Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Steuerberaters bei Gebührenbegleichung durch Unternehmensberatungsgesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Unternehmensberatungsgesellschaft II

Mit den Berufspflichten des Steuerberaters zu unabhängiger und eigenverantwortlicher Berufsausübung ist es nicht zu vereinbaren, Hilfe in Steuersachen zu leisten, wenn die Steuerberatergebühren nicht der Beratene zahlt, sondern ein Dritter, der sich aus Anlaß einer von ihm für den Beratenen gegen monatliche Pauschalzahlungen entfalteten kaufmännischen Beratungstätigkeit diesem und dem Steuerberater gegenüber zur Zahlung der Gebühren verpflichtet hat (hier eine Unternehmensberatungsgesellschaft).

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Beschränkungen, die ein Steuerberater bei der Übernahme von Steuerberatungsaufträgen gemäß § 57 Abs. 1 StBerG beachten muß, sind aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Insbesondere wird dadurch das Grundrecht auf freie Berufsausübung nicht verletzt.

 

Normenkette

StBerG § 57 Abs. 1; GG Art. 12 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Urteil vom 20.12.1984; Aktenzeichen 4 U 106/83)

LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 19.04.1983; Aktenzeichen 11 O 6/83)

 

Tatbestand

Der Beklagte ist Steuerbevollmächtigter in Lörrach. Er steht in Geschäftsverbindung mit einer Unternehmensberatungsgesellschaft in Basel (Gesellschaft), einer Aktiengesellschaft Schweizer Rechts, die sich – auch außerhalb der Schweiz – mit Wirtschafts- und Unternehmensberatung befaßt. Ihre Kunden in der Bundesrepublik Deutschland berät die Gesellschaft gegen eine monatliche Pauschale von 175,– DM über alle betriebswirtschaftlichen und sonstigen Probleme kaufmännischer Art. In ihrer Werbung weist sie darauf hin, daß alle an sie im Rahmen ihres schriftlichen Beratungsdienstes gerichteten Anfragen von anerkannten Sachverständigen durch gutachtliche Stellungnahmen beantwortet würden. Nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist sie gegenüber ihren Kunden berechtigt, auf ihre – der Gesellschaft – Kosten Aufträge zur Erstellung von Gutachten an Freiberufler weiterzuleiten (Vertragsformular T 80) bzw. Mandatsverhältnisse zu Freiberuflern herzustellen (Vertragsformular T 82).

Im Juli 1982 hat die Gesellschaft zwei an sie aus der Bundesrepublik Deutschland gerichtete Anfragen steuerrechtlichen Inhalts dem Beklagten zur Beantwortung zugeleitet. Dieser hat seine gutachtlichen Stellungnahmen den Kunden unmittelbar übersandt. In seinen Mandatsbedingungen, die er den Stellungnahmen beigefügt hatte, hat er darauf hingewiesen, daß durch die Anfrage, die ihm die Gesellschaft zur eigenverantwortlichen Beantwortung übersandt habe, ein gesondertes Mandatsverhältnis zwischen ihm und den Kunden zustande gekommen sei. Ferner hat er zum Ausdruck gebracht, daß seine Bemühungen nicht von den Kunden zu bezahlen seien, sondern von der Gesellschaft vergütet würden. Dementsprechend hat er seine Gebühren auch nur mit dieser abgerechnet.

Die klagende Steuerberaterkammer hat mit der in vorliegender Sache erhobenen Klage geltend gemacht, daß es als Verstoß gegen das Steuerberatungsgesetz und gegen § 1 UWG zu beanstanden sei, wenn sich der Beklagte Aufträge gewerbsmäßig vermitteln lasse und Hilfe in Steuersachen leiste, für die nicht der Beratene, sondern ein Dritter gewerbsmäßig das Entgelt zahle. In einem weiteren Prozeß (I ZR 138/84) hat sie auch gegen die Gesellschaft Unterlassungsklage – wegen Verstoßes gegen das Steuerberatungsgesetz und gegen § 1 UWG – erhoben. Dort hat sie die Beantwortung steuerrechtlicher Anfragen durch die Gesellschaft mittels Einschaltung von Angehörigen steuerberatender Berufe beanstandet.

