Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundurteil bei gestaffelten Haupt- und Hilfsansprüchen. Geltendmachung von Nachteilen ihrer Gesellschafter durch GmbH

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen eines Grundurteils bei mehrfach gestaffelten Haupt- und Hilfsansprüchen.

2. Eine GmbH kann steuerliche Nachteile ihrer Gesellschafter nicht als eigenen Schaden geltend machen.

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Verjährungfrist für Haftungsansprüche gegen einen Steuerberater beginnt mit dem Eintritt der Bestandskraft der ursprünglichen Bescheide, soweit die Außenprüfung zu keinem für den Steuerpflichtigen ungünstigeren Ergebnis gelangt.

 

Normenkette

ZPO § 304; BGB § 249; StBerG § 68

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 15.11.1990; Aktenzeichen 18 U 242/88)

LG Kleve (Urteil vom 05.08.1988; Aktenzeichen 1 O 260/85)

 

Tatbestand

Die klagende GmbH nimmt den Beklagten wegen Verletzung seiner Pflichten als Steuerberater aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihrer Gesellschafter auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin wurde gegründet von den Eheleuten G. und W. H., die zugleich ihre einzigen Gesellschafter und Geschäftsführer sind. Sie nahm ihren Geschäftsbetrieb zum 1. Januar 1979 auf. Der Beklagte war für sie seit dieser Zeit als Steuerbevollmächtigter tätig. Er führte die Buchhaltung, erstellte die Jahresbilanzen mit Gewinn- und Verlustrechnung und machte die Anmeldung zur Umsatz- und Lohnsteuer. Nach der Behauptung der Klägerin war ihm umfassend die Erledigung aller steuerlichen Angelegenheiten übertragen.

Ende des Jahres 1984 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung statt. Dabei wurden alle Entnahmen der Gesellschafter als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt, weil die Klägerin mit ihren Gesellschaftern kein Geschäftsführergehalt vereinbart hatte. Im Jahre 1985 ergingen daraufhin Gewerbesteuer- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 1979 bis 1983. Mit Ausnahme des Körperschaftsteuerbescheides für 1983 wurden damit jeweils früher ergangene Bescheide geändert.

Die Klägerin wirft dem Beklagten vor, er habe es versäumt, die Gesellschafter auf die Notwendigkeit eines Anstellungsvertrages mit festen Bezügen hinzuweisen, habe die Buchführung nicht durchgeführt, die Bilanzen fehlerhaft erstellt und die Steuererklärungen teilweise verspätet abgegeben. Sie behauptet einen erheblich über 100.000 DM hinausgehenden Schaden, wovon sie 92.876,56 DM geltend gemacht hat. Ihre Ansprüche stützt sie in dieser Reihenfolge auf unnötig angefallene Gewerbe- und Körperschaftsteuer, Verspätungszuschläge bei der Gewerbesteuer 1981 und 1982 sowie „laut FIBU-Buchhaltung”, Kosten für die Nacharbeit ihres jetzigen Steuerberaters, unnötig angefallene Umsatzsteuer, Kosten des Steuerberaters für Stundungsanträge, Nachteile der Eheleute H. bei der Einkommensteuer sowie deren Belastung mit Hinterziehungszinsen.

Das Landgericht, das die Klage ursprünglich ganz abgewiesen hatte, hat ihr nach Zurückverweisung lediglich in Höhe von 3.600 DM (Nacharbeit des Steuerberaters) stattgegeben. Mit der Berufung hat die Klägerin nochmals die Klagesumme begehrt. Das den abweisenden Teil der erstinstanzlichen Entscheidung erneut aufhebende Berufungsurteil wurde auf Revision des Beklagten durch Urteil des Bundesgerichtshofes vom 29. Mai 1990 – XI ZR 91/89 – insoweit aufgehoben, als es die Sache zurückverwiesen hatte. Nunmehr hat das Berufungsgericht die Klage zu den Schadenspositionen 4 (Verspätungszuschläge „laut FIBU-Buchhaltung”), 6 (unnötig angefallene Umsatzsteuer) und 8 (Hinterziehungszinsen) für „dem Grunde nach nicht gerechtfertigt” und im übrigen für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt. Dagegen richten sich die Revision des Beklagten sowie die Anschlußrevision der Klägerin, mit denen die Parteien ihre in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Anträge weiterverfolgen.

