Leitsatz (amtlich)

Die in einem Formularvertrag über die Errichtung und Veräußerung eines Bauwerks enthaltene Klausel, wonach der Veräußerer verlangen kann, daß der Erwerber ohne Rücksicht auf vorhandene Baumängel vor Übergabe des bezugsfertigen Bauwerks dann noch nicht fällige Teile des Erwerbspreises von insgesamt 14 % nach Anweisung des Veräußerers hinterlegt, verstößt gegen § 11 Nr. 2 a AGBG und ist daher unwirksam.

 

Normenkette

AGBG § 11 Nr. 2 a, § 7; BGB §§ 633, 320

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Urteil vom 03.05.1983)

LG Köln

 

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 3. Mai 1983 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Beklagte, ihre Mutter und ihr Bruder waren Eigentümer eines Grundstücks K. – Z., das sie teilten und mit 4 Einfamilienhäusern bebauten. Durch notariellen Vertrag vom 13. Februar 1980 erwarben die klagenden Eheleute von der Beklagten eine ihr zugeteilte Parzelle mit im Rohbau fertigem, von der Beklagten noch fertigzustellendem Haus. In § 2 des Vertrages, dessen Entwurf auch für die Veräußerung zweier weiterer Häuser verwendet wurde, sind für die Zahlung des Festpreises von 412.000 DM fünf Teilbeträge entsprechend dem Baufort schritt vorgesehen. Der 4. Teilbetrag (10,5 % = 43.260 DM) war nach Bezugs- und Gebrauchsfertigstellung des Hauses und der Garage sowie nach Besitzübergang zu zahlen, der Restbetrag (3,5 % = 14.420 DM) nach vollständiger Fertigstellung und Vorlage des Schlußabnahmescheins. Weiter heißt es in § 2 des Vertrages:

„Der Verkäufer kann verlangen, daß vor Übergabe des bezugs- und gebrauchsfertigen Hauses nebst Garage die dann noch nicht fälligen Kaufpreisteile von insgesamt 14 % nach Anweisung des Verkäufers entweder auf ein Anderkonto des Notars oder ein auf den Namen des Erwerbers und zu Gunsten des Verkäufers gesperrtes Sparkonto eingezahlt werden.”

Unter dem 2. Oktober 1980 teilte die Beklagte die Bezugsfertigkeit des Hauses mit und bat um Überweisung des 4. und um Hinterlegung des 5. Teilbetrags. Die Kläger weigerten sich wegen erheblicher Baumängel, die sie bereits im August 1980 gerügt und durch einen Sachverständigen hatten begutachten lassen. Nachdem sie ohne Übergabe Anfang Oktober 1980 eingezogen waren, verlangte die Beklagte unter dem 29. Oktober 1980 die Hinterlegung der beiden letzten Teilbeträge bis zum 5. November 1980 und drohte den Rücktritt vom Vertrag gemäß dessen § 5 an. Die Kläger machten unter Beifügung einer Mängelliste Minderung und Leistungsverweigerungsrecht für den 4. Teilbetrag geltend und bestritten die Fälligkeit des Restbetrages. Mit Schreiben vom 18. Dezember 1980 trat die Beklagte vom Vertrag zurück. Die Kläger verweigerten die verlangte Räumung, hinterlegten aber im Herbst 1981 die beiden restlichen Teilbeträge.

Sie haben die Feststellung begehrt, daß der von der Beklagten erklärte Rücktritt vom Vertrag unwirksam und die Räumungsaufforderung gegenstandslos seien. Die Beklagte hat widerklagend Räumung und Herausgabe des Grundstücks sowie Löschung aller Belastungen im Grundbuch gefordert, und zwar Zug um Zug gegen Rückzahlung aller Leistungen der Kläger.

Das Landgericht hat die Feststellungsklage als durch die Widerklage unzulässig geworden abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die gegen den Erfolg der Widerklage gerichtete Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der – angenommenen – Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstreben die Kläger weiterhin die Abweisung der Widerklage.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht hält den Rücktritt der Beklagten vom Vertrag für wirksam. Die Kläger seien mit ihren Zahlungsverpflichtungen in Verzug geraten. Dazu gehöre nämlich die Pflicht, auf Verlangen der Beklagten die beiden letzten Teilbeträge zu hinterlegen. Da die Gewährleistung erst mit der Übergabe des Hauses habe beginnen sollen, die Beklagte aber bereits vor der Übergabe die Hinterlegung habe verlangen dürfen, hätten die Kläger die Hinterlegung nicht wegen vor der Übergabe festgestellter Mängel verweigern dürfen.

