Leitsatz (amtlich)

Es ist grundsätzlich Sache des jeweiligen Sondereigentümers, etwaige das Sondereigentum betreffende bauordnungsrechtliche Vorgaben, wie etwa den in einer Wohnung erforderlichen Einbau einer Toilette und einer Badewanne bzw. Dusche, auf eigene Kosten zu erfüllen.

Die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Anforderungen an den Stellplatznachweis ist auch dann Aufgabe aller Wohnungseigentümer, wenn der Nachweis bei einer Aufteilung gem. § 3 WEG nicht oder nicht vollständig geführt worden ist (im Anschluss an das Urteil des BGH v. 26.2.2016 - V ZR 250/14, NJW 2016, 2181 Rz. 13 ff.).

 

Normenkette

WEG §§ 3, 21 Abs. 5 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Aurich (Urteil vom 26.02.2016; Aktenzeichen 4 S 173/15)

AG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 25.06.2015; Aktenzeichen 10 C 30/14 (WEG))

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Aurich vom 26.2.2016 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Beklagten im Hinblick auf TOP 6 (2) insgesamt und im Hinblick auf TOP 2 insoweit zurückgewiesen worden ist, als sich der zu TOP 2 gefasste Beschluss auf Sanierungsmaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum bezieht.

Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des AG Oldenburg vom 25.6.2015 geändert und im Hinblick auf TOP 2 und TOP 6 (2) klarstellend insgesamt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 21.10.2014 zu TOP 2 gefasste Beschluss insoweit nichtig ist, als er sich auf Maßnahmen am Sondereigentum bezieht. Im Übrigen wird die auf TOP 2 und TOP 6 (2) bezogene Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Klägerin zu 87 % und der Beklagte zu 13 %. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu 90 % und der Beklagte zu 10 %.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Das Haus besteht aus drei Einheiten. Grundlage der Aufteilung ist ein Teilungsvertrag, den der Beklagte am 3.10.1998 mit zwei weiteren Personen geschlossen hatte. Seither steht dem Beklagten das Sondereigentum an der im Erdgeschoss des Hauses gelegenen Wohnung Nr. 1 sowie das Sondereigentum an der im Dachgeschoss gelegenen Einheit Nr. 3 zu. Sondereigentümerin der im ersten Obergeschoss gelegenen Wohnung Nr. 2 ist nunmehr die Klägerin.

Teil I § 2 des Teilungsvertrags lautet auszugsweise wie folgt:

"... im Einzelnen wird die Aufteilung wie folgt vorgenommen: (...) 3. 28/100-Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 3 bezeichneten Wohnung (Dachgeschoss) nebst Kellerraum Nr. 3; das Wohnungseigentum steht dem [Beklagten] zu. Die Wohnungen sind in sich abgeschlossen i.S.d. § 3 Abs. 2 WEG."

Rz. 2

Nach dem Aufteilungsplan besteht die Einheit Nr. 3 aus zwei Zimmern sowie einem großen Bodenraum; anders als bei den beiden anderen Einheiten sind Küche und Bad nicht eingezeichnet. Die Wohnnutzung dieser Einheit ist bauordnungsrechtlich nicht genehmigt. Der Beklagte stellte im Jahr 2014 einen Bauantrag bei der Stadt. Diese gab dem Beklagten u.a. auf, einen Standsicherheits- und einen Brandschutznachweis zu erbringen. Zudem wies sie darauf hin, dass es aufgrund der geänderten Gebäudeklasse vermutlich erforderlich sein werde, einen Dispens hinsichtlich der Feuerwiderstandsklassen von Decken und Treppen zu erwirken. Weiter sei für die neue Wohnung ein Pkw-Stellplatz nachzuweisen oder ein Verzicht zu beantragen.

Rz. 3

In der Eigentümerversammlung vom 21.10.2014 wurden folgende Beschlüsse gefasst:

Rz. 4

TOP 2: Die Miteigentümergemeinschaft ermächtigt [den Beklagten], auf Kosten der Gemeinschaft Fachleute zu beauftragen, die unter Ermittlung der angemessenen Kosten klären, welche Sanierungsmaßnahmen am Haus (...) durchgeführt werden müssen, um einen bauordnungsgemäßen Zustand herbeizuführen. Soweit erforderlich, soll dieses in Abstimmung mit dem Sachbearbeiter des Bauordnungsamtes der Stadt (...) erfolgen.

Rz. 5

TOP 6 (1): Da ein Stellplatz nicht geschaffen werden kann, wird an die Stadt Oldenburg zum spätest möglichen Zeitpunkt ein Ablöseantrag gestellt.

