Leitsatz (amtlich)

Das Unterlassen des Gebrauchs eines "Rechtmittels" liegt nicht schon dann vor, wenn ein am Beurkundungsverfahren Beteiligter es (hier: Vertreten durch einen Rechtsanwalt) sorgfaltswidrig unterlassen hat, Unzulänglichkeiten in dem ihm zugänglich gemachten Urkundenentwurf des Notars aufzudecken, durch deren Prüfung und Berichtigung weitere Mängel in der daraufhin beurkundeten vertraglichen Regelung, die dem Notar als Amtspflichtverletzung angelastet werden, hätten vermieden werden können.

 

Normenkette

BGB § 839 Abs. 3; BNotO § 19 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 11.12.2002)

LG Dortmund

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 11. Zivilsenats des OLG Hamm v. 11.12.2002 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes von dem beklagten Notar Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung.

Am 20.2.1998 hatten die Klägerin und ihr Ehemann (im Folgenden: Die Klägerin) mit dem Bauträger S. einen Vertrag über den Erwerb eines Grundstücks in D. -B. mit einem von dem Verkäufer darauf zu errichtenden Einfamilienhaus geschlossen (UR-Nr. 9/98 des Notars P.). Nach diesem Vertrag war nach Maßgabe der Makler- und Bauträgerverordnung die Fälligkeit des Entgelts für die Gesamtleistung (470.000 DM) von bestimmten Voraussetzungen abhängig - u. a. der Eintragung einer Auflassungsvormerkung, der "Sicherstellung, dass alle vor der Vormerkung eingetragenen Belastungen ... bei Eigentumsumschreibung gelöscht werden, ..." sowie der schriftlichen "Freistellungserklärung der vorrangigen Kreditgeber ... und Weiterleitung an den Käufer" -, und die Zahlungen waren in bestimmten Teilbeträgen entsprechend dem Stand des Baus zu erbringen. Sie hatten nach dem Vertragstext auf ein Notaranderkonto des amtierenden Notars oder - nach der im Vertrag vorgesehenen Freigabe der ersten Rate durch den Notar - unmittelbar an den Verkäufer (Bauträger) zu erfolgen.

Auf dem Kaufgrundstück lastete eine Eigentümergrundschuld des Verkäufers (Bauträgers) i. H. v. 400.000 DM. Am 7.5.1998 wurde im Grundbuch die Abtretung dieses Rechts an die Stadtsparkasse D. eingetragen. Diese erteilte unter dem 27.5.1998 der Klägerin zu Händen des amtierenden Notars eine "Freistellungserklärung gem. § 3 MaBV", wonach sie sich u. a. für den Fall der vertragsgemäßen Vollendung des Kaufobjektes verpflichtete, "das jeweilige vom Käufer erworbene Kaufobjekt aus der Mithaftung der ... Grundschuld zu entlassen, wenn ... der Käufer die geschuldete Vertragssumme auf das bei der Sparkasse geführte Konto Nr. 541 002 006 des Bauträgers eingezahlt hat". Der Notar übersandte diese Freistellungserklärung der Klägerin mit dem Hinweis, dass Zahlungen nur auf das darin genannte Konto erfolgen dürften. Dementsprechend zahlte die den Kaufpreis finanzierende D. Bank im Mai und Juli 1998 insgesamt 272.600 DM auf das Konto Nr. 541 002 006 bei der Stadtsparkasse D. .

Danach kam es zu einem Streit zwischen dem Bauträger und der Klägerin wegen zu geringer Höhe des Dachausbaus. In einem beiderseits durch Anwälte geführten Schriftwechsel einigte man sich schließlich dahin, dass sich der Gesamtpreis wegen der Mängel um 25.200 DM ermäßigen sollte und die danach noch offenen 172.200 DM abweichend von dem ursprünglichen Zahlungsplan wie folgt bezahlt werden sollten: 70.000 DM sofort, 40.000 DM nach Einbau der Heizung, der Rohinstallation und Verlegung des Estrichs, 30.000 DM nach Fertigstellung der Feininstallation und Verlegung der Fliesen, 20.000 DM nach Einbau der Türen und 12.200 DM in bar bei Übergabe.

