Leitsatz (amtlich)

a) Nach Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 kann eine Vereinigung von Sortenschutzinhabern die Rechte der Sortenschutzinhaber im Wege der gewillkürten Prozess-Standschaft, also im eigenen Namen, geltend machen (Ergänzung zu EuGH, Urt. v. 11.3.2004 - Rs. C-182/01 - Saatgut-Treuhandverwaltungsgesellschaft mbH/Jäger).

b) In der Ermächtigung, die Sortenschutzinhaber einer von ihnen gebildeten Vereinigung zur kollektiven Geltendmachung der Nachbauvergütung erteilen, liegt kein Verstoß gegen das Kartellverbot des § 1 GWB.

 

Normenkette

GWB § 1; SortG § 10a Abs. 3-4; EGV 2100/94 (GSortV) Art. 14 Abs. 3; EGV 1768/95 (NachbauVO) Art. 3 Abs. 1-2, Art. 5

 

Verfahrensgang

OLG Celle (Urteil vom 05.12.2002)

LG Hannover

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des Kartellsenats des OLG Celle v. 5.12.2002 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Beklagte ist Landwirt. Er verwandte in der Vegetationsperiode 1997/98 aus eigener Ernte stammendes Saatgut sortengeschützter Pflanzen für eine neue Aussaat (Nachbau). Ein solcher Nachbau ist zulässig, aber vergütungspflichtig, und zwar bei Sorten, die nach der Gemeinschaftssortenschutzverordnung (GSortV) geschützt sind, seit 1994, bei Sorten, die nach dem Sortenschutzgesetz (SortG) geschützt sind, seit 1997.

Die klagende GmbH ist eine Vereinigung von Sortenschutzinhabern, die u. a. mit der Wahrnehmung der Sortenschutzrechte - auch soweit sie vom Beklagten genutzt worden sind - beauftragt ist. Sie soll diese Rechte im eigenen Namen geltend machen. Die Sortenschutzinhaber, deren Rechte sie wahrnimmt, sind entweder selbst Gesellschafter oder Mitglieder des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter, der seinerseits Gesellschafter ist.

Um für die Berechnung der angemessenen Vergütung, die die Landwirte den Sortenschutzinhabern für den Nachbau schulden, eine Grundlage zu bieten, schlossen der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter und der Deutsche Bauernverband im Jahre 1996 ein Kooperationsabkommen. Danach sind für einen Nachbau als Entgelt 80 % der so genannten Z-Lizenz zu zahlen. Die Z-Lizenz ist die Lizenzgebühr, die ein Lizenznehmer üblicherweise im Rahmen der Herstellung von Saatgut einer geschützten Sorte zahlt.

Auf der Grundlage dieses Abkommens unterzeichneten 96 % aller den Nachbau betreibenden Landwirte eine Nachbauvereinbarung. Auch der Beklagte schloss solche Vereinbarungen mit den betreffenden, durch die Klägerin vertretenen Sortenschutzinhabern der von ihm nachgebauten Sorten. Mit dem Vordruck über die Nachbauerklärung für den Anbau zur Ernte 1997/98 hatte die Klägerin dem Beklagten einen "Ratgeber zur Nachbauerklärung" übersandt. Darin heißt es u. a.:

Verzichten Sie auf die Vorzüge des Kooperationsabkommens, so werden Sie für Ihren gesamten Betrieb ausschließlich nach den gesetzlichen Vorgaben des Sortenschutzgesetzes (SortG) sowie der EG-Verordnung über den gemeinschaftlichen Sortenschutz veranlagt. ...

Entscheiden Sie sich für die Veranlagung nach den gesetzlichen Regelungen, haben Sie zusätzliche Angaben betreffend Ihrer Aufbereitung zu machen. Zu veranlagende Nachbaugebühren sind in ihrer Höhe unabhängig von Ihrem betriebsspezifischen Saat- und Pflanzgutwechsel. Sie betragen 80 % der Z-Lizenzgebühr. Die Veranlagung nach den gesetzlichen Regelungen sieht selbst bei einem hohen Saat- und Pflanzgutwechsel keine Rabattausschüttung vor.