Rz. 6

TOP 6 (2): Den Ablösebetrag tragen die Miteigentümer im Verhältnis ihrer Eigentumsanteile.

Rz. 7

Die Klägerin, die sich nicht gegen die Maßnahmen als solche, sondern gegen ihre Beteiligung an den Kosten verwehrt, hat die zu TOP 2 und zu TOP 6 (2) gefassten Beschlüsse angefochten. Die Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, will der Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Rz. 8

Das Berufungsgericht meint, bei der Dachgeschosseinheit Nr. 3 des Beklagten handele es sich um Teileigentum. Die im Jahr 1998 erteilte Abgeschlossenheitsbescheinigung sei inhaltlich unzutreffend und das Grundbuch unrichtig. Die Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung für eine Wohnung setze nach der maßgeblichen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift voraus, dass die Räume über Küche bzw. Kochgelegenheit sowie Wasserversorgung, Ausguss und WC verfügten. Die Einhaltung dieser Vorgaben lasse sich dem Aufteilungsplan des Dachgeschosses nicht entnehmen. Danach bestehe die Einheit nur aus einem Bodenraum und zwei Zimmern ohne jegliche Installationen und sei folglich für eine Wohnnutzung ungeeignet. Entgegen der Zweckerklärung der teilenden Eigentümer könne daher jedenfalls kein Wohnungseigentum, sondern allenfalls Teileigentum entstanden sein. Sonst könnten die Eigentümer durch bloße Zweckerklärung Garagen oder fensterlose Kellerräume in Wohnungseigentum aufteilen. Aus denselben Gründen könne dem Teilungsvertrag nicht im Wege der Auslegung entnommen werden, dass Wohnungseigentum entstanden sei.

Rz. 9

Ob - wie es der Beklagte behaupte - die Einheit Nr. 3 schon bei der Aufteilung als Wohnung gedient habe, sei unerheblich, da es allein auf die Auslegung der Grundbucheintragung ankomme. Das Teileigentum könne durchaus zu Wohnzwecken genutzt werden, aber nur in Verbindung mit einer der anderen Einheiten. Eine solche Nutzung erfordere nicht die umfangreichen Änderungen des Gemeinschaftseigentums, die der Beklagte nunmehr anstrebe. Daher entspreche es weder ordnungsmäßiger Verwaltung, dass die umfassenden Sanierungsmaßnahmen auf Kosten der Gemeinschaft ermittelt würden, noch sei die Zahlung eines Ablösebetrags für den fehlenden Stellplatz Sache der Gemeinschaft.

II.

Rz. 10

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Wesentlichen nicht stand.

Rz. 11

1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts entspricht der zu TOP 2 gefasste Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung, soweit er sich auf das Gemeinschaftseigentum bezieht; entsprechend § 139 BGB ist er nur insoweit nichtig, als er das Sondereigentum betrifft.

Rz. 12

a) Soweit im Hinblick auf das gemeinschaftliche Eigentum geklärt werden soll, welche Sanierungsmaßnahmen für die Herbeiführung eines bauordnungsgemäßen Zustands erforderlich sind, ist der Beschluss nicht zu beanstanden.

Rz. 13

aa) Zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung gehört gem. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Nach der Rechtsprechung des Senats zählen hierzu sowohl die erstmalige plangerechte Herstellung des Gemeinschaftseigentums (vgl. BGH, Urt. v. 26.2.2016 - V ZR 250/14, NJW 2016, 2181 Rz. 10; Urt. v. 20.11.2015 - V ZR 284/14, BGHZ 208, 29 Rz. 7) als auch Maßnahmen zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen an das gemeinschaftliche Eigentum (vgl. BGH, Urt. v. 26.2.2016 - V ZR 250/14, a.a.O.; Beschl. v. 19.9.2002 - V ZB 37/02, BGHZ 152, 63, 74 f.).

Rz. 14

bb) Danach unterfällt die beschlossene Maßnahme § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG und entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, soweit sie das gemeinschaftliche Eigentum betrifft. Die Einheit Nr. 3 ist nach dem Teilungsvertrag nämlich Wohnungseigentum und nicht - wie das Berufungsgericht meint - Teileigentum. Infolgedessen muss das gemeinschaftliche Eigentum die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an eine Nutzung des Gebäudes mit drei Einheiten zu Wohnzwecken erfüllen, insb. also die brandschutzrechtlichen Vorgaben für die danach einschlägige Gebäudeklasse (vgl. § 2 Abs. 3 NBauO).

