Leitsatz (amtlich)

a) Hat ein Kläger in einem Rechtsstreit seinen aus einem Versorgungsverhältnis fließenden Gesamtanspruch geltend gemacht und ein rechtskräftiges Urteil erwirkt, durch das ihm antragsgemäß rückständige und künftig fällig werdende Versorgungsbezüge zuerkannt worden sind, so können Bezüge nicht nachgefordert werden, die der Kläger irrtümlich zu niedrig berechnet oder als Teile des Versorgungsanspruchs gar nicht verlangt hatte. Eine Klage auf zusätzliche Leistungen ist nur unter den Voraussetzungen und in dem Umfang des § 323 ZPO zulässig.

b) Die Abänderung eines Urteils auf wiederkehrende Leistungen kann nur durch ein Leistungsurteil gemäß § 323 ZPO erfolgen. Für eine Feststellungsklage fehlt das Rechtsschutzinteresse.

 

Normenkette

ZPO §§ 322-323, 258, 256

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 27.06.1985)

LG Dortmund

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 27. Juni 1985 wird auf Kosten der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Klageantrag zu 2) als unzulässig abgewiesen wird.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin war an der H.-We.-Schule in D., einer als Ersatzschule anerkannten privaten Gymnastikschule, als Planstelleninhaberin für das Fach Musik auf Lebenszeit angestellt. In dem „aufgrund des Schulordnungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen sowie der dritten Ausführungsverordnung zu diesem Gesetz und des Ersatzschulfinanzierungsgesetzes” am 8. März 1962 geschlossenen Anstellungsvertrag war unter anderem bestimmt:

㤠1

… Für das Anstellungsverhältnis gelten alle derzeitig gültigen und künftigen Bestimmungen für Beamte im vergleichbaren Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen …

§ 3

Die Lehrkraft hat – wie ein auf Lebenszeit angestellter Beamter des Landes Nordrhein-Westfalen –Anspruch auf Versorgungsbezüge bei Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze oder bei vorzeitiger Zurruhesetzung. Für beide Fälle gelten die jeweils für Beamte gültigen landesrechtlichen Bestimmungen. Bei Auflösung der Schule wird die Lehrkraft durch die Oberste Schulaufsichtsbehörde einer anderen Ersatzschule des Landes zu vergleichbarer Beschäftigung zugewiesen.”

Zum 1. April 1966 wurde die H.-We.-Schule aufgelöst und mit Wirkung vom selben Tag die Klägerin durch Verfügung des Regierungspräsidenten in A. vom 12. Dezember 1966 in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Zur Zahlung des Ruhegehalts richtete der Kultusminister durch Erlaß vom 13. Juni 1966 bei der privaten Berufsfachschule zur Ausbildung von Gymnastiklehrern und Gymnastiklehrerinnen in Dortmund, deren Schulträger der Rechtsvorgänger der Beklagten war, eine Planstelle ein, aus der die Ruhegehaltsbezüge an die Klägerin gezahlt wurden.

In den folgenden Jahren bemühte sich der Regierungspräsident in A. mehrfach, die Klägerin an anderen Lehranstalten weiter zu beschäftigen. Diese Versuche schlugen aus Gründen, über die die Klägerin und der Regierungspräsident voneinander abweichende Darstellungen geben, fehl. Im März 1973 heiratete die Klägerin und verzog nach Baden-Württemberg. Der Regierungspräsident vertrat die Auffassung, die Klägerin habe ihren Versorgungsanspruch verloren, weil sie eine gleichwertige Beschäftigung im Schuldienst abgelehnt habe. Er veranlaßte den Rechtsvorgänger der Beklagten, die Zahlung der Versorgungsbezüge mit Ablauf des Monats Oktober 1973 einzustellen.

Im September 1975 erhob die Klägerin gegen den Rechtsvorgänger der Beklagten vor dem Arbeitsgericht Klage auf Zahlung ihres „seit November 1973 ausstehenden Ruhegehalts samt Zinsen … und Zahlung des laufenden Ruhegehalts”. Nach Aufforderung des Gerichts, ihre Forderung genau der Höhe nach zu berechnen, legte die Klägerin eine „Aufstellung der geforderten Gelder” vor, in der sie verlangt:

„Okt.-Dez. 73 3 × (65 % von 1.152,92 DM) + 35 DM =

2.353,19 DM

Jan.-Dez. 74 12 × (65 % von 1.313,43 DM) + 35 DM =

10.664,75 DM

Jan.-Nov. 75 11 × (65 % von 1.393,14 DM) + 35 DM =

10.345,94 DM

bis zum 1.11.75 insgesamt ausstehende Versorgungsbez.