Mit der Klage macht die Klägerin gegen den Beklagten einen Zahlungsanspruch i. H. v. 347,16 EUR zzgl. Zinsen geltend, der sich aus den Nachbauvergütungen für die in Rede stehende Vegetationsperiode errechnet. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat die Ansicht vertreten, in der gebündelten Geltendmachung der Nachbaurechte durch die Klägerin liege ein verbotenes Kartell. Außerdem hat der Beklagte seine Zustimmung zu den Nachbauvereinbarungen wegen arglistiger Täuschung angefochten.

Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen; es hat die zu Gunsten der Klägerin erklärten Ermächtigungen der Sortenschutzinhaber wegen eines Verstoßes gegen das Kartellverbot als unwirksam angesehen. Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben (OLG Celle v. 5.12.2002 - 13 U 69/02 (Kart), OLGReport Celle 2003, 89).

Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat in der gebündelten Geltendmachung der Nachbaurechte durch die Klägerin kein Kartell nach § 1 GWB gesehen. Auch eine arglistige Täuschung des Beklagten durch die Klägerin hat das Berufungsgericht ausgeschlossen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die Klägerin sei befugt, die Rechte der Sortenschutzinhaber im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen. Die ihr erteilten Ermächtigungen seien wirksam. Ein Verstoß gegen das Kartellverbot liege nicht vor, weil es an einer spürbaren Beeinflussung des Wettbewerbs fehle. Maßgeblich sei der Markt für Saatgut aller Sorten, die ein Landwirt anbauen könne. Einen Markt für Nachbaurechte gebe es nicht, weil ein Handel mit Nachbaurechten nicht möglich sei. Alternative zum Nachbau sei stets die Aussaat neuen zertifizierten Saatguts. Die Konditionen, unter denen der Nachbau möglich sei, stelle ein Merkmal dieses Saatguts dar. Im Rahmen der Entscheidung über die konkrete Aussaat spiele jedoch die Höhe der Nachbauvergütung eine völlig untergeordnete Rolle. Durch eine Verringerung der Nachbauvergütung von 80 auf 60 % könne beispielsweise nur eine Verminderung der Anbaukosten um 0,3 % erreicht werden. Daher sei es ausgeschlossen, dass die Höhe der Nachbauvergütung die Entscheidung des Landwirts für die eine oder andere Sorte beeinflusse.

Die Klage sei auch begründet. Die rechnerische Richtigkeit des Klagebetrages stehe nicht im Streit. Die vom Beklagten erklärte Anfechtung der Nachbauvereinbarungen wegen arglistiger Täuschung greife nicht durch. Die fragliche Erläuterung im "Ratgeber zur Nachbauerklärung" besage nichts anderes, als dass der Beklagte bei einer Abrechnung nach der gesetzlichen Regelung 80 % der Z-Lizenzgebühr zahlen müsse. Diese Aussage sei zutreffend. Demgegenüber sei es von untergeordneter Bedeutung, ob ein bestimmter Preis gesetzlich fixiert sei oder nicht. Unter diesen Umständen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin bewusst unwahre Angaben über die Höhe der nach dem Gesetz geschuldeten Nachbauvergütung gemacht habe.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin grundsätzlich befugt ist, die Ansprüche der Sortenschutzinhaber im eigenen Namen, also in gewillkürter Prozessstandschaft, geltend zu machen.

a) Abgesehen von der kartellrechtlichen Wirksamkeit der Ermächtigung, die die Sortenschutzinhaber der Klägerin erteilt haben - dazu sogleich unter b) --, bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Klägerin im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft die Rechte von Sortenschutzinhabern geltend machen kann, die zu ihren Gesellschaftern zählen oder die Mitglied einer Vereinigung sind, die wiederum Gesellschafterin der Klägerin ist. Da die geltend gemachten Vergütungsansprüche Sortenschutzrechte betreffen, deren Schutz auf nationalem oder auf Gemeinschaftsrecht beruht, ist insofern zu unterscheiden:

aa) Unabhängig davon, ob die geltend gemachten Ansprüche auf einem nationalen oder auf einem Gemeinschaftssortenschutzrecht beruhen, bedarf es für die gewillkürte Prozessstandschaft neben der wirksamen Ermächtigung durch die Rechtsinhaber eines eigenen wirtschaftlichen Interesses der Klägerin an der Geltendmachung der fremden Rechte. Ein solches Interesse der Klägerin ist gegeben. Es ergibt sich daraus, dass sie die Ansprüche ihrer Gesellschafter sowie der Mitglieder des Bundesverbands Deutscher Pflanzenzüchter geltend macht, der ebenfalls ihr Gesellschafter ist (vgl. BGH v. 13.11.2001 - X ZR 134/00, BGHZ 149, 165 [167 f.] = MDR 2002, 471 = BGHReport 2002, 111 - Nachbau-Auskunftspflicht).

