Entscheidungsstichwort (Thema)

Mieterhöhung. Mieterhöhungsverlangen. Teilinklusivmiete. Bruttokaltmiete. Betriebskosten. Betriebskostenanteil. Grundmiete. Ausgangsmiete. Nettomiete. Ortsübliche Vergleichsmiete. Mietstruktur. Unwirksamkeit des Mieterhöhungsbegehrens. Formale Anforderungen. Vertragliche Änderung

 

Leitsatz (amtlich)

a) Bei Erhöhung einer Teilinklusivmiete nach § 558 BGB braucht der Vermieter im Mieterhöhungsverlangen zur Höhe der in der Miete enthaltenen Betriebskosten keine Angaben zu machen, wenn auch die von ihm beanspruchte erhöhte Teilinklusivmiete die ortsübliche Nettomiete nicht übersteigt.

b) Mieterhöhungen nach §§ 558, 559 BGB werden Bestandteil der Grundmiete und sind deshalb bei späteren Mieterhöhungen nach § 558 BGB in die Ausgangsmiete einzurechnen. Eine gegenteilige Parteivereinbarung gäbe dem Vermieter die Möglichkeit zur Mieterhöhung über den in § 558 BGB vorgesehenen Rahmen hinaus und ist deshalb gem. §§ 558 Abs. 6, 557 Abs. 4 BGB wegen Benachteiligung des Mieters unwirksam.

c) Gibt der Vermieter in einem Mieterhöhungsbegehren nach § 558a BGB eine unzutreffende Ausgangsmiete an, weil er die gebotene Einrechnung einer früheren Mieterhöhung in die Ausgangsmiete unterlässt, führt das nicht zur formellen Unwirksamkeit des Mieterhöhungsbegehrens und zur Unzulässigkeit einer vom Vermieter daraufhin erhobenen Zustimmungsklage; das Mieterhöhungsbegehren ist jedoch unbegründet, soweit die begehrte Miete unter Hinzurechnung der früheren Mieterhöhung die ortsübliche Vergleichsmiete übersteigt (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.11.2003 - VIII ZR 52/03, NJW 2004, 1379, unter II 2b und Urt. v. 19.7.2006 - VIII ZR 212/05, NJW-RR 2006, 1305, unter II 2a, b).

 

Normenkette

BGB § 557 Abs. 4, § 558 Abs. 1, 6, § 558a

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 23.11.2006; Aktenzeichen 21 S 362/05)

AG Düsseldorf (Urteil vom 29.07.2005; Aktenzeichen 41 C 4333/05)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 21. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 23.11.2006 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des AG Düsseldorf vom 29.7.2005 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

[1] Die Beklagten haben von der Klägerin eine 138,96 m2 große Wohnung in Düsseldorf gemietet. Ab 1.3.1995 verlangte die Klägerin zusätzlich zur bisherigen (Teilinklusiv-)Miete von 575,50 EUR monatlich und den vereinbarten Nebenkosten (Heizung, Be- und Entwässerung sowie Antennenanlage) einen sog. Wertverbesserungszuschlag i.H.v. 36,26 EUR. Die Beklagten entrichteten in der Folgezeit den sich unter Berücksichtigung dieses Zuschlags ergebenden monatlichen Gesamtbetrag.

[2] Mit Schreiben vom 28.10.2004 begehrte die Klägerin Zustimmung zur Erhöhung der "Nettomiete" von bisher monatlich 575,50 EUR - zzgl. der Kosten für Be- und Entwässerung, Heizkostenvorauszahlung, Wertverbesserung und Kabelgebühren wie bisher - auf monatlich 690,60 EUR mit Wirkung ab dem 1.1.2005. Dabei führte sie aus, dass auf die Wohnung der Beklagten durchschnittliche Betriebskosten von 0,67 EUR je m2 entfielen. Die ortsübliche Vergleichsmiete (Nettomiete) hat die Klägerin in ihrem Mieterhöhungsverlangen mit 5,80 EUR angegeben; dem sind die Beklagten nicht entgegengetreten.

