Leitsatz (amtlich)

Eine wirksame Erledigungserklärung liegt nicht vor, wenn die Klage ursprünglich nicht zulässig oder nicht begründet war. In diesem Fall ist die Klage entsprechend den Antrag des Beklagten abzuweisen, ohne daß dieser noch ein besonderes Rechtsschutzinteresse für eine solche Entscheidung dartun müßten Gegebenenfalls muß durch Beweisaufnahme geklärt werden, ob die Klage ursprünglich zulässig und begründet war.

Veräußert nach Kündigung des Bestellers der Unternehmer das teilweise fertiggestellte Werk und erzielt er hierdurch einen Kaufpreis in Höhe der vollen vom Besteller geschuldeten Vergütung, so braucht der Besteller nichts mehr zu zahlen.

 

Verfahrensgang

OLG Celle (Entscheidung vom 09.02.1966)

LG Hannover

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Celle vom 9. Februar 1966 wird zurückgewiesen, soweit es die Widerklage abgewiesen hat.

Im übrigen wird das Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Beklagte hat 13/14 der Kosten der Revision zu tragen; über die restlichen Kosten hat das Berufungsgericht zu entscheiden.

 

Tatbestand

Der Kläger vermittelte im Frühjahr 1963 für die damals noch minderjährige und durch ihre Mutter vertretene Beklagte den Erwerb von zwei Grundstücken in Berenbostel bei Hannover. Das eine Grundstück (Flurstück 80/2) sollte mit einem Mehrfamilienhaus bebaut, das andere (Flurstück 80/4) zur Finanzierung dieses Baus später mit Gewinn weiterverkauft werden. Im April 1963 übertrug die Mutter der Beklagten in deren Namen dem Kläger mündlich die gesamten Architektenarbeiten für den Bau des Mehrfamilienhauses.

Am 26. August 1963 ließ sich der Kläger zwei schriftliche Vollmachten zur Vertretung der Beklagten vor "sämtlichen Baubehörden" geben. Die eine Vollmacht ist, wie es in der Urkunde heißt, erteilt für den Bau eines "Mehrfamilienhauses und von Reihenhäusern", die andere für den Bau eines "Mehrfamilienhauses und von 5 Reihenhäusern in Berenbostel, L. Str.". Diese Worte sind jeweils mit Schreibmaschine in den benutzten Vordruck eingefügt. In dem Vordruck heißt es ferner:

"Dem Vollmachtsverhältnis liegt ein Auftrag über die Gesamtbearbeitung der Pläne - der technischen und künstlerischen Oberleitung der Bauausführung - der Bauführung für den gesamten Bau- und die amtliche Gebührenordnung für Architekten vom 13. Oktober 1950 zugrunde."

Beide Vollmachten sind von der Beklagten unterschrieben, die zweite Vollmacht zusätzlich auch von ihrer Mutter.

Am 5. Februar 1964 kündigte die Beklagte den Auftrag über Architektenleistungen für das Mehrfamilienhaus; am 4. November 1964 widerrief sie alle dem Kläger erteilten Vollmachten und kündigte "alle eventuellen ... erteilten Architekten-Aufträge".

Durch Vermittlung einer Maklerfirma verkaufte sie am 5. November 1964 das Grundstück Flurstück 80/4 für 36.000 DM an den Dipl.-Landwirt J., der ihr am 11, November 1964 10.000 DM anzahlte.