bb) Soweit die Klägerin Rechte geltend macht, die nach der Gemeinschaftssortenschutzverordnung geschützt sind, müssen darüber hinaus die Voraussetzungen erfüllt sein, die Art. 3 Abs. 2 S. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission v. 24.7.1995 über die Ausnahmeregelung gem. Art. 14 Abs. 3 GSortV (ABl. L 173v. 25.7.1995, S. 14, im Folgenden NachbauV) für die Geltendmachung der Nachbauvergütung aufstellt. Danach kann die Vergütung "von einzelnen Sortenschutzinhabern, von mehreren Sortenschutzinhabern oder von einer Vereinigung von Sortenschutzinhabern geltend gemacht werden, die auf gemeinschaftlicher, nationaler, regionaler oder lokaler Ebene niedergelassen ist". Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat in seinem Urt. v. 11.3.2004 auf Vorlage des OLG Düsseldorf in einem ebenfalls die Klägerin betreffenden Fall (EuGH, Urt. v. 11.3.2004 - Rs. C-182/01, Tz. 58 - Saatgut-Treuhandverwaltungsgesellschaft mbH/Jäger) zur Auslegung dieser Bestimmung entschieden, dass auch eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine Vereinigung von Sortenschutzinhabern sein und die Rechte von Sortenschutzinhabern geltend machen kann, wobei die Sortenschutzinhaber entweder selbst Mitglied der Vereinigung oder einer anderen Vereinigung sein müssen, die ihrerseits Mitglied der den Anspruch geltend machenden Vereinigung ist.

Der Umstand, dass die Klägerin die Rechte der Sortenschutzinhaber - wie stets im Falle der Prozessstandschaft - im eigenen Namen geltend macht, steht einer berechtigten Geltendmachung nach Art. 3 Abs. 2 S. 1 NachbauV nicht entgegen. Allerdings verweist der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in der angeführten Entscheidung in einer nicht tragenden Erwägung darauf, nach Art. 3 Abs. 2 S. 2 NachbauV könne eine Organisation von Sortenschutzinhabern nur im Namen ihrer Mitglieder, nicht jedoch im eigenen Namen oder im Namen von Sortenschutzinhabern tätig werden, die nicht zu ihren Mitgliedern gehörten (EuGH, Urt. v. 11.3.2004 - Rs. C-182/01, Tz. 57). Dieser Erwägung ist indessen nicht zu entnehmen, dass die Klägerin als Vereinigung i. S. v. Art. 3 Abs. 2 S. 1 NachbauV die Rechte ihrer Mitglieder nur in deren Namen geltend machen könnte. Dies ergibt sich unzweideutig aus dem Regelungszusammenhang der fraglichen Bestimmung.

Die vom Gerichtshof gewählte Formulierung geht auf die sprachlichen Fassungen von Art. 3 Abs. 2 S. 2 NachbauV zurück, die - wie die französische und die spanische - davon sprechen, die Vereinigung der Sortenschutzinhaber könne nur im Namen ihrer Mitglieder tätig werden. So heißt es in der französischen Fassung der fraglichen Bestimmung:

Toute organisation de titulaires ne peut agir qu'au nom de ses membres et uniquement au nom de ceux qui lui ont donné un mandat écrit pour ce faire.

Entsprechend lautet die spanische Fassung:

La organización de titulares sólo podrá actuar en nombre de sus miembros, y sólo en nombre de aquéllos que le hayan dado mandato por escrito para que lo haga.

Dagegen ist in anderssprachigen Fassungen derselben Bestimmung nicht davon die Rede, dass die Vereinigung im eigenen Namen handeln müsse. So heißt es in der deutschen Fassung:

Eine Organisation von Sortenschutzinhabern kann nur für diejenigen ihrer Mitglieder tätig werden, die sie dazu schriftlich bevollmächtigt haben.