24.304,42 DM

9 % der ausstehenden Gelder

1.786,84 DM

Gesamtforderung bis November 1975

26.091,26 DM

Ab 1. Dezember 1975 sind monatlich (65 % von 1.393,14 DM) + 35 DM =

940,54 DM

an Versorgungsbezügen zu zahlen.”

1977 wurde der Rechtsstreit an das Landgericht verwiesen. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin machte deren bisherigen Vortrag zum Gegenstand seines Vortrags und formulierte im Hinblick auf zwischenzeitlich weiter aufgelaufene Rückstände in der mündlichen Verhandlung vom 28. April 1978 den Klageantrag neu. Er ging dabei von der dem Arbeitsgericht vorgelegten Aufstellung der geforderten Gelder aus und verlangte für den gesamten nach dem 1. Dezember 1975 liegenden Zeitraum ein Ruhegehalt für jährlich 12 Kalendermonate in Höhe von je 940,54 DM. Der Vorsitzende regte an, die Klage im Hinblick auf die unsichere Rechtslage auf einen Teil der Ansprüche zu beschränken. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin lehnte dies ab und erklärte, es solle bei dem Klageantrag bleiben und der gesamte Anspruch rechtshängig sein, damit nicht etwa die Verjährung eines Teilbetrages eintreten könne. Das Landgericht wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren Klageantrag weiter verfolgte, hatte in vollem Umfang Erfolg. Das Oberlandesgericht ging davon aus, daß die Klägerin gegen den Rechtsvorgänger der Beklagten einen privatrechtlichen Anspruch auf Zahlung der sich aus dem Nordrhein-Westfälischen Beamtenrecht ergebenden Versorgungsbezüge habe. Diese seit dem 1. Oktober 1973 eingeklagten Ruhegehaltsbezüge seien der Höhe nach unstreitig. Das Oberlandesgericht verurteilte den Rechtsvorgänger der Beklagten zur Zahlung von Rückständen in Höhe von 51.580,08 DM nebst Zinsen und zu laufenden monatlichen Zahlungen von 940,54 DM. Diese Entscheidung bestätigte der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs durch Urteil vom 6. April 1982 – VI ZR 12/79 – auf die Revision des Landes Nordrhein-Westfalen, das dem Rechtsstreit als Streithelfer des Rechtsvorgängers der Beklagten beigetreten war. Der Bundesgerichtshof ging davon aus, daß zwischen der Klägerin und dem Rechtsvorgänger der Beklagten durch privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt des Landes ein Versorgungsverhältnis als bürgerlich-rechtliches Schuldverhältnis begründet worden sei, aufgrund dessen die Klägerin versorgungsrechtlich einer beamteten Lehrkraft gleichzustellen sei.

Nachdem dieser Vorprozeß rechtskräftig entschieden war, bemerkte die Klägerin, daß sie die Höhe des Ruhegehalts zu niedrig berechnet hatte. Sie hatte insbesondere Unterschieds- und Ausgleichsbeträge nicht berücksichtigt, die ihrer Behauptung nach gemäß § 156 Abs. 1, 2 BBG aF bzw. gemäß § 50 Abs. 1, 3 BeamtVG aufgrund ihrer Familienverhältnisse zu zahlen gewesen wären. Sie hatte auch nicht die jeweils in dem Monat Dezember mit dem fälligen Ruhegehalt auszuzahlende jährliche Sonderzuwendung zu zahlen beantragt und war bei der Berechnung der Rückstände und ihrer laufenden Ruhegeldansprüche von zum Teil zu niedrigen Mindestversorgungsbezügen ausgegangen.