Rz. 15

(1) Die Zweckbestimmung einer Sondereigentumseinheit richtet sich im Ausgangspunkt nach der Grundbucheintragung, und zwar nach dem Teilungsvertrag (bzw. der Teilungserklärung) und dem dort in Bezug genommenen Aufteilungsplan.

Rz. 16

(a) Bei der Auslegung von Grundbucheintragungen, die der Senat in vollem Umfang überprüfen kann, ist vorrangig auf den Wortlaut und den Sinn der Eintragung sowie der darin in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie sie sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergeben. Umstände außerhalb dieser Urkunden dürfen zur Ermittlung von Inhalt und Umfang eines Grundstücksrechts nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind (st.Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 20.11.2015 - V ZR 284/14, BGHZ 208, 29 Rz. 9 m.w.N.).

Rz. 17

(b) Auszugehen ist bei der Auslegung eines Teilungsvertrags von dessen Wortlaut. Angaben in dem Aufteilungsplan kommt nach ständiger Rechtsprechung des Senats allenfalls nachrangige Bedeutung zu. Aufgabe des Aufteilungsplans ist es nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WEG, die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe des Sondereigentums und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich zu machen, und nicht, die Rechte der Wohnungs- und Teileigentümer über die Bestimmung der Grenzen des jeweiligen Eigentums hinaus zu erweitern oder zu beschränken. Werden Genehmigungspläne als Grundlage der Darstellung der Aufteilung des Gebäudes benutzt, kommt Eintragungen des planenden Architekten in diese Pläne daher grundsätzlich nicht die Bedeutung einer Nutzungsbeschränkung zu (BGH, Urt. v. 15.1.2010 - V ZR 40/09, NZM 2010, 407 Rz. 7 f.; Urt. v. 16.11.2012 - V ZR 246/11, WuM 2013, 58 Rz. 5; Beschl. v. 4.12.2014 - V ZB 7/13, DNotZ 2015, 362 Rz. 8, jeweils m.w.N.). Soll der Aufteilungsplan ausnahmsweise auch die Nutzung verbindlich regeln, muss dies eindeutig aus der Bezugnahme in dem Teilungsvertrag oder der Gemeinschaftsordnung hervorgehen (vgl. BGH, Urt. v. 16.11.2012 - V ZR 246/11, a.a.O., Rz. 6).

Rz. 18

(2) Daran gemessen stellt die Einheit Nr. 3 Wohnungseigentum dar.

Rz. 19

(a) Sie ist in Teil I § 2 Nr. 3 des Teilungsvertrags (im Folgenden: TV) unmissverständlich als Wohnungseigentum bezeichnet; die Wohnungen sind für Wohnzwecke bestimmt (Teil II § 2 Abs. 1 Satz 1 TV). Nichts anderes ergibt sich aus dem Aufteilungsplan. Er regelt "Lage und Ausmaße des Sondereigentums" (Teil I § 3 TV), also allein die räumliche Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum (vgl. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WEG). Dass dem Aufteilungsplan kein darüber hinausgehender Regelungsgehalt zukommt, legt bereits der Umstand nahe, dass bei der Aufteilung im Jahr 1998 offenkundig alte Baupläne verwendet worden sind, die das Datum "September 1913" tragen. Unabhängig davon ergibt sich aus den Bezeichnungen als "Bodenraum" und "Zimmer" ohne Einzeichnung von Küche und Bad keine Zweckbestimmung, weil solche Nutzungsvorschläge des Architekten in einem Aufteilungsplan regelmäßig keinen Regelungsgehalt aufweisen. Ebenso wenig erlaubt die fehlende Darstellung von Installationen für Küche und Bad den Rückschluss, dass entgegen der eindeutigen Zweckbestimmung in dem Teilungsvertrag kein Wohnungseigentum begründet wird; welche Leitungen in dem Haus verlegt sind, gibt der Aufteilungsplan ohnehin nicht wieder. Schließlich wäre selbst ein bestehender Widerspruch nicht - wie das Berufungsgericht offenbar meint - durch den Vorrang des Aufteilungsplans aufzulösen, sondern indem die in dem Teilungsvertrag getroffenen Regelungen als vorrangig angesehen werden (vgl. nur BGH, Beschl. v. 4.12.2014 - V ZB 7/13, DNotZ 2015, 362 Rz. 8 aE.; Schultzky in Jennißen, WEG, 5. Aufl., § 15 Rz. 16a m.w.N.).