Am 8. November 1964 verlangte der Kläger - neben einen Resthonorar von 8.293,30 DM für das Mehrfamilienhaus - für die "Bauangelegenheit - 5 Reihenhäuser in Berenbostel, L.str." ein Honorar von 27.831,57 DM. Wegen dieser beiden Forderungen erwirkte er am 11. November 1964 einen Arrestbefehl gegen die Beklagte. Auf Grund des Arrestes erwirkte er ferner am 25. November 1964 einen Beschluß des Amtsgerichts Peine, durch den die Restkaufpreisforderung der Beklagten gegen J. gepfändet und ihm überwiesen wurde. Dieser Beschluß und der Arrest wurden später wieder aufgehoben. Der Kläger erwirkte ferner einstweilige Verfügungen zur Sicherung der Ansprüche auf Eintragung von Sicherungshypotheken auf beiden Grundstücken.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger die beiden Forderungen von 8.293,30 DM und 27.831,57 DM eingeklagt. Nach Klageerhebung traf er mit Joppke eine schriftliche Vereinbarung. Hierin verkaufte er J. "die genehmigten Bauzeichnungen M 1 zu 100 einschließlich statischer Berechnung für ein 5-Familien-Reihen-Haus in Berenbostel nebst verauslagten Gebühren für Baugenehmigung und Vermessungsgebühren zum Festpreis von 29.000 DM." Ferner trat er J. seine Honorarforderung von 27.831,57 DM und Kostenerstattungsansprüche gegen die Beklagte bis zur Höhe von 1.168,43 DM "ohne jegliche Gewährleistung" ab.

J. leistete an die Beklagte keine Zahlung mehr. Der Kläger hat vorgetragen, J. habe ihn auf Grund der getroffenen Vereinbarung wegen seiner Honorarforderung für die 5 Reihenhäuser befriedigt, und hat insoweit die Hauptsache für erledigt erklärt. Für das Mehrfamilienhaus und aus einem Darlehen (250 DM) hat er noch 8.543,30 DM beansprucht.

Die Beklagte, die für das Mehrfamilienhaus bereits 7.005 DM an den Kläger bezahlt hatte, ist der Ansicht, daß diesem keine Ansprüche mehr gegen sie zustehen. Der Erledigungserklärung hat sie widersprochen. Sie trägt vor, die Klage auf Zahlung des Honorars für die Reihenhäuser sei von Anfang an unbegründet gewesen. Sie habe nie einen Auftrag zu Architektenarbeiten für diese Häuser erteilt. Die Vollmachten vom 26. August 1963 hätten sich nur auf das Mehrfamilienhaus bezogen, den Text hinsichtlich der Reihenhäuser habe der Kläger nachträglich ohne ihr Einverständnis in die Vollmachten eingefügt.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 8.543,30 DM nebst Zinsen verurteilt; es hat ferner ausgesprochen, daß im übrigen die Hauptsache erledigt sei, und der Beklagten alle Kosten auferlegt.

Im zweiten Rechtszug hat die Beklagte Widerklage auf Zahlung von 26.000 DM nebst Zinsen erhoben mit der Begründung, der Kläger sei um diesen Betrag ungerechtfertigt bereichert, da er insoweit auf Grund eines unwirksamen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses von Joppke den ihr gebührenden Restkaufpreis für das Grundstück eingezogen habe.

Das Oberlandesgericht hat durch Teilurteil die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, soweit sie sich gegen den Ausspruch der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache richtet, und die Widerklage abgewiesen.

Mit der Revision beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen,

soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, und der Widerklage stattzugeben.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

A)

Wenn ein Kläger die Hauptsache einseitig für erledigt erklärt, der Beklagte dem aber widerspricht und Klageabweisung beantragt, hat das Gericht, wie es auch hier geschehen ist, durch Urteil darüber zu entscheiden, ob die Erledigung eingetreten ist oder nicht.

I.

1.)

Eine wirksame Erledigungserklärung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht vor, wenn die Klage ursprünglich nicht zulässig oder nicht begründet war.