Mit der Beurkundung der ergänzenden Vereinbarung wurde anstelle des bisher tätigen Notars der Beklagte beauftragt. Der Beklagte übersandte den Parteien einen ihrer Einigung entsprechenden Vertragsentwurf. Bei der Beurkundung am 23.2.1999 nahm der Beklagte in Abweichung von seinem Entwurf folgenden Zusatz in den Vertragstext auf:

"Die Zahlung soll erfolgen auf das Konto von Rechtsanwalt K. bei der... Nr. ..."

Auf das besagte Konto, dessen Inhaber der Rechtsvertreter des Bauträgers S. war, zahlte die Finanzierungsbank der Klägerin zwischen dem 24.2.und dem 22.6.1999 entsprechend dem geänderten Zahlungsplan insgesamt 167.400 DM; von der letzten Rate behielt die Klägerin 4.800 DM als Vertragsstrafe ein. RA K. überwies 140.000 DM an S. . Weitere 27.400 DM wurden hinterlegt; davon ist ein Betrag von 7.400 DM zu Gunsten der Klägerin freigegeben worden. Der Bauträger ist in Vermögensverfall geraten.

Im Hinblick darauf, dass die Stadtsparkasse D. zur Erteilung einer Löschungsbewilligung für ihre Grundschuld an dem Kaufgrundstück nur gegen Zahlung des zwischen dem Bauträger und der Klägerin vereinbarten Gesamtentgelts, abzgl. der bereits gezahlten 272.600 DM, an sie bereit ist, macht die Klägerin gegen den Beklagten einen Schaden von 160.000 DM (81.806,70 Euro) geltend. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin und der D. Bank D. als ihrer Streithelferin zurückgewiesen. Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

1. Es ist mit dem Berufungsgericht davon auszugehen, dass der Beklagte eine Amtspflichtverletzung begangen hat, indem er durch unzureichende Aufklärung des Sachverhalts und Belehrung der Beteiligten (vgl. § 17 Abs. 1 BeurkG) dazu beitrug, dass es bei der Beurkundung v. 23.2.1999 zu einer Regelung kam, wonach die weiteren Zahlungen der Klägerin auf das Konto des Rechtsanwalts des Bauträgers erfolgen sollten. Diese Regelung setzte die Klägerin der Gefahr - die sich dann auch tatsächlich verwirklicht hat - aus, dass ihre restlichen Zahlungen auf den "Kaufpreis" nicht zur Freistellung des Kaufgrundstücks von der Belastung mit der vorrangig eingetragenen Grundschuld der Stadtsparkasse D. führten. Die Revisionserwiderung des Beklagten räumt selbst ein, dass der von dem Beklagten beurkundete Zahlungsweg in Widerspruch zu den Maßnahmen stand, mit denen der lastenfreie Erwerb sichergestellt und die Kaufpreisraten fälliggestellt werden sollten. Soweit sie in Zweifel ziehen will, dass der Beklagte dies hätte erkennen müssen, lässt sie unberücksichtigt, dass dem Beklagten zwar die Freistellungserklärung der Stadtsparkasse D. v. 27.5.1998 nicht vorgelegen haben mag, wohl aber der Ausgangsvertrag v. 20.2.1998 und die Grundbucheintragung, die die Belastung des Kaufgrundstücks mit einer vorrangigen Grundschuld der Stadtsparkasse D. auswies. Solange dem Beklagten nicht zugleich eine Löschungsbewilligung bezüglich dieser Grundstücksbelastung vorlag, war aus seiner Sicht ungeklärt, ob und wodurch für den Fall der unmittelbaren Zahlung der Klägerin an den Bauträger (bzw. seinen Rechtsanwalt) der lastenfreie Erwerb des Kaufgrundstücks gewährleistet war.

