Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegungs- und Beweislast im Streit über Bestehen einer mittels Grundschuld gesicherten Forderung. Darlehensgewährung des Steuerberaters an Mandanten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Darlegungslast und Beweislast im Streit darüber, ob die durch eine Sicherungsgrundschuld gesicherte Forderung besteht.

2. Ein Steuerberater verstößt nicht gegen das Verbot gewerblicher Tätigkeit, wenn er einem einzelnen Mandanten Darlehen gewährt und dafür in banküblicher Weise Zinsen berechnet.

 

Normenkette

BGB § 1191; StBerG 1961 § 22 Abs. 4 Nr. 1; StBerG 1975 § 57 Abs. 4 Nr. 1

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 28.02.1985; Aktenzeichen 15 U 241/81)

LG Kassel (Urteil vom 23.09.1981; Aktenzeichen 2 O 207/79)

 

Tatbestand

Der Beklagte war für die Gebr. R. OHG, die später in die R. Gebr. R. KG umgewandelt wurde, als Steuerberater tätig, besorgte auch ihre Buchführung und finanzierte außerdem ihre Außenstände in der Weise vor, daß er für offene Rechnungen gegen eine Provision von 5 % aus eigenen oder Mitteln seiner Ehefrau Vorschüsse auf ein Konto der Gesellschaft bei der Sparkasse B. überwies und dafür sorgte, daß die Rechnungsschuldner ihre Zahlungen auf dieses Konto leisteten, über das er allein verfügungsberechtigt war (Konto- Nr. 111, später 1115). Für die Schuldsalden dieses Kontos hatte er sich gegenüber der Sparkasse verbürgt.

Diese Vorschußpraxis, die nach Darstellung des Klägers ein Gesamtvolumen von 1,5 Millionen DM erreichte, endete mit Ablauf des Jahres 1966.

Für die Folgezeit vom 1. Januar 1967 bis zum 31. Dezember 1974 erstellte der Beklagte monatliche Abrechnungen, die nur sein Verhältnis zur Gesellschaft betrafen, unabhängig vom Stand des Kontos Nr. 111 (1115), auf dem der Beklagte durch eigene Einzahlungen Debetsalden möglichst vermied.

In den monatlichen Abrechnungen des Beklagten für die Gesellschaft erschienen als Belastungen zunächst die von ihm 1965/66 bevorschußten Rechnungsbeträge, soweit sie nach seiner Darstellung noch nicht wieder durch Kundenzahlungen ausgeglichen waren, insgesamt 163.105,19 DM. Im Soll wurden außerdem alle Überweisungen, Scheck- und Barzahlungen gebucht, die von dem Konto Nr. 111 (1115) für die Gesellschaft geleistet wurden. Zahlungseingänge und Wechsel, die der Beklagte von der Gesellschaft erhielt, erschienen in den Abrechnungen als Gutschriften. Wenn die Wechsel bei Verfall nicht eingelöst wurden, verbuchte der Beklagte die Wechselbeträge und -gebühren als Belastung. Schließlich erschienen im Soll der Monatsabrechnungen Zinsen in Höhe von 14-20 % der Sollstellungen und die vom Beklagten beanspruchten Steuerberatergebühren.

Am 30. November 1973, als die Monatsabrechnung einen Schuldsaldo der Gesellschaft in Höhe von 69.777,34 DM auswies, ließ sich der Beklagte an einem Grundstück der KG von deren alleinigem Geschäftsführer eine Briefgrundschuld von 70.000,– DM bestellen. Für die Zahlung des Grundschuldbetrages übernahm die Gesellschaft die persönliche Haftung. Die Grundschuld sollte vereinbarungsgemäß „alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen des Gläubigers gegen die Kommanditgesellschaft und ihre Gesellschafter an Hauptsumme, Zinsen und Kosten aus Betriebsbuchführung, Steuer- und Wirtschaftsberatung und der sonstigen Geschäftsverbindung, insbesondere aus laufender Rechnung …” sichern.

Die Monatsabrechnungen endeten zum 31. Dezember 1974 mit einem Schuldsaldo der Gesellschaft in Höhe von 88.821,13 DM. Später, am 28. Juni 1979, erteilte der Beklagte der Gesellschaft noch eine Steuerberatergebührenrechnung über 13.356,– DM; diesen Betrag setzte er der letzten Monatsabrechnung vom 31. Dezember 1974 handschriftlich hinzu, so daß sich der Schuldsaldo auf 102.177,13 DM erhöhte.