 

Entscheidungsgründe

Revision und Anschlußrevision sind begründet. Sie führen zur erneuten Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

I.

Die Klägerin stützt ihre Ansprüche auf verschiedene Schadensposten, die nach ihrer Behauptung die Klagesumme erheblich übersteigen. Die einzelnen von ihr dargelegten Vermögensnachteile leitet sie zudem aus unterschiedlichen Pflichtverletzungen des Beklagten her. Die Klägerin hat damit in der Form von Haupt- und Hilfsansprüchen prozessual verschiedene Streitgegenstände eingeführt. Diese von ihr gesetzte Reihenfolge ist auch bei Erlaß eines Grundurteils nach § 304 Abs. 1 ZPO zu beachten. Sie hat zur Folge, daß über lediglich hilfsweise eingeführte Ansprüche auch eine Entscheidung zum Grunde erst dann ergehen darf, wenn und soweit feststeht, daß die vorrangig geltend gemachten Forderungen nicht begründet sind (BGH, Urt. v. 10. Juli 1975 – III ZR 28/73, MDR 1975, 1007; Urt. v. 21. Februar 1986 – V ZR 38/84, WM 1986, 617, 618).

Das hat das Berufungsgericht nicht beachtet. Die von der Klägerin vorrangig zur Entscheidung gestellten Ansprüche wegen erlittener Nachteile bei der Gewerbe- und Körperschaftsteuer erreichen ihrer Meinung nach schon die Klagesumme. Das Berufungsgericht hat diese Ansprüche uneingeschränkt für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt. Damit läßt seine Entscheidung für die Behandlung aller übrigen Schadenspositionen keinen Raum mehr. Schon aus diesem Grunde müssen die Rechtsmittel beider Parteien Erfolg haben, soweit sie sich gegen den die Klagepositionen 3 bis 8 betreffenden Teil des Urteils wenden. Abgesehen davon ist das Berufungsurteil zu Ziff. 3 und 7 auch deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil es dort offengelassen hat, ob eine schuldhafte Vertragsverletzung des Beklagten, die die notwendige Grundlage jeder Haftung bildet, überhaupt vorliegt.

II.

Das Berufungsurteil hält im Ergebnis den Angriffen der Revision nicht stand, soweit es die Klage wegen der Nachteile bei Gewerbe- und Körperschaftsteuer für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt. Dabei ist die Frage, ob das Berufungsgericht ein Grundurteil erlassen durfte, von Amts wegen zu prüfen; einer auf die Verletzung von § 304 ZPO gestützten Revisionsrüge bedarf es nicht (BGH, Urt. v. 12. Juni 1975 – III ZR 34/73, NJW 1975, 1968; Urt. v. 11. März 1982 – I ZR 27/80, NJW 1982, 1757, 1759).

1. Die aufgrund tatrichterlicher, von der Revision nicht angegriffener Würdigung getroffene Annahme des Berufungsgerichts, dem Beklagten sei die umfassende steuerliche Beratung der Klägerin übertragen worden, ist nicht zu beanstanden.

2. Rechtsfehlerfrei sieht das Berufungsgericht darin eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten, daß er es versäumt habe, den Rat zu erteilen, mit dem beherrschenden Geschäftsführer G. H. eine schriftliche Vereinbarung über die ihm zustehende Tätigkeitsvergütung zu treffen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Vergütungen, die der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer als laufendes Entgelt oder Tantieme für sich in Anspruch nimmt, als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln, wenn nicht von vornherein klar und eindeutig bestimmt ist, ob und in welcher Höhe ein Entgelt für dessen Leistungen in der Gesellschaft bezahlt wird (BFH BStBl 1982 II 761, 763 m.w.N.). Der Beklagte hätte diese Rechtsprechung kennen und die Vereinbarung einer angemessenen Tätigkeitsvergütung anregen müssen, damit solche Zahlungen nicht zum steuerpflichtigen Einkommen der GmbH (§§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, 7 GewStG) gerechnet wurden.

Entgegen der Meinung der Revision durfte das Berufungsgericht davon absehen, die Frage der angemessenen Höhe einer solchen Vergütung zu behandeln. Im Verfahren über den Grund genügt die Feststellung, daß die Vereinbarung einer Tätigkeitsvergütung möglich gewesen wäre, weil dadurch die Steuerschuld auf jeden Fall gesenkt worden wäre. Die Ermittlung, welche Vergütung vom Finanzamt als angemessen anerkannt worden wäre, konnte daher dem Höheverfahren überlassen werden.