In vorliegender Sache hat die Klägerin vorgetragen, in der Mitwirkung des Beklagten an der von der Gesellschaft gewerbsmäßig betriebenen Vermittlung der Hilfe in Steuersachen liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der freien Auswahl des Steuerberaters durch den Ratsuchenden, weil allein die Gesellschaft entscheide, wer als Steuerberater eingeschaltet werde. Auch sei es mit den Pflichten eines Steuerberaters zu unabhängiger und eigenverantwortlicher Berufsausübung (§ 57 StBerG) nicht zu vereinbaren, wenn dieser, wie hier, seine Gebühren nicht unmittelbar mit dem Beratenen, sondern mit einem Dritten, hier der Gesellschaft, abrechne. Denn da die Gesellschaft unabhängig von einer Steuerberatung im Einzelfall von ihren Kunden monatliche Pauschalzahlungen in bestimmter Höhe erhalte, sei sie an einer Geringhaltung der Tätigkeit und der Kosten des Steuerberaters interessiert. Das begründe die Gefahr eines Interessengegensatzes zwischen der Gesellschaft und ihren Kunden.

Die Klägerin hat beantragt,

dem Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen,

  1. sich Mandate, die die Hilfeleistung in Steuersachen betreffen, gewerbsmäßig von anderen vermitteln zu lassen,
  2. Hilfe in Steuersachen zu leisten, wenn hierfür nicht der Beratene, sondern ein Dritter gewerbsmäßig das Entgelt zahlt.

Dem ist der Beklagte entgegengetreten. Er hält unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 79, 239 – Unternehmensberater II/Unternehmensbetreuung) die Weiterleitung steuerlicher Anfragen von Kunden der Gesellschaft an Steuerberater (Steuerbevollmächtigte) zur eigenverantwortlichen Beratung im Rahmen eines selbständigen Vertragsverhältnisses zwischen Kunden und Steuerberater für unbedenklich. Die Weiterleitung solcher Anfragen und deren Beantwortung durch den Steuerberater liege im Interesse des Kunden und beeinträchtige dessen Recht auf freie Wahl des Steuerberaters nicht. Auch die Begleichung der Steuerberatergebühren durch die Gesellschaft beanstande die Klägerin zu Unrecht. Die Unabhängigkeit des Steuerberaters werde dadurch – wie auch sonst in Fällen der Gebührenzahlung durch Dritte, beispielsweise bei der Gebührenzahlung durch Rechtsschutzversicherer – nicht berührt. Insbesondere bestehe nicht die Gefahr, daß der Steuerberater seine Tätigkeit an den Interessen der Gesellschaft und nicht an denen seines Mandanten ausrichte. Auf den Umfang der Tätigkeit des Steuerberaters nehme die Gesellschaft keinerlei Einfluß. Diese Tätigkeit werde in dem Umfang ausgeführt und abgerechnet, wie sie erforderlich gewesen sei.

Das Landgericht hat die Klage zu a) abgewiesen. Auf den Antrag zu b) hat es den Beklagten antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Die gegen dieses Urteil im Umfang der jeweiligen Beschwer eingelegten Berufungen der Parteien hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihren – wiederum im Umfang der jeweiligen Beschwer – eingelegten Revisionen verfolgen die Parteien ihre bisherigen Anträge weiter. Beide Parteien beantragen, die jeweils gegnerische Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Auf die Berufung der Klägerin sei bei der Beurteilung des Klageantrags zu a) über das Verhalten des Beklagten nur insoweit zu befinden, als es darum gehe, daß er sich Steuerberatungsverträge, die er mit den Kunden schließe, durch die Gesellschaft vermitteln lasse. Soweit er dagegen lediglich als Erfüllungsgehilfe und ohne Begründung eines selbständigen Mandats zu den Kunden steuerberatend tätig werde, werde diese Tätigkeit von dem Klageantrag zu a) nicht erfaßt. Streitgegenstand sei allein die Frage der Zulässigkeit einer – gewerbsmäßig betriebenen – Vermittlung von Hilfeleistung in Steuersachen. Eine Vermittlung solcher Mandate bestehe aber stets in der Begründung selbständiger Mandatsverhältnisse zwischen Steuerberater und Beratenem.

