Leitsatz (amtlich)

a) Eine Kirchen- oder Religionsgemeinschaft (hier: jüdische Gemeinde) kann vor den staatlichen Gerichten ein Mitglied auf Unterlassung in Anspruch nehmen, auch wenn dazu innergemeinschaftliche Vorfragen (hier: zur Vertretung der Gemeinde) eine Rolle spielen.

b) Ist die Vorfrage durch ein Schiedsgericht der Kirche oder Religionsgemeinschaft entschieden (hier durch Einsetzung eines kommissarischen Vorstandes), so sind die staatlichen Gerichte daran grundsätzlich gebunden.

 

Normenkette

GG Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 92, 140 i.V.m. WRV Art. 137 Abs. 3; BGB § 1004

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale)

OLG Naumburg

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14. Dezember 1998 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine jüdische Religionsgemeinschaft mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Im Dezember 1996 wurde der Beklagte in deren Vorstand gewählt und von diesem zum Vorsitzenden bestimmt. Diese Wahl wurde von dem früheren, im Oktober 1995 gewählten Vorstand und dessen Vorsitzenden nicht anerkannt. Es kam zu Streitigkeiten darüber, wer die Klägerin rechtswirksam vertrete. Das von beiden Vorsitzenden als Repräsentanten der streitenden Gruppen jeweils namens der Klägerin angerufene Schiedsgericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland erklärte mit Schiedsurteil vom 17. April 1997 beide Wahlen für ungültig und übertrug die Geschäftsführung kommissarisch einer von dem Präsidium des Zentralrats der Juden in Deutschland zu benennenden Person mit der Aufgabe, nach Vorlage eines Berichts des Landesrechnungshofs Neuwahlen durchführen zu lassen.

Zwischen dem kommissarisch eingesetzten Vorsitzenden und dem Beklagten kam es in der Folge zu Auseinandersetzungen um die Führung der Klägerin. Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zur Unterlassung folgender Handlungen zu verurteilen:

  1. die Räume der Klägerin zu betreten,
  2. die Geschäftsführung des kommissarischen Geschäftsführers zu behindern, insbesondere diesem den Zutritt zu den Verwaltungsräumen zu verwehren,
  3. Einfluß auf die Verwaltungstätigkeit der Klägerin zu nehmen, insbesondere deren Angestellten organisatorische Weisungen zu erteilen,
  4. sich als Vorstandsvorsitzenden der Klägerin zu bezeichnen und unter dieser Bezeichnung im Rechtsverkehr, insbesondere unter Verwendung eines entsprechenden Kopfbogens, des Davidsterns oder des Amtssiegels aufzutreten.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß sich der Klageantrag Nr. 1 erledigt hat. Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision des Beklagten mit dem Ziel der Klageabweisung, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klägerin stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 862, 1004 BGB zu. Der Beklagte habe die ihm vorgeworfenen Handlungen eingeräumt. Die alleinige Vertretungsmacht des kommissarischen Vorsitzenden stehe aufgrund des Urteils des Schiedsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland als einer von einer „innerkirchlichen” Gerichtsbarkeit getroffenen Entscheidung fest. Um die autonome „kirchliche” Körperschaft nicht rechtsschutzlos zu stellen, müsse der Staat die Durchsetzung einer religionsintern getroffenen Entscheidung gewährleisten.

Das hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.

II.

1. Den Rechtsweg zu den Zivilgerichten hat schon das Landgericht durch unangefochtenen Beschluß bejaht. Dies bindet den Senat (§ 17 a GVG). Davon zu trennen ist die andere Frage, ob die Klägerin überhaupt bei staatlichen Gerichten um Rechtsschutz nachsuchen kann. Diese Frage ist auch in der Revisionsinstanz in vollem Umfang zu prüfen, weil es weder um den Rechtsweg unter den staatlichen Gerichten, noch um Fragen der Zuständigkeit (§ 549 Abs. 2 ZPO) geht.

Ohne Erfolg rügt die Revision insoweit, die Klage sei bereits als unzulässig abzuweisen, da eine rein innergemeinschaftliche Angelegenheit gegeben sei, die keiner Rechtskontrolle durch staatliche Gerichte unterliege.