Das Berufungsgericht stellt auch rechtsfehlerfrei den notwendigen adäquaten Ursachenzusammenhang zwischen der Amtspflichtverletzung des Beklagten und dem geltend gemachten Schaden fest. Es sieht es als überwiegend wahrscheinlich an, dass beide Vertragsseiten auf entsprechenden Rat des Beklagten an dem bisher gehandhabten Zahlungsweg festgehalten hätten, also die Klägerin auch ihre restlichen Zahlungen auf das in der Freistellungserklärung genannte Konto des Bauträgers gezahlt und dadurch die Entlassung des Kaufgrundstücks aus der Haftung für die Grundschuld erreicht hätte.

2. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob, wie das Berufungsgericht meint, der Beklagte auch im Hinblick auf Vorschriften der Makler- und Bauträgerverordnung amtspflichtwidrig gehandelt hat und ob - was das Berufungsgericht nicht geprüft hat - diese vom Berufungsgericht angenommenen Verstöße (auch) schadensursächlich waren .

II.

1. Das Berufungsgericht meint, ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz gegen den Beklagten scheitere daran, dass der für sie im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit dem Bauträger S. tätig gewordene und sie beratende RA W. es vorwerfbar versäumt habe, den Schadenseintritt durch Einlegung eines Rechtsmittels i. S. v. § 839 Abs. 3 BGB abzuwenden. RA W. hätte sich darüber informieren müssen, ob die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 MaBV für die Fälligkeit der von seiner Mandantin zu zahlenden Raten vorlagen. In diesem Zusammenhang wäre er auch auf die Frage nach der an die Mandanten ausgehändigten Freistellungserklärung der Sparkasse D. gestoßen, nach der er sie hätte befragen müssen. Dann wäre ihm auch bekannt geworden, dass ohne Zahlung auf das bei der Sparkasse geführte Konto der Mandantin die ihr gebührende Freistellung des Kaufgegenstandes nicht gesichert war. RA W. hätte die Klägerin über das Ergebnis seiner sorgfältigen und gewissenhaften Prüfung der Rechtslage informieren müssen. Soweit er auf Weisung der Mandanten einen Vergleichsinhalt vorgeschlagen oder ausgehandelt habe, hätte er sie über die notwendige Beachtung der Vorschriften der Makler- und Bauträgerverordnung belehren und einen Vergleichsvorschlag unter Beachtung dieser Vorschriften abfassen müssen. Dies sei unterblieben, weil die ausgehandelten Raten sich in ihrer Höhe "weit von jenen in § 3 Abs. 2 MaBV entfernten" und die Regelungen in § 3 Abs. 1 S. 4 und 5 MaBV unbeachtet geblieben seien. Nach Übersendung des von dem Beklagten entworfenen Vertrages hätte er auf die hierin enthaltenen Mängel aufmerksam werden, die Mandanten über die Mängel und eine mögliche Abhilfe belehren und nach entsprechender Weisung der Mandanten gegenüber dem Beklagten auf Abhilfe hinwirken müssen. Hätte Rechtsanwalt W. pflichtgemäß gehandelt, "dann wäre die Freistellungserklärung und die darin enthaltene Einschränkung hinsichtlich des Zahlungswegs in den Blick gekommen", die aus der Zahlung an Rechtsanwalt K. resultierende Gefahr wäre erkannt und durch entsprechende modifizierende Regelungen zum Zahlungsweg wären Nachteile der Klägerin vermieden worden.