[3] Die Beklagten stimmten der Mieterhöhung nicht zu. Das AG hat die Beklagten verurteilt, der Mieterhöhung entsprechend dem Mieterhöhungsverlangen der Klägerin von 28.10.2004 zuzustimmen, das LG hat die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

I.

[4] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

[5] Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung nicht zu, weil es bereits an einem formell wirksamen Mieterhöhungsverlangen fehle, dieses jedenfalls nicht hinreichend begründet sei.

[6] Gemäß § 558a BGB sei das Erhöhungsverlangen dem Mieter in Textform zu erklären und zu begründen. Die Begründung solle dem Mieter die Möglichkeit geben, die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen und auf diese Weise überflüssige Prozesse zu vermeiden. Diesem Erfordernis werde das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin nicht gerecht, weil es sich auf einen lediglich Nettokaltmieten ausweisenden Mietspiegel stütze, jedoch ungeachtet der zwischen den Parteien vereinbarten Teilinklusivmiete keine überprüfbaren Angaben zu den konkreten Betriebskosten der Wohnung im letzten Abrechnungszeitraum enthalte. Die Berechnung der Vergleichsmiete anhand von Durchschnittswerten stelle keine gleichwertige Berechnungsmethode dar.

[7] Es sei unerheblich, dass die von der Klägerin geforderte Bruttomiete die Nettomiete des Mietspiegels unterschreite. Zwar komme es bei dieser Konstellation für den Mieter nicht auf die Möglichkeit an, im Einzelnen nachvollziehen und überprüfen zu können, wie sich der Anteil seiner Nettomiete zu der im Mietspiegel verhalte. Das zum Schutz des Mieters streng förmlich ausgestaltete Mieterhöhungsverfahren gestatte insoweit jedoch keine Ausnahme. Vor diesem Hintergrund könne auch die von den Parteien umstrittene Frage dahinstehen, ob durch das Mieterhöhungsbegehren vom 28.10.2004 die Struktur des Mietverhältnisses verändert oder diese Änderung bereits bei der letzten Mieterhöhung zum 1.3.1995 vorgenommen worden sei.

II.

[8] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom 28.10.2004 ist formell wirksam und auch materiell begründet.

[9] 1. Im Ansatzpunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die dem Vermieter gem. § 558a BGB obliegende Begründung des Mieterhöhungsverlangens dem Mieter die Möglichkeit geben soll, die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen und auf diese Weise überflüssige Prozesse zu vermeiden; zur Erreichung dieses Zwecks müssen dem Mieter alle Faktoren bekannt gegeben werden, die für die Mieterhöhung von Bedeutung sind (BGH, Urt. v. 25.2.2002 - VIII ZR 116/03, NZM 2004, 380, unter II 1). Dem Berufungsgericht ist ferner darin beizupflichten, dass der Anspruch des Vermieters auf Zustimmung zu einer Erhöhung der Bruttokaltmiete (Teilinklusivmiete), den er - wie hier die Klägerin - mit einem Mietspiegel begründet, der Nettomieten ausweist, anhand der zuletzt auf die betreffende Wohnung entfallenden Betriebskosten und nicht auf der Grundlage eines durchschnittlichen (pauschalen) Betriebskostenanteils zu beurteilen ist (BGH, Urt. v. 26.10.2005 - VIII ZR 41/05, NZM 2006, 101, unter II 1b bb (2); v. 12.7.2006 - VIII ZR 215/05, NZM 2006, 864, unter II 2; v. 23.5.2007 - VIII ZR 138/06, NJW 2007, 2626, unter II 1).

[10] 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Angabe eines pauschalen Betriebskostenanteils im Erhöhungsverlangen aber nicht zur Folge, dass das Erhöhungsverlangen bereits aus formellen Gründen unwirksam ist. Die Frage, ob der angegebene Betriebskostenanteil (auch im Ansatz) zutreffend ist, betrifft nicht die formelle Ordnungsmäßigkeit des Erhöhungsverlangens, sondern allein dessen materielle Berechtigung (Senatsurteil vom 12.7.2006, a.a.O., unter II 1b).