Aus der dem Staat obliegenden Justizgewährungspflicht (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip; Art. 92 GG) folgt, daß die staatlichen Gerichte grundsätzlich zur Entscheidung aller Rechtsfragen berufen sind, deren Beurteilung sich nach staatlichem Recht richtet (BVerfG, NJW 1999, 349; BVerfGE 85, 337, 345; von Campenhausen, Staatskirchenrecht, 3. Aufl., S. 365; Kästner, Staatliche Justizhoheit und religiöse Freiheit, S. 111). Insoweit kann es weder auf ein staatliches Einverständnis zur Inanspruchnahme der Gerichte durch Kirche bzw. Religionsgemeinschaft ankommen, noch ist die staatliche Gerichtsbarkeit gegenüber der Gerichtsbarkeit der Religionsgemeinschaft subsidiär (von Campenhausen, aaO, S. 205; ders., AöR 112 (1987) 623, 629; Bock, Der kirchliche Dienst und das staatliche Recht, in Das Recht der Kirche Bd. III, 531, 536). Sollte in BGHZ 46, 96, 101 und in BGHZ 34, 372, 374 hierzu etwas anderes zum Ausdruck gekommen sein, hält der Senat (der für die Beurteilung kirchenrechtlicher Verhältnisse zuständig ist) hieran nicht fest. Ist der Rechtsweg durch die staatlichen Prozeßordnungen allgemein eröffnet, widerspräche es dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), Ansprüche der Religionsgemeinschaften auf staatlichen Rechtsschutz anders zu behandeln als Ansprüche der anderen Rechtssubjekte (Weber, Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland (HdbStKirchR), 2. Aufl., S. 1051). Die Pflicht des Staates zur Justizgewährung hat deshalb sowohl gegen als auch zugunsten der Religionsgemeinschaften in gleicher Weise wie für und gegen alle Rechtssubjekte auf dem Staatsgebiet selbst dann zu gelten, wenn bei der Anwendung staatlicher Rechtssätze religionsgemeinschaftliche Vorfragen zu klären sind (von Campenhausen, aaO, 627; Weber, NJW 1989, 2217, 2218 f; Rüfner, HdbStKirchR, S. 1090 f; Schmidt-Bleibtreu, GG, 9. Aufl., Art. 140 Rdn. 4 a).

Allerdings garantiert der über Art. 140 GG als Bestandteil des Grundgesetzes fortgeltende Art. 137 Abs. 3 WRV vom 11. August 1919 den Kirchen und Religionsgesellschaften, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen und zu verwalten (BVerfGE 18, 385, 386). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist diese Garantie eine notwendige, rechtlich selbständige Gewährleistung, die der Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 2 GG) die dazu unerläßliche Freiheit der Bestimmung über Organisation, Normsetzung und Verwaltung hinzufügt (BVerfGE 70, 138, 164 m.w.N.). Dieses religionsgemeinschaftliche Selbstbestimmungsrecht ist neben der Religionsfreiheit (Art. 4 GG) und der Trennung von Staat und Kirche (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 1 WRV) die dritte Säule der staatskirchenrechtlichen Ordnung des Grundgesetzes. Es gilt für alle Religionsgemeinschaften unabhängig davon, ob sie – wie die Klägerin – die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzen, privatrechtliche Vereine sind oder der Rechtsfähigkeit überhaupt entbehren (von Campenhausen, Staatskirchenrecht, aaO, S. 105 f) und schließt für rein „innerkirchliche” Maßnahmen jede staatliche Einmischung – auch eine Überprüfung durch staatliche Gerichte – in der Regel aus (BVerfG, NJW 1999, 350 m.w.N.; Schmidt-Bleibtreu, aaO, Art. 140 Rdn. 4 a).

Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften setzt folglich dem staatlichen Rechtsschutz Grenzen (Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rdn. 113). Selbstverwaltungsrecht und allgemeine Gesetze sowie ihre Durchsetzung durch die staatlichen Gerichte stehen damit in einem Wechselverhältnis, dem durch entsprechende Güterabwägung Rechnung zu tragen ist. Dabei ist dem Selbstverständnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften besonderes Gewicht beizumessen (BVerfG, NJW 1999, 349, 350). Es kommt deshalb darauf an, ob und inwieweit die jeweils in Rede stehende Maßnahme von deren Selbstbestimmungsrecht erfaßt wird und die Schranken „des für alle geltenden Gesetzes” nicht überschreitet. Die Frage, ob eine Maßnahme diesem Bereich zuzurechnen ist oder den staatlichen Bereich berührt, entscheidet sich danach, was materiell, der Natur der Sache oder Zweckbeziehung nach, als eigene Angelegenheit der Kirche oder Religionsgemeinschaft anzusehen ist (BVerfGE 18, 385, 387). Zu den innergemeinschaftlichen Angelegenheiten gehört auch das Organisationsrecht, namentlich die Wahl der Vertretungsorgane. Der bürgerliche Rechtskreis der beteiligten Personenkreise wird durch solche Regeln nicht berührt (BVerfG NJW 1999, 350).

