im Ausland aus Massegegenständen volle oder teilweise Befriedigung erlangt hat, der Konkursmasse und damit dem Konkursverwalter gegenüber nicht aus ungerechtfertigter Bereicherung und erst recht nicht aus Schadensersatz haftet, daß er sich aber das im Ausland Beigetriebene auf seine Konkursquote im Inlandskonkurs anrechnen lassen muß (Jaeger/Jahr aaO §§ 237, 238 Rdn. 231; Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck aaO § 14 Rdn. 1, § 237 Rdn. 1).

d) Das Reichsgericht ist ebenfalls davon ausgegangen, daß auch das Auslandsvermögen des Gemeinschuldners zur Sollmasse des Inlandskonkurses gehört, weil sich die Beantwortung der Frage, ob das gesamte Vermögen des Gemeinschuldners, wo immer es sich befindet, zur Masse gehören soll, nach der Gesetzgebung des Konkurseröffnungsstaates richtet. Die Frage, inwieweit der Konkurs auch auf das Auslandsvermögen des Gemeinschuldners erstreckt werden könne, hänge aber von der Gesetzgebung des Staates ab, in dem das Vermögen belegen sei. Daraus hat das Reichsgericht gefolgert, daß sich § 14 KO nur auf inländische Zwangsvollstreckungen beziehen ließe und daß daher ein Konkursgläubiger, der im Ausland die dort zulässige Vollstreckung in Vermögen des Gemeinschuldners betreibt, nichts Gesetzwidriges begehe und mangels einer entsprechenden Rechtsnorm im deutschen Konkursrecht von dem durch eine solche Auslandsvollstreckung Erlangten auch nichts an die Masse herausgeben müsse (RGZ 54, 193).

Darüber hinaus ist noch das Bayerische Oberste Landesgericht gegangen (LZ 1908, 550), das die Auffassung vertreten hat, der Gläubiger, der im Ausland durch Einzelvollstreckung etwas erlangt hat, brauche sich im Inlandskonkurs nichts davon auf seine Quote anrechnen zu lassen.

3. Ausgangspunkt bei der Entscheidung dieser umstrittenen Frage muß sein, daß die gleichmäßige Befriedigung aller Konkursgläubiger das Kernstück des Konkurses ist (BGHZ 41 aaO). Völlig unstreitig ist, daß auch das Auslandsvermögen eines Gemeinschuldners nach § 1 Abs. 1 KO zur Konkursmasse gehört und daß auch solche Vermögensteile vom Verwalter in Verwahrung genommen und zugunsten der Gläubiger verwertet werden müssen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein vom Verwalter erwirkter Vollstreckungstitel, mit dem er solches Auslandsvermögen an sich ziehen will, im Ausland auch tatsächlich durchgesetzt werden kann (BGHZ 68 aaO). Daraus ist zu erkennen, daß im Inland die Absicht der Konkursordnung, die in §§ 1, 3 KO niedergelegt ist, zur Durchsetzung gebracht werden soll. Mit Recht verweisen Lüer (KTS 1978, 200, 214), Kilger (Böhle-Stamschräder/Kilger aaO § 14 Anm. 2 a) und Canaris (ZIP 1983, 647, 650) darauf, daß aus dem Wortlaut von § 14 KO eine einschränkende Anwendung allein auf das Inland nicht hergeleitet werden kann (a.A. Jürgen Schmidt aaO S. 138 ff). Mag auch das ausländische Recht eine Einzelzwangsvollstreckung in dort belegenes Vermögen eines Gemeinschuldners zulassen, weil die Beschlagnahmewirkung des Inlandskonkurses nicht anerkannt wird, so kann daraus nicht hergeleitet werden, daß durch eine solche, dem Sinn und Zweck des deutschen Konkursverfahrens zuwider laufende Einzelzwangsvollstreckung erlangte Vermögenswerte dem in Deutschland wohnhaften Konkursgläubiger verbleiben müssen. Durch eine solche Vollstreckung hat der im Inland ansässige, am Konkursverfahren beteiligte Gläubiger etwas erlangt, was nach der Konkursordnung allein dem Verwalter zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger zusteht (§§ 1, 3, 117 KO). Durch die Auszahlung des Geldes aus der im Ausland durchgeführten Einzelzwangsvollstreckung an den betreibenden Gläubiger verliert der Konkursverwalter endgültig die Möglichkeit, die von der Vollstreckung erfaßten Auslandswerte zur Masse zu ziehen. Der betreibende Gläubiger dagegen ist insofern ohne rechtfertigenden Grund zu Lasten der Masse bereichert (§ 812 BGB), weil er ohne Rücksicht auf die sich für ihn aus der Gesamtverwertung des Schuldnervermögens zugunsten aller Gläubiger ergebende Quote und im Widerspruch zur Zielsetzung von § 14 KO etwas erhält, was dem Konkursverwalter als Bestandteil der Masse zusteht. Die Einzelzwangsvollstreckung mag zwar im Ausland rechtmäßig vom Gläubiger betrieben werden können, weil der inländische Gesetzgeber nicht die Kompetenz hat, im Ausland erfolgende Zwangsvollstreckungen den dortigen Behörden und Gerichten zu untersagen und dort begründete Pfandrechte für unwirksam zu erklären. Der Erwerb aus ihr ist aber im Inland gegenüber der vom Gesetz im Interesse aller Gläubiger geschützten Konkursmasse (§§ 1, 14 KO) nicht rechtmäßig, weil von der deutschen Konkursordnung mißbilligt.