3. Das Berufungsgericht erklärt die Klage hinsichtlich folgender angeblich unnötig angefallener Gewerbesteuer für dem Grunde nach gerechtfertigt:

1979

=

3.973 DM

1980

=

262 DM

1981

=

7.000 DM

1982

=

3.562 DM

1983

=

13.020 DM

27.817 DM.

a) Diese im Tatbestand des Berufungsurteils als „Bezifferung der Klägerin” aufgeführten Beträge stimmen mit deren Vorbringen in den Tatsacheninstanzen, auf welches das Berufungsurteil ergänzend Bezug genommen hat, nicht überein. Die Klägerin hat dort vorgetragen, sie habe für die Jahre 1979 bis 1981 11.484 DM und für 1982 und 1983 27.967 DM, insgesamt 39.451 DM, zahlen müssen. Zwar zeigt eine Durchsicht der geänderten Steuerbescheide, daß die Angaben der Klägerin unzutreffend und tatsächlich nur die im Tatbestand des Berufungsurteils aufgeführten Beträge gegen die Klägerin festgesetzt worden sind. Gleichwohl bestehen gegen die Verfahrensweise des Berufungsgerichts durchgreifende rechtliche Bedenken, weil es nicht etwa ein offensichtliches Schreib- oder Rechenversehen berichtigt, sondern ein durch Auswertung der Steuerbescheide richterlich ermitteltes Ergebnis der Klägerin als Prozeßvortrag unterschoben und infolgedessen von der ansonsten gebotenen Teilabweisung des hinsichtlich der Gewerbesteuer behaupteten Anspruchs abgesehen hat. Insoweit fehlt es sowohl an einer prozeßbeendigenden Handlung der Parteien als auch an einer rechtskraftfähigen richterlichen Entscheidung.

b) Ob dieser Mangel durch eine vom Revisionsgericht nachgeholte Teilabweisung beseitigt werden könnte, braucht nicht entschieden zu werden; denn die zur Gewerbesteuerschuld ergangene Entscheidung erweist sich aus einem weiteren Grunde als rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat die Einrede der Verjährung im Grundurteil abschließend behandelt. Seine Auffassung, der gesamte in Höhe von 27.817 DM in Betracht kommende Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt, hält auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

aa) Das Berufungsgericht meint, die Verjährung nach § 68 StBerG habe erst mit den geänderten Steuerbescheiden vom 29. Juli 1985 (für 1979 bis 1981), 7. Juni 1985 (für 1982) und 16. September 1985 (für 1983) begonnen. Das ist nur insoweit zutreffend, als aufgrund der Außenprüfung nachträglich höhere Steuern erhoben worden sind. Dagegen beginnt die Verjährung mit dem Eintritt der Bestandskraft der ursprünglichen Bescheide, soweit die Außenprüfung zu keinem für den Steuerpflichtigen ungünstigeren Ergebnis gelangt (Senatsurt. v. 4. April 1991 – IX ZR 215/90, ZIP 1991, 589, 590; zur Veröffentlichung in BGHZ 114, 150 vorgesehen). Die aufgrund der Außenprüfung geänderten Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1979 bis 1981 enthalten nur hinsichtlich des Jahres 1979 eine gegenüber dem ursprünglichen Bescheid höhere Festsetzung. Für die Jahre 1980 und 1981 sowie den ursprünglich für das Jahr 1979 festgesetzten Betrag von 82 DM kommt es folglich darauf an, wann die ursprünglichen Steuerbescheide bestandskräftig geworden sind. Dazu haben sich die Parteien mangels eines richterlichen Hinweises bisher nicht geäußert. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Verjährung gemäß § 68 StBerG mehr als drei Jahre vor Zustellung der Klage am 12. Juli 1985 zu laufen begonnen hat. Dazu, ob eine weitere Pflichtverletzung des Steuerberaters eventuell einen Sekundäranspruch hat entstehen lassen mit der Folge, daß dieser sich auf die Verjährung des Primäranspruchs nicht berufen darf, fehlt es bisher ebenfalls an geeignetem Vorbringen.

bb) Ob das Berufungsgericht die Behandlung der Verjährungseinrede dem Nachverfahren hätte vorbehalten dürfen, weil sie nur gegenüber einem Teil des Anspruchs durchgreifen kann (vgl. BGH, Urt. v. 28. Mai 1968 – VI ZR 37/67, NJW 1968, 2105), ist unerheblich. Da das angefochtene Urteil die Verjährungsfrage mitumfaßt, die getroffene Entscheidung für das Betragsverfahren bindet, wegen des hier zugrundeliegenden Rechtsfehlers aber nicht bestehenbleiben kann, fehlt es derzeit an der für den Erlaß eines Grundurteils notwendigen Bestimmtheit des davon erfaßten Klageanspruchs (vgl. auch BGHZ 108, 256, 260).