Am 11. Dezember 1975 wurde die KG im Handelsregister gelöscht, weil sie kein vollkaufmännisches Handelsgewerbe mehr ausübte. Rechtsnachfolger als Eigentümer des mit der Grundschuld belasteten Grundstücks ist der Kläger, der Kommanditist der KG gewesen war. Er haftet für die eingetragenen Belastungen dinglich und persönlich.

Der Kläger hat vom Beklagten eine Löschungsbewilligung für die Grundschuld verlangt, weil keine zu sichernde Forderung mehr bestehe: Die frühere Vereinbarung über die Vorfinanzierung der Außenstände sei nämlich wegen Verstoßes gegen das Steuerberatungsgesetz nichtig gewesen; dem Beklagten hätten deshalb weder die Provision noch die – für die Gesamtzeit vom 1. Januar 1967 bis 31. Dezember 1974 mit insgesamt 115.221,92 DM berechneten – Zinsen zugestanden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten zur Bewilligung der Löschung der Grundschuld verurteilt. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt: Der Kläger könne nach den §§ 1192, 1183, 875 BGB die Aufhebung der Sicherungsgrundschuld verlangen, weil gesicherte Forderungen des Beklagten nicht mehr bestünden und auch nicht dargetan sei, daß sie künftig wieder entstehen könnten. Aus den eigenen Monatsabrechnungen des Beklagten – von denen nach der übereinstimmenden Erklärung beider Parteien auszugehen ist – ergebe sich zum 31. Dezember 1974 ein Schuldsaldo der Gesellschaft nur dann, wenn die Belastung mit Zinsen von insgesamt 115.228,92 DM zu Recht erfolgt sei. Das sei aber nicht der Fall: Eine wirksame Zinsvereinbarung mit der Gesellschaft habe der Beklagte nicht substantiiert dargelegt. Außerdem seien als Darlehensrückstände aus der Vorfinanzierung nur die in den ersten Monatsabrechnungen in Soll gestellten 163.105,19 DM anzusehen; hierfür sei jedoch die Provision von 5 % ausbedungen worden, so daß daneben eine Zinsabsprache nicht mehr in Betracht komme. In Höhe der übrigen Kontobelastungen habe die Gesellschaft Kredite der Sparkasse in Anspruch genommen, aber nicht vom Beklagten Darlehen erhalten. Für einen Anspruch auf Aufwendungsersatz habe es einer besonderen Vereinbarung bedurft, die weder vorgetragen noch aus den Umständen ersichtlich sei. Ebensowenig habe der Beklagte dargelegt, daß die Gesellschaft ihn mit einer Vermögensverwaltung und Treuhandtätigkeit im Sinne des § 64 AllGO betraut habe oder daß ihm ein Ausgleichsanspruch erwachsen sei, weil ihn die Sparkasse nach der Grundschuldbestellung als Bürge in Anspruch genommen habe.

Diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II. Das Berufungsurteil beruht, soweit es einen Zinsanspruch des Beklagten verneint, auf einer fehlerhaften Beurteilung der Darlegungs- und Beweislast.

Bei einer Sicherungsgrundschuld trägt der Grundstückseigentümer, wenn er aufgrund der Sicherungsabrede die Rückgewähr der Grundschuld verlangt, grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für alle anspruchsbegründenden Umstände, insbesondere auch für das Nichtbestehen der gesicherten Forderung (BGH Urteil vom 10. Februar 1967 – V ZR 58/64 = WM 1967, 508, 510; Baumgärtel Beweislast § 1191 BGB Rn. 3 m.w.Nachw. in Fußn. 7).

Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung allerdings, wenn bei Bestellung der Grundschuld die Höhe der zu sichernden Forderung unbestrittenermaßen noch nicht feststand, so insbesondere, wenn die Grundschuld für eine künftige Kontokorrentkreditschuld bestellt wurde (RG Recht 1929, Nr. 2379; BGH Urteile vom 10. Februar 1967 aaO; vom 19. Oktober 1973 – V ZR 153/71 = WM 1974, 47, 48; vom 27. Februar 1976 – V ZR 50/75 = WM 1976, 666, 667 und vom 30. April 1985 – X ZR 34/84 = WM 1985, 978, 979). In solchen Fällen muß der Grundschuldgläubiger den jeweiligen Umfang und die Höhe der geschuldeten Forderung darlegen und beweisen. Grundlage dieser Beweislastumkehr ist der – gemäß § 157 BGB zu ermittelnde – Parteiwille (BGH Urteil vom 27. Februar 1976 aaO; RG aaO; a. A. Serick Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung Bd. II § 28 II 5 = S. 429 m.w.Nachw. in Fußn. 61).

