Entscheidungsstichwort (Thema)

Bankbestätigung zum Zweck der Vorlage zum Handelsregister. Bareinlagen von Inferenten zu endgültig freier Verfügung des Vorstands der AG. Insolvenzverwalter als Treuhandzessionar. Prozessführungsrecht. Vorspiegelung einer ordnungsgemäßen Kapitalaufbringung. Missbrauch der Funktion einer Bankbestätigung. Gewährleistungshaftung eines Kreditinstituts. Erfüllungswirkung der Einlagenzahlung in Bezug auf die Einlageschuld

 

Leitsatz (amtlich)

a) Ein Insolvenzverwalter kann eine gemäß dem Insolvenzplan treuhänderisch an ihn abgetretene Masseforderung nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr als Partei kraft Amtes, sondern nur aus eigenem Recht als Zessionar weiterverfolgen (im Anschluss an BGH. v. 15.6.1992 - II ZR 88/91, ZIP 1992, 1152 f.).

b) Eine Bankbestätigung i.S.v. § 37 Abs. 1 Satz 3 AktG muss zu dem - der Bank bekannten - Zweck der Vorlage zum Handelsregister bestimmt sein und grundsätzlich erkennen lassen, dass die (eingeforderten) Bareinlagen eines oder mehrerer bestimmter Inferenten zu endgültig freier Verfügung des Vorstandes der Aktiengesellschaft auf das Bankkonto einbezahlt (worden) sind. Auf die Gegenwarts- oder Vergangenheitsform der Bestätigung kommt es nicht an.

c) Eine den vorgenannten Erfordernissen entsprechende Bankbestätigung ist gem. § 37 Abs. 1 Satz 4 AktG haftungsbegründend unrichtig, wenn bzw. soweit der bestätigte Einlagebetrag nach den der Bank bekannten Umständen nicht oder nicht wirksam zu endgültig freier Verfügung des Vorstandes geleistet worden und die Einlageschuld des oder der betreffenden Inferenten daher nicht erfüllt ist. Das Gleiche gilt, wenn die Bank "Geldeingänge" aus nicht genannten Quellen als zu freier Verfügung des Vorstandes stehend in dem Bewusstsein bestätigt, dass damit dem Registergericht der Nachweis einer ordnungsgemäßen Kapitalaufbringung vorgespiegelt werden soll.

d) Auf ein Bankkonto der Gesellschaft geleistete Zahlungen sind nicht schon dann der freien Verfügung des Vorstandes entzogen, wenn nicht er allein für das Konto zeichnungsberechtigt ist.

e) Ein erstinstanzlicher Beweisantritt der in erster Instanz obsiegenden Partei ist von dem Berufungsgericht auch ohne Wiederholung des Beweisangebots zu beachten.

 

Normenkette

AktG § 37 Abs. 1 Sätze 3-4; GG Art. 103 Abs. 1; InsO §§ 228, 258; ZPO § 265 Abs. 2, § 286

 

Verfahrensgang

OLG München (Urteil vom 16.11.2006; Aktenzeichen 19 U 2754/06)

LG München I (Entscheidung vom 17.01.2006; Aktenzeichen 4 O 13173/03)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des OLG München vom 16.11.2006 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

[1] Der Kläger ist Insolvenzverwalter der T. AG (nachfolgend: Schuldnerin). Sie war eine von mehreren Tochtergesellschaften der W. AG (nachfolgend: W. AG) und wurde von dieser im November 1995 gegründet. Die Beklagte (bzw. deren Rechtsvorgängerin) war die Hausbank der Schuldnerin. Am 28.5.1996 beschloss die Hauptversammlung der Schuldnerin eine Erhöhung ihres Grundkapitals von 100.000 DM auf 12.550.000 DM durch Ausgabe von 249.000 Inhaber-Stammaktien zum Nennbetrag zu je 50 DM. Am selben Tag wurde der Erhöhungsbeschluss zum Handelsregister angemeldet. Durch weiteren Hauptversammlungsbeschluss vom 28.2.1997 wurde der Kapitalerhöhungsbeschluss wiederholt. Am 15.10.1997 zeichnete die W. AG sämtliche neuen Aktien zu einem Ausgabebetrag von insgesamt 15.562.500 DM (62,50 DM je Aktie). Es war vorgesehen, die Aktien später auf zahlreiche Anleger, die zunächst Aktienzertifikate der Schuldnerin erworben hatten oder erwerben sollten, aufzuteilen. Unter dem 15.12.1997 meldeten der Alleinvorstand M. und der Aufsichtsratsvorsitzende D. der Schuldnerin die Durchführung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister an; sie erklärten dabei, dass der "Geldbetrag von 15.562.500 DM bei der Gesellschaft einbezahlt" wurde und "endgültig zur freien Verfügung des Vorstands steht." Beigefügt war ein Schreiben der Beklagten an die Schuldnerin vom 15.12.1997, das von dem Vorstandsmitglied K. der Beklagten sowie ihrer Angestellten B. unterzeichnet war und folgenden Inhalt hatte:

"Konto der Firma T. AG Nr. - 820962 Sehr geehrter Herr M., wunschgemäß bestätigen wir Ihnen, dass auf dem vorgenannten Konto ... seit Kontoeröffnung bis 15.12.1997 Geldeingänge über 15.562.500 DM zu verzeichnen waren und diese Mittel dem Vorstand endgültig zur freien Verfügung standen."