Die Klägerin vertrat die Auffassung, der rechtskräftig abgeschlossene Rechtsstreit sei um ihr volles Ruhegehalt geführt worden und nicht um einen Teilbetrag. Das Urteil des Oberlandesgerichts sei daher gemäß § 319 ZPO in der Weise zu berichtigen, daß der Rechtsvorgänger der Beklagten zur Zahlung des ihr seit dem 1. November 1973 gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 BBG aF bzw. § 14 Abs. 1 Satz 3, 4 BeamtVG tatsächlich zustehenden Ruhegehalts zu verurteilen sei. Das Oberlandesgericht wies den Berichtigungsantrag der Klägerin zurück, weil das Gericht über die auszuurteilende Höhe der Klageforderung nicht geirrt habe. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch sei der Höhe nach nicht bestritten gewesen, und § 308 ZPO habe die Richter an der Prüfung, ob der Klägerin ein höherer Anspruch zustehe, gehindert.

Mit einem der Beklagten am 10. November 1983 zugestellten Mahnbescheid machte die Klägerin rückständiges restliches Ruhegehalt für die Zeit vom 1. März 1973 bis 1. Oktober 1983 in Höhe von 59.184 DM nebst Zinsen geltend. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 27. September 1984 erweiterte sie den Klageantrag und verlangte auch die bis dahin aufgelaufenen restlichen Rückstände (monatlich 456,50 DM und die jährliche Sonderzuwendung für 1983 von 1.407,10 DM). Das Landgericht wies die Klage ab. In ihrer der Beklagten am 5. Februar 1985 zugestellten Berufungsbegründung erweiterte die Klägerin ihren Klageantrag um die für 1984 zu zahlende jährliche Sonderzuwendung und beantragte mit dem Klageantrag zu 2) „festzustellen, daß die Beklagte – in Abänderung des Senatsurteils vom 23. Oktober 1978 … verpflichtet ist, der Klägerin ab 1. Oktober 1984 monatlich das ihr jeweils zustehende Mindestruhegehalt nach § 14 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG vom 24. August 1976 zu zahlen”. Das Oberlandesgericht wies die Berufung zurück. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre Berufungsanträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hält die Klage für unzulässig, weil ihr gemäß §§ 322, 325 ZPO die Rechtskraft des Urteils im Vorprozeß entgegenstehe. In jenem Rechtsstreit habe die Klägerin eindeutig und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht und auch bringen wollen, daß sie für die Vergangenheit und Zukunft ihren Gesamtanspruch geltend machen wolle. Über diesen Anspruch sei daher rechtskräftig entschieden, auch wenn er tatsächlich höher als die eingeklagten Beträge gewesen sei. Dies entspreche der Auffassung, die der Bundesgerichtshof (BGHZ 34, 337) zur Rechtskraft einer sogenannten verdeckten Teilklage vertrete. Der Beklagten sei es auch nicht gemäß § 242 BGB untersagt, sich auf die Rechtskraft des Urteils im Vorprozeß zu berufen. In dem Vorprozeß sei es weder für ihren Rechtsvorgänger noch dessen Streithelfer offensichtlich gewesen, daß die Klägerin nur infolge eines Irrtums ihren Ruhegeldanspruch nicht in der vollen Höhe geltend gemacht habe. Allerdings habe es sich aufdrängen müssen, daß der Monatsbetrag von 940,54 DM, der bereits der Berechnung für das Jahr 1975 zugrunde gelegen habe, nicht dem Mindestruhegehalt entsprach, das die Klägerin für die Zeit ab Mai 1978 gefordert habe. Berücksichtige man aber, daß die Klägerin ihre Tätigkeit als Musiklehrerin lediglich fünf Jahre ausgeübt habe, so sei die Annahme nicht abwegig, daß sie ihren an sich möglichen Anspruch auf Ruhegehalt ganz bewußt nicht habe voll ausschöpfen wollen.

II.

Dies hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.

1. Das Berufungsgericht nimmt allerdings zu Unrecht an, dies folge aus den Grundsätzen der in BGHZ 34, 337 abgedruckten Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Dort lag ein Sachverhalt vor, bei dem im Vorprozeß über einen auf eine einmalige Leistung gerichteten, bezifferten Anspruch (Enteignungsentschädigung) rechtskräftig entschieden war und der Kläger nunmehr einen weiteren Betrag geltend machte, weil sich herausgestellt hatte, daß der Entschädigungsanspruch tatsächlich höher war. In einem solchen Fall, einer sogenannten verdeckten Teilklage, bei der der Kläger nur scheinbar seinen vollen Anspruch auf eine einmalige Leistung geltend macht, ist umstritten, ob die Rechtskraft des Vorprozeßurteils einer späteren Klage über einen weiteren Betrag entgegensteht (vgl. RGZ 123, 44; BGH, Urt. v. 25. September 1978 – VII ZR 281/77, LM ZPO § 322 Nr. 83; Stein/Jonas/Schumann/Leipold ZPO 19. Aufl. § 322 Bern. VI 8 c; Zeiß NJW 1968, 1305; Kuschmann, Festschrift für Schiedermaier zum 70. Geburtstag, 1976, 351, 369 m.w.N.; Pohle ZZP 77, 98 ff).