Die englische Fassung enthält eine ähnliche Formulierung:

An organization of holders may act only for its members, and only for those thereof which have given the respective mandate in writing to the organization.

Besonders deutlich ist die italienische Fassung, die davon spricht, die Vereinigung könne "nur für Rechnung ihrer Mitglieder" tätig werden:

Un'organizzazione di titolari può agire soltanto per conto dei suoi membri, e solo per quelli fra essi che le abbiano conferito per iscritto il rispettivo mandato.

Auch im Übrigen ergibt sich - soweit ersichtlich - kein einheitliches Bild: Während die niederländische und die portugiesische Fassung ähnlich wie die Fassungen in französischer und spanischer Sprache auf ein Handeln namens oder im Namen der Mitglieder abzustellen scheinen, finden sich in den Fassungen in dänischer und schwedischer Sprache Formulierungen, die offenbar den Fassungen in deutscher und englischer Sprache entsprechen.

Trotz dieser unterschiedlichen Formulierungen lässt sich dem Regelungszusammenhang unzweideutig entnehmen, dass Vereinigungen von Sortenschutzinhabern, die die Rechte ihrer Mitglieder geltend machen, dies im eigenen Namen, aber eben auf fremde Rechnung tun können. Aus Art. 3 Abs. 1 S. 1 NachbauV ergibt sich, dass der Vergütungsanspruch des Sortenschutzinhabers nicht ohne weiteres abtretbar ist. Wenn Art. 3 Abs. 2 S. 1 NachbauV sodann bestimmt, dass der Vergütungsanspruch nicht nur von einzelnen Sortenschutzinhabern oder von mehreren Sortenschutzinhabern gemeinsam, sondern auch von einer Vereinigung von Sortenschutzinhabern geltend gemacht werden kann, bedeutet dies, dass eine solche Vereinigung nicht selbst als Träger des Rechts auftreten, sondern nur das (fremde) Recht des Sortenschutzinhabers geltend machen darf. Eine solche Geltendmachung eines fremden Rechts kann im deutschen Recht - nach dem sich, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Ausübung der sich aus Art. 14 Abs. 3 GSortV, Art. 5 NachbauV ergebenden Rechte deutscher Sortenschutzinhaber richtet (vgl. Art. 1 Abs. 3 NachbauV) - nur im Wege der Prozess-Standschaft, also im eigenen Namen der Vereinigung, erfolgen (vgl. Keukenschrijver, Sortenschutzgesetz, § 10a Rz. 38). Würde eine Vereinigung im Namen eines Sortenschutzinhabers tätig, würde nicht sie, sondern der vertretene Sortenschutzinhaber den Anspruch geltend machen. Der dritten Variante des Art. 3 Abs. 2 S. 1 NachbauV käme dann keine Bedeutung zu; denn es ist eine Selbstverständlichkeit, dass sich die Sortenschutzinhaber im Rahmen der Geltendmachung ihrer Ansprüche von Dritten vertreten lassen können. Im Übrigen hätte der Verordnungsgeber - wäre es nur um eine solche Vertretung der Sortenschutzinhaber bei der (eigenen) Geltendmachung ihrer Ansprüche gegangen - nicht die Formulierung gewählt, wonach "die genannten Rechte ... von einer Vereinigung von Sortenschutzinhabern geltend gemacht werden (können)".

Dass der Gerichtshof trotz der oben wiedergegebenen missverständlichen Formulierung im Urt. v. 11.3.2004 (EuGH, Urt. v. 11.3.2004 - Rs. C-182/01, Tz. 57) eine Geltendmachung der Rechte im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft nicht ausschließen wollte, zeigen schließlich auch die Antworten, die er auf die Vorlagefragen des OLG Düsseldorf gegeben hat. Aus dem in der Entscheidung mitgeteilten Sachverhalt ergibt sich, dass die (mit der Klägerin des vorliegenden Verfahrens identische) Klägerin des Ausgangsverfahrens die Rechte von mehr als sechzig Sortenschutzinhabern im eigenen Namen geltend gemacht hat (EuGH, Urt. v. 11.3.2004 - Rs. C-182/01, Tz. 19). Gleichwohl hat dieser Umstand den Gerichtshof nicht dazu veranlasst, auf Zweifel an der Berechtigung zur Geltendmachung der Ansprüche hinzuweisen. Aus diesem Grunde sieht der Senat auch keine Veranlassung, die Frage, ob die Klägerin die in Rede stehenden Rechte im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend machen kann, zum Gegenstand eines weiteren Vorabentscheidungsersuchens zu machen.

