Leitsatz (amtlich)

Garant-Möbel

Zum kennzeichenrechtlichen Schutz des Firmenbestandteils „Garant-Möbel”.

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 29. September 1992 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der VI. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld vom 29. November 1991 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung und der Revision.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt seit Jahrzehnten ein Innenarchitekturbüro und eine Handelsagentur für Möbel. In ihrer Firma führt sie die Bezeichnung „Garant-Möbel”. Sie ist Inhaberin mehrerer Wort-/Bildzeichen, welche die Bezeichnung „Garant-Möbel” oder das Wort „Garant” mit weiteren Zusätzen (z.B. „Für gutes Wohnen”) enthalten.

Die Beklagte betreibt in zahlreichen Filialen den Handel mit Möbeln. In ihren Warenkatalogen bietet sie seit 1985 eine Möbel-Anbauserie unter der Bezeichnung „Garant” an.

Die Klägerin hat dies als eine wettbewerbswidrige Verletzung ihrer Kennzeichenrechte beanstandet. „Garant-Möbel” gehöre zu den zehn bekanntesten Möbelmarken in der Bundesrepublik Deutschland. Der Garant-Möbelverband verfüge über 365 Anschlußhäuser und 55 Filialen. Sie gestatte allen Anschlußhäusern, ihre Warenzeichen zu nutzen.

Sie hat beantragt,

der Beklagten zu verbieten, in öffentlichen Bekanntmachungen und Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, oder sonst in der Werbung, insbesondere in Warenkatalogen, Möbel oder Möbelserien mit der Bezeichnung „Garant” zu versehen.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Die bloße Bezeichnung „Garant” sei beschreibend und nicht schutzfähig. Die Klägerin habe hieran keine Verkehrsgeltung erlangt. Sie, die Beklagte, benutze die beanstandete Bezeichnung „Garant” auch nicht zeichenmäßig, sondern als Suchbegriff. Ein Anspruch der Klägerin sei zudem verwirkt.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen (OLG Hamm GRUR 1993, 50).

Die Revision begehrt, das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat eine Verletzung der Kennzeichenrechte der Klägerin verneint. Es ist zwar davon ausgegangen, daß die Beklagte die Bezeichnung „Garant” für ihr Möbelsystem als Herkunftshinweis und nicht lediglich als eine Artikelbezeichnung verwende. Die Klägerin könne der Beklagten den zeichenmäßigen Gebrauch von „Garant” aber deshalb nicht verbieten, weil die Bezeichnung „Garant” allein nicht schutzfähig sei. Bei den eingetragenen Zeichen der Klägerin handele es sich um zusammengesetzte Wort-/Bildzeichen, deren Bestandteil „Garant” mangels Unterscheidungskraft zeichenrechtlichen Schutz nicht begründen könne. Es handele sich dabei um einen allgemein geläufigen Begriff der Umgangssprache, für den ein Freihaltebedürfnis bestehe. Die Bezeichnung „Garant” habe auch keine Verkehrsgeltung erlangt, selbst wenn man von dem Vorbringen der Klägerin ausginge, wonach 1986 47 % der Befragten den Begriff „Garant” mit Einrichten und Möbeln in Verbindung gebracht hätten; die Beklagte sei nämlich als einer der bekanntesten und bedeutendsten Möbelanbieter gar nicht in die Umfrage aufgenommen worden. In Anbetracht des großen Freihaltebedürfnisses an dem Begriff „Garant” reiche ein Bekanntheitsgrad von 47 % zudem nicht aus, weshalb auch nicht einem entsprechenden Beweisangebot der Klägerin nachgegangen werden müsse. Auch ein Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG sei nicht gegeben. Es sei zwar möglich, daß ein nicht ganz unerheblicher Teil der angesprochenen Leser zu der Auffassung komme, die mit „Garant” bezeichneten Möbel der Beklagten stammten von der Klägerin, zumindest bestünden geschäftliche Verbindungen zwischen beiden Unternehmen. Eine derartige Irreführung könne aber im vorliegenden Fall für sich allein nicht zur Anwendung des § 3 UWG genügen, weil dadurch die strengen Voraussetzungen an die Schutzfähigkeit von Warenzeichenbestandteilen unterlaufen würden.