Durch die Vertragsgestaltung seien ihre Rechte nicht unzulässig verkürzt worden. In einem zwischen den Beteiligten ausgehandelten Vertrag könne sich der Erwerber wirksam verpflichten, die Bezahlung von Bauleistungen nicht wegen angeblicher oder auch tatsächlicher Mängel zu verweigern. Umso weniger sei zu beanstanden, daß der Erwerber sich nur zur Hinterlegung der letzten 14 % des Preises verpflichte. Die Hinterlegungspflicht führe, verglichen mit einem verbliebenen Zurückbehaltungsrecht, zu keiner merklichen Schlechterstellung des Erwerbers. Denn mit der Hinterlegung auf ein Notar-Anderkonto werde nur dem berechtigten Sicherungsbedürfnis des Gläubigers genügt. Die Hinterlegungssumme sollte der Beklagten erst zufließen, wenn die von ihr zu beseitigenden Baumängel tatsächlich behoben seien. Eine Regelung dieser Art sei für den Hersteller eines Bauwerks ein probates Mittel, sich gegen oftmals hochgespielte Mängelrügen zu schützen. Daß dabei auch die Interessen der Erwerber wegen vorhandener Mängel berücksichtigt worden seien, zeige sich an der in § 4 des Vertrages vorgesehenen Einholung eines Schiedsgutachtens. Sollte den Klägern wegen nicht zu behebender Mängel ein Minderungsrecht erwachsen sein, so sei dieses durch die vorgesehene Hinterlegung nicht unbillig verkürzt worden.

Der Vertrag der Parteien falle als individuelle Rechtsgestaltung im Gegensatz zu Formularverträgen nicht unter das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ein Formularvertrag setze ein gedrucktes oder vervielfältigtes Klauselwerk voraus. Schon die äußere Erscheinung des notariellen Vertrages vom 13. Februar 1980 weise nicht auf ein vorformuliertes Vertragswerk hin. Der Vertragstext sei im Zusammenhang mit dem Baukomplex nur dreimal verwendet worden und sei in erheblichem Umfang auf das konkrete Bauvorhaben zugeschnitten. Er sei den Klägern schon vor der Beurkundung zur Kenntnis gebracht worden. Überdies sei mit dem Bruder der Beklagten über Baubeschreibung, Sonderwünsche, Bezugstermin und Finanzierung gesprochen und Einigkeit erzielt worden. Daher könne dahinstehen, ob der Vertragstext vom Notar oder vom Bruder der Beklagten vorformuliert worden sei. Angesichts noch im Beurkundungstermin vorgebrachter Wünsche der Kläger könne von einem Diktat des Bruders der Beklagten keine Rede sein. Der Beurkundungstermin habe wegen einiger Umformulierungen (zu Mitbenutzungsrechten, Baubeschreibung, Bezugstermin) längere Zeit in Anspruch genommen. Sollte, wie die Kläger behauptet hätten, nur über die Änderungen gesprochen worden sein, so erhelle daraus, daß gegen den übrigen Text keine Bedenken bestanden hätten.

Doch selbst wenn auf das Vertragswerk das AGBG anzuwenden wäre, falle die Hinterlegungsverpflichtung nicht unter § 11 Nr. 2 b AGBG. Mit dieser Vertragsbestimmung werde nämlich weder bezweckt noch erreicht, daß der Veräußerer Geldbeträge erhalte, die er nicht erhalten würde, wenn der Erwerber sich auf ein Zurückbehaltungsrecht würde berufen können. Einerseits könne der Veräußerer über das Geld nicht verfügen, andererseits hätte der Erwerber auch bei Ausübung des Zurückbehaltungsrechts das Geld bereithalten müssen, um es nach Mängelbeseitigung auszuzahlen. Die Berechtigung einer Minderung hätte erst durch das vorgesehene Schiedsgutachten – welches die Kläger nach dem Rücktritt der Beklagten vom Vertrag eingeholt haben – festgestellt werden müssen und bei der Auszahlung berücksichtigt werden können. Unter diesen Umständen eine Einschränkung oder gar Ausschließung des Zurückbehaltungsrechts anzunehmen, gehe zu weit und werde vom Schutzzweck des § 11 Nr. 2 AGBG nicht getragen.