[2] Seit 26.2.1997 hatte die Beklagte der Schuldnerin auf deren Wunsch bereits mehrere Bestätigungen über die bisherigen Kontozuflüsse übersandt, zuletzt am 20.11.1997 über ca. 31,5 Mio. DM, jeweils mit dem Hinweis, dass "eine Prüfung der dem Mittelzufluss zugrunde liegenden Beteiligungsverträge bzw. der Buchungsunterlagen sowie der Weiterverwendung der eingegangenen Mittel von uns nicht vorgenommen" wurde. Tatsächlich hatte das Konto am 15.12.1997 nur noch ein Haben von ca. 50.000 DM, weil in der Zeit davor Beträge in zweistelliger Millionenhöhe insb. an andere Gesellschaften des W. Konzerns überwiesen worden waren.

[3] Mit einem weiteren Schreiben vom 23.1.1998 bestätigte die Beklagte der Schuldnerin unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 15.12.1997, dass auf dem vorgenannten Konto "Geldeingang bis 15.12.1997 über 15.562.500 DM zu verzeichnen war und dieser Betrag dem Vorstand endgültig zur freien Verfügung stand". Dieses Schreiben wurde ebenfalls dem Registergericht vorgelegt, das die Durchführung der Kapitalerhöhung am 25.3.1998 im Handelsregister eintrug.

[4] Nach dem Vortrag der Beklagten waren auf dem genannten Konto seit dessen Eröffnung Einzahlungen in einer den oben genannten Betrag weit übersteigenden Höhe eingegangen. Zeichnungsberechtigt für das Konto waren gemäß Vereinbarung mit der Beklagten - jeweils zu zweit handelnd - der Alleinvorstand M. der Schuldnerin, ihr Aufsichtsratsvorsitzender D. sowie die Vorstandsmitglieder B. und S. der W. AG.

[5] Am 30.6.2000 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 13.12.2002 beantragte er den Erlass eines Mahnbescheids gegen die Beklagte über den Betrag von 7.956.979,90 EUR (= 15.562.500 DM) als Schadensersatz wegen Ausstellung falscher Bankbestätigungen gem. §§ 188 Abs. 2, 37 Abs. 1 Satz 4 AktG. Am 6.1.2003 übersandte das Mahngericht dem Kläger eine Abschrift des Widerspruchs der Beklagten vom 17.12.2002. Mit Schriftsatz vom 20.6.2003, der am 4.7.2003 bei Gericht einging, begründete der Kläger den geltend gemachten Anspruch und wies darauf hin, dass das Insolvenzverfahren inzwischen (am 25.2.2003) aufgehoben worden, er aber gemäß einem - von dem Insolvenzgericht rechtskräftig bestätigten - Insolvenzplan "befugt und veranlasst" sei, die Ansprüche der Schuldnerin ggü. der Beklagten weiterzuverfolgen. Gemäß dem Insolvenzplan (§§ 207 ff. InsO) hat die Schuldnerin den streitigen Anspruch an den Kläger "als Treuhänder" mit der Maßgabe abgetreten, hierauf eingehende Zahlungen der Beklagten nach den Regelungen des Insolvenzplans zu verteilen. Während des Rechtsstreits in erster Instanz wurde am 1.2.2004 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin erneut eröffnet und der Kläger wiederum zum Insolvenzverwalter bestellt.

[6] Das LG hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat ihr - mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Zinsen - entsprochen. Dagegen richtet sich die - von dem Berufungsgericht zugelassene - Revision der Beklagten.

 

Entscheidungsgründe

[7] Die Revision führt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung.

I.

[8] Im Ergebnis ohne Erfolg bleibt allerdings die Revisionsrüge, das Berufungsgericht (ZIP 2007, 371) verkenne, dass die von dem Kläger "als Insolvenzverwalter" erhobene (und fortgeführte) Klage schon wegen "fehlender Aktivlegitimation" bzw. deshalb abzuweisen sei, weil die streitige Forderung aus § 37 Abs. 1 Satz 4 AktG - ihr Bestehen unterstellt - nach ihrer treuhänderischen Abtretung an den Kläger im Außenverhältnis nicht mehr der Insolvenzschuldnerin, sondern dem Kläger in Person zustehe.

[9] 1. Richtig ist zwar, dass der Kläger mit der durch rechtskräftige Bestätigung des Insolvenzplans gem. § 254 Abs. 1 InsO wirksam gewordenen (vgl. Begr.RegE, InsO, BT-Drucks. 12/2443, 202; Hess, InsO § 228 Rz. 3) Abtretung der streitigen Forderung an ihn als Treuhänder sowie mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 258 InsO) am 25.2.2003 sein Prozessführungsrecht als Insolvenzverwalter verloren hat, dieses vielmehr auf ihn persönlich - als Treuhandzessionar - übergegangen ist (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.1992 - II ZR 88/91, ZIP 1992, 1152 f.). § 265 Abs. 2 ZPO findet - unabhängig von der Frage seiner Anwendbarkeit bei einer Rechtsnachfolge im Mahnverfahren vor Abgabe gem. § 696 Abs. 3 ZPO (vgl. dagegen BGH, Urt. v. 4.2.1975 - VII ZR 85/73, NJW 1975, 929; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl., § 265 Rz. 11; a.A. Bork/Jacoby, JZ 2000, 135) - im hier gegebenen Fall der Aufhebung des Insolvenzverfahrens keine Anwendung (vgl. Senat, a.a.O.). Ebenso wenig greift hier § 259 Abs. 3 InsO ein, der einen Fortbestand der Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters ausschließlich für anhängige Insolvenzanfechtungsprozesse bestimmt (vgl. Uhlenbruck/Lüer, InsO, 12. Aufl., § 260 Rz. 20). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war die Abtretung auch nicht deshalb unwirksam, weil § 259 Abs. 1 InsO eine nur partielle Wiedererlangung der Verfügungsbefugnis des Schuldners nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht vorsieht. Vielmehr kann gem. § 228 InsO im gestaltenden Teil des Insolvenzplans eine Forderungsübertragung vorgenommen und dadurch verhindert werden, dass der Schuldner insoweit seine Verfügungsbefugnis gem. § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO wiedererlangt (vgl. Häsemeyer, Insolvenzrecht 2. Aufl. Rz. 28.81; MünchKomm/InsO/Huber § 254 Rz. 21).