Ob in diesem Fall der Beklagte ohne weiteres die Abweisung der Klage verlangen kann oder ein besonderes Rechtsschutzinteresse an dieser Entscheidung darlegen muß, wird in Rechtsprechung und Lehre nicht einheitlich beurteilt. Das Schrifttum verlangt ein derartiges Interesse heute wohl überwiegend nicht mehr (u.a. Stein-Jonas ZK) 19. Aufl. § 91 a Anm. III 2; Donau, MDR 1959, 91; Deubner JuS 1962, 205, 210; Blomeyer JuS 1962, 212 f; Baumbach ZPO 29. Aufl. § 91 a Anm. 2 C). Denselben Standpunkt nimmt der Bundesgerichtshof in seiner neueren Rechtsprechung ein (BGHZ 37, 137; WM 1968, 697; Urteil des erkennenden Senats VII ZR 113/65 vom 8. Februar 1968). Hieran hält der Senat auch fest.

Es bestehen aber Bedenken dagegen, diesen Standpunkt ohne Anrufung des nach dem Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Juni 1968 (BGBl. I 661) gebildeten Gemeinsamen Senats der Entscheidung zugrundezulegen. Zwar stellt das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung seines 4. Senats vom 14. Juni 1967 (SAE 1968, 56) das Erfordernis eines besonderen Rechtsschutzinteresses nicht mehr auf. Der 2. Senat (BAGE 11, 251) und der 1. Senat (AP Nr. 11 zu § 91 a ZPO) des Bundesarbeitsgerichts haben aber gegenteilig entschieden, desgleichen das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 20, 147), wenn diese Entscheidung auch zum Teil mit verwaltungsprozeßrechtlichen Erwägungen begründet ist.

Ein Abweichungsfall (§ 2 des Gesetzes vom 19. Juni 1968) liegt aber deshalb nicht vor, weil auch vorliegend ein besonderes Interesse des Beklagten besteht, daß entschieden wird, ob der Anspruch des Klägers auf Honorar für die Reihenhäuser überhaupt entstanden ist. Denn wenn das verneint wird, wäre zugleich festgestellt, daß der Kläger zu Unrecht die Vormerkung auf eine Hypothek für diese Forderung hat eintragen lassen. Deshalb ist die Streitfrage hier nicht entscheidungserheblich.

2.)

Wenn der Erledigungserklärung nicht entsprochen wird, weil die Klage vor dem angeblich erledigenden Ereignis schon unzulässig oder unbegründet war, so ist über die Kosten nach § 91, nicht nach § 91 a ZPO zu entscheiden. Das nötigt dazu, gegebenenfalls Beweis darüber zu erheben, ob die Klage ursprünglich zulässig und begründet war (Stein-Jonas a.a.O.; Baumbach a.a.O.; Deubner a.a.O. S. 211; Habscheid JZ 1963, 624, 626). Man kann die Klageabweisung und die Kostenentscheidung nach § 91 ZPO nicht auf die Fälle beschränken, die entscheidungsreif sind, wie das der Zivilsenat I b des Bundesgerichtshofs in NJW 1965, 296 erwogen hat. Gerade für die nicht entscheidungsreifen Fälle ist es von besonderer Bedeutung, daß der Beklagte, der zu Unrecht verklagt worden ist, hierüber eine Entscheidung erlangt, bei der die volle Kostenlast für den Kläger sicher ist und die Kosten nicht in einer Ermessensentscheidung nach § 91 a ZPO ganz oder teilweise dem Beklagten auferlegt werden können.

3.)

Das Oberlandesgericht führt aus, die Honorarforderung für die Reihenhäuser sei ursprünglich begründet gewesen. Auf Grund der Vollmachten vom 26. August 1963 sei bewiesen, daß die Beklagte einen Auftrag zum Bau der Reihenhäuser erteilt habe. Es sei ihre Sache zu beweisen, daß der von ihrer Mutter unterschriebene Text nicht deren Willen entsprochen habe und vom Kläger nachträglich verändert worden sei. Einen ausreichenden Beweis dafür habe sie nicht angetreten. Die von ihr vorgetragenen Hilfstatsachen ließen keinen zwingenden Schluß darauf zu, daß ihre Mutter dem Kläger keinen Auftrag für die Planung der Reihenhäuser gegeben habe.

4.)