Hiergegen wendet sich die Revision der Kläger mit Erfolg.

I.

Die maßgebliche Vertragsbestimmung fällt unter das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

1. Abgesehen von den das Vertragsobjekt selbst betreffenden Angaben (Bezeichnung, Größe, Beschreibung und Preis des Grundstücks mit fertigzustellenden Aufbauten) handelt es sich um für drei oder vier gleichartige Verträge vorformulierte Vertragsbestimmungen, welche der Bruder der Beklagten als geschäftserfahrenes, die anderen vertretendes Familienmitglied entweder selbst entworfen oder nach seinen Wünschen von dem beurkundenden Notar seines Vertrauens in Bonn hat entwerfen lassen und dem jeweiligen Erwerber eines der Reihenhäuser gestellt hat (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AGBG).

Dieses Klauselwerk ist als Ganzes unstreitig nicht im einzelnen zwischen den Parteien vor dem Beurkundungstermin ausgehandelt worden (§ 1 Abs. 2 AGBG). Es ist vielmehr lediglich vom Vertreter der Beklagten oder auf dessen Veranlassung vom Notar den Erwerbern vorher zugeleitet und von ihnen insgesamt hingenommen worden. Verhandelt haben sie mit ihm über Baubeschreibung, Sonderwünsche, Bezugstermine und Finanzierung, Dazu sind auf ihren Wunsch einige zusätzliche Bestimmungen in den Entwurf aufgenommen worden. Die vorformulierten Bedingungen des Angebots, insbesondere die Klausel zum Recht des Veräußerers, die Hinterlegung des 4. und 5. Teilbetrags vor Übergabe des Hauses zu verlangen, sind davon aber unberührt geblieben.

Insoweit (vgl. § 1 Abs. 2 AGBG) spricht nichts für eine Individualvereinbarung. Zugeständnisse des Verwenders in Punkten, die nicht Gegenstand der AGB sind, – etwa im Preis oder im Fertigstellungstermin – begründen nicht die Annahme, der Verwender sei ohne weiteres auch bereit, von seinen sonstigen Bedingungen abzulassen. Darum braucht hier nicht entschieden zu werden, inwieweit eine solche dem Vertragspartner erklärte Bereitschaft im Einzelfall ausreichen kann, den vorformulierten Vertragstext nicht als AGB zu werten (vgl. dazu BGHZ 74, 204, 209; 85, 305, 308; BGH NJW 1979, 367, 368; OLG Celle NJW 1978, 326, 327 m.N.). Es genügt auch nicht, daß – wie die Beklagte behauptet – der Vertrag vor dem Notar durchgesprochen und erläutert worden ist, der Notar über die Bedeutung der Klauseln belehrt hat und die Erwerber keinen Widerspruch erhoben haben (vgl. BGH NJW 1984, 171, 173 m.N.). Darin liegt noch kein freies gegenseitiges Aushandeln, wie es § 1 Abs. 2 AGBG voraussetzt (vgl. BGH NJW 1981, 2343; 1982, 2243, 2244; 1984, 171, 172). Die Erwerber geben vielmehr lediglich zu erkennen, daß sie sich insoweit den vom Veräußerer gestellten Vertragsbedingungen weiterhin unterwerfen wollen.

2. Der Wertung der streiterheblichen Vertragsklausel als AGB steht nicht entgegen, daß der Vertragsentwurf jeweils nur für einen der Veräußerer verwendet und dessen Vertragspartner gestellt worden ist. Es genügt, daß die gleichen Bedingungen für mehrere gleichartige Verträge vorformuliert worden sind und jeder der Veräußerer sich den Entwurf als Bestandteil seines Angebots zu eigen gemacht hat (vgl. BGHZ 74, 204, 211; BGH NJW 1982, 2243, 2244).

