Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährleistung. Gewährleistungsfrist. Verjährung. Verjährungsfrist. Anerkenntnis. Unterbrechung

 

Leitsatz (amtlich)

Wird der Lauf einer nach § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B vereinbarten, gem. § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B verlängerten Verjährungsfrist nach gesetzlichen Bestimmungen unterbrochen, so wird nach dem Ende der Unterbrechung die vereinbarte Frist erneut in Gang gesetzt (Bestätigung von BGH, Urt. v. 9.10.1986 - VII ZR 184/85, MDR 1987, 310 = BauR 1987, 84 = ZfBR 1987, 37).

 

Normenkette

VOB/B i.d.F. v. 1992 § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2; BGB §§ 208, 217 a.F.

 

Verfahrensgang

OLG Celle (Urteil vom 18.12.2003; Aktenzeichen 6 U 121/03)

LG Verden (Aller)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Celle v. 18.12.2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin i.H.v. 3.732,08 EUR und Zinsen zurückgewiesen worden ist.

In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Mängelbeseitigungskosten. Die Parteien streiten im Revisionsverfahren darüber, ob dieser Anspruch verjährt ist.

Die Klägerin beauftragte die Beklagte im Frühjahr 1994 unter Einbeziehung der VOB/B sowie ihrer besonderen und zusätzlichen Vertragsbedingungen mit Tiefbauarbeiten. Bei der Abnahme am 21.12.1994 vereinbarten die Parteien eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren. Mit Schreiben v. 23.10.1998 wurde die Beklagte aufgefordert, bis 3.11.1998 einen in einem Hausanschlussschacht entstandenen Rückstau zu beseitigen. Nach erneuter Aufforderung v. 16.12.1998 antwortete die Beklagte mit Schreiben v. 30.12.1998, die Arbeiten hätten witterungsbedingt nicht ausgeführt werden können, die Mängel würden in der zweiten Januarwoche beseitigt. Das geschah nicht. In der Folgezeit ließ die Klägerin den Mangel durch Drittfirmen beseitigen.

Mit der am 12.11.2002 zugestellten Klage hat die Klägerin 5.203,26 EUR und Zinsen verlangt. Den Hauptsachebetrag hat sie später auf 4.918,57 EUR ermäßigt. Die Beklagte hat sich auf Verjährung berufen. Das LG hat die Klage abgewiesen, die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich ihre vom Berufungsgericht "hinsichtlich der Einrede der Verjährung" zugelassene Revision, mit der sie ihren Anspruch noch i.H.v. 3.732,08 EUR und Zinsen weiter verfolgt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Das für das Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31.12.2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht, dessen Urteil in BauR 2004, 1460 veröffentlicht ist, meint, der Anspruch der Klägerin sei verjährt. Die ab 21.12.1994 laufende fünfjährige Verjährungsfrist sei durch das Mängelbeseitigungsverlangen der Klägerin v. 23.10.1998 gem. § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B "quasi" unterbrochen worden. Die Regelfrist des § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B von zwei Jahren sei in Lauf gesetzt worden. Diese Frist sei sodann durch das im Schreiben der Beklagten v. 30.12.1998 enthaltene Anerkenntnis gem. § 208 BGB unterbrochen worden. Danach habe gem. § 217 BGB diese Frist von zwei Jahren und nicht die ursprünglich vereinbarte fünfjährige Frist neu zu laufen begonnen. Das Hinausschieben der Verjährung durch § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B sei nach dem Wortlaut der Regelung und der Interessenlage der Werkvertragsparteien mit dem Inhalt vereinbart, dass einmalig die vereinbarte fünfjährige Verjährungsfrist laufe und ab Verlängerung durch das Mängelbeseitigungsverlangen die Regelfrist an deren Stelle trete und sie ersetze. Hierdurch erhalte der Auftraggeber einen angemessenen Schutz; des erneuten Laufs der vereinbarten fünfjährigen Frist bedürfe er nicht. Das Urteil des BGH v. 9.10.1986 - VII ZR 184/85 (BGH, Urt. v. 9.10.1986 - VII ZR 184/85, MDR 1987, 310 = BauR 1987, 84 = ZfBR 1987, 37) stehe dem nicht entgegen. Der dort entschiedene Fall einer Unterbrechung durch ein vom Gläubiger veranlasstes Beweissicherungsverfahren sei anders zu beurteilen als ein vom Schuldner abgegebenes Anerkenntnis, das aus einer Reaktion des Schuldners auf das Mängelbeseitigungsverlangen resultiere.

