Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, in welchem Zeitpunkt ein Anspruch des Vermieters auf Ersatz des Mietausfalls fällig wird.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 535

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 23.05.1978)

OLG Frankfurt am Main

 

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden unter deren Zurückweisung im übrigen das Urteil des 22. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. Mai 1978 teilweise aufgehoben und das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Darmstadt mit Sitz in Offenbach vom 4. Mai 1976 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 191 555,84 DM nebst 9 % Zinsen seit dem 23. Dezember 1975 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 5/9 und die Beklagte zu 4/9 zu tragen. Von den Kosten der Streithilfe tragen die Klägerin 5/9 und der Streithelfer 4/9.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die R. Handelsgesellschaft R.-M. VEMA Verbrauchermärkte GmbH (im folgenden: VEMA) unterhielt bei der Beklagten ein Girokonto, das aufgrund von Gutschriften, die in der Zeit vom 28. Mai bis 3. Juni 1975 vorgenommen wurden, am 3. Juni 1975 ein Guthaben von 425 321,84 DM aufwies.

Aufgrund eines gegen die VEMA erwirkten Vollstreckungsbefehls nahm die Klägerin die Guthabenforderung in Beschlag. Sie ließ der Beklagten am 1. Juli 1975 wegen eines Teilbetrages von 200 000 DM und am 10. November 1975 wegen weiterer 250 000 DM Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse zustellen.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung von 425 321,84 DM nebst Zinsen.

Die Beklagte verweigert die Auszahlung des Guthabens unter Berufung auf eine von ihr vorgenommene Aufrechnung mit einer ihr abgetretenen Schadensersatzforderung aus einem im November 1973 zwischen der VEMA und dem Streithelfer der Beklagten abgeschlossenen Mietvertrag.

Aufgrund dieses Vertrages hatte die VEMA von dem Streithelfer für die Zeit vom 15. April 1974 bis zum 4. April 1989 in O. Geschäftsräume zum Betrieb eines Verbrauchermarktes zu einem monatlichen Mietzins von 61 161 DM gemietet. Der Mietzins war monatlich im voraus, „spätestens am dritten Werktag”, zu zahlen. Eine von der VEMA als Kaution erbrachte Mietvorauszahlung in Höhe einer Jahresmiete (733 932 DM) sollte innerhalb eines Zeitraumes von 12 Jahren mit der monatlichen Mietzahlung verrechnet werden.

Seine Ansprüche auf die ihm „zustehende Miete in ihrer jeweiligen Höhe” trat der Streithelfer am 30. Mai 1974 zur Sicherung von Krediten an die Beklagte ab.

Am 20. Mai 1975 beantragte die VEMA die Eröffnung des Konkursverfahrens. Der Antrag wurde jedoch am 26. Mai 1975 mangels Masse abgewiesen. Unter Bezugnahme auf diesen Tatbestand erklärte die VEMA mit Schreiben vom 30. Mai 1975 die fristlose Kündigung des Mietvertrages und stellte die Mietzahlungen ein.

Ab 1. August 1975 vermietete der Streithelfer das Mietobjekt für die Dauer von 10 Jahren und zu einem monatlichen Mietzins von 33 300 DM an die Firma C. Durch Verwertung von Inventar und Waren erzielte er einen Betrag von 270 000 DM, den er auf seine Forderungen wegen des Mietausfalls verrechnen will. Außerdem berief er sich auf eine Verrechnung seiner Mietausfallforderung mit dem Anspruch der VEMA auf Rückzahlung der noch nicht verbrauchten Mietvorauszahlung, die sich nach Angabe der Beklagten auf 599 212,75 DM belief. Die von der Klägerin gegen den Streithelfer gerichtete, auf Pfändung und Überweisung des Anspruchs der VEMA gestützte Klage auf Rückzahlung der Mietvorauszahlung ist rechtskräftig abgewiesen worden (OLG Frankfurt Urteil vom 4. Juli 1977 – 18 U 156/76; Senatsbeschluß vom 29. März 1978 – VIII ZR 256/77).