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor: Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die Rechtsvorgängerin des Klägers und der Beklagte bei der Grundschuldbestellung am 30. November 1973 davon ausgegangen, daß die zu sichernde Forderung in diesem Zeitpunkt entsprechend der Monatsabrechnungen für November 1973 insgesamt 69.777,34 DM betrug. Demgemäß wurde der Grundschuldbetrag auf 70.000,– DM festgesetzt. Schon deswegen kann kaum angenommen werden, der Beklagte habe als Grundschuldgläubiger für den Fall späteren Streits über das Bestehen dieser Forderung die Beweislast tragen wollen.

Hinzu kommt, daß die Grundstückseigentümerin unter Nr. II der Bestellungsurkunde vom 30. November 1973 auch die persönliche Haftung für die Zahlung des Grundschuldbetrages übernommen hat. Ein solches abstraktes Schuldversprechen (vgl. BGH Urteil vom 21. Januar 1976 – VIII ZR 148/74 = WM 1976, 254) schneidet dem Schuldner zwar nicht stets schlechthin alle Einwände gegen die zugrunde liegende Schuld ab (vgl. zur Möglichkeit eines vollständigen Einwendungsausschlusses Senatsurteil vom 10. Mai 1976 – III ZR 157/74 = WM 1976, 907, 909 zu III 5); es führt aber jedenfalls dazu, daß der Schuldner die Beweislast für diese Einwendungen trägt (BGH Urteil vom 21. Januar 1976 aaO S. 255).

Der Kläger muß daher beweisen, daß die Abrechnungen bis zum 30. November 1973 Fehler enthielten oder daß seine an diesem Tag bestehende Schuld in der Folgezeit getilgt worden ist. Den Beklagten trifft dagegen allenfalls die Beweislast für spätere Belastungen der Gesellschaft nach dem 30. November 1973.

Allerdings wird die Auffassung vertreten, dem Grundstückseigentümer als Sicherungsgeber müsse der ihm obliegende Beweis des Nichtbestehens der gesicherten Forderung dadurch erleichtert werden, daß man vom Sicherungsnehmer eine substantiierte Darlegung zur Begründung der Forderungsentstehung verlange (Huber Sicherungsgrundschuld S. 131 m.w.Nachw. in Fußn. 43). Daraus ergibt sich hier aber keine Rechtfertigung dafür, daß das Berufungsgericht vertragliche Zinsansprüche des Beklagten mit der Begründung verneint hat, er habe eine Zinsvereinbarung nicht substantiiert genug dargelegt. Der Beklagte hatte seine Monatsabrechnungen für die Zeit vom 1. Januar 1967 bis 31. Dezember 1974 vollständig vorgelegt. Daraus waren die Zinsbeträge im einzelnen ersichtlich. Ihre Berechnung hatte der Beklagte bereits im Vorprozeß 2 O 90/77 LG Marburg = 15 U 93/78 OLG Frankfurt am Main – dessen Akten zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind – dahin erläutert, er habe jeweils für den Saldo des Vormonats den (wechselnden) banküblichen Zinssatz für laufende Überziehungskredite verlangt (vgl. Vorprozeßakten I, 141/142), den die KG auch an die Bank hätte zahlen müssen, wenn der Beklagte nicht ihr Konto durch Einzahlungen aus seinen eigenen oder aus Mitteln seiner Ehefrau ausgeglichen hätte. Wenn der Beklagte außerdem vorgetragen hat, über diese Art der Zinsberechnung habe zwischen den Beteiligten Einverständnis geherrscht, so kann dem Kläger der – ihm obliegende – Beweis des Gegenteils nicht mit der Begründung erspart werden, der Vortrag des Beklagten sei zu unsubstantiiert.

Mit Recht wendet sich die Revision insbesondere dagegen, daß das Berufungsgericht eine zwischen Kläger und Beklagten getroffene Zinsvereinbarung schon deswegen für unerheblich erklärt hat, weil der Kläger als Kommanditist nicht zur Vertretung der KG berechtigt gewesen sei. Darin, daß der Geschäftsführer der Komplementärin die auf dieser Vereinbarung beruhende Zinsabrechnung jahrelang widerspruchslos hingenommen, für den sich daraus ergebenden Saldo per 30. November 1973 im Namen der KG eine Grundschuld bestellt und die persönliche Haftung übernommen hat, kann durchaus eine Genehmigung der vom Kläger als Vertreter ohne Vertretungsmacht geschlossenen Vereinbarung gesehen werden. Eine solche Auslegung liegt gerade bei einer Handelsgesellschaft nahe.