[10] Ist sonach der Kläger Inhaber der fraglichen Forderung geworden, woran der fiduziarische Charakter der Abtretung und die im Insolvenzplan vorgesehene Nachtragsverteilung nichts ändern (vgl. Senat, Urt. v. 15.6.1992, a.a.O., zu I 2b), hat er ein Prozessführungsrecht als Partei kraft Amtes hinsichtlich dieser Forderung - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - auch nicht dadurch wiedererlangt, dass er am 1.2.2004 erneut zum Insolvenzverwalter bestellt wurde. Durch die erneute Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde die Abtretung an den Kläger nicht gem. § 255 Abs. 2 InsO hinfällig; die Vorschrift gilt nicht bei Verfügungen über Massegegenstände (vgl. HeidelbergerKommInsO/Flessner 4. Aufl., § 255 Rz. 3). Auch eine Einziehungsbefugnis des Klägers als Insolvenzverwalter gem. § 166 Abs. 2 InsO scheidet hier aus, weil es sich nicht um eine Sicherungszession, sondern um eine im Insolvenzplan bestimmte Inkassozession handelt. Ebenso wenig führt die Beendigung des Treuhandauftrags gem. §§ 115, 116 InsO zu einem automatischen Rückfall des Treuguts - hier der streitigen Forderung aus § 37 Abs. 1 Satz 4 AktG - an die Schuldnerin (vgl. Uhlenbruck/Berscheid, InsO §§ 115, 116 Rz. 11).

[11] 2. All das führt aber nicht zur Abweisung der Klage wegen fehlender Aktivlegitimation der Schuldnerin bzw. des Klägers als Insolvenzverwalter. Grundsätzlich ist zwar zwischen der Klage eines Insolvenzverwalters als Partei kraft Amtes, die ein fremdes Recht - des Insolvenzschuldners - im eigenen Namen geltend macht (vgl. BGHZ 88, 331, 334), und einer Klage derselben Person aus eigenem Recht (auch als Zessionar) zu unterscheiden (vgl. BGHZ 78, 1, 6). Die Parteibezeichnung ist jedoch auslegungsfähig (vgl. BGHZ 4, 328) und kann bei ersichtlicher Unrichtigkeit von Amts wegen berichtigt werden (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.1987 - II ZR 21/87, ZIP 1988, 571, 574 m.w.N.; Musielak/Weth, ZPO, 5. Aufl., § 50 Rz. 7). So ist es auch hier.

[12] Der Kläger hat bereits in seiner im Mahnverfahren eingereichten Anspruchsbegründung zum Ausdruck gebracht, dass er sein Prozessführungsrecht nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens auf die in dem Insolvenzplan bestimmte Treuhandzession stütze. In seiner Eigenschaft als Treuhandzessionar war und ist der Kläger klagebefugt und aktivlegitimiert. In dieser Eigenschaft ist er nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens in den (damals noch im Mahnverfahren anhängigen) Rechtsstreit eingetreten, wobei hier dahinstehen kann, ob es sich um einen Eintritt kraft Gesetzes (vgl. Senat, Urt. v. 15.6.1992, a.a.O., zu I 2a a.E.: nach Rechtshängigkeit), oder um eine gewillkürte Parteiänderung (vgl. BGHZ 155, 38, 45) handelt, die im Mahnverfahren vor Rechtshängigkeit (§ 696 Abs. 3 ZPO) ohne Zustimmung der Gegenpartei möglich wäre (OLG Celle NJW-RR 1998, 206; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 28. Aufl. vor § 688 Rz. 3). Soweit der Kläger in dem Rechtsstreit gleichwohl "als Insolvenzverwalter" auftrat, ist das eine unschädliche Falschbezeichnung, die an seiner wahren Berechtigung und Parteistellung als Treuhandzessionar nichts ändert. Auch seine rechtsirrige Ansicht, trotz der von ihm dargelegten Änderung der Grundlagen seiner Parteistellung weiterhin "als Insolvenzverwalter" klagebefugt zu sein, bindet das Gericht nicht, weil es sich insoweit um eine reine Rechtsfrage handelt. Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in den Raum gestellte Möglichkeit einer Rückabtretung der streitigen Forderung an die Schuldnerin hätte gem. § 265 Abs. 2 ZPO auf den Prozess und die Parteistellung des Klägers keinen Einfluss. Dementsprechend ist hier das Klagerubrum zu berichtigen. Dass der Kläger damit für die Prozesskosten persönlich haftet und ggf. auf einen Erstattungsanspruch gegen die Schuldnerin (§ 670 BGB) angewiesen ist, entspricht der ausdrücklichen Regelung im Insolvenzplan.