Diese Beurteilung hält nicht allen Angriffen der Revision stand.

a)

Nach dem Berufungsurteil ist der Architektenauftrag für die Reihenhäuser auf dem Flurstück 80/4 nach Darstellung des Klägers in der Absicht erteilt worden, die hierdurch entstehenden Kosten auf die Erwerber abzuwälzen. Die Revision hält das für unvereinbar mit dem festgestellten Willen der Parteien, das Flurstück 80/4 mit Gewinn zu verkaufen, um so den Bau des Mehrfamilienhauses zu finanzieren.

Die Rüge ist in ihrem Kern berechtigt, Es drängen sich, wenn der Architektenauftrag für die Reihenhäuser die Bedeutung gehabt haben soll, wie es der Kläger darstellt, Bedenken auf, ob ein so umfassender Auftrag, wie er in den Vollmachten umschrieben ist, erteilt worden ist.

Nach dem Schriftsatz des Klägers vom 12. Juli 1965 (S. 13) sollte er die Baugenehmigung erwirken, das Grundstück parzellieren und an einzelne Interessenten verkaufen, denen die Beklagte die Verpflichtung auferlegen sollte, die bereits entstandenen Architektenkosten zu bezahlen und die weiteren Architektenleistungen durch den Kläger ausführen zu lassen. Bei dieser Handhabung hätte die Beklagte - so hatte der Kläger ausgeführt - keinen Pfennig eigenes Kapital aufzuwenden brauchen, um die Grundstücke baureif zu machen.

Danach war also nicht beabsichtigt, daß die Beklagte selbst das Grundstück bebauen ließ. Dann verwundert es aber, daß sie ihm, wie es nach den Vollmachten vom 26. August 1963 der Fall sein soll, auch bereits die Oberleitung und die Bauführung übertragen und damit bedingungslos auch die Vergütung dieser Leistungen übernommen haben soll. Ob sich das durch das Vorhaben "architektengebundener" Veräußerung genügend erklärt, ist fraglich. Denn es war nicht abzusehen, ob dieses Vorhaben gelang. Das hat sich nach der Behauptung der Beklagten auch als schwierig erwiesen. Wie sie vorträgt und unter Beweis gestellt hat, ist es dem zum Verkauf bevollmächtigten Kläger nicht gelungen, einen Käufer zu finden. Der von der Beklagten gefundene Käufer J. hat sich im Kaufvertrag mit ihr auch nur bereitgefunden, sie bis zur Höhe von 4.250 DM von Ansprüchen für etwaige bereits erbrachte Architektenleistungen freizustellen.

Das Berufungsgericht hätte daher prüfen müssen, ob ein uneingeschränkter und bedingungsloser Architektenauftrag damit in Einklang zu bringen ist, daß das Grundstück nach der eigenen Darstellung des Klägers nicht von der Beklagten bebaut, sondern nur "baureif" veräußert werden sollte.

Diese Prüfung ist nachzuholen. Dabei sollte auch der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß ein Auftrag, wie ihn der Kläger behauptet und ausgeführt hat, durch die Vollmachten bereits bewiesen sei, nochmals überprüft werden. Es ist fraglich, ob aus der bloßen Erwähnung der Reihenhäuser ohne nähere Angaben über Art und Größe des Bauvorhabens ein solcher Auftrag entnommen werden kann.

b)

Die Beklagte hatte behauptet, der Kläger habe ihrer Mutter erst nach dem 1. Oktober 1963 vorgeschlagen, das Flurstück 80/4 in 5 Bauplätze aufzuteilen und diese zu verkaufen, sowie im Frühjahr 1964 diesen Vorschlag damit begründet, daß diese Bauplätze leichter zu verkaufen seien, weil sie anders als das für das Mehrfamilienhaus bestimmte Grundstück "nicht mit Architektenleistungen belastet" seien; sie hatte hierfür ihre Mutter als Zeugin benannt (S. 13, 33 f d. Berufungsbegründung).