Die danach zu beurteilende Tätigkeit des Beklagten sei nicht zu beanstanden. Weder sei es Steuerberatern (Steuerbevollmächtigten) allgemein verboten, sich Mandate vermitteln zu lassen, noch habe sich der Beklagte an einem gesetzwidrigen Verhalten der Gesellschaft beteiligt. Die Vermittlung von Mandaten allein beeinträchtige die Unabhängigkeit des Steuerberaters nicht. Eine solche Vermittlungstätigkeit erschöpfe sich in der Herbeiführung eines Mandatsverhältnisses zwischen Steuerberater und Kunden. Das stehe zu den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes nicht in Widerspruch. Dessen Zweck, Steuerberatung nur von dazu befähigten Personen durchführen zu lassen, werde durch Einschaltung eines Steuerberaters erfüllt. Begleitumstände, die das Verhalten des Beklagten gleichwohl unzulässig machten, seien nicht gegeben. Weder werbe die Gesellschaft in verbotener Weise (§ 8 Abs. 1 StBerG) für den Beklagten, noch werde durch dessen Verhalten oder das der Gesellschaft die berufliche Betätigung anderer Steuerberater unzulässig beeinträchtigt.

Unbegründet sei auch die Berufung des Beklagten. Mit der vom Gesetz geforderten Unabhängigkeit eines Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten (§ 57 Abs. 1 StBerG) sei es unvereinbar, daß sich der Beklagte seine steuerberatende Tätigkeit nicht vom Beratenen, sondern von der Gesellschaft bezahlen lasse. Bei der Bestimmung des Umfangs seiner Beratungstätigkeit gerate der Beklagte in einen Interessengegensatz zwischen der Gesellschaft und den Kunden. Während die Gesellschaft, die das Honorar des Beklagten aus den Pauschalzahlungen decken müsse, die sie von ihren Kunden erhalte, an einer Geringhaltung der Steuerberatergebühren interessiert sei, sei den Kunden an einer möglichst umfassenden Beratung gelegen, was zu höheren Kosten führe. Es sei daher nicht auszuschließen, daß ein Steuerberater das Interesse des Beratenen hinter das der Gesellschaft zurücktreten lasse, wenn er nicht Gefahr laufen wolle, von der Gesellschaft nicht mehr berücksichtigt zu werden. Die sich daraus ergebende Interessenkollision gefährde seine Unabhängigkeit. Mit Zahlungen eines Rechtsschutzversicherers an einen Rechtsanwalt sei die vorliegende Fallgestaltung nicht vergleichbar. Während eine Unternehmensberatungsgesellschaft zur Erfüllung ihrer eigenen Vertragspflichten gegenüber den Kunden die Gebührenansprüche des Steuerberaters begleiche, tilge der Rechtsschutzversicherer nur eine Verpflichtung des Versicherungsnehmers.

Das beanstandete Verhalten des Beklagten verstoße danach gegen § 57 Abs. 1 StBerG. Das rechtfertige den von der Klägerin geltend gemachten wettbewerblichen Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG.

Die gegen dieses Urteil gerichteten Revisionen der Parteien haben keinen Erfolg.

II. Revision des Beklagten.

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die Klägerin gemäß § 13 Abs. 1 UWG prozeßführungsbefugt sei. Das ist, entgegen der Auffassung der Revision, nicht zu beanstanden. Die Beurteilung des Berufungsgerichts entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 79, 390, 392 ff. – Apotheken-Steuerberatungsgesellschaft). Das von der Revision für ihre gegenteilige Auffassung angeführte Urteil des OVG Koblenz (AnwBl. 1985, 51), das diese Rechtsprechung nicht berücksichtigt hat und auch über eine ganz andere Fallgestaltung als vorliegend zu entscheiden hatte, nämlich über die Frage, ob eine Steuerberaterkammer befugt ist, einem Verband freier Berufe als Mitglied beizutreten, gibt zu einer Änderung der vorbezeichneten Senatsrechtsprechung keine Veranlassung (vgl. auch BVerwG AnwBl. 1986, 397, 398).

2. Die Revision meint, daß ein Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Klage nicht gegeben sei. Zur Erreichung des von der Klägerin verfolgten Ziels, Verstöße der behaupteten Art zu verhindern, bedürfe es der Klage nicht. Falls der Beklagte seine Berufspflichten aus dem Steuerberatungsgesetz verletzte, habe es die Klägerin in der Hand, bereits mit öffentlich-rechtlichen Mitteln (vgl. §§ 76, 80, 81, 89 ff., 115 StBerG) gegen ihn vorzugehen und das beanstandete Verhalten zu unterbinden. Dem kann nicht beigetreten werden.

Öffentlich-rechtliche Maßnahmen, wie sie nach den vorbezeichneten Vorschriften in Betracht kommen, sind ihrer Art nach nicht in gleicher Weise geeignet, Verstößen von Steuerberatern gegen das Steuerberatungsgesetz vorzubeugen, wie das bei dem begehrten Unterlassungsurteil der Fall ist. Eine Berufskammer wie die Klägerin ist – wie in der Parallelsache I ZR 138/84 (vgl. auch BGHZ 79, 390, 392 – Apotheken-Steuerberatungsgesellschaft) – nicht auf öffentlich-rechtliche Mittel beschränkt, wenn es, wie im Streitfall, darum geht, Kammermitglieder zur Beachtung ihrer beruflichen Pflichten anzuhalten (BGHZ 79, 390, 392).

3. Die Revision bemängelt, daß der Klageantrag und der gemäß diesem Antrag ergangene, vom Berufungsgericht bestätigte Urteilsausspruch des Landgerichts nicht den Anforderungen gerecht werde, die an die Bestimmtheit eines Unterlassungsgebots zu richten seien. Die Rüge greift nicht durch.

Nach ihrem Wortlaut könnte allerdings das dem Klageantrag entsprechende landgerichtliche Verbot, Hilfe in Steuersachen zu leisten, wenn dafür nicht der Beratene, sondern ein Dritter gewerbsmäßig das Entgelt zahlt, dahin verstanden werden, daß ihm über die vorliegend in Rede stehenden Fälle der Bezahlung eines Steuerberaters durch eine Unternehmensberatungsgesellschaft hinaus noch weitere Fallgestaltungen unterliegen sollen. Jedoch kommt es bei der Prüfung der Frage, ob der Urteilsausspruch den Inhalt und den Umfang eines Verbots hinreichend bestimmt erkennen läßt, nicht allein auf den Wortlaut der Urteilsformel an. Maßgebend sind insoweit auch der Tatbestand und die Entscheidungsgründe und das dort in Bezug genommene Parteivorbringen (BGHZ 34, 337, 339; 36, 365, 367; BGH, Urt. v. 25.9.1978 – VII ZR 281/77, NJW 1979, 720).

Unter Berücksichtigung dessen ist die Rüge der Revision, Antrag und Urteilsformel seien zu unbestimmt, nicht gerechtfertigt. Aus den Urteilsausführungen ergibt sich, daß das Berufungsgericht – entsprechend dem Begehren der Klägerin – als Streitgegenstand ausschließlich solche Fallgestaltungen angesehen hat, die – wie die von der Klägerin vorgetragenen Fälle – in der Weise gekennzeichnet sind, daß die Steuerberatergebühren nicht der Beratene, sondern ein Dritter, hier die Gesellschaft, zahlt, der sich aus Anlaß einer von ihm für den Beratenen gegen Pauschalzahlungen entfalteten kaufmännischen Betreuungstätigkeit diesem und dem Steuerberater gegenüber dazu verpflichtet hat. Damit ist dem Bestimmtheitsgrundsatz genügt.

4. In der Sache hat das Berufungsgericht die Klage (Klageantrag zu b) aus zutreffenden Erwägungen für begründet erachtet.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, daß ein Steuerbevollmächtigter wie der Beklagte seinen beruflichen Pflichten zu unabhängiger und eigenverantwortlicher Berufsausübung (§ 57 Abs. 1 StBerG) nicht gerecht wird, wenn die Auftragsbedingungen so gestaltet sind, daß er die Vergütung für seine Beratungstätigkeit nicht von dem Beratenen, sondern von einem Dritten, der Gesellschaft, erhält, der seinerseits erfahrungsgemäß an einer Geringhaltung der Steuerberaterkosten interessiert ist. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Rechtsirrtumsfrei hat das Berufungsgericht ausgeführt, bei derartigen Aufträgen bestehe die Gefahr, daß der Steuerberater in einen Interessengegensatz zwischen der Betreuungsgesellschaft und den Kunden gerate. Denn während der Kunde ein berechtigtes Interesse an einer am Einzelfall orientierten umfassenden Beratung habe, müsse der Steuerberater mit der Möglichkeit rechnen, daß ihn die Betreuungsgesellschaft nicht mehr berücksichtigen werde, wenn dieser die Tätigkeit des Steuerberaters als zu umfangreich und ihr seine Gebührenrechnung demzufolge (vgl. § 22 der Steuerberatergebührenverordnung vom 17.12.1981, BGBl. I 1442) als zu hoch erschienen. Im Hinblick darauf steht der Steuerberater, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, in solchen Fällen unter dem Zwang, bei der Bemessung des Umfangs seiner Beratungstätigkeit nicht nur das Interesse des Beratenen, sondern auch das des Dritten im Auge zu haben, was für den Kunden im Einzelfall von Nachteil sein kann. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß eine solche Beratungstätigkeit mit den Pflichten eines Steuerberaters aus § 57 Abs. 1 StBerG nicht in Einklang steht.

Ohne Erfolg weist die Revision demgegenüber darauf hin, daß nach § 53 Abs. 3 der Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts (Richtlinien der Bundesrechtsanwaltskammer gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 2 BRAO, abgedr. bei Jessnitzer, Bundesrechtsanwaltsordnung, 3. Aufl. 1985, Anh. I) Pauschalvergütungen zwischen einem Rechtsanwalt und einem Verband oder Verein für die Beratung von Mitgliedern dieser Organisation vereinbart werden dürften. Für die Beurteilung der vorliegenden Streitsache hat das keine Bedeutung. In den Fällen des § 53 Abs. 3 der genannten Richtlinien wird – anders als in den vorliegend zu beurteilenden Fällen – die Pauschalvergütung mit einer der Beratungstätigkeit vorangehenden Vereinbarung festgelegt (vgl. § 5 Abs. 1 des von der Revision vorgelegten Mustervertragsformulars der Rechtsanwaltskammer Freiburg). Bei einer solchen Handhabung tritt die Gefahr einer Interessenkollision, wie sie vorliegend gegeben ist, zurück.

b) Die Beschränkungen, die der Beklagte danach bei der Übernahme von Steuerberatungsaufträgen gemäß § 57 Abs. 1 StBerG beachten muß, sind entgegen der Ansicht der Revision aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Insbesondere wird dadurch das Grundrecht des Beklagten aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG auf freie Berufsausübung nicht verletzt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann die Freiheit der Berufsausübung beschränkt werden, wenn vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls das als zweckmäßig erscheinen lassen (vgl. BVerfGE 7, 377, 405; 21, 150, 159, 160). Von solchen Erwägungen wird auch die hier in Rede stehende Vorschrift des § 57 Abs. 1 StBerG getragen, nach der die dem Beklagten von der Klägerin beanstandete Beratungstätigkeit zu untersagen ist.

c) Der Verstoß des Beklagten gegen § 57 Abs. 1 StBerG rechtfertigt die Unterlassungsklage nach § 1 UWG. § 57 Abs. 1 StBerG bezweckt den Schutz der Steuerrechtspflege, eines wichtigen Gemeinschaftsgutes (BVerfGE 21, 173, 179; 54 301, 315). Der Verstoß dagegen ist zugleich ein Verstoß gegen § 1 UWG, ohne daß es dafür noch auf das Vorliegen weiterer Umstände ankäme (BGHZ 79, 390, 399, 400 – Apotheken-Steuerberatungsgesellschaft).

III. Revision der Klägerin.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß der Klageantrag zu a), der auf das Verbot einer gewerbsmäßigen Vermittlung von Steuerberatungsmandaten gerichtet ist, nur solche Vermittlungsfälle umfaßt, in denen es zur Begründung eines selbständigen Mandatsverhältnisses zwischen dem Steuerberater und dem Kunden der Gesellschaft kommt. Die Revision wendet dagegen ein, daß sich der Klageantrag zu a) weitergehend auf alle Fälle erstrecke, in denen der Beklagte auf Veranlassung eines Dritten, hier der Gesellschaft, für den Kunden steuerberatend tätig werde, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er dabei als Erfüllungsgehilfe des Dritten oder im Rahmen eines Rechtsverhältnisses zwischen ihm und dem Kunden der Gesellschaft handele. Damit kann die Revision keinen Erfolg haben. Sie berücksichtigt dabei nicht hinreichend, daß bereits der Klageantrag zu b) in dem zu II. 3. erörterten Umfang – gleichviel ob der Beklagte allein als Erfüllungsgehilfe der Gesellschaft oder auch im Rahmen eines eigenen Vertragsverhältnisses mit den Kunden tätig wird – alle Fälle seiner Einschaltung abdeckt, wenn nur ein Dritter, hier die Gesellschaft, verpflichtet ist, die Kosten dafür zu tragen. Daraus folgt, daß dem Klageantrag zu a), wenn dieser, wie geboten, von dem zu b) abgegrenzt wird, überhaupt nur die Fälle unterfallen, in denen die an den Beklagten von dritter Seite vermittelten Ratsuchenden die dem Beklagten zustehende Vergütung selber zu zahlen haben.

Auf ein Verbot, das dem Beklagten untersagt, sich solche Mandanten vermitteln zu lassen, hat die Klägerin keinen Anspruch. Dabei kann dahinstehen, ob – was das Berufungsgericht grundsätzlich bejaht hat – ein gewerbsmäßiges Sichvermittelnlassen mit den Berufspflichten eines Steuerberaters vereinbar ist. Denn auch wenn das in Übereinstimmung mit der Revision zu verneinen wäre, könnte dem Klagebegehren zu a) kein Erfolg beschieden sein. Mit diesem Begehren, das – wie dargelegt – neben dem Klageantrag zu b) lediglich auf das Verbot gerichtet ist, sich Mandanten vermitteln zu lassen, die die Steuerberatergebühren selbst zu entrichten haben, müßte die Klägerin in jedem Falle unterliegen, da insoweit weder eine Wiederholungs- noch eine Erstbegehungsgefahr besteht, die für den Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG, der hier allein in Betracht kommt, Voraussetzung ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts rechnet der Beklagte seine Gebührenansprüche allein mit der Gesellschaft ab. Die Kunden, die er berät, zahlen ihm keine Vergütung. Sie sind dazu auch nicht verpflichtet. Von einer anderen Handhabung insoweit kann für die Zukunft nicht ausgegangen werden. Die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft ist gerade dadurch gekennzeichnet, daß ihre Kunden über die an die Gesellschaft gezahlten monatlichen Pauschbeträge hinaus – auch bei Einschaltung eines Steuerberaters – keine weiteren Zahlungen zu leisten haben.

IV. Danach waren die Revisionen der Parteien als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BGHZ, 337

NJW 1987, 1326

GRUR 1987, 176

JZ 1987, 469

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