II.

Das hält der rechtlichen Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Der Anspruch der Klägerin war bei Klageerhebung nicht verjährt.

1. Das Berufungsgericht hält § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B ohne weiteres für anwendbar. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung. Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob die VOB/B als Ganzes vereinbart wurde oder ob die Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG eröffnet ist und ob die Bestimmung ihr standhalten würde. Diese Fragen können offen bleiben. Verjährung ist keinesfalls eingetreten. Denn die Verjährung wurde durch das Schreiben der Beklagten v. 30.12.1998 gem. § 208 BGB unterbrochen. Danach begann unabhängig von der Anwendbarkeit des § 13 VOB/B in jedem Fall die vereinbarte fünfjährige Verjährungsfrist neu zu laufen.

2. Die Auslegung des Berufungsgerichts, das Schreiben v. 30.12.1998 enthalte ein Anerkenntnis i.S.v. § 208 BGB, ist entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein Anerkenntnis i.S.v. § 208 BGB liegt dann vor, wenn sich aus dem tatsächlichen Verhalten des Schuldners ggü. dem Gläubiger klar und unzweideutig ergibt, dass dem Schuldner das Bestehen der Schuld bewusst ist und angesichts dessen der Berechtigte darauf vertrauen darf, dass sich der Schuldner nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist alsbald auf Verjährung berufen wird (BGH, Urt. v. 30.9.1993 - VII ZR 136/92, BauR 1994, 103 = ZfBR 1994, 17; st.Rspr.). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet. Die Beklagte bringt in dem Schreiben unzweideutig ihr Wissen zum Ausdruck, zur Mängelbeseitigung verpflichtet zu sein. Eine Einschränkung, nur aus Kulanz zur Vermeidung weiteren Streits nachbessern zu wollen, ist dem Schreiben nicht zu entnehmen.

3. Ist § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B nicht anwendbar, ist die Mängelbeseitigungsaufforderung der Klägerin v. 23.10.1998 für den Lauf der vereinbarten fünfjährigen Verjährungsfrist ohne Bedeutung. Diese Frist wurde durch das Anerkenntnis der Beklagten v. 30.12.1998 gem. § 208 BGB unterbrochen. Sie begann danach neu zu laufen, § 217 BGB. Bei Klageerhebung war sie noch nicht abgelaufen.

4. Ist § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B anwendbar, ist Verjährung ebenfalls nicht eingetreten.

a) Nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 1 VOB/B ist der Auftragnehmer zur Mängelbeseitigung verpflichtet, wenn es der Auftraggeber vor Ablauf der Verjährungsfrist schriftlich verlangt. Dieser Anspruch verjährt nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B mit Ablauf der Regelfristen des § 13 Nr. 4 VOB/B, gerechnet vom Zugang des schriftlichen Verlangens an, jedoch nicht vor Ablauf der vereinbarten Frist. Das gilt auch dann, wenn die Parteien eine längere als die in § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B vorgesehenen Fristen vereinbart haben (BGH, Urt. v. 18.3.1976 - VII ZR 35/75, BGHZ 66, 142). Die Bestimmung bezieht sich auf alle Gewährleistungsansprüche aus § 13 VOB/B (BGH, Urt. v. 19.9.1985 - IX ZR 16/85, BGHZ 95, 375 [383] = MDR 1986, 229; v. 29.4.1974 - VII ZR 29/73, BGHZ 62, 293).