Die Beklagte behauptet, der Streithelfer habe ihr am 28. Mai 1975 seinen Schadensersatzanspruch, dessen Gesamthöhe 5 731 237 DM betrage, abgetreten; dies ergebe sich aus dem Inhalt zweier Fernschreiben. Sie habe sodann gegenüber der VEMA mit zwei Schreiben vom 28. Mai, einem Schreiben vom 30. Mai und einem weiteren Schreiben vom 3. Juni 1975 die Mietausfallforderung gegen die an den jeweiligen Tagen bestehenden Guthabenforderungen der VEMA aufgerechnet.

Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte und der Streithelfer beantragen, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat teilweise Erfolg.

Das Berufungsgericht hat angenommen, der von der Klägerin in Beschlag genommene Anspruch der VEMA auf Auszahlung der Guthabenforderungen von 425 321,84 DM sei in voller Höhe durch Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen erloschen (§ 389 BGB), die der Streithelfer an die Beklagte abgetreten habe. § 392 BGB stehe der Aufrechnung nicht entgegen.

I. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der Streithelfer der Beklagten einen Anspruch auf Ersatz des Mietausfallschadens erworben hat.

Da das Berufungsgericht unbeanstandet von der Revision festgestellt hat, der Streithelfer habe das Mietverhältnis aufgrund der Erfüllungsverweigerung der VEMA fristlos gekündigt, ist Anspruchsgrundlage für den Schadensersatzanspruch § 554 a BGB (vgl. Senatsurteil vom 6. Februar 1974 – VIII ZR 239/72 = WM 1974, 345, 346; Gelhaar in BGB-RGRK, 12. Aufl. § 554 a Rdn. 8).

Wie das Berufungsgericht richtig angenommen hat, konnte die VEMA nicht ihrerseits durch eine fristlose Kündigung den Mietvertrag auflösen und dadurch einen Schadensersatzanspruch des Streithelfers abwenden. Der eigene Vermögensverfall gab der VEMA auch unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage kein Kündigungsrecht. Der Senat hat wiederholt ausgeführt, daß Umstände, die in den Risikobereich des einen der Vertragschließenden fallen, von diesem grundsätzlich nicht zur Berufung auf § 242 BGB benutzt werden können, weil dies zu einer unzulässigen Beseitigung der im Vertrage liegenden Risikoverteilung führen würde. Die Verwirklichung der Erwartung, auf einem zu gewerblichen Zwecken gemieteten Grundstück Gewinne zu erzielen und nicht in Verlust zu geraten, gehört aber zum typischen Mieterrisiko (Senatsurteile vom 20. Mai 1970 – VIII ZR 197/68 = WM 1970, 907; vom 9. Dezember 1970 – VIII ZR 9/69 = LM BGB § 133 (C) Nr. 32 = WM 1971, 243, 244; vom 22. Mai 1978 – VIII ZR 188/77 = WM 1978, 1008). Dafür, daß die Mietvertragsparteien im vorliegenden Fall eine Risikobeteiligung des Streithelfers vereinbart hätten (vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 1978 aaO), liegen keine Anzeichen vor.

II. Ferner ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, die Beklagte habe die Schadensersatzforderung durch Abtretung vor der am 1. Juli und 10. November 1975 vorgenommenen Beschlagnahme der Guthabenforderung erworben.