Wegen dieser anwaltlichen Pflichtverletzungen des RA W. gegenüber der Klägerin stehe dieser nicht nur eine anderweitige Ersatzmöglichkeit durch Inanspruchnahme dieses Rechtsanwalts offen. Vielmehr müsse die Klägerin sich das Verschulden des RA W. als ein solches ihres Erfüllungsgehilfen entgegenhalten lassen. Die "Aufdeckung der Unzulänglichkeiten" des vom Beklagten erstellten Vertragsentwurfs, die auf Grund einer notariellen Amtspflichtverletzung zustande gekommen seien, und das Hinwirken auf Abhilfe gegenüber dem Beklagten stellten sich als Rechtsmittel i. S. d. insoweit weit auszulegenden § 839 Abs. 3 BGB dar. Dieses "Rechtsmittel" hätte den Eintritt des Schadens der Klägerin verhindert.

2. Diese Ausführungen halten im entscheidenden Punkt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Wie die Revision mit Recht rügt, lag in den vom Berufungsgericht der Klägerin angelasteten Versäumnissen ihres Rechtsanwalts - selbst wenn man die Richtigkeit der Ausführungen des Berufungsgerichts hierzu im Übrigen unterstellt - nicht das Unterlassen des Gebrauchs "eines Rechtsmittels" i. S. d. § 19 Abs. 1 S. 3 BNotO i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB.

a) Allerdings ist der Begriff des Rechtsmittels nach der Rechtsprechung des BGH weit zu fassen. Es sind darunter alle Rechtsbehelfe zu begreifen, die sich unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung selbst richten und nach gesetzlicher Ordnung ihre Beseitigung oder Berichtigung bezwecken und ermöglichen. Auch Gegenvorstellungen, Erinnerungen an die Erledigung eines Antrags, Beschwerden und Dienstaufsichtsbeschwerden zählen hierzu (BGH, Urt. 3.6.1993 - III ZR 104/92, BGHZ 123, 1 [7 f.] = MDR 1993, 1183; v. 9.10.1997 - III ZR 4/97, BGHZ 137, 11 [23] = MDR 1998, 45). Auf dieser Linie liegt, dass der BGH die Erinnerung eines Beteiligten an den Notar, eine noch ausstehende Beurkundung vorzunehmen (BGH, Urt. v. 13.5.1997 - IX ZR 123/96, NJW 1997, 2327 [2328]), ebenso wie die Aufforderung an den Notar, eine fehlerhafte Urkunde nachzubessern (BGH, Urt. v. 17.1.2002 - IX ZR 434/00, MDR 2002, 545 = BGHReport 2002, 316 = NJW 2002, 1655 [1656]), als "Rechtsmittel" gewertet hat. Den Bedenken, die die Revision gegen eine "so weit gehende Ausdehnung des Rechtsmittelbegriffs" erhebt, folgt der Senat nicht.

b) Damit ist aber noch nicht gesagt, dass - wie das Berufungsgericht offenbar meint - in jedem auf einem Sorgfaltsverstoß beruhenden tatsächlichen Unterbleiben der Aufdeckung und Beanstandung von Unzulänglichkeiten einer Maßnahme des Notars seitens des Betroffenen bereits das Unterlassen des Gebrauchs eines Rechtsmittels liegt. Rechtsbehelfe, die als Rechtsmittel i. S. d. § 839 Abs. 3 BGB angesehen werden können, müssen sich unmittelbar gegen eine sich als Amtspflichtverletzung darstellende Handlung oder Unterlassung richten und das Ziel haben, diese zu beseitigen oder zu berichtigen und damit den Schaden abzuwenden. Daraus ergibt sich jedenfalls, dass, solange eine Amtspflichtverletzung überhaupt noch nicht begangen ist, dagegen kein "Rechtsmittel" eingelegt werden kann (BGH, Urt. v. 22.6.1982 - VI ZR 268/80, MDR 1983, 44 = VersR 1982, 953 [954]; Staudinger/Wurm, BGB, 13. Bearb., 2002, § 839 Rz. 348). Schon diese Voraussetzung war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht erfüllt. Zwar ist das Berufungsgericht der Ansicht, bereits der von dem Beklagten erstellte Vertragsentwurf habe auf Amtspflichtverletzungen des Beklagten beruhende "Unzulänglichkeiten" enthalten, die der Rechtsanwalt der Klägerin (W.) hätte aufdecken können und müssen. Diese Ausführungen führen aber nicht daran vorbei, dass die eigentliche - und im Streitfall den Schaden der Klägerin auslösende - Amtspflichtverletzung des Beklagten erst darin lag, dass er anschließend bei der Vertragsbeurkundung eine in den Vorverhandlungen nicht vereinbarte "Zahlstelle" für die restlichen Zahlungen der Klägerin in die Urkunde aufnahm. Unterstellt man, dass dies, wie das Berufungsgericht meint, durch ein Hinwirken des Rechtsanwalts der Klägerin auf Abhilfe bezüglich der angenommenen Unzulänglichkeiten des Vertragsentwurfs hätte verhindert werden können, so hätte es sich der Sache nach nicht um die Beseitigung einer bereits begangenen amtspflichtwidrigen Maßnahme gehandelt, sondern um die Verhinderung einer anders gearteten (zukünftigen) Amtspflichtverletzung. Das Unterlassen darauf gerichteter Hinweise kann nicht nach § 839 Abs. 3 BGB i. V. m. § 19 Abs. 1 S. 3 BNotO beurteilt werden, sondern nur nach § 254 BGB.

III.

1. Die vom Berufungsgericht unter Berufung auf § 19 Abs. 1 S. 3 BNotO i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB ausgesprochene (endgültige) Abweisung des Klageanspruchs kann daher keinen Bestand haben.

2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (vgl. § 561 ZPO), und zwar auch nicht im Sinne einer Abweisung der Klage als zur Zeit unbegründet (zur Abgrenzung vgl. BGH, Urt. v. 9.1.2003 - III ZR 46/02, MDR 2003, 417 = BGHReport 2003, 375 = NJW-RR 2003, 563 [564 f.]) wegen der Möglichkeit, auf andere Weise Ersatz zu erlangen (§ 19 Abs. 1 S. 2 BNotO).

a) Die Ausführungen des Berufungsgerichts über Pflichtverletzungen des RA W. gegenüber der Klägerin tragen eine dahingehende Entscheidung nicht.

aa) Das Berufungsgericht sieht anwaltliche Pflichtverletzungen - ebenso wie weitere Amtspflichtverletzungen des Beklagten als Notar - in einer mangelnden Beachtung der Makler- und Bauträgerverordnung (§ 3 Abs. 2 MaBV einerseits, § 3 Abs. 1 S. 4 und 5 MaBV andererseits) bei der Aushandlung und Formulierung der ergänzenden Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Bauträger.

Soweit das Berufungsgericht hierzu ausführt, allerdings ohne dies weiter zu begründen, die vorgesehenen restlichen Ratenzahlungen seien zu Ungunsten der Klägerin "deutlich über die in § 3 Abs. 2 MaBV vorgesehenen Fälligkeiten" hinausgegangen, ist dies ohne nähere Feststellungen zum damaligen konkreten Bautenstand und angesichts des Vergleichscharakters der von den Anwälten der Parteien des Kauf- und Bauvertrages ausgehandelten Zahlungsregelung nicht zwingend.

