Leitsatz (amtlich)

Wird die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen einer GmbH & Co KG oder ihrer Komplementär-GmbH mangels Masse abgelehnt, so wird weder die Kommanditgesellschaft aufgelöst, noch verliert die Komplementär-GmbH ihre Alleinvertretungsbefugnis.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine GmbH & Co KG, macht gegen den Beklagten einen Rückzahlungsanspruch geltend, weil der ihren Leistungen zugrunde liegende Vertrag nichtig und der Beklagte deshalb ungerechtfertigt bereichert sei.

Das Landgericht hat die auf Zahlung von 64.000 DM nebst Zinsen gerichtete Klage als unbegründet, das Berufungsgericht hat sie als unzulässig abgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht hat die Klage für unzulässig gehalten, weil für die Klägerin, eine GmbH & Co KG, im Rechtsstreit nur ihre Komplementär-GmbH auftrete, diese aber allein nicht mehr vertretungsberechtigt sei: Nachdem über die Vermögen der Kommanditgesellschaft und der GmbH Konkursverfahren beantragt, aber mangels Masse nicht eröffnet worden seien, sei die klagende Kommanditgesellschaft aufgelöst; sie könne infolgedessen gem § 161 Abs 2, § 146 Abs 1 HGB nur noch von allen Gesellschaftern gemeinsam vertreten werden.

Dem ist, wie der Revision zuzustimmen ist, nicht zu folgen.

1. Wie der Senat in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre in anderem Zusammenhang ausgesprochen hat, sind die in § 131 HGB genannten Gründe für die Auflösung einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft erschöpfend aufgezählt (Urt v 14.12.1972, II ZR 82/70 = WM 1973, 863 unter IIa mwN). Hierzu gehören die Fälle nicht, in denen Anträge, über das Vermögen der Gesellschaft oder eines ihrer Gesellschafter den Konkurs zu eröffnen, mangels Masse abgelehnt werden.

Eine entsprechende Anwendung der im Gesetz geregelten Auflösungsgründe auf Fälle der vorliegenden Art wäre auch unabhängig davon, daß dies wegen des Bedürfnisses nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bei der Anwendung solcher Vorschriften auf Bedenken stoßen würde, nicht gerechtfertigt.

a) Die in Betracht kommende Vorschrift des § 131 Nr 3 HGB, wonach die handelsrechtliche Personengesellschaft durch die Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen aufgelöst wird, hat ihren Grund darin, daß nach der Konkurseröffnung das Gesellschaftsvermögen in erster Linie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger verwendet werden muß und dies nicht durch die Gesellschaft selbst, sondern durch den Konkursverwalter zu geschehen hat (§ 3 Abs 1, § 6 KO). Die Weiterführung des Unternehmens als werbende Gesellschaft durch die Gesellschafter verträgt sich damit nicht (vgl Ulmer in Großkomm HGB, 3. Aufl § 131 Anm 36). Das ist anders, wenn die Konkurseröffnung mangels Masse abgelehnt wird. Allein durch die Stellung des Konkursantrages und dessen rechtskräftige Abweisung wird die Befugnis der Gesellschaft, ihr etwaiges Restvermögen selbst zu verwalten und darüber zu verfügen, nicht berührt. Es besteht auch sonst kein Grund, den Gesellschaftern die Möglichkeit zu nehmen, selbst zu entscheiden, was nun weiter – auch in ihrem Innenverhältnis – geschehen soll. Gläubigerinteressen und solche der Allgemeinheit werden dadurch regelmäßig nicht beeinträchtigt.

Bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien genügt zwar wie bei der Aktiengesellschaft für die Auflösung auch, daß ein Konkursantrag mangels Masse abgelehnt wird (vgl § 289 Abs 2 Nr 1 und § 262 Abs 1 Nr 4 AktG). Daraus kann aber nicht gefolgert werden, bei der Kommanditgesellschaft müßte das ebenso sein. Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, die nicht einmal mehr die finanziellen Mittel zur Durchführung eines Konkursverfahrens besitzen, sollen im öffentlichen Interesse nach dem Willen des Gesetzgebers möglichst rasch beendet werden; der nur noch vorhandene leere Mantel soll nicht durch einfachen Fortsetzungsbeschluß und Zuführung neuer Mittel ohne die Kontrolle eines förmlichen Gründungsvertrages in die Lage versetzt werden, wieder werbend am Geschäftsverkehr teilzunehmen (vgl Kraft in Kölner Komm zum AktG, § 262 Anm 50 und Wiedemann in Großkomm AktG, 3. Aufl, § 262 Anm 30). Die strengen Gründungsvorschriften und Kapitalerhaltungsvorschriften der Kapitalgesellschaften gelten aber für die Personenhandelsgesellschaften nicht und auch für die GmbH & Co KG nur in ganz begrenztem Umfange, so daß für eine entsprechende Anwendung die Grundlage fehlt.