1. Das Berufungsgericht hat dazu unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils ausgeführt, aufgrund der zwischen dem bevollmächtigten Anwalt des Streithelfers und der Beklagten gewechselten Fernschreiben ergebe sich, daß sich die Beklagte und der Streithelfer am 28. Mai 1975 über den Forderungsübergang geeinigt hätten. Die Beklagte habe zwar in ihrem Antwortschreiben lediglich von Mietzinsansprüchen gesprochen, die ihr bereits seit langem abgetreten worden seien. Dem Schreiben sei jedoch nicht zu entnehmen, daß die Beklagte das ihr gemachte Angebot auf Abtretung von Schadensersatzansprüchen in geringerem Umfang habe annehmen wollen, als es ihr angetragen worden sei. Das ergebe sich auch aufgrund des Umstandes, daß die Beklagte in der Folgezeit gegenüber der VEMA die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen erklärt habe. Zwar habe die Beklagte in den Aufrechnungsschreiben erklärt, daß sie „aufgrund abgetretener Mietzinsansprüche” aufrechne. Im Hinblick auf den Umstand, daß die Beklagte jedoch die Aufrechnung mit abgetretenen Forderungen in einer Höhe erklärt habe, die das 7 1/2-fache einer Monatsmiete überstiegen habe, sei erkennbar gewesen, daß die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen des künftigen Mietausfalls geltend gemacht habe.

Diese Auslegung ist nicht nur möglich und damit für das Revisionsgericht bindend; sie ist auch naheliegend. Rechtsfehler sind entgegen der Ansicht der Revision nicht ersichtlich.

2. Nicht erörtert hat das Berufungsgericht die Frage, ob und inwieweit der Schadensersatzanspruch vor der am 28. Mai 1975 vorgenommenen Abtretung durch eine Aufrechnung des Streithelfers gegenüber dem Anspruch der VEMA auf Rückzahlung der Mietkaution erloschen sein könnte. Ob der Streithelfer vor diesem Zeitpunkt eine Aufrechnungserklärung abgegeben hat, bedarf jedoch keiner weiteren Klärung. Eine vor diesem Termin abgegebene Aufrechnungserklärung war gegenstandslos, weil damals noch keine fällige Schadensersatzforderung bestand, mit der hätte aufgerechnet werden können. Gegenstandslos war auch eine etwa nach dem 28. Mai 1975 erklärte Aufrechnung, weil der Streithelfer infolge der Abtretung nicht mehr Inhaber der Schadensersatzforderung war. Aus diesem Grunde konnte auch eine vom Streithelfer nach dem 28. Mai 1975 erklärte „Verrechnung” des durch die Verwertung von Inventar und Waren erzielten Betrages von 270 000 DM nicht zum Erlöschen der bereits vorher an die Beklagte abgetretenen Schadensersatzforderung führen.

3. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, daß das Oberlandesgericht Frankfurt durch Urteil vom 4. Juli 1977 – 18 U 156/76 im Verhältnis zwischen ihr und dem Streithelfer rechtskräftig festgestellt hat, die Schadensersatzforderung sei in Höhe des geltend gemachten Anspruchs auf Rückzahlung der Mietkaution durch Verrechnung bzw. Aufrechnung erloschen (§ 322 Abs. 2 ZPO). Eine Rechtskrafterstreckung nach § 325 Abs. 1 ZPO auf die Beklagte hat nicht stattgefunden.

Es ist schon zweifelhaft, ob § 325 Abs. 1 ZPO Überhaupt auf Fälle der von § 322 Abs. 2 ZPO erfaßten Art anwendbar ist, weil hinsichtlich eines nur zur Aufrechnung gestellten, also verteidigungsweise geltend gemachten Anspruchs keine Rechtshängigkeit eintritt (BGHZ 57, 242; 60, 85, 87; Senatsurteile vom 20. Dezember 1972 – VIII ZR 113/71 = WM 1973, 174 und vom 15. Juni 1977 – VIII ZR 20/76 = LM ZPO § 599 Nr. 4), § 325 Abs. 1 ZPO aber die Rechtshängigkeit des abgetretenen Anspruchs voraussetzt. Es mag jedoch auf sich beruhen, ob im Rahmen des § 325 Abs. 1 ZPO die im Prozeß aufrechnungsweise geltend gemachte Forderung als rechtshängig anzusehen ist. Denn die Beklagte hatte den Schadensersatzanspruch schon erworben, bevor die Klägerin in jenem Rechtsstreit gegen den Streithelfer Klage erhob und dieser seine Aufrechnung mit der Schadensersatzforderung erklärte. Schon aus diesem Grunde muß sich die Beklagte die Rechtskraft des zwischen der Klägerin und dem Streithelfer ergangenen Urteils nicht entgegenhalten lassen.