Das Berufungsgericht hat demnach die Klage zu Recht als zulässig erachtet. Streitgegenstand sind die von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsansprüche und nicht die Frage ihrer Vertretung, die lediglich eine Vorfrage ist. Das Klagebegehren ist zivilrechtlicher Natur. Das Zivilrecht gehört zu den „für alle geltenden Gesetzen” und nicht zu den innergemeinschaftlichen Angelegenheiten (von Campenhausen, aaO, 633; ders., Staatskirchenrecht, S. 121; Rüfner, aaO, S. 1091). Es ist somit nach staatlichem Recht zu beurteilen.

Daß dabei möglicherweise innergemeinschaftliche Regelungen oder Entscheidungen von präjudizieller Bedeutung sind für die Beurteilung des streitgegenständlichen Rechtsverhältnisses, steht dem nicht entgegen. Die staatliche Gerichtsbarkeit kann wegen der Justizgewährungspflicht, die hier aus dem zivilrechtlichen Streitgegenstand folgt, einer Entscheidung nicht ausweichen, auch wenn im Rahmen der Begründetheit innergemeinschaftlichen Vorfragen in besonderer Weise Rechnung zu tragen ist (Sachs, DVBl 1989, 487, 494).

2. Rechtsfehlerfrei bejaht das Berufungsgericht einen Unterlassungsanspruch der Klägerin nach §§ 862, 1004 BGB. Diese Vorschriften sind, soweit es nicht ohnehin um Besitz und Eigentum der Klägerin geht, jedenfalls analog anwendbar, als die Klägerin damit den Schutz ihrer autonomen Verwaltungstätigkeit durch den eingesetzten kommissarischen Geschäftsführer geltend macht. Das zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Das Berufungsgericht hat unangegriffen festgestellt, daß das Verhalten des Beklagten in der Vergangenheit die Besorgnis weiterer Beeinträchtigungen des in den Klageanträgen 2 bis 4 bezeichneten Rechtsbereichs der Klägerin begründet.

Mit Recht hat das Berufungsgericht im Hinblick auf die vorgreifliche Frage der Vertretung der Klägerin auf das insoweit die staatlichen Gerichte bindende Urteil des Schiedsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland vom 17. April 1997 abgestellt. Die Revisionsangriffe des Beklagten hiergegen greifen nicht durch.

Das Schiedsurteil ist eine Entscheidung in einer innergemeinschaftlichen Angelegenheit durch ein Gericht der Religionsgemeinschaft. Sie ist für den Senat bindend und einer Überprüfung nicht zugänglich. Dies folgt unmittelbar aus den oben unter I 1 dargestellten Grundsätzen über die Beachtung des Selbstbestimmungsrechts und die dadurch gegebene Begrenzung des staatlichen Rechtsschutzes im Bereich der Religionsgemeinschaft. Zwar hat die Entscheidung des Schiedsgerichts über die Vertretung der Klägerin auch mittelbare Rechtswirkungen etwa im bürgerlichen Recht. Das rechtfertigt jedoch keine erweiterte Prüfungskompetenz staatlicher Gerichte. Vielmehr sind solche vorgreiflichen Entscheidungen selbst dann grundsätzlich zu respektieren (BGHZ 12, 321, 323; OVG Magdeburg, NJW 1998, 3070, 3071; OLG Naumburg NJW 1998, 3060, 3061; Sachs, aaO, 495; Heckel, aaO, S. 228; Rüfner, aaO, S. 1090; Johnsen, Nachprüfbarkeit kirchlicher Rechtshandlungen der staatlichen Gerichte (1956) S. 195 f; im Ergebnis auch Hesse, aaO, S. 136, der andernfalls die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen sieht), wenn das im Einzelfall dazu führen kann, daß staatliche Gerichte an der Durchsetzung von Entscheidungen mitwirken, von denen sie mangels vollständiger Überprüfbarkeit gar nicht wissen, ob die angeordneten Maßnahmen berechtigt sind (vgl. BGHZ 29, 352, 363 zum Vereinsrecht). Das ist im Hinblick auf das verfassungsrechtlich abgesicherte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften hinzunehmen, jedenfalls solange die Entscheidung nicht willkürlich ist oder gegen fundamentale Rechtsprinzipien verstößt (vgl. BVerfGE 70, 138, 168; Rüfner, aaO, S. 1090; Johnsen, aaO, S. 195). Das bezweifelt im Ansatz auch die Revision nicht.

Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Revision, das Schiedsgericht sei nur von „Privatpersonen” angerufen worden und könne schon deshalb zugunsten der Klägerin keine Bindungswirkung entfalten. Das Schiedsgericht angerufen haben sowohl der Beklagte als auch sein Konkurrent (als Repräsentanten der streitenden Gruppen innerhalb der Klägerin) jeweils – wie das Berufungsgericht unangefochten feststellt – namens der Klägerin, wobei jeder für sich in Anspruch nahm, rechtswirksam deren Vorstandsvorsitzender zu sein. Auch das Ziel des Beklagten war es mithin, seine Vertretungsbefugnis für die Klägerin durch das Schiedsgericht feststellen zu lassen. Die für ihn (und seinen Konkurrenten) negative Entscheidung durch Schiedsurteil kann der Beklagte insoweit nicht dadurch in Frage stellen, daß er nunmehr hervorhebt, nach dem eigenen Standpunkt des Schiedsgerichts habe wegen Unwirksamkeit der vorangegangenen Wahlen weder er noch sein Konkurrent die Klägerin wirksam vertreten und sie damit dem Spruch des Schiedsgerichts unterwerfen können. Dies liefe sonst letztlich auf eine sachliche Überprüfung des Schiedsurteils hinaus, die den staatlichen Gerichten entzogen ist. Das Schiedsurteil entfaltet für diese vielmehr eine Art Tatbestandswirkung, die als solche nur festzustellen und zu respektieren ist.

Das Schiedsurteil verstößt weder gegen fundamentale Rechtsgrundsätze, noch ist es willkürlich. Zwar ist in § 15 Abs. 2 der Schiedsgerichtssatzung vorgesehen, das Gericht werde in Streitigkeiten satzungsrechtlicher Art nur nach Vorlage einer von den Streitparteien rechtswirksam unterzeichneten schriftlichen Unterwerfungserklärung tätig. Ob das Fehlen einer solchen Unterwerfungserklärung als Verfahrensfehler beurteilt werden könnte, mag offenbleiben. Die damals allein in Betracht kommenden Beteiligten, nämlich der Beklagte und sein Konkurrent, haben nämlich eine Entscheidung des Schiedsgerichts zur Vertretung der Klägerin nachgesucht und das Fehlen einer Unterwerfungserklärung nicht gerügt. Von einer willkürlichen Verfahrensweise kann mithin keine Rede sein. Der Beklagte verhält sich im übrigen auch treuwidrig, wenn er nunmehr das Schiedsurteil unter dem erörterten formalen Aspekt nicht gegen sich gelten lassen will.

Das Schiedsurteil ist als innergemeinschaftlicher Akt auch insoweit der Nachprüfung entzogen, als es um die Frage geht, ob das Gericht mit der Einsetzung eines vom Zentralrat der Juden zu benennenden kommissarischen Vorsitzenden seine Entscheidungskompetenz überschritten hat. In Anbetracht der von ihm selbst angenommenen Ungültigkeit beider vorangegangenen Wahlen war es weder willkürlich noch ein Verstoß gegen fundamentale Grundsätze, die Handlungsfähigkeit der Klägerin durch die Einsetzung eines Notgeschäftsführers wieder herzustellen, zumal – wie das Berufungsgericht auch unangegriffen feststellt – die wirtschaftliche Existenz der Klägerin unter Verwendung eines jährlichen Landeszuschusses in Höhe von 450.000 DM in hohem Grade gefährdet war.