II. 1. Die dagegen gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des vom Landgericht ausgesprochenen Unterlassungsgebots. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 16 Abs. 1 UWG zu.

Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin sich daneben auch auf einen kennzeichenrechtlichen Schutz wegen Verletzung eines ihrer verschiedenen Wort-/Bildzeichen berufen kann, was voraussetzte, daß die Bezeichnung „Garant” in einem der Klagezeichen eine den Gesamteindruck des Zeichens prägende Bedeutung hat (BGH, Urt. v. 30.6.1983 – I ZR 96/81, GRUR 1983, 768 f. – Capri-Sonne; Urt. v. 15.11.1990 – I ZR 245/88, GRUR 1991, 319, 320 – HURRICANE; Urt. v. 28.11.1991 – I ZR 297/89, GRUR 1992, 203, 205 – Roter mit Genever). Es erübrigt sich deshalb, der Rüge der Revision nachzugehen, das Berufungsgericht habe die prägende Bedeutung des Begriffs „Garant” für ihre Klagezeichen nicht verneinen dürfen, ohne dem unter Beweis gestellten Vortrag nachzugehen, daß bei 47 % der Verbraucher „Garant” als Bezeichnung für Möbel der Klägerin bekannt sei.

Mit Erfolg rügt die Revision, daß das Berufungsgericht sich mit der das Verbot tragenden Anspruchsgrundlage aus § 16 Abs. 1 UWG nicht auseinandergesetzt hat.

2. Nach § 16 Abs. 1 UWG ist die kennzeichenmäßige, auch die rein warenzeichenmäßige (vgl. GroßkommUWG/Teplitzky, § 16 Rdn. 285 m.w.N.), Benutzung eines Begriffs verboten, die geeignet ist, Verwechslungen mit der Firma oder schutzfähigen Firmenbestandteilen des Unternehmens eines anderen hervorzurufen. Die Beklagte verletzt mit der Verwendung der Bezeichnung „Garant” für ihr Möbelsystem den der Klägerin zustehenden firmenrechtlichen Schutz an dem Firmenbestandteil „Garant-Möbel”.

a) Das Berufungsgericht hat den kennzeichenmäßigen Gebrauch der Bezeichnung „Garant” für das Möbelsystem der Beklagten als gegeben erachtet. Die Revision wendet sich gegen diese ihr günstige Beurteilung nicht. Diese läßt auch entgegen der Rüge der Revisionserwiderung einen Rechtsfehler nicht erkennen.

Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Begriff der kennzeichenmäßigen Verwendung im Interesse eines umfassenden Zeichenschutzes weit zu fassen ist. Es genügt die objektive Möglichkeit, daß ein nicht unerheblicher Teil des Verkehrs zu der Vorstellung gelangen kann, die Bezeichnung diene als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware (BGH, Urt. v. 6.7.1989 – I ZR 234/87, GRUR 1990, 274, 275 – Klettverschluß; BGHZ 113, 115, 120 f. – SL). Für die Frage der zeichenmäßigen Benutzung eines sogenannten Bestellzeichens kommt es nicht auf dessen Zweckbestimmung durch den Verwender, sondern allein darauf an, ob der angesprochene Verkehr das Zeichen auch als einen Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betrieb versteht (BGH, Urt. v. 19.12.1960 – I ZR 39/59, GRUR 1961, 280, 281 – Tosca; Urt. v. 26.11.1987 – I ZR 123/85, GRUR 1988, 307, 308 – Gaby). Für die Feststellung, daß der Verkehr die Verwendung der Bezeichnung „Garant” durch die Beklagte als einen Herkunftshinweis und nicht als bloßes Bestellzeichen versteht, hat das Berufungsgericht zutreffend darauf abgestellt, daß die sonstigen von der Beklagten für ihre Möbel gewählten Bezeichnungen „PRINCIP”, „KARDINAL”, „TIMMERMAN” sowie „PRESIDENT” keine Systematik erkennen lassen, die – wie beispielsweise die durchgängige Verwendung von Vornamen – dem Verkehr die Vorstellung nahelegte, die gewählten Begriffe stellten ausschließlich Bestellzeichen oder, wie die Revisionserwiderung es versteht, Design-Bezeichnungen dar. Des weiteren hätte das Berufungsgericht zur Bejahung des zeichenmäßigen Gebrauchs auch darauf abstellen können, daß nach dem unstreitigen Sachverhalt nicht unmaßgeblichen Teilen des Verkehrs die Bezeichnung „Garant-Möbel” als Herkunftshinweis bekannt ist. Die Beklagte hatte selbst das Ergebnis einer Markt-Media-Untersuchung aus dem Jahre 1990 vorgelegt, wonach „Garant-Möbel” bei den Verbrauchern bezogen auf die Jahre 1985 und 1989, einen Bekanntheitsgrad von 20 und 22 % hat. Ist nämlich dem Verkehr bekannt, daß eine Bezeichnung als Herkunfts- oder als Unternehmenshinweis bereits verwendet wird, so ist er geneigt, auch in deren (verwechslungsfähigen) Benutzung durch Dritte einen kennzeichenmäßigen Gebrauch zu sehen (vgl. BGH, Urt. v. 23.4.1969 – I ZR 129/67, GRUR 1970, 302, 304 – Hoffmann's Katze; Urt. v. 9.3.1989 – I ZR 153/86, GRUR 1989, 510, 513 – Teekanne II; BGHZ 113, 115, 121 – SL).