b) Auch § 131 Nr 5 HGB, wonach für die Auflösung der Gesellschaft schon die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Gesellschafters genügt, kann nicht auf den Fall der Abweisung des Konkursantrages mangels Masse ausgedehnt werden. Wird der Konkurs über das Vermögen eines Gesellschafters eröffnet, so unterliegt dessen Gesellschaftsanteil der Verwaltung und Verfügung des Konkursverwalters. Den übrigen Gesellschaftern kann nicht zugemutet werden, nunmehr mit diesem das Gesellschaftsverhältnis fortzusetzen, der seinerseits in die Lage versetzt werden muß, den Gesellschaftsanteil zu verwerten. Deshalb bleibt nur die Auseinandersetzung übrig, wenn nicht im Gesellschaftsvertrag etwas anderes vereinbart ist, die übrigen Gesellschafter von ihrem Übernahmerecht aus § 141 Abs 3 HGB Gebrauch machen oder der Konkursverwalter seinerseits den Gesellschaftsanteil freigibt (vgl Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 4. Aufl, § 23 II 5). Ein Gesellschaftsfremder kommt jedoch, wenn die Eröffnung des Konkurses abgelehnt wird, in die Gesellschaft nicht hinein. Auch verliert jemand, der in Vermögensverfall gerät, dadurch nicht schlechthin seine Eignung, Gesellschafter zu sein. Es kann deshalb den Gesellschaftern überlassen bleiben, welche Folgerungen sie aus dem Vermögensverfall ziehen wollen.

2. Im vorliegenden Falle hatte allerdings die Ablehnung des Konkursantrages, weil es sich bei dem in Vermögensverfall geratenen Gesellschafter um eine GmbH handelt, zur Folge, daß diese selbst mit der Rechtskraft des Ablehnungsbeschlusses aufgelöst wurde (§ 1 Abs 1 des Ges über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften und Genossenschaften vom 9.10.1934). Das bildet aber nach der Aufzählung des § 131 HGB keinen Auflösungsgrund für die Kommanditgesellschaft selbst. Auch kann dieser Fall nicht dem Tod einer natürlichen Person gleichgesetzt werden. Die Nr 4 des § 131 HGB, wonach die Gesellschaft „durch den Tod eines Gesellschafters” aufgelöst wird, „sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrag sich ein anderes ergibt”, will die übrigen Gesellschafter davor bewahren, das Unternehmen mit den Erben des Verstorbenen, die sie bei Vertragsabschluß nicht kennen konnten, fortsetzen zu müssen. Neue Gesellschafter werden ihnen aber nicht aufgenötigt, wenn eine GmbH nach dem Gesetz vom 9. Oktober 1934 aufgelöst wird.

Schließlich nötigt zu der Annahme, die Klägerin sei aufgelöst, auch nicht der Umstand, daß es sich bei der aufgelösten GmbH um ihre einzige geschäftsführungsberechtigte und vertretungsberechtigte Gesellschafterin handelt. Der Zweck der GmbH ist zwar nur noch auf ihre Abwicklung gerichtet (§ 70 GmbHG). Das nimmt ihr aber nicht die rechtliche Möglichkeit, durch ihre (auch insoweit für die GmbH vertretungsberechtigten) Abwickler – im vorliegenden Falle einen gerichtlich bestellten Notgeschäftsführer – weiterhin die Geschäfte der Klägerin zu führen und diese gerichtlich zu vertreten. Sie entfaltet damit entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine eigene werbende Tätigkeit, sondern erfüllt nur ihre Verpflichtung aus dem bereits vor ihrer Auflösung eingegangenen Gesellschaftsverhältnis. Will sie das nicht mehr, so kann sie, wenn das ausnahmsweise erforderlich sein sollte, auf Auflösung klagen. Andererseits verlangen die Interessen der Kommanditisten nicht, die GmbH & Co KG „automatisch” als mit der Auflösung ihrer Komplementär-GmbH aufgelöst zu betrachten. Auch die Kommanditisten können notfalls auf Auflösung und im übrigen nach § 140 HGB auf Ausschließung der Komplementär-GmbH klagen, wenn sie das Gesellschaftsverhältnis ohne diese fortsetzen wollen.

3. Ist nach alledem die Klägerin durch die Ablehnung der Konkursanträge nicht aufgelöst worden, so wird sie nach wie vor durch ihre – wenn auch selbst aufgelöste – Komplementär-GmbH rechtswirksam vertreten. Dafür, daß diese GmbH nicht nur aufgelöst, sondern nach beendeter Liquidation erloschen ist, gibt entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung der Sachverhalt nichts her. Gegen ihre Vollbeendigung spricht schon ihre Beteiligung an der klagenden Kommanditgesellschaft, deretwegen sie zumindest deshalb für diesen Rechtsstreit noch als fortbestehend anzusehen ist, weil allein der mit der Klage geltend gemachte Anspruch für die Kommanditgesellschaft ausreicht, um sie als fortbestehend zu behandeln.

Der Rechtsstreit muß daher an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit dieses nunmehr über die Begründetheit der Klage entscheiden kann.

 

Fundstellen

Haufe-Index 649055

BGHZ, 178

NJW 1980, 233

ZIP 1980, 44

DNotZ 1980, 416

JZ 1980, 60

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