Hier hat die Familie der Beklagten wie ein Bauträger das gemeinschaftliche Grundstück parzellieren, bebauen, darüber sogar einen Prospekt anfertigen und dann durch ihren Bruder mindestens drei der vier Reihenhäuser namens und für Rechnung des jeweils berechtigten Familienmitglieds veräußern lassen. Insofern müssen alle drei Veräußerer als Verwender von für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen gelten. Daß diese Bedingungen und die übrigen Vertragsbestandteile auf das konkrete Bauvorhaben zugeschnitten und allein für dessen Verwertung entworfen sein sollen, ändert daran nichts. Auch kann es nicht auf die äußere Erscheinung des Vertragstextes ankommen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AGBG). AGB brauchen nicht gedruckt oder erkennbar vervielfältigt zu sein. Die vielfach verwendeten Schreibautomaten lassen jeden beurkundeten Vertrag auf den ersten Blick als einzigartiges Schriftstück erscheinen. Ob es sich dabei entgegen dem äußeren Anschein um AGB handelt, kann nur den Umständen entnommen werden, nämlich ob die Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert und dem Partner des Verwenders gestellt worden sind.

II.

Die von den Veräußerern ausbedungene unbedingte („einredefeste”) Verpflichtung der Erwerber, den Restpreis auf Verlangen bis zu 14 % der Gesamt Vergütung vor Übergabe des Hauses zu hinterlegen, ist gemäß § 11 Nr. 2 a AGBG unwirksam.

1. Zweck der streitigen Klausel ist es, den Erwerbern die Möglichkeit zu nehmen, die restliche Vergütung wegen Ballmängel zurückzuhalten oder zu mindern, soweit Mängelbeseitigung nicht in Betracht kommt. Das Recht der Minderung ist dem Erwerber zwar für den Fall, daß der Veräußerer seiner Nachbesserungspflicht nicht nachkommt, in § 4 Abs. 7 des Vertrages vorbehalten. Das steht aber – wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt – wie auch die Anerkennung von Baumängeln unter dem allgemeinen Vorbehalt (§ 4 Abs. 11 des Vertrages), daß entweder die Vertragspartner sich über das Vorliegen eines Mangels oder über die Höhe einer Minderung geeinigt haben oder darüber ein Schiedsgutachten eingeholt worden ist. Kommt es wie hier auch nach Einholung sowohl eines Parteigutachtens als auch eines Schiedsgutachtens nicht zu einer Einigung, so soll der Erwerber genötigt sein, zur Durchsetzung aller Gewährleistungsansprüche auf Freigabe der hinterlegten Restvergütung zu klagen, anstatt sich gegenüber dem Vergütungsanspruch des Veräußerers auf Minderungs- und Leistungsverweigerungsrechte berufen zu können.

2. Die Hinterlegungsklausel läuft somit darauf hinaus (§ 7 AGBG), dem Erwerber das Leistungsverweigerungsrecht aus § 320 BGB zu nehmen oder zumindest einzuschränken und das Recht auf Minderung bis zu einer endgültigen Einigung oder Streitentscheidung „auszusetzen”. Eine Ausschließung oder Einschränkung des Leistungsverweigerungsrechts ist aber nach § 11 Nr. 2 a AGBG unwirksam.

a) Die Weigerung des Erwerbers, dem Hinterlegungsverlangen des Veräußerers nachzukommen, ist eine Leistungsverweigerung, welche das Berufungsgericht zu Recht der Nichterfüllung einer Zahlungspflicht im Sinne des § 5 Ab So 1 des Vertrages (Rücktrittsrecht bei Zahlungsverzug) gleichstellt. Dem steht nicht entgegen, daß die verlangte Leistung noch nicht zur Befriedigung, sondern nur zu einer Sicherung des Veräußerers führt. Von dem Erwerber wird, anders als bei Zurückbehaltung fälliger Zahlung, gefordert, sich des geschuldeten Betrages zu entäußern. Damit soll, er sich eines Druckmittels begeben, den Veräußerer zu schneller Erfüllung seiner Gegenleistung anzuhalten. Dieser wirtschaftliche Druck mag bei Hinterlegung nicht gänzlich wegfallen, sondern lediglich geringer sein als bei Auszahlungsverweigerung, weil der Veräußerer über die zu seinen Gunsten hinterlegte Summe nicht frei verfügen kann. Dennoch ist der so gesicherte Vergütungsanspruch für ihn und seine Gläubiger wertvoller als ein ungesicherter Anspruch. Der Veräußerer kann fest damit rechnen, nach Mängelbeseitigung sein Geld zu erhalten, ohne zugleich zu schneller Abhilfe angehalten zu werden.