b) Mit der kennzeichenmäßigen Verwendung der Bezeichnung „Garant” verletzt die Beklagte das Firmenrecht der Klägerin. Der Firmenbestandteil „Garant-Möbel” ist von Haus aus schutzfähig, da er hinreichende Unterscheidungskraft aufweist und geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin durchzusetzen.

Dieser rechtlichen Beurteilung stehen die Feststellungen des Berufungsgerichts, der Begriff „Garant” sei als Wort der Umgangssprache für den Verkehr freizuhalten, nicht entgegen. Die Bezeichnung „Garant-Möbel” ist nur in ihren einzelnen Bestandteilen, nicht aber in ihrer Kombination als Gattungsbegriff anzutreffen. Der Umstand, daß der Firmenbestandteil „Garant-Möbel” sich aus Begriffen der Umgangssprache zusammensetzt, steht der Annahme einer firmenrechtlichen Unterscheidungskraft nicht entgegen. Auch der Umgangssprache entlehnte Bezeichnungen können einem Unternehmenskennzeichen hinreichende Unterscheidungskraft verleihen, wenn deren Verwendung nicht ihrem üblichen Gebrauch entspricht (BGHZ 21, 67, 72 – Hausbücherei; 24, 239, 242 – Tabu I; BGH, Urt. v. 11.10.1990 – I ZR 8/89, GRUR 1991, 155, 156 = WRP 1991, 162 – Rialto). Dies ist dann anzunehmen, wenn es sich um eine eigenartige Verbindung des Begriffs der Umgangssprache handelt, die der Verkehr als individuellen Herkunftshinweis auffaßt (BGH, Urt. v. 7.3.1991 – I ZR 148/89, GRUR 1991, 556, 557 = WRP 1991, 482 – Leasing Partner). Dies ist hier der Fall. Die Bezeichnung „Garant-Möbel” läßt in der Sicht nicht unmaßgeblicher Teile des Verkehrs nicht ohne weiteres einen Sinngehalt erkennen, welcher sich auf die Beschaffenheit des so bezeichneten Geschäftsbetriebs oder der dort vertriebenen Ware beziehen könnte und deshalb dem Verkehr freizuhalten wäre. In der verfremdenden Wortkombination „Garant-Möbel” tritt der Sinngehalt „Garantie” vielmehr in den Hintergrund und verleiht dabei dem Bestandteil „Garant” eine namensmäßige Funktion, die geeignet ist, auf das so bezeichnete Unternehmen als solches hinzuweisen. Da der Firmenbestandteil „Garant-Möbel” geeignet ist, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis durchzusetzen, kommt ihm der firmenrechtliche Schutz des § 16 UWG zu, ohne daß es hierzu noch der Feststellung einer Verkehrsgeltung bedürfte (vgl. BGHZ 24, 238, 240 – Tabu I; BGHZ 74, 1, 2 – RBB/RBT m.w.N.).