Daß die Konkursordnung das Prinzip der gleichmäßigen Behandlung aller Gläubiger jedenfalls gegenüber inländischen Gläubigern durchsetzen will, ergeben auch die Regelungen in §§ 50, 56 KO. Nach diesen Bestimmungen hat ein inländischer Konkursgläubiger, der eine Konkursforderung nach Eröffnung des Konkursverfahrens oder in Kenntnis des Eröffnungsantrags oder der Zahlungseinstellung in das Ausland abtritt, so daß ein ausländischer Gläubiger deshalb ein Absonderungsrecht an einem von ihm zur Masse geschuldeten Gegenstand erwirbt oder eine nach ausländischem Recht entgegen den Bestimmungen der Konkursordnung zulässige Aufrechnung vornehmen kann, zur Masse Ersatz zu leisten. Das Gesetz mißbilligt somit einen vom Inlandsgläubiger herbeigeführten, im Ausland zulässigen Rechtserwerb mit dem Ergebnis der Verpflichtung zu einer entsprechenden Zahlung an die Konkursmasse (Böhle-Stamschräder/Kilger aaO § 14 Anm. 2 a).

Daß § 237 KO einem Gläubiger erlaubt, Inlandsvermögen des ausländischen Gemeinschuldners im Wege der Zwangsvollstreckung an sich zu ziehen, ist ohne Bedeutung. Diese Vorschrift besagt nicht mehr, als daß diese Zwangsvollstreckung im Inland rechtmäßig ist. Sie könnte aber bei entsprechenden Vorschriften in einem ausländischen Konkursgesetz nicht verhindern, daß ein solcher Rechtserwerb im ausländischen Konkursverfahren mißbilligt wird und dort nicht Rechtens ist. § 237 KO ist deshalb nach richtiger Ansicht eine spezielle Beschränkung und keine allgemeine Sperre für ausländische Konkurswirkungen im Inland (Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck aaO § 237 Rdn. 1 S. 989). Deshalb ist es nicht richtig, aus dieser Vorschrift zu folgern, daß der Grundsatz der „par conditio creditorum” sowie das Universalitätsprinzip des deutschen Konkurses (§ 1 KO) vor einer Auslandsvollstreckung eines inländischen Gläubigers zurücktreten müßten. Ein Bedürfnis, diese Bestimmung über ihren Wortlaut hinaus als allseitige Kollisionsnorm auszulegen (vgl. Jaeger/Jahr aaO §§ 237, 238 Rdn. 233 ff, 242), mit der Folge, daß im Ausland belegenes, von einer dort durchgeführten Zwangsvollstreckung ergriffenes Vermögen des Gemeinschuldners nicht mehr zur Masse des Inlandskonkurses gehören würde, kann angesichts des in §§ 1, 3, 14 KO zum Ausdruck gekommenen Willens des Gesetzgebers nicht anerkannt werden.