Diese Behauptungen hätte das Berufungsgericht nicht übergehen dürfen. Wenn der Kläger sich so, wie hier behauptet, im Frühjahr 1964 geäußert hat, so kann nicht schon am 26. August 1963 (oder noch früher) ein Architektenauftrag für 5 Reihenhäuser erteilt gewesen sein und ferner die Behauptung des Klägers nicht zutreffen, die Baugenehmigung sei bereits am 22. Oktober 1963 erteilt worden (S. 14 des Schriftsatzes vom 12. Juli 1965).

3.)

Auf das weitere Vorbringen der Revision in diesem Zusammenhang kommt es nicht an. Es bleibt der Beklagten unbenommen, dieses Vorbringen dem Berufungsgericht nochmals zu unterbreiten.

II.

Auch wenn die Klage anfänglich begründet war, steht noch nicht fest, daß der Kläger die Erledigung zu Recht erklärt hat, Voraussetzung ist ferner, daß ein erledigendes Ereignis eingetreten ist, welches die anfänglich begründete Klage nunmehr unbegründet macht.

1.)

Die Revision befaßt sich mit dieser zweiten Voraussetzung im Rahmen ihrer Ausführungen zur Erledigung nicht. Aus ihrem Vorbringen zur Widerklage ergibt sich aber, daß sie auch diese Voraussetzung nicht für gegeben hält. Denn dort vertritt sie die Ansicht, Joppke habe nicht gezahlt, um die Honorarforderung des Klägers gegen die Beklagte zu begleichen, sondern um die vom Kläger gepfändete Forderung der Beklagten gegen J. auf den Restkaufpreis für das Grundstück zu tilgen.

Letzteres verneint das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung. Nach seiner Auffassung hat Joppke dem Kläger die Bauzeichnungen abgekauft und hierfür 29.000 DM als Kaufpreis gezahlt.

Die Rügen, mit denen die Revision sich hiergegen wendet, sind nicht begründet.

a)

Es steht der Würdigung des Berufungsgerichts nicht entgegen, daß in der schriftlichen Vereinbarung zwischen den Kläger und J. die Pfändung der Kaufpreisforderung erwähnt ist.

b)

Die Abtretung der Honorarforderung des Klägers gegen die Beklagte spricht nicht gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, J. habe nicht auf die gepfändete Restkaufpreisforderung geleistet. Die Abtretung sollte es anscheinend J. ermöglichen, mit der abgetretenen Forderung gegen den Restkaufpreisanspruch der Beklagten aufzurechnen, wie er es nach der Revision später auch getan hat. Wenn der Kläger und J. der Meinung gewesen wären, Joppke tilge mit seiner Zahlung an den Kläger den Restkaufpreisanspruch der Beklagten, so hätte es dieser Abtretung nicht bedurft, um es J. zu ermöglichen, sich gegenüber der Beklagten zu verteidigen; er hätte dann einen Bereicherungsanspruch gegen die Beklagte erworben, weil er sie von einer Schuld befreit hätte.

c)

Daß J. sich bereitgefunden hat, dem Kläger die Bauzeichnungen abzukaufen, weil dieser ihm sie sonst nicht geben wollte und ihm das Recht, sie auszunutzen, streitig machte, spricht nicht gegen, sondern für die Ansicht des Berufungsgerichts, J. habe mit seiner Zahlung den dem Kläger versprochenen Kaufpreis für die Zeichnungen erlegt.

2.)

Die Hauptsache könnte dann erledigt sein, wenn J. gemäß § 267 BGB die Honorarschuld der Beklagten getilgt hätte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist das aber nicht geschehen. Danach hat Joppke die Pläne vom Kläger gekauft und ihm den Kaufpreis dafür gezahlt.

3.)