Rechtlich zutreffend nimmt das Berufungsgericht auch an, daß die streitenden Konkurrenten das einmal ergangene Schiedsurteil nicht über eine Vereinbarung vom 29. Mai 1997 wieder aus der Welt schaffen konnten. Dieses Urteil erging zwar auf Veranlassung der damals Beteiligten, verhielt sich aber zur Vertretung der Klägerin, die es – wovon hier nach den obigen Ausführungen auszugehen ist – verbindlich regelte. Es begründete damit eine Rechtsposition zugunsten der Klägerin, die die um den Vorstandsvorsitz streitenden Beteiligten nicht mehr ohne deren Mitwirkung beseitigen konnten, zumal sie nach dem Ausgangspunkt des Schiedsurteils gerade nicht zur Vertretung der Klägerin berechtigt waren.

Soweit sich der Beklagte auf ein von ihm vorgelegtes Urteil eines israelischen Rabbinatsgerichts von 25. Juni 1997 bezieht, das die Unwirksamkeit des Schiedsurteils vom 17. Mai 1997 feststellt und eine Vertretung der Klägerin unter anderem durch den Beklagten annimmt, hat das Berufungsgericht unter Auseinandersetzung mit entsprechenden Fachgutachten angenommen, dieses Urteil des Rabbinatsgerichts als eines sog. „Gerechtigkeitsgerichts” entfalte keine Rechtswirkungen gegenüber dem Schiedsurteil und verstoße im übrigen auch wegen Verletzung elementarer Grundsätze (Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör) gegen den „ordre public”. Ob die dagegen vorgebrachten Rügen der Revision durchgreifen, kann offenbleiben, weil nach dem unstreitigen Sachvortrag das Urteil des Rabbinatsgerichts später wieder aufgehoben worden ist.

Regelt mithin das Schiedsurteil die Vertretung der Klägerin verbindlich auch gegenüber dem Beklagten bis zu der vom kommissarischen Vorsitzenden durchzuführenden Neuwahl eines neuen Vorstands, so folgt daraus, daß die vom Beklagten einberufene außerordentliche Mitgliederversammlung vom 25. Mai 1997 und die dort gefaßten Beschlüsse zur Abberufung des kommissarischen Geschäftsführers die rechtswirksame Vertretung der Klägerin durch diesen nicht in Frage stellen können. Daß dies nach innergemeinschaftlichem Recht anders sein könnte, hat der Beklagte nicht hinreichend dargetan.

Offenbleiben kann, ob die vom kommissarischen Geschäftsführer der Klägerin veranlaßte Ausarbeitung einer neuen Satzung und Wahlordnung sowie die Beschlußfassung hierüber aus dem Jahre 1998 rechtswirksam ist; denn diese Vorgänge können an der Vertretung der Klägerin ohnehin nichts ändern. Den staatlichen Gerichten steht es auch nicht zu, darüber zu befinden, ob entgegen dem Schiedsurteil die Notgeschäftsführung bei der Klägerin durch Zeitablauf beendet ist. Das Schiedsurteil hat eine kommissarische Vertretung der Klägerin angeordnet bis zur Durchführung neuer Vorstandswahlen.

3. Das Berufungsgericht hat im Tenor seiner Entscheidung festgestellt, daß der Klageantrag Nr. 1 erledigt sei, ist hierauf in den Entscheidungsgründen aber nicht weiter eingegangen. Soweit die Revision insoweit eine Rüge nach § 551 Nr. 7 ZPO erhebt, greift sie nicht durch. Eine Begründung ist nämlich dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu entnehmen. Der Antrag Nr. 1 war darauf gerichtet, dem Beklagten das Betreten der Gemeinderäume zu verbieten, weil der Geschäftsführer ihm aufgrund gewisser Vorgänge Hausverbot erteilt hatte. Nachdem dieses Hausverbot während des Rechtsstreits wieder aufgehoben worden ist, erklärte die Klägerin den Antrag Nr. 1 für erledigt. Der Teilerledigungserklärung hat sich der Beklagte nicht angeschlossen. Da die Klage entsprechend den vorstehenden Ausführungen begründet war, ist die streitige Erledigungsfeststellung durch das Berufungsgericht nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Wenzel, Vogt, Schneider, Krüger, Klein

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 11.02.2000 durch Riegel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 556286

NJW 2000, 1555

BGHR

Nachschlagewerk BGH

JZ 2000, 1111

MDR 2000, 718

NJ 2000, 427

DVBl. 2000, 999

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