b) Im Ergebnis mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die von den Inhabern des Sortenschutzrechts ausgesprochene Ermächtigung der Klägerin nicht gegen das Kartellverbot verstößt.

aa) Allerdings liegt darin, dass die Züchterbetriebe die Klägerin mit dem Abschluss von Nachbauvereinbarungen und mit der Geltendmachung der Ansprüche auf die Nachbauvergütung beauftragt haben, ein abgestimmtes Verhalten, das grundsätzlich unter § 1 GWB fällt.

Zwar liegt den Ermächtigungen, die die einzelnen Züchterbetriebe zu Gunsten der Klägerin ausgesprochen haben, ein Austauschvertrag zu Grunde, in dem die Züchter die Klägerin mit der Wahrnehmung ihrer Nachbaurechte beauftragt haben. Beauftragen aber Wettbewerber - untereinander abgestimmt und inhaltsgleich - ein Unternehmen damit, die von ihnen angebotenen Waren oder Leistungen im Markt anzubieten, liegt darin eine weit reichende Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens, die zumindest unter dem Gesichtspunkt des abgestimmten Verhaltens unter § 1 GWB fällt (vgl. BGH v. 12.11.2002 - KZR 11/01, BGHZ 152, 347 [351] = BGHReport 2003, 753 - Ausrüstungsgegenstände für Feuerlöschzüge; ferner Zimmer in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 1 Rz. 186 ff.; Bechtold, GWB, 3. Aufl., § 1 Rz. 25; Bunte in Langen/Bunte, Kartellrecht, 9. Aufl., § 1 GWB Rz. 47). Ob bei einer solchen sternförmigen, eine horizontale Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens bewirkenden Vertragskonstellation eine darüber hinausgehende Abstimmung der einzelnen Vertragspartner untereinander erforderlich ist und ob ggf. schon auf Grund der Gleichförmigkeit der Sternverträge auf eine solche Abstimmung geschlossen werden kann, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn es ist gerade die Aufgabe der Klägerin, für ihre Gesellschafter, also für die einzelnen Züchterbetriebe, deren Nachbaurechte zu koordinieren und ggü. Dritten wahrzunehmen. Ihre Tätigkeit stellt sich daher stets als ein abgestimmtes Verhalten der Züchterbetriebe dar.

bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts besteht auch an der Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung kein Zweifel.

(1) Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass ein gesonderter Markt für Nachbaurechte nicht besteht. Denn Nachbaurechte können nicht gehandelt werden. Der Landwirt ist bei der Auswahl des Saatguts, das er für einen Nachbau verwenden möchte, auf die Sorten beschränkt, die er selbst angebaut und von denen er selbst Vermehrungsmaterial erzeugt hat. Fremdes Vermehrungsmaterial darf er keinesfalls für seinen Nachbau verwenden (§ 10a Abs. 2 S. 1 SortG; Art. 14 Abs. 1 GSortV). Da für den Landwirt bei der Entscheidung darüber, mit welcher Pflanzensorte er Nachbau betreibt, allenfalls geringe Wahlmöglichkeiten bestehen, ist es nicht rechtsfehlerhaft, dass das Berufungsgericht Auswirkungen der Wettbewerbsbeschränkung allein auf dem (vorgelagerten) Saatgutmarkt erwogen hat. Bei dem Erwerb des zertifizierten Saatguts stellt es einen Faktor für die Auswahl dar, unter welchen Bedingungen das jeweilige Produkt für den Nachbau eingesetzt werden kann.