III. Das Berufungsgericht meint, schon vor der am 1. Juli 1975 bewirkten ersten Pfändung habe die Beklagte mit Schreiben vom 28. Mai, 30. Mai und 3. Juni 1975 wirksam die Aufrechnung erklärt. Die Aufrechnung habe zum vollständigen Erlöschen des Auszahlungsanspruchs der VEMA geführt, da der Schaden des Streithelfers diesen bei weitem übersteige. Eine genaue Feststellung der Schadenshöhe sei daher nicht erforderlich.

Diese Ausführungen beanstandet die Revision zu Recht.

1. Das Berufungsgericht hat übersehen, daß der durch Mietausfall geschädigte Vermieter nach §§ 249, 251 BGB nur so zu stellen ist, wie er stünde, wenn die Vertragsverletzung nicht eingetreten, also der Vertrag fortgeführt worden wäre. Dann hätte er die fortlaufenden Mietzinsraten erhalten. Der Anspruch auf Ersatz des Mietausfalls mag zwar bereits im Zeitpunkt der Kündigung entstanden sein, fällig jedenfalls wird er aber erst sukzessiv in den Zeitpunkten, in denen die jeweiligen Mietzinsraten fällig würden; der Gläubiger kann nur verlangen, daß der Verpflichtete den der Vertragsleistung entsprechenden Betrag an dem Tage zahlt, der dem Fälligkeitstermin entsprechen würde (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 1963 – VIII ZR 100/63 = LM BGB § 249 (Ha) Nr. 20 = MDR 1964, 319). Die Ansicht des Berufungsgerichts, der Schadensersatzanspruch sei auch hinsichtlich des künftigen Mietausfalls bereits zum Zeitpunkt der Vertragsverletzung fällig geworden, würde dazu führen, daß ein schadensersatzberechtigter Vermieter besser stünde als derjenige, dem ein vertraglicher Erfüllungsanspruch zusteht. Während jener die Aufrechnung mit einer auch den künftigen Mietausfall umfassenden Schadensersatzforderung gegenüber einem fälligen Gegenanspruch des Mieters in voller Höhe erklären könnte, wäre dies dem Gläubiger des Vertragsanspruchs nicht möglich; er müßte den fälligen Anspruch des Mieters sofort befriedigen, soweit ihm nicht Ansprüche auf rückständigen (fälligen) Mietzins zur Aufrechnung zur Verfügung stehen.

2. Da eine Schadensersatzforderung noch nicht fällig war, als die Beklagte die Aufrechnung mit Schreiben vom 28. Mai und 30. Mai 1975 erklärte, blieben diese Aufrechnungserklärungen wirkungslos (§ 387 BGB). Dies stand jedoch einer Wiederholung der Aufrechnungserklärung nach Eintritt der Fälligkeit nicht entgegen. Eine neuerliche Erklärung der Aufrechnung ist darin zu sehen, daß die Beklagte sich im Rechtsstreit auf die Aufrechnung und darauf berufen hat, hierwegen die Leistung endgültig verweigern zu können (§ 133 BGB). In dem hier gegebenen Fall des § 392 BGB kann die Aufrechnung auch gegenüber dem Pfändungsgläubiger, dem die Forderung überwiesen worden ist, erklärt werden (vgl. RGZ 136, 326). Es kann daher dahinstehen, ob das Aufrechnungsschreiben der Beklagten vom 3. Juni 1975 der VEMA zugegangen ist.