Rz. 20

(b) Dagegen lässt sich auch nicht - wie das Berufungsgericht meint - einwenden, dass die Wohnungseigentümer fensterlose Keller oder Garagen zu Wohnungseigentum erklären könnten. Um eine solche Fallgestaltung geht es hier nicht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Einheit Nr. 3, wie es der Beklagte behauptet, schon bei der Aufteilung im Jahr 1998 - anders als im Jahr 1913, aus dem die als Aufteilungsplan verwendeten Baupläne stammen - als Wohnung diente; dies ist für die Entstehung von Wohnungseigentum nicht maßgeblich, weil es sich um einen Umstand außerhalb der Grundbucheintragung handelt. Jedenfalls ist die Abgeschlossenheitsbescheinigung erteilt und das Sondereigentum in das Wohnungseigentumsgrundbuch eingetragen worden. Dass die Einheit im Grundsatz zu Wohnzwecken geeignet ist und eine entsprechende Baugenehmigung erlangt werden könnte, steht zwischen den Parteien nicht im Streit; uneins sind sie sich nur darüber, wer die Kosten hierfür zu tragen hat.

Rz. 21

cc) Die Kosten für die Erfüllung der bauordnungsrechtlichen Anforderungen an das Gemeinschaftseigentum haben die Wohnungseigentümer gem. § 16 Abs. 2 WEG nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen; dies gilt daher auch für die Kosten der Ermittlung der erforderlichen Maßnahmen. Eine abweichende Kostenregelung gem. § 16 Abs. 4 WEG ist nicht beschlossen worden. Ob sich das Begehren der Klägerin, die sich vornehmlich gegen ihre Beteiligung an den Kosten wehrt, so verstehen lässt, dass sie neben der Beschlussanfechtung einen Anspruch auf eine solche, von der gesetzlichen Kostenverteilung abweichende Regelung geltend machen will (§§ 16 Abs. 4, 21 Abs. 4 und 8 WEG), kann dahinstehen. Denn in Betracht kommt ein solcher Anspruch nur unter den Voraussetzungen von § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG (BGH, Urt. v. 15.1.2010 - V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rz. 27), also dann, wenn ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insb. der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen schon deshalb nicht vor, weil es auch im Interesse der Klägerin liegt, dass ermittelt wird, mit welchen Maßnahmen die - u.a. Statik und Brandschutz betreffenden - öffentlich-rechtlichen Anforderungen an die in dem Teilungsvertrag vorgesehene Nutzung des Gebäudes mit drei Wohneinheiten eingehalten werden können. Daher kann offen bleiben, ob eine auf § 16 Abs. 4 WEG gestützte Kostenverteilung ohnehin ordnungsmäßiger Verwaltung widerspräche, wenn es - wie hier - um die Kosten für die erstmalige plangerechte Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums geht (so Jennißen in Jennißen, WEG, 5. Aufl., § 16 Rz. 66).

Rz. 22

b) Dagegen ist der Beschluss nichtig, soweit er sich auf das Sondereigentum bezieht.

Rz. 23

aa) Grundsätzlich ist es Sache des jeweiligen Sondereigentümers, etwaige das Sondereigentum betreffende bauordnungsrechtliche Vorgaben auf eigene Kosten zu erfüllen. Für Maßnahmen am Sondereigentum besteht generell keine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer; dies gilt auch dann, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften die Maßnahmen erfordern (vgl. BGH, Urt. v. 8.2.2013 - V ZR 238/11, ZfIR 2013, 511 Rz. 14). Ein ungeachtet dessen gefasster Beschluss ist nichtig.

Rz. 24

Für das Sondereigentum an einer Wohnung kann bauordnungsrechtlich der Einbau einer Toilette und einer Badewanne bzw. Dusche vorgegeben sein (hier gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 NBauO). Da diese Gegenstände als wesentliche Bestandteile des Gebäudes i.S.v. § 94 BGB (vgl. Stresemann in MünchKomm/BGB, 7. Aufl., § 94 Rz. 28 m.w.N.) gem. § 5 Abs. 1 WEG im Sondereigentum stehen (vgl. Bärmann/Armbrüster, WEG, 13. Aufl., § 5 Rz. 57), hat der Sondereigentümer solche bauordnungsrechtlichen Vorgaben auf eigene Kosten zu erfüllen.