4. a) Der Senat vermag nicht der Ansicht des Reichsgerichts zu folgen (RGZ 54 aaO), von der auch das Bayerische Oberste Landesgericht (LZ aaO) ausgeht, eine Abführung des vom Gläubiger im Wege der ausländischen Einzelvollstreckung Erlangten an die Masse komme deshalb nicht in Betracht, weil die Konkursordnung eine solche Abführungspflicht nicht ausdrücklich vorsieht. Wenn nämlich, wie dargelegt, die Konkursordnung im Kern den Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger durchsetzen will und mit der Auslandsvollstreckung des Gläubigers der Konkursverwalter endgültig die Möglichkeit verliert, ausländische Vermögenswerte des Gemeinschuldners zur Masse zu ziehen, dann muß dieser Rechtsverlust des Verwalters im Wege der Eingriffskondiktion (vgl. Soergel/Mühl, BGB, 10. Aufl., § 812 Rdn. 67; Sieb in MünchKomm, BGB § 812 Rdnrn. 213 ff) wegen ungerechtfertigter Bereicherung des Gläubigers nach § 812 BGB ausgeglichen werden, weil der Vermögensnachteil des entreicherten Konkursverwalters durch die Handlung des bereicherten Gläubigers bewirkt und dieser Vorgang von unserer Konkursordnung nicht gebilligt wird, die dem Konkursverwalter allein die Masse samt dem Auslandsvermögen des Gemeinschuldners zuweist. Dann aber kann der Konkursverwalter in solchen Fällen das Ganze, um das der Gläubiger bereichert ist, der im Ausland gepfändet hat, zur Masse ziehen (vgl. Förger, Die Stellung des Konkursverwalters im IPR, Diss. Regensburg 1969). Die Forderung des Gläubigers besteht als Konkursforderung weiter und ist im Konkurs quotenmäßig zu befriedigen. Seinen Erwerb aus der Vollstreckung in Vermögen des Gemeinschuldners im Ausland muß der inländische Gläubiger aber, weil er gegen das Verbot der Einzelvollstreckung gegen den Gemeinschuldner (§ 14 KO) verstoßen und die Zuweisung des pfändbaren Vermögens zur Masse (§§ 1, 3 KO) mißachtet hat, an den allein zur Einziehung solchen Vermögens berechtigten Verwalter herausgeben.

b) Die Frage der Anrechenbarkeit solchen Erwerbs auf die Quote des Gläubigers stellt sich nur dann, wenn bereits eine Ausschüttung an die Konkursgläubiger unter Ausschluß desjenigen Gläubigers stattgefunden hat, der eine Einzelzwangsvollstreckung im Ausland in Vermögen des Gemeinschuldners betrieben hatte. Insoweit könnte sich der Konkursverwalter auf eine Bereicherung nicht berufen.

5. Nicht mehr geprüft zu werden braucht, ob der Gläubiger in solchen Fällen, in denen er im Ausland Gemeinschuldnervermögen im Wege der Einzelzwangsvollstreckung an sich zieht, auch nach § 687 Abs. 2 BGB als sogenannter unechter Geschäftsführer ohne Auftrag haften würde. Auch auf die Frage, ob § 14 KO als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB angesehen werden kann, kommt es nicht an.

6. Die Abweisung der Klage des Konkursverwalters auf Auszahlung des von der Beklagten durch ihre Einzelzwangsvollstreckung in das Vermögen der Gemeinschuldnerin Erlangten kann demnach nicht bestehenbleiben. Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und insbesondere in den Tatsacheninstanzen nicht geltend gemacht worden ist, daß der Beklagten Aufwendungen erwachsen wären, war auf die Revision des Klägers unter Abänderung der Urteile der Vorinstanzen der Klage auf Zahlung von 211 876,99 DM nebst Zinsen stattzugeben, zumal die Beklagte den Zinsanspruch nicht bestritten hat. Einen Anlaß, nach Aufwendungen zu fragen (§ 139 ZPO), hatten die Tatsacheninstanzen nicht, zumal die Beklagte solche auch im Revisionsverfahren nicht angeben konnte.

B) Auch die Anschlußrevision der Beklagten ist begründet.