Die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und überwiegende Literaturmeinung nehmen von diesem Streit die Fälle aus, in denen im Vorprozeß wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 258 ZPO geltend gemacht wurden, die teilweise in Zukunft fällig werden (BGHZ 34, 110; Anm. Johannsen LM ZPO § 323 Nr. 8; BGH, Urt. v. 9. Juli 1968 – VI ZR 139/67, LM ZPO § 323 Nr. 13; BGHZ 82, 246, 252; BGH, Urteile v. 11. Januar 1984 – IVb ZR 10/82, FamRZ 1984, 374, 376; v. 18. April 1984 – IVb ZR 59/82, FamRZ 1984, 772, 773; v. 3. April 1985 – IVb ZR 19/84, NJW 1985, 1701; Stein/Jonas/Schumann/Leipold a.a.O. § 323 Bern. I 2; § 322 Bern. VI 8 c; Pohle ZZP 77, 98, 107, 108; derselbe JZ 1961, 548; Kratz, Die Abänderungs- und Nachtragsklage, 1970 S. 91 f; Rosenberg/Schwab Zivilprozeßrecht 13. Aufl. § 159 IV; Zeuner MDR 1972, 84; Kuschmann a.a.O. S. 372, 373; Zeiß a.a.O. S. 1307; Zöller/Vollkommer ZPO 14. Aufl. § 323 Rdnr. 19; Baumbach/Lauterbach/Hartmann ZPO 44. Aufl. § 323 Bern. 1 B; aA Brox NJW 1961, 853). Diese Auffassung beruht auf der Sondervorschrift des § 323 ZPO. Nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung ist nach rechtskräftiger Verurteilung zu wiederkehrenden, sich aus einem bestimmten Rechtsverhältnis ergebenden Leistungen eine Klage auf zusätzliche Leistungen (Zusatz- oder Nachforderungsklage) nur unter den Voraussetzungen und in dem Umfang des § 323 ZPO zulässig. Die Zusatz- oder Nachforderungsklage ist allerdings in den Ausnahmefällen zulässig, in denen in dem Vorprozeß die aus dem bestimmten Rechtsverhältnis fließenden wiederkehrenden Leistungen nur teilweise eingeklagt waren. Eine solche Teilklage ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn im Vorprozeß ausdrücklich erklärt oder aus den Umständen zu entnehmen war, daß die in bestimmter Höhe begehrten wiederkehrenden Leistungen nur den Teil einer an sich höheren Forderung darstellen.

2. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin im Vorprozeß ein Urteil erstritten, mit dem sowohl nach ihrer Vorstellung als auch der des Gerichts die gesamten seit November 1973 rückständigen und zukünftigen wiederkehrenden Ansprüche aus dem im Verhältnis zur Beklagten bestehenden schuldrechtlichen Versorgungsverhältnis zugesprochen wurden.