[11] Wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, kommt es ohnehin auf die Höhe der in der Miete enthaltenen Betriebskosten dann nicht an, wenn - wie hier - selbst die erhöhte Teilinklusivmiete noch unterhalb der ortsüblichen Nettomiete liegt. Der Mieter benötigt in einem solchen Fall keine Angaben zu den Betriebskosten, um die Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu prüfen. In einem solchen Fall führen unzutreffende Angaben des Vermieters zu den Betriebskosten - anders als das Berufungsgericht meint - weder zur formellen Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens, noch stehen sie der materiellen Begründetheit des Zustimmungsbegehrens entgegen.

[12] 3. Das Urteil des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Entgegen der Rüge der Revisionserwiderung ist das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin nicht wegen einer damit verbundenen unzulässigen Änderung der Mietstruktur bereits formell unwirksam.

[13] Zwar ist nach wohl allgemeiner Meinung in der Literatur und der Rechtsprechung der Instanzgerichte ein Mieterhöhungsverlangen dann unwirksam, wenn der Vermieter damit weitere von ihm erstrebte Änderungen des Mietvertrags - z.B. der Mietstruktur - verknüpft, so dass der Mieter mit der Zustimmung zur Mieterhöhung gleichzeitig die weitere Vertragsänderung annähme (LG Hamburg, WuM 1987, 86; LG Köln WuM 1992, 255; LG Wiesbaden WuM 1991, 698; LG München WuM 1995, 113; vgl. auch OLG Hamburg, WuM 1983, 49; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 9. Aufl., § 558a Rz. 17; Schultz in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III. A Rz. 332; Artz in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 558a Rz. 10; Schmid/Riecke, Mietrecht, § 558a Rz. 9). Ob dieser Auffassung uneingeschränkt zu folgen ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Die Klägerin hat mit ihrem Mieterhöhungsverlangen vom 28.10.2004 keine vertragliche Abänderung der Mietstruktur begehrt.

[14] a) Die Auffassung der Revisionserwiderung, die Klägerin erstrebe mit der begehrten Erhöhung der "Grundmiete" eine vertragliche Änderung der bisherigen Mietstruktur der Teilinklusivmiete, trifft nicht zu. Denn aus der weiteren Formulierung des Mieterhöhungsverlangens ergibt sich, dass die Beklagten (nur) im bisherigen Umfang gesonderte Nebenkosten (Heizkosten, Be- und Entwässerung sowie Kabelgebühren) tragen sollen, so dass sonstige Nebenkosten wie bisher in der Miete enthalten sind.

[15] b) Auch im Hinblick auf die Position "Wertverbesserungszuschlag" enthält das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin kein stillschweigendes Angebot zur vertraglichen Änderung der Mietstruktur; dies ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin in ihrem Mieterhöhungsverlangen ausdrücklich davon ausgeht, dass dieser Zuschlag "wie bisher" weitergezahlt werden soll.

[16] aa) Allerdings beanstandet die Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang zu Recht, dass die Klägerin diesen Betrag nicht in die Ausgangsmiete eingerechnet hat. Eine wegen Modernisierung erfolgte Mieterhöhung nach § 559b BGB wird - ebenso wie eine nach § 558 BGB vorgenommene Mieterhöhung - Bestandteil der Grundmiete, so dass die erhöhte Miete bei einer späteren Mieterhöhung nach § 558 BGB als die der ortsüblichen Vergleichsmiete gegenüberzustellende Ausgangsmiete zugrunde zu legen ist (LG München I, WuM 1996, 43; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, a.a.O., § 559b Rz. 41 m.w.N., Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Aufl., § 559b Rz. 4; Lammel, Wohnraummietrecht, 2. Aufl., § 559b Rz. 25). Eine hiervon abweichende Mietstruktur, bei der die frühere Mieterhöhung in Form eines Wertverbesserungszuschlags als gesonderter, bei späteren Mieterhöhungen nicht zu berücksichtigender Betrag neben der Grundmiete erhalten bliebe, kann auch durch eine Vereinbarung der Mietvertragsparteien nicht erreicht werden. Denn eine derartige Abrede gäbe dem Vermieter die Möglichkeit zur Erhöhung der Miete über den durch § 558 BGB vorgegebenen Rahmen hinaus und wäre deshalb als eine den Mieter benachteiligende Vereinbarung gem. § 558 Abs. 6 BGB (früher § 10 Abs. 1 Miethöhegesetz) unwirksam. Es ist deshalb unerheblich, ob die Parteien anlässlich der im Jahr 1995 erfolgten Mieterhöhung eine dahingehende Änderung der Mietstruktur vereinbart haben. Die Klägerin hätte den Wertverbesserungszuschlag mithin in die Ausgangsmiete und die verlangte erhöhte Miete einrechnen müssen.