I. 1. Das Berufungsgericht hält die Verrechnung der bei der Beklagten auf dem Konto der Gemeinschuldnerin eine Stunde vor Konkurseröffnung eingegangenen Überweisung von 4 520 DM für anfechtbar nach § 30 Nr. 1 2. Alternative KO. Es führt aus, die Beklagte habe in Kenntnis des bereits gestellten Konkursantrags Befriedigung für einen Teil ihrer Forderung gegen die Gemeinschuldnerin erhalten. Dem Rückgewähranspruch des Klägers nach § 37 KO stehe eine Globalzession der späteren Gemeinschuldnerin vom 29. August 1978, mit der auch die streitige Forderung an die Beklagte abgetreten worden sei, nicht entgegen; denn das aufgrund dieser Globalzession erworbene Vorzugsrecht der Beklagten an der Forderung sei durch die Erfüllung seitens des Schuldners der Forderung vor Konkurseröffnung erloschen. An dem infolge der Gutschrift entstandenen Auszahlungsanspruch der Gemeinschuldnerin gegen die Beklagte habe dieser kein Vorzugsrecht zugestanden.

2. Die Anschlußrevision meint, hier fehle es an einer Gläubigerbenachteiligung als Voraussetzung für eine Anfechtung; denn die Vermögensminderung bei der Gemeinschuldnerin sei schon durch die unanfechtbare und auch nicht angefochtene Vorausabtretung der Forderung, deren Rechtsbestand der Kläger nunmehr ausdrücklich anerkannt hat, eingetreten. Hätte der Kläger diese Forderung zur Masse eingezogen, dann hätte der Beklagten aufgrund der an sie erfolgten Abtretung ein Bereicherungsanspruch zugestanden.

II. 1. Mit der Abtretung einer Forderung – auch als Sicherungsmittel – erwirbt der Abtretungsempfänger die volle Gläubigerstellung gegenüber dem Schuldner der Forderung (§ 398 BGB). Wenn dem Abtretenden bei der sogenannten stillen Zession die Einziehungsermächtigung für die abgetretene Forderung verbleibt, dann bleibt ihm nur ein Forderungsausschnitt. Daß der Schuldner, solange ihm die Abtretung nicht bekanntgegeben ist und solange er den neuen Gläubiger daher nicht kennt, geschützt ist, ergibt sich aus dem Gesetz (§ 407 BGB). Wenn die Globalabtretung der Gemeinschuldnerin an die Beklagte wirksam war, was der Kläger einräumt, und wenn die hier streitige Forderung von ihr erfaßt war, dann war die Beklagte Gläubigerin der Forderung geworden, die der Überweisung der Schuldnerin an sie in Höhe von 4 520 DM zugrunde lag. Daß diese Forderung erst zur Zeit der Krise entstanden und deshalb die mit der Globalzession hier im speziellen Fall verwirklichte Abtretung anfechtbar sei (BGHZ 30, 238), ist nicht festgestellt. Der Schuldner hat den Betrag zum Ausgleich der Forderung an die Beklagte – wenn auch zur Gutschrift auf das von dieser für die Gemeinschuldnerin geführte Konto – überwiesen. Damit hat die Beklagte, die neue Gläubigerin also, den Gegenwert für das Erlöschen der ihr abgetretenen Forderung erhalten. Aus dem Vermögen der Gemeinschuldnerin ist nach den bisherigen Feststellungen dadurch nichts in anfechtbarer Weise abgeflossen, wenn die Beklagte den ihr als Gläubigerin der abgetretenen Forderung zustehenden Betrag vereinnahmte und entsprechend – durch die erteilte Gutschrift – ihre eigene Forderung gegen die Gemeinschuldnerin verminderte. Voraussetzung eines jeden anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs ist das Vorliegen einer objektiven Gläubigerbenachteiligung durch Verkürzung des Schuldnervermögens (Senatsurteil vom 16. Mai 1979 – VIII ZR 156/78 = WM 1979, 776).

2. Das Berufungsgericht hat verkannt, daß die Beklagte selbst Gläubigerin der Forderung von 4 520 DM war, zu deren Erfüllung die Überweisung bei ihr eingegangen ist. Die Gemeinschuldnerin hatte keinen Auszahlungsanspruch gegen die Beklagte. Diese mußte allerdings ihre Forderung gegen die Gemeinschuldnerin aus dem Girovertragsverhältnis entsprechend vermindern und dies im bestehenden Kontokorrent berücksichtigen, was sie mit der Erteilung der Gutschrift auch getan hat. Insoweit war auf die Anschlußrevision der Beklagten das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 650363

BGHZ, 147

NJW 1983, 2147

ZIP 1983, 961

JZ 1983, 898

IPRspr. 1983, 205

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