Zweifelhaft ist auch die Berechtigung der weiteren Beanstandung des Berufungsgerichts, der Rechtsvertreter der Klägerin habe (wie auch der Beklagte) die Vorschrift des § 3 Abs. 1 S. 5 MaBV nicht beachtet, weil der vorgeschlagene Vertragstext nicht auf die vorgesehenen - hier bereits vorliegenden - Erklärungen zur Sicherung der Freistellung des Objekts gem. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MaBV Bezug genommen habe. Es ist fraglich, ob die genannte gesetzliche Bestimmung überhaupt (noch) einschlägig war für eine bloße Ergänzungsvereinbarung zu einem abgeschlossenen und in erheblichem Umfang bereits durchgeführten Kauf- und Bauvertrag, die nur darauf abzielte, einen bei der Vertragsdurchführung aufgetretenen Streit über Baumängel und damit zusammenhängend über den Umfang und die Fälligkeit der weiteren Zahlungsverpflichtungen der Klägerin vergleichsweise zu regeln. Dies dürfte im Streitfall insbesondere deshalb zu verneinen sein, weil die hier maßgebliche Freistellungserklärung der Stadtsparkasse D. schon längst im Zuge der Abwicklung des Ausgangsvertrags an die Klägerin ausgehändigt worden und von dieser durch entsprechende Zahlungsanweisungen an ihre Finanzierungsbank "umgesetzt" worden war. Auch dies kann auf Grund des festgestellten Sachverhalts im Revisionsverfahren nicht abschließend beurteilt werden.

bb) Jedenfalls ergibt sich aus den getroffenen Feststellungen nicht klar, ob und wodurch im Einzelnen der Rechtsanwalt der Klägerin durch die Aufdeckung und Beanstandung von Unzulänglichkeiten des Vertragsentwurfs des Beklagten - soweit solche überhaupt vorhanden waren - hätte verhindern können und sollen, dass eine erstmals im anschließenden Beurkundungstermin (in Abwesenheit des Rechtsanwalts der Klägerin) zur Sprache gebrachte, den ursprünglichen Vereinbarungen der Vertragspartner und deren Sinn widersprechende Regelung nachträglich in den Vertragstext aufgenommen wurde, wonach die Klägerin ihre (Rest-)Zahlungen auf ein Konto des Rechtsanwalts des Bauträgers zu leisten hatte. Die allgemein gehaltene Äußerung des Berufungsgerichts, im Falle entsprechender Beanstandungen des Vertragsentwurfs des Beklagten durch RA W. wäre "die Freistellungserklärung und die darin enthaltene Einschränkung hinsichtlich des Zahlungswegs in den Blick gekommen", die aus der Zahlung an RA K. resultierende Gefahr wäre "erkannt, und durch entsprechend modifizierte Regelungen zum Zahlungsweg wären Nachteile der Klägerin vermieden worden", ersetzt die (notwendige) Feststellung eines konkreten (hypothetischen) Ursachenzusammenhangs nicht. Zu beanstanden ist an der Argumentation des Berufungsgerichts auch, dass es, was den erforderlichen Rechtswidrigkeitszusammenhang angeht (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., Vorb. v. § 249 Rz. 62 ff.), die unterschiedlichen Schutzzwecke der genannten, von ihm als verletzt angesehenen Regelungen der Makler- und Bauträgerverordnung nicht genügend auseinander hält.

b) Andererseits lässt sich nach dem jetzigen Sachstand nicht ausschließen, dass ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen ihren Rechtsanwalt als anderweitige Ersatzmöglichkeit in Betracht kommt, etwa - wie die Revisionserwiderung anführt - wegen unzureichender Hinweise an den Notar im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Ergänzungsvertrages, möglicherweise auch noch nach der Beurkundung desselben. Die von dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der Revisionsverhandlung angesprochene anderweitige Ersatzmöglichkeit in Form eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin gegen ihre Finanzierungsbank liegt eher fern.

3. Da Entscheidungsreife im Revisionsrechtszug (vgl. § 563 Abs. 3 ZPO) nicht gegeben ist, muss die Sache zur weiteren Prüfung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 S. 2 ZPO Gebrauch gemacht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1101265

BGHR 2004, 512

NJW-RR 2004, 706

WM 2004, 2211

ZAP 2004, 351

ZfIR 2004, 307

DNotZ 2004, 362

MDR 2004, 446

VersR 2004, 751

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