3. Soweit die Klägerin den am 1. Juli 1975 beschlagnahmten Teil der Guthabenforderung in Höhe von 200 000 DM geltend macht, muß sie sich die Aufrechnung mit einer Schadensersatzforderung wegen des Mietausfalls im Juni 1975 in Höhe von 61 161 DM entgegenhalten lassen; § 392 BGB steht insoweit der Aufrechnung der Beklagten nicht entgegen. Denn die Beklagte hat die gesamte Schadensersatzforderung wegen des – künftig fällig werdenden – Mietausfalls bereits am 28. Mai 1975 erworben. Die Forderung ist hinsichtlich des im Juni 1975 eingetretenen Mietausfalls vor der Beschlagnahme fällig geworden. Bis zum 10. November 1975, dem Tag der Beschlagnahme des restlichen Teils der Guthabenforderung ist ein weiterer Mietausfallschaden in Höhe von insgesamt 172 605 DM (61 161 DM für den Monat Juli und die Ausfallbeträge für August bis November = 4 × 27 861 DM (61 161 DM – 33 300 DM von der Firma Co-op zu zahlende Miete) = 111 444 DM) angefallen; diesen Betrag konnte die Beklagte mithin wirksam gegenüber der restlichen, erst am 10. November 1975 gepfändeten Guthabenforderung von 225 321,84 DM zur Aufrechnung stellen.

Die Ansprüche auf Ersatz des auf die Zeit ab Dezember 1975 entfallenden Mietausfallschadens sind dagegen erst nach der am 10. November 1975 erfolgten Pfändung fällig geworden. Insoweit steht § 392 BGB der Aufrechnung entgegen.

IV. Insgesamt kann die Klägerin daher von der Beklagten die Auszahlung eines Betrages von 191 555,84 DM (425 321,84 DM – 233 766 DM) verlangen.

Zinsen von diesem Betrag stehen der Klägerin allerdings nur in Höhe von 9 % ab Rechtshängigkeit zu.

1. Verzugszinsen seit dem 15. Juli 1975 kann sie nicht verlangen, weil nicht dargetan ist, daß sich die Beklagte seit dieser Zeit in Verzug befindet. Eine Mahnung (vgl. Stein/Jonas/Pohle, ZPO, 19. Aufl. § 835 Anm. V 1) hat die Klägerin nicht behauptet. Die Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses allein bedeutet noch keine Leistungsaufforderung – auch wenn eine bereits fällige Forderung gepfändet worden ist – und daher auch keine Mahnung. Der Überweisungsbeschluß enthält nur den Hinweis nach § 829 ZPO, daß der Drittschuldner nicht mehr an den Schuldner zahlen darf, sondern die gepfändeten Beträge an den Gläubiger auszuzahlen hat.

2. Nach § 291 Satz 1 BGB kann die Klägerin daher Zinsen erst ab 23. Dezember 1975, dem Tage der Zustellung der Klage, verlangen.

In dem Hinweis der Klägerin auf eigene Zinsen in Höhe von 9 % lag im Hinblick auf den Umstand, daß sie als Finanzierungsinstitut der R.-Unternehmen auftritt, das Vorbringen, daß sie bei rechtzeitiger Auszahlung des gepfändeten Guthabens entweder Anlagezinsen in Höhe von 9 % erzielt oder einen Bankkredit in Höhe der Klageforderung, für den während der gesamten Zeit mindestens 9 % Zinsen zu zahlen gewesen seien, abgetragen hätte. Diesem Vorbringen hat die Beklagte nicht substantiiert widersprochen (vgl. Senatsurteil vom 17. Januar 1979 – VIII ZR 304/77 = WM 1979, 231 m.w.Nachw.).

V. Da weitere Feststellungen in dieser Sache nicht zu treffen sind, konnte der Senat selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Auf die Rechtsmittel der Klägerin waren daher das Berufungsurteil teilweise aufzuheben und das Urteil des Landgerichts teilweise abzuändern, weil der Anspruch der Klägerin in Höhe eines Betrages von 191 555,84 DM nebst 9 % Zinsen seit dem 23. Dezember 1975 begründet ist. In Höhe eines Betrages von 233 766 DM bleibt es dagegen bei der Abweisung der Klage.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, diejenige über die Kosten der Streithilfe folgt aus § 101 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Braxmaier, Claßen, Wolf, Merz, Treier

 

Fundstellen

Haufe-Index 950567

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