a) Wiederkehrende Leistungen im Sinne der §§ 258, 323 ZPO sind solche einseitigen Verpflichtungen, die sich in ihrer Gesamtheit als Folge eines und desselben Rechtsverhältnisses ergeben, so daß die einzelne Leistung nur noch vom Zeitablauf abhängig ist, ohne daß aber der Umfang der Schuld von vornherein feststeht (RG JW 1923, 600; Stein/Jonas/Schumann/Leipold a.a.O. § 258 Bern. I 1). Das ist bei Ansprüchen auf Ruhegehalt der Fall (OGHZ 4, 227, 229). Solche Ansprüche sind ihrer Natur nach auf Leistungen gerichtet, die in zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind, so daß die Verurteilung auch zu Rückständen solcher Leistungen eine Verurteilung zu regelmäßig wiederkehrenden Leistungen darstellt (vgl. auch § 197 BGB). Es macht keinen Unterschied, ob es sich dabei um Rückstände handelt, die erst im Laufe des Rechtsstreits aufgelaufen oder schon als Rückstände rechtshängig geworden sind. Die Zulässigkeit einer Zusatz- oder Nachforderungsklage nach einer Verurteilung zu wiederkehrenden, teilweise in der Vergangenheit fällig gewordenen, teilweise in der Zukunft fällig werdenden Leistungen (vgl. dazu Baumbach/Lauterbach/Hartmann a.a.O. § 323 Bern. 2 B; Stein/Jonas/Schumann/Leipold a.a.O. § 323 Bern. II 1) kann für die rückständigen und künftigen Leistungen nur einheitlich beurteilt werden. Das führt wegen der Maßgeblichkeit der Sonderregelung des § 323 Abs. 2, 3 ZPO dazu, daß es dem Gläubiger verwehrt ist, einen weiteren „Teil” der Rückstände einzufordern (vgl. BGH, Urteile v. 11. Januar 1984 – IVb ZR 10/82, FamRZ 1984, 374, 376; v. 3. April 1985 – IVb ZR 19/84, NJW 1985, 1701, 1702).

b) Die Klägerin hat im Vorprozeß ihren aus dem Versorgungsverhältnis fließenden Gesamtanspruch geltend gemacht.

Das hat sie nicht nur ausdrücklich erklärt, sondern das folgt auch aus ihrem gesamten Sachvortrag in dem Vorprozeß, den der Senat insoweit von Amts wegen frei auszulegen hat (BGHZ 82, 246, 247, 248). Aus dem von dem VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs im Vorprozeß bestätigten Urteil des Oberlandesgerichts Hamm wird deutlich, daß auch das Gericht über den gesamten Ruhegeldanspruch entscheiden wollte. Es führte zur Höhe dieses Anspruchs und ihrer Fundierung im Gesetz nur darum nichts Näheres aus, weil es davon ausging, die eingeklagten Beträge seien die der Höhe nach unstreitigen Versorgungsbezüge.

c) Die von der Klägerin im Vorprozeß beanspruchten und ihr zuerkannten Ansprüche ergeben sich aus dem schuldrechtlichen Versorgungsverhältnis, das ihr ein Recht auf Zahlung von Versorgungsbezügen nach Maßgabe der Versorgungsregelung für vergleichbare Beamte einräumt (Urt. des VI. Zivilsenats in dem Vorprozeß = LM BGB § 611 Nr. 64). Teil dieser Versorgungsbezüge ist gemäß § 2 Abs. 2 BeamtVG auch die jährliche Sonderzuwendung, die gemäß § 11 SZG (Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung) mit den laufenden Bezügen für Dezember auszuzahlen ist. Eine Nachforderungsklage kommt daher auch insoweit nicht in Betracht, als die Klägerin rückständige jährliche Sonderzuwendungen geltend macht (vgl. auch BGH, Urt. v. 3. April 1985 a.a.O. zur nachträglichen Inanspruchnahme von Vorsorgeunterhalt).

3. Der Revision kann nicht gefolgt werden, wenn sie meint, § 242 BGB hindere die Berufung auf die Rechtskraft des Vorprozeßurteils. Die von Amts wegen zu berücksichtigenden Wirkungen der Rechtskraft können nur gegenüber einem von § 826 BGB erfaßten Sachverhalt zurücktreten (BGHZ 50, 115, 117 m.w.N. und ständig; zuletzt Urt. v. 23. April 1986 – IVb ZR 29/85 z.V.b.). Diese Voraussetzungen liegen nur vor, wenn ein unrichtiges Urteil vorsätzlich und sittenwidrig erwirkt oder ausgenutzt wird (vgl. Zöller/Vollkommer a.a.O. vor § 322 Rdnr. 72 bis 74 m.N.). Einen solchen Tatbestand hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Es nimmt zwar an, dem Rechtsvorgänger der Beklagten, der von dem Land Nordrhein-Westfalen als Streitgenosse unterstützt war, sei in dem Vorprozeß erkennbar gewesen, daß die Klägerin nicht die Zahlung der Versorgungsbezüge in ihrer tatsächlichen Höhe beantragt habe. Das Berufungsgericht kann aber nicht feststellen, daß der damalige Beklagte und sein Streitgenosse einen entsprechenden Irrtum der Klägerin erkannt hatten und sie diesen vorsätzlich durch Unterlassen einer Aufklärung aufrecht erhielten. Dies folgert das Berufungsgericht als Tatrichter aus einer naheliegenden Auslegung der Gesamtumstände.