II.

[13] Das angefochtene Urteil hält indes revisionsrechtlicher Nachprüfung schon deshalb nicht stand, weil es, wie die Revision zu Recht rügt, auf der verfahrensfehlerhaft unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG gewonnenen Überzeugung beruht, das ehemalige Vorstandsmitglied K. der Beklagten habe (ihr gem. § 31 BGB zurechenbar) bei Abfassung der Schreiben vom 15.12.1997 und vom 23.1.1998 gewusst, dass die "Haupttäter" diese als Einzahlungsnachweis für die von der W. AG als Zeichnerin geschuldeten Einlagen dem Registergericht vorlegen und ihm damit eine ordnungsgemäße Kapitalaufbringung vorspiegeln wollten.

[14] 1. Das Berufungsgericht stützt seine Überzeugung insb. auf die von dem Kläger in erster Instanz mit Schriftsatz vom 16.11.2005 (GA 85 ff.) vorgelegten Auszüge aus den Strafgerichtsakten bzw. auf die dortigen Protokolle über die Vernehmung der Zeugen S. und Staatsanwalt T. Die Beklagte habe dazu - trotz der den Parteien mitgeteilten "allgemeinen Verfahrenshinweise" und trotz Aufforderung des Senatsvorsitzenden vom 11.7.2006 - nichts Substantielles erwidert und jedenfalls in der Berufungsinstanz keinen Gegenbeweis angeboten oder als vom LG übergangen gerügt (BU 9).

[15] a) Zu Recht beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht den - beweisbewehrten - Vortrag der Beklagten in ihrem erstinstanzlichen (von dem LG zur Erwiderung auf den Schriftsatz des Klägers vom 16.11.2005 nachgelassenen, GA I 88) Schriftsatz der Beklagten vom 13.12.2005 (GA I 90, 94 ff.) außer Acht gelassen habe. Die Beklagte hat dort unter Berufung auf ihr ehemaliges Vorstandsmitglied K. als Zeugen Gegenbeweis dafür angetreten, dass ihm und damit ihr bei Ausstellung der beiden von den Verantwortlichen der Schuldnerin gewünschten und vorformulierten Bankbestätigungen nicht bekannt gewesen sei, dass diese dem Registergericht vorgelegt werden sollten. Entsprechendes habe der Zeuge auch in einem anderen Verfahren vor dem LG München ausgesagt und darauf hingewiesen, dass zur Vorlage bei dem Handelsregister bestimmte Bestätigungen üblicherweise eine entsprechende Zweckbestimmung ausgewiesen hätten.

[16] b) Den beantragten Zeugenbeweis hätte das Berufungsgericht erheben müssen. Einer zweitinstanzlichen Wiederholung des Beweisantritts bedurfte es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht, weil die Beklagte in erster Instanz obsiegt hatte und dafür der Beweisantritt unerheblich war (vgl. BGH, Urt. v. 5.11.1996 - VI ZR 343/95, NJW 1997, 528 f.; BVerfG NJW 1982, 1636; Musielak/Foerste, ZPO, 5. Aufl., § 284 Rz. 11). Ebenso wenig können die von dem Berufungsgericht verwerteten Aussageprotokolle zur Ablehnung der beantragten Zeugenvernehmung führen (vgl. BGHZ 7, 116, 122; Musielak/Stadler, a.a.O., § 355 Rz. 9 m.w.N.), zumal die Beklagte eine gegenteilige protokollierte Aussage des Zeugen K. vorgelegt hat. Die "allgemeinen Verfahrenshinweise" des Berufungsgerichts können an dem geltenden Verfahrensrecht nichts ändern; sie richten sich im Übrigen unter Bezugnahme auf § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO an den jeweiligen "Berufungsführer", betrafen die Beklagte also ohnehin nicht. Die Aufforderung des Senatsvorsitzenden des Berufungsgerichts ggü. der Beklagten zur Stellungnahme bezog sich in erster Linie auf ein vom Kläger vorgelegtes Rechtsgutachten. Soweit daneben - unter Bezugnahme auf Großkomm/AktG/Röhricht Rz. 26 "zu § 36 AktG" (gemeint: § 37 AktG) - eine Stellungnahme zu den "Kenntnissen" der Beklagten angeregt wurde, betrifft das nicht die Frage der Zweckbestimmung der Bestätigungen. Ein Verzicht der Beklagten auf ihren erstinstanzlichen Beweisantritt ist nicht festgestellt.

[17] 2. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen, von der vorliegenden Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) unabhängigen Gründen im Ergebnis als richtig dar. Vielmehr ist der von dem Berufungsgericht übergangene Beweisantritt objektiv entscheidungserheblich (vgl. zu diesem Erfordernis im Fall eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG BGH, Urt. v. 18.7.2003 - V ZR 187/02, NJW 2003, 3205 f.).