b) Wird der Lauf einer nach § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B vereinbarten und nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B verlängerten Verjährungsfrist nach gesetzlichen Bestimmungen unterbrochen, so wird gem. § 217 BGB nach dem Ende der Unterbrechung die vereinbarte Frist und nicht die Regelfrist des § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B erneut in Gang gesetzt. Das hat der Senat wiederholt entschieden (BGH, Urt. v. 23.2.1989 - VII ZR 89/87, BGHZ 107, 75 [85, 86] = MDR 1989, 627; v. 9.10.1986 - VII ZR 184/85, MDR 1987, 310 = BauR 1987, 84 [86] = ZfBR 1987, 37). Hieran hält er nach Überprüfung fest. Die Bedenken des Berufungsgerichts rechtfertigen keine andere Entscheidung:

aa) Ob die Parteien ursprünglich die Regelfrist des § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B oder eine andere Frist vereinbart haben, ist ohne Bedeutung. § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B ist eine typisierte Regelung, die der Rechtssicherheit dient und deren Anwendbarkeit nicht davon abhängt, ob im Einzelfall die Erwägungen zutreffen, die zur Schaffung der Bestimmung geführt haben. Sie gilt unabhängig davon, welche Verjährungsfrist zunächst vereinbart wurde und soll Zweifel über die Dauer der Verjährungsfrist möglichst ausschließen (BGH, Urt. v. 20.12.1971 - VII ZR 97/70, BGHZ 58, 7 [11 ff.]; v. 18.3.1976 - VII ZR 35/75, BGHZ 66, 142 [145]).

bb) Da die Regelung nicht auf die Besonderheiten des Einzelfalls abstellt, ist es auch unerheblich, ob die Unterbrechung der Verjährungsfrist durch ein Anerkenntnis oder die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens herbeigeführt wurde.

cc) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts rechtfertigt der Umstand, dass nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B der Mängelbeseitigungsanspruch "mit Ablauf der Regelfristen" verjährt, nicht den Schluss, dass ab dem Mängelbeseitigungsverlangen nur noch die Regelfristen und nicht mehr die vereinbarte Frist in Betracht kommen. Durch diese Formulierung wird lediglich das Ende der durch das Mängelbeseitigungsverlangen verlängerten vereinbarten Frist festgelegt. Sie sagt nichts darüber aus, welche Frist in Gang gesetzt wird, wenn innerhalb der verlängerten Frist eine Unterbrechung der Verjährung auf Grund gesetzlicher Vorschriften eintritt. Das Berufungsgericht berücksichtigt auch hier nicht, dass es sich bei § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B um eine typisierte Regelung handelt, die jedem Auftraggeber zugute kommt. Damit ist eine Auslegung der Bestimmung nicht zu vereinbaren, die dazu führen kann, dass der Auftraggeber durch die Einbeziehung der VOB/B hinsichtlich des Laufs der Verjährungsfrist ggü. der gesetzlichen Regelung (vgl. oben 3) benachteiligt wird. Das wäre der Fall, wenn nach der Unterbrechung die zweijährige Verjährungsfrist des § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B zu laufen beginnen würde.

c) Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten wird von § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B erfasst. Nach der Unterbrechung durch das Anerkenntnis der Beklagten am 30.12.1998 begann die ursprünglich vereinbarte Verjährungsfrist von fünf Jahren gem. § 217 BGB neu zu laufen. Sie war bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen.

III.

Da noch Feststellungen zur Höhe des Anspruchs zu treffen sind, war die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1325009

DB 2005, 1905

BGHR 2005, 628

BauR 2005, 710

DWW 2005, 258

NJW-RR 2005, 605

IBR 2005, 193

WM 2005, 1039

ZAP 2005, 543

ZfIR 2005, 462

MDR 2005, 682

ZfBR 2005, 363

BrBp 2005, 211

NJW-Spezial 2005, 263

NZBau 2005, 282

BauRB 2005, 125

JbBauR 2006, 353

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