Das Berufungsgericht führt aus, der Kläger habe sein Werk (die Zeichnungen und Berechnungen) nicht anderweit veräußern können, ohne daß gleichzeitig sein Vergütungsanspruch gegen die Beklagte erlosch. Denn durch die Veräußerung habe sich der Kläger außerstande gesetzt, die bereits fertiggestellten Teile des Werks der Beklagten zu überlassen. Darauf aber habe diese ungeachtet der Kündigung einen Anspruch gehabt.

Ob diese Begründung es rechtfertigt, den gesamten Vergütungsanspruch des Klägers, auch soweit er die noch ausstehenden Arbeiten betrifft, als erloschen und damit die Hauptsache als erledigt anzusehen, mag auf sich beruhen.

Im Ergebnis hat das Berufungsgericht recht darin, daß der Kläger nach der Zahlung J. das Architektenhonorar nicht mehr von der Beklagten verlangen kann.

Das ergibt sich jedenfalls aus einer entsprechenden Anwendung des § 649 Satz 2 BGB. Der Kläger hat den von J. für die Zeichnungen gezahlten Betrag zwar nicht "durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft", aber durch anderweitige Ausnutzung des Ergebnisses seiner Arbeit erworben. Es erscheint als gerechtfertigt, einen Erlös; den der Unternehmer durch Veräußerung des bereits ganz oder teilweise hergestellten Werkes erhielt, auf die vereinbarte Vergütung anzurechnen. Die Beurteilung des vorliegende Falles nach § 649 Satz 2 BGB berücksichtigt den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, daß nach, der Kündigung des Bestellers der Unternehmer, indem ihm der gegebenenfalls nach Satz 2 der Vorschrift zu kürzende Anspruch auf die vereinbarte Vergütung eingeräumt wird, nicht besser und nicht schlechter stehen soll als bei Ausführung des Werkvertrags (vgl. Staudinger BGB 11. Aufl. § 649 Randziff. 4 bis 6).

Hier hat J., wie das Berufungsgericht feststellt, einen Betrag gezahlt, der die volle Höhe der Gebührenforderung erreicht, und zwar einschließlich, der vom Kläger für die nicht ausgeführten Leistungen (abzüglich, eines Abschlags wegen ersparter Aufwendungen) verlangten Gebühren. Das bedeutet, daß nach der Zahlung Joppkes die Gebührenforderung gegen die Beklagte sich, nicht nur gemindert hat, sondern ganz weggefallen ist.

B)

Die Widerklage hat das Oberlandesgericht mit Recht abgewiesen.

Den mit ihr verfolgten Bereicherungsanspruch leitet die Beklagte daraus her, daß Joppke an den Kläger die nicht wirksam gepfändete und daher noch, ihr zustehende Restkaufpreisforderung mit befreiender Wirkung beglichen habe (vgl. § 816 Abs. 2 in Verbindung mit §§ 407 Abs. 1, 412 BGB; Palandt, BGB, 27. Auflage § 407 Anm. 1). Ein solcher Anspruch scheitert aber an der rechtsfehlerfreien Feststellung des Berufungsgerichts, daß J. nicht zur Tilgung seiner gegenüber der Beklagten bestehenden Kaufpreisschuld gezahlt hat (oben A II 1).

C)

Danach ist die Revision zurückzuweisen, soweit sie die Widerklage betrifft. Der Ausspruch über die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist dagegen nach den bisherigen Feststellungen nicht gerechtfertigt. Insoweit ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Bei der Kostenentscheidung bewertet der Senat den Streit über die Erledigung mit 2.000 DM; das entspricht der Summe der in den Vorinstanzen durch diesen Streitpunkt entstandenen Kosten (vgl. BGH NJW 61, 1210). Da der Streitwert der Widerklage 26.000 DM beträgt, muß die Beklagte 13/14 der Kosten der Revision tragen. Über die restlichen Kosten muß das Berufungsgericht befinden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3018647

DRiZ 1969, 21

JZ 1969, 114

JZ 1969, 114-115

MDR 1969, 133

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