So wiegt die Verweigerung des Einverständnisses mit der Auszahlung hinterlegten Geldes für den Schuldner als Druckmittel gegen seinen Gläubiger sehr viel weniger als die Verweigerung angemessener Gegenleistung gemäß § 320 BGB. Andererseits belastet ihn – was das Berufungsgericht verkennt – die Hinterlegung wegen der damit verbundenen Kapitalkosten erheblich mehr als die Bereithaltung fälligen Baugeldes.

b) Die Hinterlegung trägt zwar – wie das Berufungsgericht ausführt – dem verständlichen Sicherungsbedürfnis des Veräußerers Rechnung, der sich vor ungerechtfertigter Mängelrüge und Zahlungsverweigerung schützen möchte. Sie wahrt aber die Interessen des Erwerbers nur unzureichend, weil der Zweck des Leistungsverweigerungsrechts sich nicht in der Sicherung des Gegenanspruchs erschöpft, weshalb es auch nicht durch Sicherheitsleistung abgewendet werden kann (§ 320 Abs. 1 Satz 3 i.V. mit § 273 Abs. 2 BGB). Mag die bloße Hinterlegung für den Erwerber auch weniger nachteilig sein als die Auszahlung zur freien Verfügung des Veräußerers, so ändert das doch nichts daran, daß der Erwerber mit der streitigen Klausel zu einer Leistung gezwungen werden soll, die er gemäß § 320 BGB wegen vorhandener Mängel zu verweigern berechtigt wäre.

c) Eine Vorleistungspflicht des Erwerbers mit der möglichen Folge, daß § 11 Nr. 2 a AGBG nicht eingriffe, begründet die dem Baufort schritt angepaßte Teilzahlungsabrede des § 2 des Vertrages nicht. Wie § 16 Nr. 1 VOB/B schränkt eine solche Vereinbarung über Abschlagszahlungen zwar die werkvertragliche Vorleistungspflicht des Unternehmers (§ 641 Abs. 1 BGB) ein.

Eine Rückführung der unwirksamen Klausel auf einen etwa gerade noch zulässigen Inhalt ist ohnehin nicht möglich (BGHZ 84, 109, 116; 85, 305, 312; 86, 284, 297; 90, 69, 80 f; BGH NJW 1984, 48, 49; 1984, 2404, 2406, jeweils m.w.N.).

III.

Nach alledem kann das Berufungsurteil nicht bestehen bleiben, sondern ist aufzuheben. Der Senat ist zu eigener abschließender Sachentscheidung nicht in der Lage (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

Der Erfolg der Widerklage hängt davon ab, ob die Kläger in Verzug geraten sind, als sie von der Beklagten mit Schreiben vom 2. und 29. Oktober 1980 zur Zahlung oder Hinterlegung des 4. und 5. Teilbetrags aufgefordert wurden. Dafür ist wiederum maßgebend, inwieweit sie berechtigt waren, zu mindern oder die verlangte Leistung gemäß § 320 BGB zu verweigern. Dabei ist zu beachten, daß – entgegen der Ansicht der Beklagten – den Erwerbern ein Leistungsverweigerungsrecht nicht erst nach der Übergabe zustand, weil nach § 4 Abs. 10 des Vertrages die (VOB-)Gewährleistung erst mit der Übergabe bzw. Übernahme des Vertragsobjektes „beginnen” sollte. Der Anspruch des Bestellers auf Mängelbeseitigung hängt nicht vom „Beginn” der Gewährleistung ab (§§ 634 Abs. 1 Satz 2 BGB, 4 Nr. 7 Satz 1 VOB/B). Daher kann der Besteller weitere Zahlungen auch schon vor Abnahme gemäß § 320 BGB verweigern, wenn die bis dahin erbrachten Leistungen nicht mangelfrei sind (vgl. BGHZ 73, 140, 144; BGH NJW 1981, 2801; 1984, 725). Dieser Grundsatz gilt sogar dann, wenn verpflichtet aber den Besteller lediglich zur Vergütung bereits erbrachter Leistungen und beläßt ihm ein Leistungsverweigerungsrecht, soweit diese Leistungen mangelhaft sind (vgl. BGHZ 73, 140, 144/145).