(2) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht für diesen Markt eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung verneint. Die Einschaltung der Klägerin führt dazu, dass die Züchterbetriebe im Wesentlichen dieselben Nachbauvergütungen verlangen. Dass die Klägerin in nennenswertem Umfang für Züchterbetriebe nur das Inkasso individuell vereinbarter Nachbauvergütungen übernommen hätte, ist nicht ersichtlich. Für den einzelnen Züchterbetrieb stellt es auch keine vernünftige Alternative dar, mit einzelnen Landwirten Individualvereinbarungen zu treffen, um sodann die Vergütung selbst oder über die Klägerin einzutreiben. Dementsprechend ist auch der Beklagte mit seinem Versuch, mit einzelnen Züchterbetrieben individuelle Vereinbarungen zu schließen, gescheitert. Vielmehr wurde er von den Züchterbetrieben durchweg an die Klägerin verwiesen.

Die Höhe der Nachbauvergütung stellt für den Landwirt, der die eigene Ernte teilweise zum Nachbau verwendet, schon beim Erwerb des Saatguts einen Kostenfaktor dar. Er wird darauf achten, dass nicht nur der Kaufpreis für das Saatgut günstig ist, sondern dass er ein Saatgut erwirbt, das auch zu möglichst günstigen Bedingungen nachgebaut werden kann. Die Höhe der Nachbauvergütung ist daher ein Bemessungsfaktor für den Preis, den der am Nachbau interessierte Landwirt insgesamt für das Saatgut einer bestimmten Sorte aufwenden muss. Ein abgestimmtes Verhalten sämtlicher Anbieter, das insofern zu einer einheitlichen Preisgestaltung führt, bewirkt stets eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung. Im Übrigen ließe sich - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - das Fehlen der Spürbarkeit nicht damit begründen, dass sich die Kosten, die ein Landwirt insgesamt für die Herstellung des von ihm angebotenen Produkts aufwenden muss, durch das abgestimmte Verhalten nur ganz geringfügig - im Beispiel des Berufungsgerichts um 0,3 % - erhöhen. Ist mit dem Berufungsgericht auf den Markt für zertifiziertes Saatgut abzustellen, müssen die Auswirkungen der Wettbewerbsbeschränkung auf diesem Markt geprüft werden. Es geht nicht an, die Wettbewerbsbeschränkung auf diesem Markt mit der Begründung zu verneinen, sie habe auf einen anderen Markt - nämlich den Markt für das von den Landwirten hergestellte Endprodukt - keine nennenswerten Auswirkungen. In dem vom Berufungsgericht herangezogenen Rechenbeispiel erhöhen sich die Kosten, die ein Landwirt für das Saatgut einer bestimmten Sorte aufzuwenden hat, immerhin um knapp 3 %, wenn die Nachbaugebühr nicht 60, sondern 80 % der Z-Lizenzsätze beträgt.

cc) Das Kartell, das darin zu sehen ist, dass die auf einem Nachbau beruhenden Vergütungsansprüche sämtlicher Züchterbetriebe in einer Hand gebündelt und dort einheitlich bemessen und geltend gemacht werden, ist jedoch durch die gesetzliche Regelung in § 10a SortG und in Art. 14 GSortV, Art. 3 und 5 NachbauV gerechtfertigt. Diese gesetzlichen Regelungen enthalten Spezialregelungen, die insofern zu einer Einschränkung der Anwendbarkeit von § 1 GWB führen.

Indem das Sortenschutzgesetz und die Gemeinschaftssortenschutzverordnung dem Sortenschutzinhaber kein ausschließliches Recht hinsichtlich des Nachbaus, sondern lediglich einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung (gesetzliche Lizenz) einräumen, haben sie eine Gestaltung gewählt, die eine kollektive Wahrnehmung der Ansprüche nahe legt. Denn von dem Nachbaurecht wird von einer großen Zahl von Landwirten Gebrauch gemacht. Dem einzelnen Züchterbetrieb wäre es kaum möglich, individuelle Vereinbarungen mit den einzelnen Landwirten zu treffen. Soweit keine Vereinbarungen getroffen worden sind, müssten die Züchter eigene Ermittlungen anstellen, um den Vergütungsanspruch auch ggü. vertragsungebundenen Nachbaubetrieben geltend machen zu können.