c) Die kennzeichenrechtliche Verwechslungsgefahr, die als Rechtsfrage vom Revisionsgericht selbständig zu beurteilen ist (BGHZ 113, 115, 124 – SL; BGH, Urt. v. 14.11.1991 – I ZR 24/90, GRUR 1992, 110, 111 – dipa/dib), liegt darin begründet, daß nicht unerhebliche Teile des Verkehrs, dem die Möbelbezeichnung der Beklagten „Garant” begegnet, annehmen, zwischen den Unternehmen der Klägerin und der Beklagten bestünden jedenfalls beim Vertrieb von „Garant-Möbel” wirtschaftliche Zusammenhänge. Auch das Berufungsgericht ist von einer dahingehenden Verwechslungsgefahr im Rahmen seiner Ausführungen zu § 3 UWG ausgegangen, dessen Anwendung hier allerdings nicht zur Erörterung steht, da diese Norm bei der Beurteilung der kennzeichnungsrechtlichen Verwechslungsgefahr hinter der spezialgesetzlichen Regelung des § 16 UWG zurücktritt.

3. Ohne Erfolg beruft sich die Revisionserwiderung auf den von der Beklagten erhobenen Einwand der Verwirkung.

Dies folgt allerdings nicht schon daraus, daß die Klägerin nach ihrem – unwidersprochen gebliebenen – Vortrag erst im Jahre 1990, also kurz vor ihrem Vorgehen, Kenntnis von den Verletzungshandlungen der Beklagten erlangt hat; denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht bei der Beurteilung des Verwirkungseinwands der positiven Kenntnis des Verletzten eine Unkenntnis gleich, die darauf beruht, daß er es versäumt hat, den Markt, für den er Schutz seines Kennzeichens beansprucht, in gebotener und zumutbarer Weise zu beobachten (vgl. BGH, Urt. v. 2.2.1989 – I ZR 183/86, GRUR 1989, 449, 452 = WRP 1989, 717 – Maritim m.w.N.; BGH GRUR 1993, 151, 153 = WRP 1993, 101 – Universitätsemblem, insoweit in BGHZ 119, 237 nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 24.6.1993 – I ZR 187/91, GRUR 1993, 913, 914 f. – KOWOG). Jedoch fehlt es vorliegend auch bei Berücksichtigung dieser Marktbeobachtungslast gleichermaßen an einer hinreichend langen Zeitspanne, in der die Beklagte darauf vertrauen durfte, daß die Klägerin die Benutzung der verwechslungsfähigen Bezeichnung dulde, wie auch an einem hinreichenden Besitzstand der Beklagten, der wegen des innerhalb einer solchen Zeitspanne geschaffenen Umfangs und Werts als schutzwürdig zu erachten wäre (vgl. zum Besitzstanderfordernis BGH aaO – Maritim, Universitätsemblem und KOWOG). Die Beklagte durfte in Anbetracht der von ihr selbst schon für das Jahr 1985 dargelegten Bekanntheit der „Garant-Möbel” bei 20 % der Bevölkerung zur Zeit der Aufnahme der Verletzungshandlungen nicht davon ausgehen, die Klägerin dulde ihr Verhalten; sie hätte erst nach Ablauf einer gewissen, nicht zu kurzen Zeit (vgl. zu diesen verschärften Anforderungen BGH aaO – KOWOG) redlicherweise annehmen können, daß die Klägerin ihr Verhalten kenne und ungeachtet dessen nicht gegen sie vorgehe. Ein in der danach verbleibenden relativ kurzen Zeitspanne bis zum Vorgehen der Klägerin (allenfalls drei bis dreieinhalb Jahre) erlangter Besitzstand allein an der Bezeichnung „Garant” für eine Möbelserie im Katalog, die sich unschwer und ohne großen Aufwand innerhalb der schon vom Landgericht eingeräumten Aufbrauchsfrist ändern ließ, kann jedoch nicht als so beachtlich angesehen werden, daß sein Schutz auch bei Berücksichtigung der hier in Rede stehenden beachtlichen Interessen der Kennzeicheninhaberin erforderlich und gerechtfertigt erschiene.

III. Nach alledem ist der landgerichtliche Verbotstenor wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 646135

GRUR 1995, 156

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