[18] a) Die Gewährleistungshaftung eines Kreditinstituts für die Richtigkeit einer von ihm erteilten Bestätigung gem. § 37 Abs. 1 Satz 3, 4 AktG ist zwar im Grundsatz verschuldensunabhängig (vgl. BGHZ 113, 335, 355; 119, 177, 180 f.; Hüffer, 7. Aufl. 2006, § 37 AktG Rz. 5a; MünchKomm/AktG/Pentz 2. Aufl., § 37 Rz. 41; Großkomm/AktG/Röhricht 4. Aufl., § 37 Rz. 31), setzt aber - neben weiteren noch zu erörternden Einschränkungen - zumindest voraus, dass die Bestätigung zu dem - der Bank bekannten - Zweck ihrer Vorlage zum Handelsregister ausgestellt wird (vgl. BGHZ 113, 335 f., Leitsatz c; BGH, Urt. v. 16.12.1996 - II ZR 200/95, ZIP 1997, 281 zu II). Das ergibt sich aus der von § 37 Abs. 1 AktG vorausgesetzten Einbindung der Bank in die Registeranmeldung durch die in § 36 Abs. 1 und § 188 Abs. 1 AktG genannten Personen. Andernfalls wäre die weitgehende, neben die Haftung der Anmelder bei der Gründung (§§ 46, 48 AktG) tretende und der Höhe nach ihrer Haftung für fehlende Einlagen entsprechende (vgl. BGHZ 113, 335, 355) Gewährleistungshaftung der Bank nicht zu rechtfertigen.

[19] b) Der zum Teil an § 37 Abs. 1 Satz 3 AktG angelehnte Wortlaut der "Additionsbestätigungen" der Beklagten mag ein Indiz dafür sein, dass ihr deren Zweckbestimmung bekannt war. Zwingend ist das aber nicht, weil es sich bei der Beklagten (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) um eine kleine Genossenschaftsbank handelte und die hier maßgeblichen Bestätigungen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts von den "Haupttätern" vorformuliert wurden. Jedenfalls machen das genannte Indiz und sonstige Indizien die Erhebung des von der Beklagten angebotenen Gegenbeweises nicht entbehrlich (vgl. dazu BGH, Urt. v. 19.3.2002 - XI ZR 193/01, NJW-RR 2002, 1073).

[20] 3. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Klage aber auch nicht aus Rechtsgründen abweisungsreif.

[21] a) Anders als die Revision meint, steht der Qualifizierung der Schreiben der Beklagten vom 15.12.1997 und vom 23.1.1998 als "Bankbestätigungen" i.S.v. § 37 Abs. 1 Satz 3, 4 AktG nicht entgegen, dass sie - abweichend vom Wortlaut der Vorschrift - nicht die aktuelle Verfügungsmacht des Vorstandes über die eingezahlten Mittel bescheinigen, sondern in Vergangenheitsform abgefasst sind ("zur Verfügung standen"). Diese Formulierung entspricht vielmehr dem gewandelten Verständnis der Erklärungen der Anmelder (§ 37 Abs. 1 Satz 1 AktG) im Lichte der Rechtsprechung des Senats, die dahin geht, dass die auf eine beschlossene Kapitalerhöhung einzuzahlenden Beträge zwar zu endgültig freier Verfügung des Vorstandes ohne Rückfluss an den Inferenten einbezahlt werden, nicht aber bis zur Registeranmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung (§ 188 AktG) unangetastet bleiben müssen (vgl. BGHZ 119, 177, 187 f.; 150, 197; BGH, Urt. v. 26.9.2005 - II ZR 380/03, ZIP 2005, 2012, 2014 zu II 2a). Dementsprechend betrifft auch eine im Präsens gefasste Erklärung der Anmelder (§§ 188 Abs. 1, 2, 37 Abs. 1 Satz 1 AktG) lediglich die Erfüllungswirkung der Einlagenzahlung in Bezug auf die Einlageschuld (vgl. Senat, Urt. v. 26.9.2005, a.a.O., m.w.N.) und hat den Sinngehalt, dass der ggü. den Zeichnern eingeforderte Einlagebetrag zu freier Verfügung des Vorstandes einbezahlt und auch in der Folge nicht an den Einleger zurückgezahlt worden ist (vgl. BGHZ 150, 197, 201).

[22] aa) Eine in Vergangenheitsform gefasste Bankbestätigung i.S.v. § 37 Abs. 1 Satz 3 AktG lag auch dem Senatsurteil vom 13.7.1992 (BGHZ 119, 177, 178) zugrunde und wurde von dem Senat dort als haftungsbegründend unrichtig angesehen, weil die Einlageleistung sofort mit Gegenforderungen der Bank verrechnet worden war und daher niemals zur freien Verfügung des Vorstandes gestanden hatte. Anders als dort sowie im Fall des Senatsurteils vom 18.2.1991 (BGHZ 113, 335, 338) fehlt allerdings im vorliegenden Fall in den beiden Schreiben der Beklagten jeglicher Hinweis darauf, dass es sich um Einlageleistungen und solche eines bestimmten Inferenten (hier der W. AG als Zeichnerin) handeln sollte. Bestätigt wurden lediglich "Geldeingänge" auf dem genannten Konto bis 15.12.1997i.H.v. (insgesamt) 15.562.500 DM, die aus nicht genannten Quellen stammten. Offenbar handelte es sich, wie das Berufungsgericht lediglich andeutet (BU 3, 16), um Gelder von Kleinanlegern, welche zuvor Aktienzertifikate der Schuldnerin erworben hatten (vgl. auch Senat, Urt. v. 26.9.2005, a.a.O., S. 2014).