III. Das Berufungsgericht hat sich bisher darauf beschränkt, aus den Monatsabrechnungen die darin enthaltenen, nach seiner Auffassung nicht begründeten Zinsen herauszurechnen. Zu den übrigen Abrechnungsposten hat das Berufungsgericht noch keine Feststellungen getroffen. Das angefochtene Urteil konnte daher auch nicht gemäß § 563 ZPO aus anderen Gründen bestätigt werden. Die Sache war vielmehr zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

IV. Bei der weiteren Prüfung wird zu berücksichtigen sein:

1. Die frühere Provisionsvereinbarung muß – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – einer neuen Zinsvereinbarung nicht entgegenstehen.

a) Die ab 1965 geübte Vorschußpraxis war unstreitig von den Parteien mit Ablauf des Jahres 1966 beendet worden. In diesem Zeitpunkt waren nach dem Vorbringen des Beklagten noch Rechnungsbeträge in Höhe von insgesamt 163.105,19 DM offen. Wenn sich in den folgenden Monaten ergab, daß insoweit keine Kundenzahlungen an den Beklagten mehr zu erwarten waren, wenn aber die KG die ihr vom Beklagten bereits gezahlten Vorschüsse auch nicht sofort zurückzahlen konnte, lag es durchaus nahe, daß die Parteien eine weitere Kreditierung auf unbegrenzte Zeit nicht als durch die frühere Provision von 5 % abgegolten ansahen, sondern sich einigten, daß diese Beträge nunmehr als verzinsliche Darlehen behandelt werden sollten.

b) Auch rechtlich kommt es für die Wirksamkeit einer solchen Zinsabrede nicht auf die frühere Vereinbarung an. Selbst wenn man – gemäß der vom Berufungsgericht im Vorprozeß vertretenen Auffassung (Urteil vom 12. April 1979 S. 5) – davon ausginge, daß die vom Beklagten gegen Provision übernommene Inkassotätigkeit gegen das Verbot gewerblicher Tätigkeit in § 22 Abs. 4 Nr. 1 StBerG a. F. (*= § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG n. F.) verstieß (vgl. Klöcker/Mittelsteiner StBerG § 22 Anm. 14; Mittelsteiner/Gehre StBerG 2.Aufl. § 57 Anm. 7) und daß die frühere Vereinbarung deswegen gemäß § 134 oder § 138 BGB nichtig war (vgl. allerdings BGHZ 78, 263, 264 ff; 95, 81, 83 ff), so folgt daraus noch keine Nichtigkeit der neuen Darlehensabrede. Die KG war auch bei Nichtigkeit der früheren Vereinbarung zur Rückzahlung der erhaltenen Vorschüsse aus ungerechtfertigter Bereicherung verpflichtet (vgl. RGZ 161, 52). Durch Parteivereinbarung konnte dieser Anspruch wirksam in ein verzinsliches Darlehen umgewandelt werden, falls nur diese neue Vereinbarung keinen selbständigen rechtlichen Bedenken unterliegt. Aus einer Nichtigkeit der früheren Provisionsvereinbarung ergäbe sich lediglich, daß die noch offenen Vorschußzahlungen nicht in voller Höhe der Rechnungsbeträge in die Abrechnungen nach dem 1. Januar 1967 aufgenommen werden durften, sondern nur in Höhe von 95 %, da der Beklagte tatsächlich nur in diesem Umfange Zahlungen an die Gesellschaft geleistet hatte.

2. Prüft man allein die vom Beklagten behauptete neue Vereinbarung für die Zeit ab 1. Januar 1967, so ergeben sich aus ihrem Inhalt keine rechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit: Daß ein Steuerberater einer – von ihm betreuten – Handelsgesellschaft Darlehen gewährt, dafür bankübliche Zinsen berechnet und alle gegenseitigen Leistungen im Kontokorrent abrechnet, mag ungewöhnlich sein; eine entsprechende Abrede ist aber zivilrechtlich nicht unwirksam. Nach § 355 HGB genügt es, wenn einer der am Kontokorrent Beteiligten Kaufmann ist. Auch aus § 22 Abs. 4 Nr. 1 StBerG a. F. ergibt sich keine Nichtigkeit der Vereinbarung gemäß §§ 134, 138 BGB. Es ist anerkannt, daß einem Steuerberater zwar eine Tätigkeit als persönlich haftender Gesellschafter oder Geschäftsführer einer Handelsgesellschaft verboten ist, Bedenken gegen eine rein kapitalmäßige oder gesellschaftliche Beteiligung aber nicht bestehen (BGH Urteil vom 8. Dezember 1975 – StbStR 3/75, abgedruckt bei Klöcker/Mittelsteiner/Späth Handbuch der Steuerberatung, Gr 12 (1) S. 27, 29; Charlier/Peter StBerG 3. Aufl. Gruppe 320 – § 57 StBerG – S. 39 Rn. 121). Danach erscheint es auch zulässig, daß ein Steuerberater in einem Einzelfall einem Mandanten Darlehen gewährt und bankmäßig abrechnet.

