Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinbarung über die Zahlung eines Nutzungsentgelts für die Überlassung eines Betriebsgrundstücks durch eine Erbengemeinschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Überläßt eine Erbengemeinschaft einer aus den Miterben bestehenden oHG den Gebrauch des ihr gehörigen Betriebsgrundstücks unentgeltlich und scheidet einer der Miterben aus der oHG aus, dann kann dieser von den anderen Miterben Vergütung für die Gebrauchsüberlassung nach seinem Ausscheiden verlangen.

 

Normenkette

BGB §§ 2038, 743, 745

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. April 1982 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien sind Geschwister. Ihr im Jahre 1930 verstorbener Vater war Inhaber einer Maschinenfabrik und Eigentümer zahlreicher Grundstücke; er wurde von seiner Ehefrau, der Mutter der Parteien, und von den Parteien beerbt. Die Erben betrieben die Maschinenfabrik in der Rechtsform einer offenen Handelsgesellschaft (oHG) weiter, und zwar zuletzt auf einem 7.000 qm großen Teilstück der Flurstücke 323 und 324 in Ber./M. Diese Grundstücke gehören nicht zum Gesellschaftsvermögen der oHG, sondern sind Bestandteil des ungeteilten Nachlasses nach dem Vater. Für die Nutzung dieser Grundstücke durch die oHG wurde eine Vergütung an die Erbengemeinschaft nach dem Vater nicht gezahlt. Die Parteien sind auch Erben ihrer im Jahre 1950 verstorbenen Mutter; auch deren Nachlaß ist bisher ungeteilt. Der Kläger schied am 31. Januar 1965 aus der oHG aus; insoweit haben die Parteien sich auseinandergesetzt.

Mit der Klage macht der Kläger geltend, die Beklagten hätten für die Nutzung des Betriebsgrundstücks durch die oHG für die Zeit nach seinem Ausscheiden aus der oHG eine Vergütung zu zahlen. Hierüber hätten sich die Parteien am 22. März 1965 dem Grunde nach geeinigt. Die Höhe dieser Vergütung, die erst bei der künftigen Auseinandersetzung der beiden Erbengemeinschaften nach ihren Eltern fällig werden solle, habe später festgelegt werden sollen. Diese Vereinbarung sei 1968 nochmals bestätigt worden.

Der Kläger hat den auf ihn entfallenden Teil der beanspruchten Nutzungsvergütung für die Zeit vom 1. Februar 1965 bis Ende 1974 auf 313.917,- DM beziffert; er meint, nach Verrechnung zweier Gegenposten stünden ihm mindestens noch 111.689,39 DM zu.

Der Kläger erstrebt - sinngemäß - die Feststellung, daß die Beklagten ihm bei der künftigen Auseinandersetzung der beiden Erbengemeinschaften nach den Eltern der Parteien - neben seinem Auseinandersetzungsguthaben im übrigen - einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrag in Höhe von mindestens 111.689,39 DM schulden.

Das Landgericht hat die Klage zunächst als unzulässig abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat sie als zulässig angesehen und hat die Sache zurückverwiesen. Darauf hat das Landgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1.

Entgegen der Meinung der Beklagten kann die Zulässigkeit der Klage nicht mehr in Zweifel gezogen werden. Nachdem das Berufungsgericht das erste Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage durch sein Urteil vom 18. Februar 1976 rechtskräftig für zulässig erklärt hat, ist der Bundesgerichtshof einer weiteren Prüfung dieser Fragen enthoben.

2.

Das Berufungsgericht hält eine Vereinbarung der Parteien über die Zahlung eines Nutzungsentgelts für die Überlassung des Betriebsgrundstücks durch die Erbengemeinschaft (gemeint ist offenbar die Erbengemeinschaft nach dem Vater der Parteien) an die offene Handelsgesellschaft - auch dem Grunde nach - nicht für bewiesen (BU 11, 15). Auch auf § 2038 BGB könne der Klageanspruch nicht gestützt werden. Seit Beginn der Erbengemeinschaft habe vielmehr eine Vereinbarung zwischen den Miterben über die unentgeltliche Überlassung des Gebrauchs des Geländes an die oHG bestanden. Eine hiervon abweichende Regelung nach dem Ausscheiden des Klägers aus der oHG habe einer neuen Vereinbarung bedurft; die Beweislast treffe insoweit den Kläger (BU 14 f.). Davon abgesehen seien die Parteien nach dem insoweit unstreitigen Vortrag darin einig, daß die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung erst bei der endgültigen Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zugunsten des Klägers berücksichtigt (berechnet und verrechnet) werden solle (BU 15, 12).

Mit dieser Begründung kann das angefochtene Urteil schon deshalb nicht bestehen bleiben, weil das Berufungsgericht das Klagebegehren möglicherweise mißverstanden hat.

Der Gedankengang des Berufungsgerichts ist in einem entscheidenden Punkt nicht ohne weiteres verständlich. Einerseits nimmt es eine unentgeltliche Gebrauchsüberlassung an die oHG an, andererseits hebt es hervor, die Parteien seien einig, daß die (unentgeltliche) Gebrauchsüberlassung (erst) bei der endgültigen Auseinandersetzung zugunsten des Klägers "berücksichtigt" (verrechnet) werden solle. Der hierin liegende (vielleicht nur scheinbare) Widerspruch läßt sich auflösen, wenn man unterstellt, das Berufungsgericht habe unterscheiden wollen zwischen der Gebrauchsüberlassung durch die Erbengemeinschaft an die oHG (ohne Gegenleistung der oHG an die Erbengemeinschaft) auf der einen Seite und der damit einhergehenden Überlassung der Gebrauchsvorteile durch die Erbengemeinschaft an alle oder - seit dem 1. Februar 1965 - zwei ihrer Mitglieder auf der anderen Seite. Eine derartige Unterscheidung wäre rechtlich durchaus zutreffend. Auch dann, wenn die oHG vereinbarungsgemäß für die Benutzung des Betriebsgrundstückes keinerlei Vergütung zu zahlen hatte und hat, wie das Berufungsgericht annimmt, handelt es sich im Verhältnis der Erbengemeinschaft zu ihren Mitgliedern jedenfalls für die Zeit bis zum 1. Februar 1965 um einen gemeinschaftsrechtlich begründeten und keinesfalls unentgeltlichen Vorgang, der allen Miterben gleichermaßen zugute kam, wie es §§ 743, 2038 Abs. 2 Satz 1 BGB entspricht. Hieran schließt sich aber die ebenfalls gemeinschaftsrechtliche Frage an, ob die Beklagten der Erbengemeinschaft oder dem Kläger einen Ausgleich dafür schulden (und gegebenenfalls welchen), daß die "unentgeltliche" Überlassung des Gebrauchs des Betriebsgrundstücks an die oHG seit dem 1. Februar 1965 nur noch den Beklagten und nicht mehr auch dem Kläger zustatten kommt. