Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.06.1995)

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. Juni 1995 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten, dem sie in der Vergangenheit bereits zwei B.-Darlehen vermittelt hatte, auf Zahlung von Maklerprovision für den Nachweis der Erwerbsmöglichkeit des bebauten Grundstücks B.straße … in B. in Anspruch.

Ihr Geschäftsführer trat im Oktober 1990 wegen der Vermittlung von B.-Darlehen oder Fonds-Beteiligungen an den Beklagten heran und zeigte ihm anläßlich eines Besuchs in Berlin am 3. und 4. November 1990 verschiedene Fonds-Beteiligungen und zwei bebaute Grundstücke in der R.straße und der B.straße, die ihr von zwei Berliner Maklern, Herrn H. und Frau He., an die Hand gegeben waren. In der Folgezeit übergab sie dem Beklagten eine Dokumentenmappe zu dem Objekt B.straße, auf das sich dessen Interesse konzentrierte, und trat wegen des Kaufpreises und der zu zahlenden Maklerprovision in Verhandlungen mit dem Makler H. ein. Ein an diesen gerichtetes Schreiben, in dem die Klägerin um Klärung weiterer Detailfragen bat, wurde durch die Hausverwaltung S. beantwortet. Durch Vermittlung des Maklers H. besichtigte der Beklagte Anfang Januar 1991 mit Herrn S. das Objekt B.straße und erwarb es mit seinen Eltern mit notariellem Vertrag vom 9. Januar 1991. Daß Grundstückseigentümer je zur Hälfte Rainer Se. und Franz Si. waren, erfuhr der Beklagte erst im Protokollierungstermin.

Die Klägerin hat behauptet, bei der Besichtigung am 4. November 1990 habe ihr Geschäftsführer dem Beklagten gesagt, daß es sich um ein Gemeinschaftsgeschäft mit den beiden B. Maklern handele und daß die Maklerprovision im Innenverhältnis unter den drei beteiligten Maklern geteilt werde. Der Beklagte habe sie in ihrer Eigenschaft als Makler gebeten, die divergierenden Interessen durch Verhandlungen zusammenzuführen. In einem Telefongespräch vom 12. Dezember 1990 sei Einigkeit über die Zahlung der Provision in der eingeklagten Höhe von 107.000 DM erzielt worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht ihr – bis auf eine Zinszuvielforderung – stattgegeben. Mit seiner Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

1. Nicht zu beanstanden ist der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts: In der Entgegennahme von Diensten liegt noch keine Übertragung der Leistung im Sinne des § 653 BGB, wenn – was das Berufungsgericht angenommen hat – der Kaufinteressent davon ausgehen darf, er verhandele mit dem Makler des Verkäufers. In diesem Fall kommt ein Maklervertrag erst dann zustande, wenn der Interessent nach Zugang des Provisionsverlangens weitere Maklerdienste in Anspruch nimmt (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1990 – IV ZR 258/89 – BGHR BGB § 653 Abs. 1 Übertragung 2 = NJW-RR 1991, 371); dabei muß eindeutig zum Ausdruck gebracht sein, daß er (auch) Makler des Käufers sein will (BGH, Urteile vom 15. Januar 1986 – IVa ZR 46/84 – WM 1986, 528, 529 und vom 2. Juli 1986 – IVa ZR 246/84 – WM 1986, 1390, 1391).