4. Das Berufungsurteil stellt als von der Klägerin bei der Körperschaftsteuer geltend gemachten Schaden dar:

1979

=

28.049 DM

1980

=

27.250 DM

1981

=

34.290 DM

1982

=

30.311 DM

1983

=

36.522 DM

156.422 DM.

Hinsichtlich dieses Betrages wird die Klage für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt. Das ist in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft.

a) Der Betrag übersteigt die Klagesumme bei weitem. Außerdem ist er nachrangig gegenüber der Gewerbesteuer und von der Klägerin ausdrücklich nur für die Jahre 1979 bis 1981 sowie in Höhe eines Betrages von 5.298,56 DM für 1982 (GA Bl. 255/57) zum Gegenstand der Klage gemacht worden. Das Berufungsgericht hat also unter Verstoß gegen § 308 ZPO teilweise über nicht rechtshängig gemachte Ansprüche entschieden.

b) Darüber hinaus stellt das Berufungsurteil als geltend gemachten Schaden die gesamten Körperschaftsteuerzahlungen dar, die die Klägerin nach dem Ergebnis der Außenprüfung zu leisten hatte, obwohl die Klägerin schon in der Berufungsbegründung vom 15. November 1988 (GA Bl. 254 f) darauf hingewiesen hat, der erlittene Nachteil vermindere sich um 7.242 DM für 1979, 8.969 DM für 1980, 14.404 DM für 1981, 20.660 DM für 1982 und 16.535 DM für 1983, weil ihr die Körperschaftsteuer in dieser Höhe von ihren Gesellschaftern erstattet worden sei. Diese hätten sich in den mit ihnen geschlossenen Verträgen vom 24. Juli 1983 und 20. September 1984 verpflichtet, ihr die Vorteile zurückzuzahlen, die ihnen durch Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die zu leistende Einkommensteuer entstanden seien. Im Schriftsatz vom 25. September 1990 hat die Klägerin ihre Angaben teilweise geändert und nunmehr vorgetragen, den Gesellschaftern seien auf die Einkommen- und Kirchensteuer folgende von ihr geleistete Körperschaftsteuerzahlungen angerechnet worden: 27.871 DM für 1979, 27.251 DM für 1980, 34.290 DM für 1981, 30.134 DM für 1982 und 28.033 DM für 1983. Sie hat daraus jedoch keine weiteren Folgerungen für die Höhe des von ihr verlangten Ersatzes gezogen. Mit all dem befaßt sich das Berufungsgericht nicht. Es hat daher auch nicht aufgeklärt, ob die Gesellschafter die gesamte ihnen angerechnete Körperschaftsteuer der Klägerin gutgebracht oder aus welchen Gründen sie eventuell nur einen Teilbetrag weitergeleitet haben. Daher fehlt es auch an den notwendigen Feststellungen dazu, in welcher Höhe schon nach dem unstreitigen Sachverhalt ein Schaden der Klägerin ausscheidet.

c) Möglicherweise hat das Berufungsgericht in diese Position den von der Klägerin gesondert aus abgetretenem Recht geltend gemachten Schaden ihrer Gesellschafter bei der Einkommensteuer einbezogen, der darin liegt, daß die Kapitalertragsteuer zu deren Einkünften aus Kapitalvermögen gehört (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG), und von der Klägerin mit 45.157,80 DM (GA Bl. 424) beziffert worden ist. Hierauf deutet der Umstand hin, daß der Tatbestand des Berufungsurteils diese Position nicht erwähnt und das Berufungsgericht die Auffassung vertritt, das Gesellschaftsvermögen der Klägerin könne bei wirtschaftlicher Betrachtung nur als Sondervermögen ihrer Gesellschafter angesehen werden, weshalb es nicht darauf ankomme, ob die Gesellschafter der Klägerin Erstattungen in Höhe der bei ihren privaten Steuern angerechneten Körperschaftsteuer geleistet und eigene Ansprüche gegen den Beklagten abgetreten haben. Hinreichend deutlich wird dies allerdings schon deshalb nicht, weil das Urteil den von der Klägerin an vorletzter Stelle geltend gemachten Betrag von 45.157,80 DM nirgends erwähnt. Die Anschlußrevision rügt infolgedessen, das Berufungsgericht habe diese Position übergangen. Demnach fehlt es dem angefochtenen Urteil auch insoweit an der hinreichenden und für das Betragsverfahren unerläßlichen Bestimmtheit, über welche Teile des erhobenen Anspruchs entschieden worden ist.