[23] bb) Welchen Inhalt eine Bankbestätigung i.S.v. § 37 Abs. 1 Satz 3 AktG haben muss, um als solche zu gelten, ergibt sich aus ihrer gesetzlich bestimmten Funktion, zum Nachweis der Erklärung der Anmelder (§§ 37 Abs. 1 Satz 1, 188 Abs. 2 AktG) über die ordnungsgemäße Einzahlung des eingeforderten Bareinlagebetrags (§§ 36 Abs. 2, 54 Abs. 3 AktG) zu dienen (§ 37 Abs. 1, Satz 2, 3 AktG) und damit insoweit das Vorliegen der Voraussetzungen für die Registereintragung nachzuweisen (vgl. BGHZ 113, 335, 351 ff.; 119, 177, 188 f.). Dementsprechend hat der Senat (Urt. v. 16.12.1996 - II ZR 200/95, ZIP 1997, 281) der Erklärung einer Bank über die Gutschrift einer "Kapitaleinlage" die (objektive) Qualität einer Bankbestätigung i.S.v. § 37 Abs. 1 Satz 4 AktG abgesprochen, weil eine Leistung zu freier Verfügung der Geschäftsleitung (§ 37 Abs. 1 Satz 3 AktG) nicht bestätigt worden war (zust. Roth LM Nr. 4 zu § 57 GmbHG). Neben dieser - im vorliegenden Fall gegebenen - Voraussetzung muss eine Bankbestätigung, um den genannten Nachweiserfordernissen zu genügen, grundsätzlich erkennen lassen, dass es sich um Einlageleistungen bestimmter Inferenten handelt, was allerdings im Kontext mit den bei dem Registergericht einzureichenden Erklärungen und Unterlagen der Anmelder (§ 188 Abs. 2, 3 Nr. 1 AktG) auch konkludent geschehen kann. Das setzt dann aber voraus, dass der Bank nicht nur der Zweck ihrer Bestätigung zur Vorlage bei dem Registergericht, sondern der genannte Kontext bekannt ist, sie also weiß, dass mit ihrer Bestätigung der Nachweis der Einlagenzahlung eines bestimmten Inferenten (hier der W. AG) geführt werden soll und es hierauf ankommt. Soweit das Berufungsgericht diese Voraussetzung hier für gegeben hält und annimmt, die Beklagte habe dem Registergericht in kollusivem Zusammenwirken mit den "Haupttätern" das Vorhandensein des von der W. AG geschuldeten Bareinlagebetrages auf dem Konto "vorspiegeln" wollen, setzt sich sein o.g. Verfahrensfehler fort. Nach dem beweisbewehrten Vortrag der Beklagten ist nicht auszuschließen, dass die "Haupttäter" die Beklagte als gutgläubiges Werkzeug eingesetzt und die Bestätigungen so vorformuliert haben, dass sie von der Beklagten noch einigermaßen guten Gewissens unterzeichnet werden konnten, gleichwohl aber zu den Erklärungen der Anmelder "passten".

[24] b) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Klage auch nicht wegen bereits feststehender objektiver Richtigkeit der Bankbestätigungen der Beklagten abweisungsreif.

[25] aa) Die von einem Kreditinstitut in zumutbarer Weise zu erwartende Gewähr für die inhaltliche Richtigkeit einer zur Vorlage bei dem Handelsregister bestimmten Erklärung gem. § 37 Abs. 1 Satz 3 AktG erstreckt sich nicht nur darauf, dass in Bezug auf die Einlageleistung keine Gegenrechte der Bank und auch keine ihr aus der Kontoführung bekannten Rechte Dritter, z.B. aus Pfändung, bestehen (so Hüffer, 7. Aufl. 2006, § 37 AktG Rz. 3a m.w.N.); sie muss sich aber auf die zutreffende Angabe von Tatsachen beschränken, die dem Kreditinstitut aufgrund seiner Funktion innerhalb des konkreten Kapitalaufbringungsvorgangs bekannt sind (vgl. Großkomm/AktG/Röhricht 4. Aufl., § 37 Rz. 26; ders., Festschrift Boujong, 1996, S. 457, 465 ff.; ähnlich MünchKomm/AktG/Pentz 2. Aufl., § 37 Rz. 35). Das Kreditinstitut ist insoweit Auskunftsstelle, nicht aber Garant für die ordnungsgemäße Erbringung der Bareinlage (Großkomm/AktG/Röhricht, a.a.O.). Soweit eine Bank eine Einlageleistung zu freier Verfügung des Vorstands bestätigt, bezieht sich das inhaltlich darauf, dass nach ihrer Kenntnis keine der freien Verfügungsmacht des Vorstands entgegenstehenden Umstände vorliegen (vgl. MünchKomm/AktG/Pentz, a.a.O.), was dann aber auch alle derartigen ihr bekannten Umstände umfasst, so dass ihre Bestätigung je nach ihrem Kenntnisstand die gleiche oder auch eine geringere inhaltliche Tragweite als die Erklärungen der Anmelder (§ 37 Abs. 1 Satz 1 AktG) haben kann (Großkomm/AktG/Röhricht, a.a.O., § 37 Rz. 27).

[26] bb) Zu Recht beanstandet die Revision allerdings die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die Bestätigungen der Beklagten seien hinsichtlich der angeblichen freien Verfügungsmacht des Vorstandes der Schuldnerin über die eingezahlten Beträge schon deshalb unrichtig gewesen, weil nicht er allein und zudem die beiden Vorstandsmitglieder der Muttergesellschaft W. AG für das Bankkonto zeichnungsberechtigt gewesen seien. Diese - ausweislich der Unterschriftenkarte noch aus dem Gründungsstadium der Schuldnerin herrührenden - Zeichnungsmodalitäten konnten, wie das Berufungsgericht selbst feststellt, von dem Alleinvorstand der Schuldnerin jederzeit aufgehoben werden und hinderten diesen nicht, über die jeweiligen Kontoguthaben unter Berufung auf sein unbeschränkbares Alleinvertretungsrecht (§§ 78 Abs. 1, 82 Abs. 1 AktG) oder auch zusammen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden als Überwachungsorgan (§ 111 Abs. 1 AktG) zu verfügen. Aus der daneben bestehenden Zeichnungsbefugnis der beiden Vorstandsmitglieder der W. AG ergibt sich nicht eine Mitberechtigung dieser Gesellschaft selbst (als Zeichnerin und Einlageschuldnerin) an dem Konto mit der Folge, dass von ihr oder für sie (von Dritten) gezahlte Einlagen in Wahrheit nicht aus ihrem Herrschafts- und Vermögensbereich ausgeschieden wären (vgl. zu diesem Erfordernis Großkomm/AktG/Röhricht, a.a.O., § 36 Rz. 56). Kontoinhaber war allein die Schuldnerin. Anders als im Fall des Senatsurteils vom 16.1.2006 (BGHZ 166, 8, 16: Cash-Pool) handelte es sich hier nicht um ein dinglich der Einlageschuldnerin zugeordnetes Zentralkonto mit nur schuldrechtlich eingeräumter Möglichkeit der Belastung durch die Einlagegläubigerin. Ebenso wenig verlieh die bloße Zeichnungsberechtigung der beiden Vorstandsmitglieder der W. AG diesen im Verhältnis zu der Schuldnerin eine "Mitberechtigung" an dem Konto (vgl. dazu MünchKomm/AktG/Pentz, a.a.O., § 37 Rz. 36) zu beliebigen Verfügungen über die eingezahlten Beträge ohne den Willen des Vorstands der Schuldnerin, wenn nicht eine dahingehende Verfügungsmacht der beiden Vorstandsmitglieder der W.-AG vereinbart war oder praktiziert wurde. Dass dies der Fall und der Beklagten bekannt war, ist nicht festgestellt.

[27] Nach dem Senatsurteil vom 29.1.2001 (II ZR 183/00, ZIP 2001, 513 zur GmbH) ist selbst eine Zahlung auf ein eigenes, als Geschäftskonto der Gesellschaft genutztes Konto des Inferenten eine Zahlung zu freier Verfügung des Geschäftsführers, wenn das Guthaben tatsächlich für Gesellschaftszwecke verwendet wird.

[28] cc) Wie der Senat im Urteil vom 26.9.2005 (II ZR 380/03, ZIP 2005, 2012, 2014 zu § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG) ausgeführt hat, waren die in Vergangenheitsform gefassten "Additionsbestätigungen" der Beklagten als solche - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - auch nicht bereits deshalb haftungsbegründend falsch, weil die eingezahlten Beträge großenteils nicht mehr auf dem Konto vorhanden waren. Entscheidendes Kriterium für die (objektive) Richtigkeit oder Unrichtigkeit von Erklärungen gem. § 37 Abs. 1 AktG ist vielmehr die Erfüllung der Einlageschuld (vgl. oben II 3a). Das zeigt sich schon daran, dass ein Kreditinstitut selbst im Fall wahrheitswidriger Bestätigung von angeblich auf dem Gesellschaftskonto noch vorhandenen Einlagemitteln nicht etwa schlechthin in Höhe der Differenz zu dem tatsächlichen Kontostand haftet, wie das Berufungsgericht offenbar meint. Träfe das zu, müsste die Bank in entsprechendem Umfang auch dann haften, wenn das ordnungsgemäß aufgebrachte Kapital zuvor in zulässiger Weise für Gesellschaftszwecke verwendet (vgl. BGHZ 119, 177, 187 f.; 150, 197, 200) oder auch nur auf ein Konto der Gesellschaft bei einer anderen Bank transferiert worden ist. Richtigerweise geht aber die Gewährleistungshaftung der Bank ebenso wie die Haftung der Anmelder bei der Gründung (§§ 36, 46, 48 AktG) lediglich dahin, nicht oder nicht wirksam aufgebrachte Bareinlagen nach Maßgabe ihrer Bestätigung selber zu leisten (BGHZ 113, 335, 355 vgl. MünchKomm/AktG/Pentz, a.a.O., § 37 Rz. 40; § 46 Rz. 31; Großkomm/AktG/Röhricht, a.a.O., § 37 Rz. 32).

[29] Inwieweit im vorliegenden Fall der von der W.-AG als Zeichnerin geschuldete Ausgabebetrag von 15.562.500 DM nicht wirksam aufgebracht ist, stellt das Berufungsgericht nicht im Einzelnen fest. Die tatbestandliche Feststellung, es seien von dem Konto zweistellige Millionenbeträge "insb. an andere Gesellschaften des W.-Konzerns" (und dadurch mittelbar an die W. AG als Einlageschuldnerin und Konzernmutter; vgl. dazu BGHZ 166, 8, 15 Tz. 18 m.w.N.) überwiesen worden, genügt dafür ebenso wenig wie die bloße Andeutung, es sei von der Beklagten nicht behauptet und auch sonst nicht anzunehmen, dass "die Aktionäre" auf die Einlageschuld der W. AG geleistet hätten (BU 16). Soweit damit die Erwerber von Aktienzertifikaten gemeint sein sollten, ist auf die Ausführungen in dem Senatsurteil vom 26.9.2005 (a.a.O. ZIP 2005, 2012, 2014 zu II 2b) zu verweisen.