Im Urheberrecht, in dem das Recht des Urhebers hinsichtlich einer Reihe von Nutzungen auf einen Anspruch auf angemessene Vergütung reduziert ist, werden derartige Ansprüche durchweg kollektiv wahrgenommen. Das Gesetz sieht in diesen Fällen sogar vielfach vor, dass die Ansprüche nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden können (z. B. §§ 26 Abs. 5, 49 Abs. 1 S. 3, 54h Abs. 1 UrhG). Die Geltendmachung durch eine Verwertungsgesellschaft führt notgedrungen dazu, dass ein Wettbewerb hinsichtlich dieser Nutzungsrechte nicht stattfindet. Vielmehr sieht das Gesetz vor, dass die Verwertungsgesellschaften hinsichtlich der von ihnen wahrgenommenen Rechte Tarife aufstellen müssen (§ 13 UrhWG). Dies führt dazu, dass die angemessene Vergütung stets auf dieselbe Weise berechnet wird. Werden Gesamtverträge zwischen Verwertungsgesellschaften und Nutzervereinigungen abgeschlossen, gelten die dort vereinbarten Vergütungssätze als Tarif (§§ 12, 13 Abs. 1 S. 2 UrhWG).

Allerdings gehen die Ausnahmeregelungen des § 10a Abs. 4 SortG und der Art. 3 und 5 NachbauV deutlich weniger weit als die das Urheberrecht betreffende Bereichsausnahme des § 30 GWB. Die Vorschrift des § 10a Abs. 4 SortG lässt ihrem Wortlaut nach Gesamtverträge zwischen den Berufsvereinigungen zu, ohne gleichzeitig auch eine kollektive Geltendmachung der Ansprüche von dem Kartellverbot auszunehmen. Hinsichtlich der Ansprüche, die auf Gemeinschaftssortenschutzrechten beruhen, setzt auch Art. 5 Abs. 4 NachbauV das Vorhandensein derartiger Gesamtverträge zwischen Vereinigungen von Sortenschutzinhabern und von Landwirten voraus; Art. 3 Abs. 2 NachbauV sieht darüber hinaus auch die Möglichkeit einer kollektiven Wahrnehmung der Ansprüche vor. Diese gesetzlichen Regelungen zeigen, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber die Möglichkeit individueller Vereinbarungen zwischen Sortenschutzinhabern und Landwirten zwar nicht ausschließen, im Interesse einer vereinfachten Geltendmachung der Ansprüche aber auch gesamtvertragliche Vereinbarungen sowie eine kollektive Geltendmachung der Ansprüche zulassen wollte. Denn die Rahmenverträge, die § 10a Abs. 4 S. 1 SortG als eine den § 1 GWB insofern ausschließende Spezialregelung gestattet (so ausdrücklich die Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucks. 13/7038, 14; vgl. ferner Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Sortenschutz, 1999, Bd. 1, Rz. 363; Keukenschrijver, Sortenschutzgesetz, § 10a Rz. 28) und deren Existenz Art. 5 Abs. 4 NachbauV voraussetzt, zielen auf einheitliche wie ein Tarif wirkende Vergütungssätze ab. Auch wenn die einzelnen Züchter und die einzelnen Landwirte an die in einem solchen Rahmenvertrag vorgesehenen Vergütungssätze nicht gebunden sind, werden diese Sätze doch in aller Regel die maßgebliche Grundlage für die Berechnung der Vergütungsansprüche darstellen. Dies zeigt, dass die gesetzliche Regelung einheitliche Vergütungssätze wenn nicht anstrebt, so doch in Kauf nimmt. Von einer ausdrücklichen Bereichsausnahme hat der deutsche Gesetzgeber - wie sich der Begründung des Regierungsentwurfs zur Änderung des Sortenschutzgesetzes entnehmen lässt - nur deshalb abgesehen, weil dadurch der unerwünschte Eindruck entstanden wäre, dass das Wettbewerbsrecht insgesamt keine Anwendung im Bereich des Sortenschutzes fände (BT-Drucks. 13/7038, 14). Unter diesen Umständen kann in der gebündelten Geltendmachung der Vergütungsansprüche der Züchterbetriebe durch die Klägerin kein Verstoß gegen das Kartellverbot gesehen werden.