4. § 323 ZPO läßt die Abänderung eines Urteils, das zu wiederkehrenden Leistungen verurteilt, nur für die im Zeitpunkt der Klageerhebung fälligen und zukünftigen Leistungen zu.

Eine solche Leistungsklage hat die Klägerin bisher nicht erhoben.

Mit ihrem in erster Instanz gestellten und erweiterten jetzigen Klageantrag zu 1) hat sie nur bis zur jeweiligen Rechtshängigkeit fällig gewordene Beträge nachgefordert.

Mit dem in der Berufungsinstanz erstmals gestellten, gemäß § 261 Abs. 2 ZPO am 5. Februar 1985 rechtshängig gewordenen Klageantrag zu 2) beabsichtigt die Klägerin, eine Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO zu erheben.

Das Berufungsurteil begründet die in der Zurückweisung der Berufung enthaltene Abweisung dieses Klageantrags nicht. Eine Rüge ist hierzu nicht erhoben. Der Klageantrag zu 2) ist unzulässig und daher im Ergebnis zutreffend abgewiesen worden.

a) Der Klageantrag zu 2) stellt eine unzulässige Feststellungsklage dar. Ein Rechtsschutzinteresse für sie besteht nicht. Im Vorprozeß hat die Klägerin ein Leistungsurteil über monatlich zu zahlende Versorgungsbezüge erstritten. Nur ein Leistungsurteil kann dieses Urteil abändern. Über den Anspruchsgrund – das schuldrechtliche, der Versorgungsregelung für vergleichbare Beamten gleichgestellte Versorgungsverhältnis – ist bereits im Vorprozeß entschieden. Dieser Anspruchsgrund bleibt – insoweit über die sonst geltenden gesetzlichen Grenzen der Rechtskraft hinaus – auch für die Klage aus § 323 ZPO verbindlich festgestellt (BGHZ 34, 110, 117).

b) Die Umdeutung des Klageantrags zu 2) in eine Leistungsklage scheidet aus. Ein Antrag, die Beklagte zur Zahlung des sich aus § 14 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG ergebenden Mindestruhegelds zu verurteilen, genügt nicht den von § 253 ZPO an die Bestimmtheit eines Klageantrags gestellten Anforderungen. Ein entsprechender Urteilsausspruch wäre nicht vollstreckungsfähig (BGHZ 22, 54, 63).

Die Höhe der der Klägerin gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG seit Februar 1985 gebührenden Mindestversorgungsbezüge kann auch nicht etwa dem für diesen Zeitraum maßgebenden Bundesbesoldungs- und -Versorgungsanpassungsgesetz 1985 vom 25. Februar 1985 (BGBl I, 431) entnommen werden. Geht man davon aus, daß die Klägerin noch verheiratet ist und ihr Ehemann ebenfalls Bezüge aus einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst erhält (was die Klägerin anläßlich der bis 1983 vorgenommenen Nachberechnung ihrer Versorgungsbezüge ohne konkrete Angaben vorgetragen hat), so kann der Grundbetrag der Mindestversorgung zwar der Bekanntmachung der Mindestversorgungsbezüge und Mindestkürzungsgrenzen nach dem Stand vom 1. Januar 1985 (RdSchr d. BMI v. 19. März 1985 – GMBl 1985, 280) entnommen werden. Der sich danach ergebende Betrag von monatlich 1.449,59 DM kann jedoch noch durch Unterschieds- und Ausgleichsbeträge nach § 50 Abs. 1, 3 BeamtVG zu erhöhen sein. Solche Erhöhungen hatte die Klägerin für vergangene Jahre unter Hinweis auf fünf Kinder verlangt. Ein substantiierter Vortrag zum Vorliegen und Fortbestand der Voraussetzungen solcher Unterschieds- und Ausgleichsansprüche fehlt.

 

Unterschriften

Merz, Zorn, Henkel, Gärtner, Graßhof

 

Fundstellen

Haufe-Index 1502484

NJW 1986, 3142

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