2. Das Berufungsgericht hat der Aussage des Zeugen Gr.entnommen, daß der Geschäftsführer der Klägerin am 4. November 1990 an den Beklagten ein Provisionsverlangen gerichtet hat. Die Revision meint, die Anforderungen an ein eindeutiges Provisionsverlangen seien schon deshalb nicht erfüllt, weil nach der Aussage des Zeugen Gr. nicht eine Provisionszahlungsverpflichtung des Beklagten Anlaß und Gegenstand des Gesprächs gewesen sei, sondern eine dem Zeugen als ungerecht erscheinende Provisionsverteilung zwischen der Klägerin und den beiden B. Maklern. Ob die Revision mit dieser Rüge einer unzureichenden Würdigung des Beweisergebnisses einen Rechtsfehler aufzeigt, kann offenbleiben, weil sie jedenfalls zu Recht beanstandet, daß das Berufungsgericht den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355 Abs. 1 ZPO) nicht beachtet hat. Der Zeuge Gr. ist nicht in der Besetzung vernommen worden, die in der Sache entschieden hat. Das Berufungsgericht mußte sich angesichts des streitigen Parteivorbringens und der in der Beweisaufnahme hervorgetretenen unterschiedlichen Darstellungen des Geschehens mit der Glaubwürdigkeit der vernommenen Personen befassen. Der Zeuge Gr. wird in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich als glaubwürdig bezeichnet. Dabei wird zwar, was nicht zu beanstanden ist, auf Angaben und Vorhalte Bezug genommen, die aus dem Vernehmungsprotokoll ersichtlich sind. Nur auf dem persönlichen Eindruck des einzigen sowohl an der Vernehmung als auch an der Schlußverhandlung beteiligten Richters kann jedoch die Würdigung beruhen, der Zeuge sei ersichtlich bemüht gewesen, nur das zu bekunden, woran er sich auch sicher erinnern konnte, und es könne nach dem in der Beweisaufnahme gewonnenen persönlichen Eindruck ausgeschlossen werden, daß er eine Gefälligkeitsaussage gemacht habe. Zwar erfordert ein Richterwechsel nach der Beweisaufnahme nicht grundsätzlich deren Wiederholung. Die Ergebnisse einer früheren Beweisaufnahme können vielmehr im Wege des Urkundenbeweises durch Heranziehung des Protokolls verwertet werden. Das Gericht darf dann bei der Beweiswürdigung aber nur das berücksichtigen, was auf der persönlichen Erinnerung aller an der Entscheidung beteiligten Richter beruht oder aktenkundig ist und wozu die Parteien sich erklären konnten. Eindrücke, die nicht in das Verhandlungsprotokoll aufgenommen worden sind, zu denen also die Parteien auch keine Stellung nehmen konnten, dürfen dagegen nach einem Richterwechsel nicht verwendet werden (Senat, Urteil vom 12. März 1992 – III ZR 133/90 – WM 1992, 1712, 1713 f).

Der Verstoß gegen § 355 ZPO ist nicht nach § 295 ZPO geheilt worden. Zwar kann auch das Recht, einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zu rügen, nach § 295 ZPO verloren gehen (vgl. BGHZ 40, 179, 183 sowie Senatsurteil BGHZ 86, 104, 113). Hier handelt es sich jedoch um einen Fehler bei der Urteilsfällung, von dem die Parteien bei der Schlußverhandlung noch keine Kenntnis haben konnten (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 1992 – VIII ZR 30/91 – NJW 1992, 1966, 1967; Senat, Urteil vom 12. März 1992 a.a.O.). Allerdings war dem Beklagten bei der Schlußverhandlung deutlich, daß sich die Besetzung des Berufungsgerichts geändert hatte. Dies mußte ihm jedoch keinen Anlaß geben, die erneute Vernehmung des Zeugen Gr. zu beantragen. Denn nach dem Gang des Verfahrens – das Berufungsgericht hat in zwei nachfolgenden Verhandlungsterminen weitere Beweiserhebungen durchgeführt – war nicht abzusehen, wie die Aussage des Zeugen gewürdigt werden und ob es auf ihren Inhalt überhaupt ankommen würde.

3. a) Soweit das Berufungsgericht eine Provisionsabrede vom 20. Dezember 1990 angenommen hat, hält die Revision die Vorschrift des § 147 BGB für verletzt. Hiernach habe der im Telefongespräch vom 12. Dezember 1990 vom Beklagten angeblich gemachte Antrag nur sofort angenommen werden können. Diese Rüge ist unbegründet. Auch wenn die Klägerin den Antrag nicht sofort angenommen oder der Beklagte ihr nach § 148 BGB keine Frist bestimmt hat, in der sie den Antrag hätte annehmen können, können sich die Parteien jedenfalls später, nämlich am 20. Dezember 1990 abschließend über die Provisionshöhe geeinigt haben.

Es bestehen auch keine Bedenken dagegen, daß das Berufungsgericht den Geschäftsführer der Klägerin von Amts wegen als Partei vernommen hat. Zwar ist es nicht ausdrücklich darauf eingegangen, inwiefern es die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung von Amts wegen angenommen hat. Aus seiner Würdigung der Aussage des Geschäftsführers der Klägerin geht jedoch hervor, daß es in dem Vermerk vom 12. Dezember 1990, der auf der Rückseite eine handschriftliche Notiz der Ehefrau enthielt, und in der weiteren Korrespondenz Umstände gesehen hat, die die Richtigkeit des Vertrags der Klägerin in einem nach § 448 ZPO erforderlichen Maße wahrscheinlich machten.