2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, dass die zwischen den Parteien geschlossene Nachbauvereinbarung trotz der erfolgten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht unwirksam ist.

a) Aus Rechtsgründen ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht eine arglistige Täuschung des Beklagten durch die Klägerin verneint hat.

aa) Mit Recht weist das Berufungsgericht darauf hin, dass in dem "Ratgeber zur Nachbauerklärung" die gesetzliche Festlegung des Vergütungssatzes auf 80 % nicht ausdrücklich behauptet wird. Zwar kann der Satz, wonach "die Nachbaugebühren 80 % der Z-Lizenzgebühr" betrage, so aufgefasst werden. Es ist aber auch das Verständnis möglich, dass im Rahmen der gesetzlichen Regelung von einem Vergütungssatz von 80 % auszugehen sei.

bb) Entgegen der Ansicht der Revision lassen sich aus dem Umstand, dass in diesem Zusammenhang von einer "Gebühr" statt von einer "Vergütung" oder einem "Entgelt" die Rede ist, keine Rückschlüsse auf eine Arglist der Klägerin ziehen. Es ist üblich, von Lizenzgebühren zu sprechen, obwohl es sich auch dort nicht um öffentlich-rechtliche Gebühren, sondern um zivilrechtliche Vergütungen handelt. Auch in der juristischen Terminologie wird nicht stets klar zwischen öffentlich-rechtlichen Gebühren und zivilrechtlichen Vergütungen unterschieden.

cc) Ebenfalls mit Recht weist das Berufungsgericht darauf hin, die Klägerin habe zum damaligen Zeitpunkt davon ausgehen können, dass die Landwirte bei einer Abrechnung nach der gesetzlichen Regelung keinen niedrigeren als den Vergütungssatz von 80 % zu zahlen gehabt hätten. Wird eine angemessene Vergütung geschuldet, gilt im Allgemeinen die vereinbarte Vergütung als angemessen. In Ermangelung einer Einigung zwischen den Vertragsparteien kommt dem Vergütungssatz in einer Rahmenvereinbarung großes Gewicht zu. Hier sieht das Gesetz ausdrücklich vor, dass die Höhe der Vergütung in einer solchen Rahmenvereinbarung zwischen den berufsständischen Vereinigungen festgelegt werden kann (§ 10a Abs. 4 S. 1 SortG). Dies ist im Streitfall geschehen. Die 80 % entsprechen genau dem Wert, den der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter und der Deutsche Bauernverband als angemessene Vergütung bestimmt haben. Für die Klägerin selbst stand fest, dass der Vergütungssatz bei einer Abrechnung nach dem Gesetz auf keinen Fall den Satz unterschreiten durfte, der bei einer Abrechnung nach dem Kooperationsabkommen zu zahlen war. Denn die Landwirte, die sich zur Unterzeichnung einer Vereinbarung bereiterklärt hatten, durften nicht schlechter gestellt werden als die Landwirte, die auf einer Abrechnung nach der gesetzlichen Regelung bestanden hatten.

b) Im Hinblick darauf, dass die Rahmenvereinbarung zwischen den berufsständischen Vereinigungen einen Vergütungssatz von 80 % der Z-Lizenzsätze vorsah, wäre eine Kausalität zwischen einer unterstellten Täuschung und der Vertragsunterzeichnung zweifelhaft. Die o. a. Erwägungen machen deutlich, dass für den Beklagten aus damaliger Sicht keine realistische Chance bestand, im Rahmen einer Abrechnung nach der gesetzlichen Regelung einen Vergütungssatz von unter 80 % erzielen zu können. Unter diesen Umständen spricht wenig dafür, dass sich der Beklagte von der Unterzeichnung der Vereinbarung hätte abhalten lassen, wenn ihm klar gewesen wäre, dass das Gesetz die Höhe der Vergütung nicht selbst festschreibt.

3. Soweit die Revision die Berechnung der Vergütungshöhe als undurchschaubar rügt, zeigt sie nicht auf, dass der Beklagte in den Vorinstanzen die vorgelegte Berechnung der Vergütung als nicht nachvollziehbar beanstandet hätte.

III. Danach ist die Revision des Beklagten mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1167228

BGHR 2004, 1259

GRUR 2004, 763

EuZW 2004, 537

WRP 2004, 1053

AuUR 2005, 222

Mitt. 2004, 366

WuW 2004, 783

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