[30] Anders als das Berufungsgericht anscheinend meint, ist der Kläger für den Umfang der nicht oder nicht wirksam geleisteten Einlagen und für die Höhe eines ggf. hieraus resultierenden Schadensersatzanspruchs darlegungs- und beweispflichtig; die Beklagte trifft nicht - wie einen Einlageschuldner - die Beweislast für die Erfüllung der Einlageschuld. Auch insoweit bedarf es ggf. noch tatrichterlicher Feststellungen zu dem Parteivortrag, wie die Revision (RB 15 f.) zu Recht rügt.

[31] dd) Zusammengefasst kommt sonach, wovon das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ausgeht, eine Haftung der Beklagten gem. § 37 Abs. 1 Satz 4 AktG dann in Betracht, wenn die von der W. AG als Zeichnerin geschuldete Bareinlage ganz oder zum Teil nicht (wirksam) aufgebracht worden ist (vgl. BGHZ 113, 335, 355), und wenn die Beklagte bei Ausstellung ihrer Bestätigungen wusste, dass damit dem Registergericht eine Bestätigung des aktuellen Kontostandes "vorgespiegelt" werden sollte, um es von weiteren Nachforschungen über die Wirksamkeit der Kapitalaufbringung abzuhalten. In diesem Fall läge ein Missbrauch der Funktion einer Bankbestätigung vor (zur Funktion vgl. BGHZ 113, 335, 351 f.; 119, 177, 180; MünchKomm/AktG/Pentz, a.a.O., § 37 Rz. 33) und käme es auf sonstige Kenntnisse der Beklagten hinsichtlich der etwaigen Unwirksamkeit der Kapitalaufbringung (vgl. oben aa) nicht an. Die genannten Voraussetzungen sind aber, wie schon erwähnt und wie die Revision zu Recht rügt, bisher nicht einwandfrei festgestellt.

[32] c) Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ist schließlich auch nicht verjährt.

[33] aa) Nach weithin vertretener und zutreffender Ansicht verjähren Ersatzansprüche aus § 37 Abs. 1 Satz 4 AktG in entsprechender Anwendung des § 51 AktG binnen fünf Jahren ab Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung (§ 189 AktG; vgl. Hüffer AktG, 7. Aufl., § 37 Rz. 5a; Peifer in MünchKomm/AktG, 2. Aufl., § 188 Rz. 28; Großkomm/AktG/Röhricht, a.a.O., § 37 Rz. 32 a.E., jeweils unter Hinweis auf öOGHAG 1994, 569), im vorliegenden Fall also beginnend am 25.3.1998. Die Frist wurde durch den am 13.12.2002 beantragten Mahnbescheid gem. §§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, 167 ZPO gehemmt. Auf die - nur für die Rechtshängigkeit gem. § 696 Abs. 3 ZPO maßgebliche - "alsbaldige Abgabe der Streitsache" kommt es insoweit nicht an (BGH, Urt. v. 8.5.1996 - XII ZR 8/95, NJW 1996, 2152 zu 2b; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 28. Aufl., § 696 Rz. 13).

[34] bb) Dahinstehen kann, ob für eine Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1, 3 BGB nach wie vor eine Anspruchsverfolgung durch den dazu Berechtigten erforderlich ist (so Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 204 Rz. 9 m.w.N.; a.A. Kähler, NJW 2006, 1769). Der Kläger war bis zur Zustellung des Mahnbescheids als Insolvenzverwalter und danach als Treuhandzessionar (vgl. oben I 2) zu der Anspruchsverfolgung berechtigt. Selbst wenn man in der vom Kläger mitgeteilten Änderung seiner Rechtsstellung eine Erledigung des von ihm als Insolvenzverwalter eingeleiteten Mahnverfahren sehen wollte, hätte die Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB noch sechs Monate fortbestanden und hätte sich aufgrund der am 4.7.2003 bei Gericht eingereichten Anspruchsbegründung des Klägers fortgesetzt (§ 204 Abs. 2 Satz 3 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 16.3.1989 - VII ZR 63/88, NJW-RR 1989, 1269; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 11. Aufl., § 204 Rz. 40).

III.

[35] Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die noch erforderlichen Feststellungen, wie oben im Einzelnen ausgeführt, ggf. nach ergänzendem Parteivortrag, zu treffen.

 

Fundstellen

BGHZ 2008, 86

BB 2008, 914

DB 2008, 692

DStR 2008, 730

WPg 2008, 311

NWB 2008, 1549

BGHR 2008, 598

EBE/BGH 2008

NJW-RR 2008, 860

NZG 2008, 304

WM 2008, 483

ZIP 2008, 546

AG 2008, 289

MDR 2008, 514

NZI 2008, 31

NZI 2008, 43

NZI 2009, 340

ZInsO 2009, 963

NotBZ 2008, 149

ZBB 2008, 122

Konzern 2008, 231

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