[17] bb) Die Nichteinrechnung der früheren Mieterhöhung in die Ausgangsmiete und die erhöhte Miete führt jedoch nicht zur formellen Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens vom 28.10.2004.

[18] § 558a BGB legt die formalen Anforderungen fest, die an ein wirksames Mieterhöhungsverlangen zu stellen sind. Davon unabhängig ist die Frage, ob die im Zustimmungsverlangen geforderte Miete der Höhe nach (materiell) berechtigt ist. Mit der Begründung des Mieterhöhungsverlangens sollen dem Mieter im Interesse einer außergerichtlichen Einigung die tatsächlichen Angaben zur Verfügung gestellt werden, die er zur Prüfung einer vom Vermieter gem. § 558 BGB begehrten Mieterhöhung benötigt, also etwa die Angabe der ortsüblichen Vergleichsmiete (Mietspanne) und bei Bezugnahme auf einen Mietspiegel die Einordnung der Wohnung in die betreffende Kategorie des Mietspiegels (vgl. BGH, Urt. v. 12.11.2003 - VIII ZR 52/03, NJW 2004, 1379, unter II 2b). Inhaltliche Fehler des Mieterhöhungsbegehrens führen demgegenüber nicht zu dessen formeller Unwirksamkeit und zur Unzulässigkeit einer vom Vermieter daraufhin erhobenen Zustimmungsklage, sondern sind im Rahmen der Begründetheit zu prüfen (vgl. BGH vom 12.11.2003, a.a.O., unter II 2b, c, zur Überschreitung der Mietspiegelspanne im Mieterhöhungsverlangen sowie v. 19.7.2006 - VIII ZR 212/05, NJW-RR 2006, 1305, unter II 2a, b, zur Erhöhung einer der Heizkostenverordnung widersprechenden Bruttowarmmiete). Dies gilt auch für die hier unterbliebene Einrechnung des Wertverbesserungszuschlags in die Miete.

[19] 4. Der Anspruch der Klägerin auf Zustimmung zu einer Erhöhung der Teilinklusivmiete um 115,10 EUR ist auch materiell begründet. Denn die Klägerin hat in ihrem Mieterhöhungsverlangen vom 28.10.2004 die Jahresfrist des § 558 Abs. 1 Satz 2 BGB, die 15-monatige Wartefrist gem. § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB sowie die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB beachtet, und die erhöhte Miete liegt noch unter der ortsüblichen Vergleichsmiete von 5,80 EUR je m2. Auch die erhöhte (Teilinklusiv-)Miete beläuft sich nämlich einschließlich des Wertverbesserungszuschlags auf 726,86 EUR, was bei der Wohnungsgröße von 138,96 m2 einem Betrag von nur 5,23 EUR je m2 entspricht.

III.

[20] Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des AG Düsseldorf ist zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1842271

NJW 2008, 848

BGHR 2008, 59

ZMR 2008, 190

MDR 2008, 196

WuM 2007, 707

Info M 2008, 6

Info M 2008, 7

MietRB 2008, 65

NJW-Spezial 2008, 33

RdW 2008, 229

ZGS 2007, 407

BBB 2008, 50

BtMan 2008, 43

IWR 2008, 69

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