b) Die Revision rügt jedoch auch insoweit zu Recht, daß das Berufungsgericht die Grundsätze der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verletzt hat. Dies betrifft zwar nicht die Würdigung der Aussage des Geschäftsführers der Klägerin, der in der letzten mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts vernommen worden ist und von dem es einen unmittelbaren Eindruck gewonnen hat. Es gilt aber für die Würdigung der Aussage des Beklagten, den das Berufungsgericht in einer dritten Besetzung vernommen hat, bei der der Vorsitzende der Schlußverhandlung nicht zugegen gewesen ist. Das Berufungsgericht vermeidet freilich, sich ausdrücklich mit der Glaubwürdigkeit des Beklagten auseinanderzusetzen. Es erklärt seine Bekundungen im Hinblick auf die vorgelegte Korrespondenz, eine Telefonnotiz des Geschäftsführers der Klägerin vom 12. Dezember 1990 und dessen Aussage für nicht „glaubhaft”. Indem es jedoch dem Geschäftsführer der Klägerin glaubt und die Aussage des Beklagten für unglaubhaft hält, sieht es diesen unter den gegebenen Umständen zwangsläufig als unglaubwürdig an (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 1991 – VIII ZR 116/90 – NJW 1991, 3285, 3286). Hätte es ihn nämlich nicht für unglaubwürdig gehalten, wären Ausführungen erforderlich gewesen, wieso es der entgegengesetzten Aussage des Geschäftsführers der Klägerin folgte. Da sich aus dem Protokoll über die Vernehmung des Beklagten keine Hinweise ergeben, die sich mit seiner Glaubwürdigkeit beschäftigen, konnte das Berufungsgericht in seiner Schlußbesetzung hierüber keine Entscheidung treffen.

II.

Danach kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben. Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Vernehmung wieder zu dem Ergebnis kommen, die Klägerin habe am 4. November 1990 ein eindeutiges Provisionsverlangen an den Beklagten gerichtet oder die Parteien hätten sich am 20. Dezember 1990 über die Provisionspflicht des Beklagten verständigt, bestehen gegen die Annahme des erforderlichen Nachweises und der Ursächlichkeit der Maklerleistung für den späteren Vertragsabschluß keine Bedenken. Die Revision meint zwar, mit der Besichtigung vom 4. November 1990 sei der Nachweis bereits erbracht gewesen, ehe das Provisionsverlangen geäußert worden sei. Ein etwaiges späteres Provisionsverlangen habe den Anspruch nicht mehr entstehen lassen können. Nehme man dagegen an, daß es bis zum 4. November 1990 an einem Nachweis gefehlt habe, so sei dieser auch später nicht erbracht worden; denn der Beklagte habe erst bei der Beurkundung des Grundstückskaufvertrages erfahren, wer Eigentümer war. Dem kann nicht gefolgt werden.

Wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, erfordert der Nachweis im Falle eines Immobilienkaufs in der Regel auch die Angabe des Namens und der Anschrift des Eigentümers oder sonst Verfügungsberechtigten (BGH, Urteil vom 14. Januar 1987 – IVa ZR 206/85 – NJW 1987, 1628, 1629). Es ist nicht ersichtlich, weshalb dies hier nicht erforderlich gewesen sein soll. Dazu ist auch der Revisionsbegründung nichts zu entnehmen.

Die danach erforderliche Kenntnis hat der Beklagte auf Veranlassung der Klägerin erlangt. Die Revision stellt nicht in Frage, daß die Klägerin nach der Besichtigung vom 4. November 1990 Leistungen erbracht hat, die für den späteren Vertragsschluß ursächlich geworden sind. Das Berufungsgericht stellt insoweit fest, daß die Klägerin dem Beklagten nach diesem Zeitpunkt weitere Informationen über das Objekt gegeben hat, die sie sich von dem Makler Hensel beschafft hatte. Auf dieser Verbindung beruhte es auch, daß der Beklagte mit Herrn S. zusammengebracht worden ist, der ihm Anfang Januar 1991 eine Innenbesichtigung des Objekts ermöglichte. Herr S. war zwar nicht der im Grundbuch eingetragene Eigentümer, es bestanden jedoch zwischen ihm und den Eigentümern Rechtsbeziehungen, aufgrund derer er mit zur Veräußerung befugt war. Unter diesen Umständen scheitert die Annahme eines Nachweises nicht daran, daß der Beklagte erst im Protokollierungstermin erfahren hat, welche Personen die im Grundbuch eingetragenen Eigentümer gewesen sind.

 

Unterschriften

Rinne, Werp, Wurm, Dörr, Ambrosius

 

Fundstellen

Haufe-Index 1502426

BGHR

AP, 0

IPuR 1998, 48

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