Leitsatz (amtlich)

Das Einverständnis eines Auftraggebers mit einer bestimmten Art der Nachbesserung umfaßt in der Regel nicht einen Verzicht auf bestehende Gewährleistungsansprüche.

 

Normenkette

BGB § 633 Abs. 3

 

Verfahrensgang

Brandenburgisches OLG

LG Potsdam

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 26. November 1999 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Vorschuß für die Ersatzvornahme zur Beseitigung von Mängeln, hilfsweise Schadensersatz.

Die Klägerin beauftragte den Beklagten 1994 u.a. mit dem Einbau von 16 Hauseingangstüren. Nach dem Vortrag der Klägerin zeigten sich alsbald Mängel. Ein von ihr Ende 1995 herangezogener Privatgutachter kam zu dem Ergebnis, daß eine Neuherstellung der Türen erforderlich sei. Am 25. Januar 1996 verabredeten die Parteien, daß „die Hauseingangstüren so überarbeitet” werden, „daß die Rahmen senkrecht stehen, die Türen anschlagen und dichten. Im Bereich der Anschlagschiene im unteren Bereich ist eine Variante vorzuschlagen, die eine sichere Abdichtung gewährleistet. Fa. X. überprüft ein neues Dichtungssystem. Zur Verbesserung der Sicherheit werden die Scharniere gegen Aushebelung gesichert”.

Der Beklagte führte die genannten Arbeiten nicht aus. Nach der Auffassung des in dem folgenden selbständigen Beweisverfahren bestellten Sachverständigen ist eine Mangelbeseitigung nur durch Neuherstellung möglich.

Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 64.000 DM und Zinsen verurteilt. Das Berufungsgericht hat die im Berufungsverfahren hilfsweise erweiterte Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Beseitigung der geltend gemachten Mängel im Wege des vollständigen Austausches der Türen. Die Parteien hätten sich am 25. Januar 1996 auf eine bestimmte Art und Weise der Mangelbeseitigung festgelegt und einen Austausch nicht als geschuldete Art der Nachbesserung vereinbart. Die Klägerin sei daran gehindert, ohne weitere Voraussetzungen von dieser Vereinbarung abzurücken. Der Umstand, daß eine Mangelbeseitigung ohne Neuherstellung nach dem Vortrag der Klägerin unmöglich ist, rechtfertige keine andere Beurteilung.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Das Berufungsgericht hat gegen das Gebot einer interessengerechten Auslegung verstoßen. Die Auffassung, die Klägerin habe am 25. Januar 1996 zum Ausdruck gebracht, daß sie auf ihr möglicherweise zustehende Rechte teilweise verzichte, wird durch das an diesem Tage von den Parteien unterzeichnete „Beratungsprotokoll” und die ihm zugrundeliegenden Umstände nicht belegt.

Die Klägerin hat in der Niederschrift nicht erklärt, ihr Nachbesserungsverlangen beschränke sich auf die dort angesprochenen Arbeiten, auch wenn diese nicht zur vertragsgemäßen Erfüllung führten.

Die Auslegung des Berufungsgerichts führt dazu, daß die Klägerin auf ihren Anspruch auf Mangelbeseitigung verzichtet hätte, auch wenn Mangelbeseitigung nur durch Neuherstellung möglich war. Gegen dieses Verständnis spricht schon, daß der Beklagte keinen Grund dafür dargelegt hat, warum die Klägerin eine so weitgehende Erklärung abgeben sollte. Eine Gegenleistung hat der Beklagte insoweit nicht angeboten. Er hat überdies die Vereinbarung vom 25. Januar 1996 selbst nicht so wie das Berufungsgericht aufgefaßt. Näher liegt nach alledem, daß die angesprochene Vereinbarung zumindest unter der stillschweigenden Bedingung geschlossen wurde, daß die erwähnten Nachbesserungsarbeiten zum vertragsgemäßen Erfolg führen. Das Einverständnis des Auftraggebers mit einer bestimmten Art der Nachbesserung umfaßt in der Regel nicht einen Verzicht auf bestehende Gewährleistungsansprüche (BGH, Urteil vom 26. September 1996, VII ZR 63/95, BauR 1997, 131 = ZfBR 1997, 32).

III.

Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses muß die notwendigen Feststellungen zu dem geltend gemachten Anspruch treffen.

 

Unterschriften

Ullmann, Thode, Haß, Wiebel, Bauner

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 06.12.2001 durch Heinzelmann, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 668101

DB 2002, 1321

NJW 2002, 748

BGHR 2002, 272

BauR 2002, 472

IBR 2002, 188

Nachschlagewerk BGH

WM 2002, 861

JA 2002, 532

MDR 2002, 392

ZfBR 2002, 107

ZfBR 2002, 251

NZBau 2002, 149

RdW 2002, 143

Englert / Grauvogl / Maurer 2004 2004, 939

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