Eine Vorleistungspflicht ergibt sich allein aus der Verpflichtung, den 4, und 5. Teilbetrag bereits vor deren Fälligkeit zu hinterlegen, mag die Klausel nach Treu und Glauben auch dahin auszulegen sein, daß im Zeitpunkt des Hinterlegungsverlangens das Haus bezugs- und übergabefertig sein muß. Eine solche ersichtlich der Umgehung des § 11 Nr. 2 a AGBG dienende Begründung einer Vorleistungspflicht fällt aber gemäß § 7 AGBG unter die genannte Verbotsnorm. Deren Schutzzweck kann nur erreicht werden wenn es dem Verwender versagt bleibt, besondere, nicht im Gesetz vorgesehene Vorleistungspflichten zu begründen und so seine Ansprüche trotz erwarteter Gegenansprüche durchzusetzen, wodurch sein Vertragspartner unangemessen benachteiligt würde (vgl. a. Kötz in MünchKomm, AGBG § 11 Rdn. 17, 18, Dietlein/Rebmann, AGB aktuell § 11 Nr. 2 Rdn. 2; Palandt/Heinrichs, BGB, 43. Aufl., AGBG § 11 Anm. 2 a aa; Löwe/von Westphalen/Trinkner, Großkommentar zum AGBG, 2. Aufl., § 11 Nr. 2 Rdn. 13; Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Kommentar, 4. Aufl., § 11 Nr. 2 Rdn. 11; vgl. auch BGHZ 63, 238, 240 zur Rechtslage vor Geltung des AGBG), Das ist hier der Fall.

d) Ist die Hinterlegungsklausel bereits unwirksam, weil sie gegen § 11 Nr. 2 a AGBG verstößt, so kommt es nicht mehr darauf an, ob sie aus noch anderen Gründen unwirksam sein könnte. Sie fällt ersatzlos weg, so daß es den Klägern auch nicht verwehrt ist, fälligen Werklohn wegen nicht mehr zu beseitigender Mängel zu mindern, für die Gewährleistung ein Sicherheitseinbehalt seitens des Bestellers vereinbart ist.

Die Kläger machen geltend, das von ihnen mit dem Grundstück erworbene, Anfang Oktober 1980 bezogene Haus habe damals so schwerwiegende Mängel auf gewiesen, daß ihnen eine weitere Zahlung auf den Erwerbspreis vorerst nicht zuzumuten gewesen sei. Ein Teil dieser Mängel war und ist – wie die Beklagte einräumt – nicht zu beheben. Insbesondere sind die lichte Deckenhöhe in Wohnräumen, Küche, Diele und über der Kellertreppe zu niedrig und auch die lichte Weite in der Garage zu gering. Zum Teil sind die Baumängel und ihre Zurechenbarkeit umstritten.

Das Berufungsgericht muß nunmehr die erforderlichen Feststellungen treffen. Erst dann läßt sich beurteilen, inwieweit die Kläger berechtigt waren, einen dem Umfang der vorhandenen Mängel und der Höhe des voraussichtlichen Beseitigungsaufwands angemessenen Betrag an sich fälligen Baugeldes zurückzuhalten, bis die Mängel beseitigt waren, Soweit ihnen wegen nicht behebbarer Mängel Minderungsansprüche zustanden, verringerte sich ihre Restverbindlichkeit. Dabei wird sich das Berufungsgericht auch mit der Frage zu befassen haben, inwieweit das mit Zustimmung der Beklagten unter Beteiligung ihres Vertreters und ihres Architekten eingeholte Schiedsgutachten für die Parteien ungeachtet des Rücktritts, dessen Berechtigung vom Ergebnis des Schiedsgutachtens abhängen kann, verbindlich ist. Ferner wird das Berufungsgericht gegebenenfalls zu prüfen haben, ob die Ausübung des vertraglichen Rücktrittsrechts durch die Beklagte gegen Treu und Glauben verstieß, falls eine bei nur teilweise berechtigter Leistungsverweigerung etwa verbleibende Restschuld in keinem angemessenen Verhältnis zum Gesamtobjekt stehen sollte, zumal die Kläger inzwischen weitere, nicht unerhebliche Beträge in den Bau gesteckt haben wollen.

Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Unterschriften

Girisch, Recken, Doerry, Obenhaus, Quack

 

Fundstellen

Haufe-Index 947880

NJW 1985, 852

Nachschlagewerk BGH

DNotZ 1985, 287

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