Rz. 25

bb) Beschlossen worden ist zu TOP 2, zu ermitteln, "welche Sanierungsmaßnahmen am Haus (...) durchgeführt werden müssen, um einen bauordnungsgemäßen Zustand herbeizuführen." Die Auslegung des Beschlusses, die der Senat uneingeschränkt selbst vornehmen kann (vgl. BGH, Beschl. v. 10.9.1998 - V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, 291 ff.), ergibt, dass die Ermittlung der angemessenen Kosten für Sanierungsmaßnahmen insgesamt umfasst sind, also auch etwaige Kosten, die das Sondereigentum betreffen. Eine Beschränkung auf das Gemeinschaftseigentum lässt der Wortlaut des Beschlusses nicht erkennen. Entgegen der Ansicht der Revision ist es unerheblich, ob die Einheit Nr. 3 bereits über Küche und Bad verfügt, so dass bauordnungsrechtlich bedingte Maßnahmen am Sondereigentum tatsächlich nicht erforderlich sind. Denn der Beschluss ist aufgrund der Bindung etwaiger Sonderrechtsnachfolger aus sich heraus objektiv und nächstliegend auszulegen (näher BGH, Beschl. v. 10.9.1998 - V ZB 11/98, a.a.O.).

Rz. 26

c) Soweit er das Gemeinschaftseigentum betrifft, kann der Beschluss entsprechend § 139 BGB aufrechterhalten werden (vgl. BGH, Versäumnisurteil v. 11.5.2012 - V ZR 193/11, NJW 2012, 2648 Rz. 10). Zwar kommt dies regelmäßig nur dann in Betracht, wenn zweifelsfrei davon auszugehen ist, dass der Beschluss auch als Teilregelung gefasst worden wäre (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.2014 - V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 Rz. 21). Diese Voraussetzung ist aber erfüllt, da anzunehmen ist, dass die Parteien bei Kenntnis der Teilnichtigkeit das objektiv Vernünftige gewollt hätten (vgl. BGH, Versäumnisurteil v. 11.5.2012 - V ZR 193/11, NJW 2012, 2648 Rz. 13); daran gemessen wäre ein auf das Gemeinschaftseigentum begrenzter Beschluss mit den Stimmen des Beklagten als Mehrheitseigentümer zweifelsfrei zustande gekommen.

Rz. 27

2. Die zu TOP 6 (2) beschlossene Kostenregelung, die einen etwaigen Ablösebetrag für einen Stellplatz betrifft, entspricht der gesetzlichen Kostenregelung gem. § 16 Abs. 2 WEG und ist daher nicht zu beanstanden. Auch insoweit handelt es sich um Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Anforderungen an den Stellplatznachweis Aufgabe aller Wohnungseigentümer ist, wenn der Bauträger bei der Errichtung der Wohnanlage und der Teilung nach § 8 WEG von den der Baugenehmigung zugrunde liegenden Plänen abgewichen ist und dadurch die öffentlich-rechtliche Verpflichtung besteht, weitere Stellplätze zu schaffen (BGH, Urt. v. 26.2.2016 - V ZR 250/14, NJW 2016, 2181 Rz. 13 ff.). Nichts anderes gilt, wenn die öffentlich-rechtlichen Anforderungen an den Stellplatznachweis - wie hier - bei einer Aufteilung gem. § 3 WEG nicht oder nicht vollständig erfüllt worden sind. Hier wie dort betrifft die Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen die erstmalige ordnungsmäßige Herstellung des Gemeinschaftseigentums, die auf die bauliche Anlage und nicht auf eine einzelne Einheit bezogen ist (vgl. § 47 Abs. 1 NBauO). Den Nachweis hätten die teilenden Miteigentümer bei der Aufteilung führen müssen; die öffentlich-rechtliche Pflicht traf nicht nur - wie die Klägerin offenbar meint - den Beklagten, sondern diesen gemeinsam mit den Rechtsvorgängern der Klägerin. Dementsprechend ist es nunmehr Aufgabe aller Wohnungseigentümer, die für die in dem Teilungsvertrag vorgesehenen drei Wohneinheiten erforderlichen Stellplätze nachzuweisen.

III.

Rz. 28

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der Beschluss zu TOP 2 jedenfalls in erster Linie das Gemeinschaftseigentum betrifft.

 

Fundstellen

Haufe-Index 10256659

NJW 2017, 8

BauR 2017, 927

NJW-RR 2017, 462

NZM 2017, 224

ZMR 2017, 2

ZMR 2017, 317

ZfIR 2017, 212

DNotZ 2017, 938

JZ 2017, 253

MDR 2017, 757

WuM 2017, 170

ZWE 2017, 177

MietRB 2017, 102

NJW-Spezial 2017, 258

ZNotP 2017, 59

BBB 2017, 61

IWR 2017, 46

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