3. Der Tatrichter muß daher prüfen, ob zwischen dem Beklagten und der Gesellschaft tatsächlich eine Vereinbarung zustande gekommen ist, die die Zinsberechnung des Beklagten rechtfertigt.

Falls das Berufungsgericht die Behauptung des Beklagten, seiner Abrechnungspraxis in der Zeit vom 1. Januar 1967 bis 31. Dezember 1974 liege eine mündliche Abrede mit dem Kläger zugrunde, als widerlegt ansieht, muß es sich mit der Möglichkeit einer konkludenten Vereinbarung auseinandersetzen. Der Wille, eine Geschäftsverbindung kontokorrentmäßig abzuwickeln und damit gemäß § 355 Abs. 1 HGB auch die Berechnung von Zinseszinsen zuzulassen, kann in einem entsprechenden Verhalten seinen schlüssigen Ausdruck finden (Schlegelberger/Hefermehl HGB 5. Aufl. § 355 Rn. 14; Canaris Großkomm. HGB 3. Aufl. § 355 Rn. 31). Wesentliche Merkmale für einen solchen Willen liegen in der Behandlung der einzelnen Leistung als verzinsliche Kreditgewährung, in der Verzinsung des Saldos, obwohl Zinsen darunter begriffen sind, in der Übersendung der regelmäßigen Abschlüsse zur Anerkennung und in dieser Anerkennung selbst (RG WarnRspr. 1926 Nr. 27 = S. 33; vgl. ferner BGH Urteile vom 20. April 1956 – I ZR 203/54 = WM 1956, 1125, 1126 und vom 19. Dezember 1969 – I ZR 33/68 = WM 1970, 184, 185). Auch die Saldoanerkenntnisse können stillschweigend erfolgen (vgl. RGZ 118, 139; Canaris aaO Rn. 94; Schlegelberger/Hefermehl 5. Aufl. aaO Rn. 46, jeweils m.w.Nachw.). Bei einem Kaufmann oder einer Handelsgesellschaft wird man das Schweigen auf die Übersendung einer Abrechnung zwar nicht generell (Canaris aaO), wohl aber eher als bei einem Nichtkaufmann als Einverständnis werten können (Schlegelberger aaO).

Bedenklich erscheint die vom Berufungsgericht in der Entscheidung des Vorprozesses geäußerte Auffassung, hier könne schon deswegen nicht von einer Kontokorrentabrede und von Saldoanerkenntnissen ausgegangen werden, weil die Firma R. nicht die Möglichkeit zur Überprüfung der Abrechnungen gehabt habe; in der Sicherheitenbestellung habe nur eine Äußerung des Vertrauens auf die Richtigkeit der vom (jetzigen) Beklagten erstellten Abrechnungen gelegen. Daß der Partner einer Geschäftsverbindung im Vertrauen auf die Richtigkeit der Abrechnung des anderen auf eine Überprüfung verzichtet, spricht nicht zwingend gegen den Willen, den Abrechnungssaldo anzuerkennen. Im übrigen mag der Geschäftsführer der Gesellschaft hier beim Empfang der Abrechnungen des Beklagten nicht haben beurteilen können, ob alle Einzelbuchungen berechtigt waren; insoweit sind Einwendungen aber auch nach einem Kontokorrentsaldoanerkenntnis nicht abgeschnitten; es tritt nur eine Umkehr der Beweislast ein. Dagegen ließen die Abrechnungen insgesamt doch hinreichend klar erkennen, daß der Beklagte in der bei einem Kontokorrentverhältnis üblichen Art periodisch saldierte, vom jeweiligen Saldo der Folgeperiode Zinsen berechnete und beim nächsten Saldo berücksichtigte. Die genaue Höhe des Zinssatzes war zwar nicht ohne weiteres erkennbar, wohl aber ließ sich mühelos die Größenordnung annähernd bestimmen. Wenn die KG die Abrechnungen nie beanstandete und dem Beklagten am 30. November 1973 für den damaligen Saldo eine Sicherheitsgrundschuld bestellte, liegt es nahe, darin zwar nicht einen Verzicht auf jede spätere Nachprüfung der Einzelbuchungen zu sehen, wohl aber eine grundsätzliche Billigung der Art, in der der Beklagte die gegenseitigen Leistungen saldierte und dabei Zinsen in Rechnung stellte.

 

Fundstellen

ZIP 1986, 1171

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