d) Weiterhin war es weder prozeß- noch sachlichrechtlich zulässig, den Nachteil der Klägerin bei der Körperschaftsteuer und den Schaden ihrer Gesellschafter bei der Einkommensteuer einheitlich an zweiter Stelle der von der Klägerin gestaffelten Ansprüche zu behandeln.

Selbst bei einer Einmann-GmbH ist die rechtliche Verschiedenheit zwischen der juristischen Person und ihrem Alleingesellschafter zu beachten und die GmbH infolgedessen für die schadensrechtliche Beurteilung als selbständiges Zurechnungssubjekt zu behandeln (BGHZ 61, 380, 383; BGH, Urt. v. 8. Februar 1977 – VI ZR 249/74, NJW 1977, 1283). Ein Schaden der Klägerin bei der Körperschaftsteuer und die in deren Folge ausgelösten Nachteile ihrer Gesellschafter bei der Einkommensteuer sind schon prozeßrechtlich zwei verschiedene Streitgegenstände, die die Klägerin getrennten Positionen der von ihr gewählten Staffelung zuordnen mußte. Das Berufungsgericht war daher daran gehindert, die von ihr hilfsweise an der vorletzten Position eingeführten Ansprüche ihrer Gesellschafter von sich aus nach vorn zu ziehen und dem Körperschaftsteuerschaden zuzuschlagen.

Im übrigen ist die Sicht des Berufungsgerichts auch materiellrechtlich verfehlt. Das von ihm zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Februar 1977 (aaO) betrifft die Frage, inwieweit der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft einen infolge seiner Verletzung dort eingetretenen wirtschaftlichen Nachteil als eigenen Schaden geltend machen kann, weil er selbst dadurch in seinem Vermögen betroffen ist. Eine solche Frage stellt sich nicht, wenn gerade umgekehrt die Kapitalgesellschaft einen Schaden ersetzt verlangt, der allein ihren Gesellschaftern bei deren persönlichen Steuern entstanden ist; denn es ist nicht ersichtlich, wodurch insoweit ein Nachteil im Vermögen der Kapitalgesellschaft eingetreten sein sollte. Ein solcher Schaden kann daher von der Klägerin nur aufgrund einer Zession jener Ansprüche geltend gemacht werden.

e) Schließlich hat das Berufungsgericht, ebenso wie bei der Gewerbesteuer, zu Unrecht den gesamten in Betracht kommenden Schadensersatzanspruch als nicht verjährt angesehen. Dabei ist nicht beachtet, daß die ursprünglichen Steuerbescheide für die Jahre 1979 bis 1982 geändert wurden und dort bereits Körperschaftsteuern in folgender Höhe festgesetzt waren: für 1979 347 DM, für 1980 1.730 DM, für 1981 34.048 DM, für 1982 10.275 DM. Da sich aus dem bisherigen Vorbringen der Parteien nicht ergibt, wann die ursprünglichen Steuerbescheide bestandskräftig geworden sind, läßt sich nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand aus den oben 3 b dargelegten Gründen nicht ausschließen, daß der in Frage kommende Schadensersatzanspruch im Umfang der genannten Beträge verjährt ist.

III.

Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

Das Berufungsgericht wird sich die Frage stellen müssen, ob in Anbetracht der von der Klägerin gewählten Haupt- und Hilfsansprüche, der Art ihrer Staffelung sowie der innerhalb einzelner Ansprüche zu beachtenden Differenzierungen ein Grundurteil als verfahrensökonomisch sinnvolle Zwischenentscheidung überhaupt in Betracht kommen kann.

Die Niederschlagung der Gerichtskosten beruht auf § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG.

 

Fundstellen

BB 1992, 227

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge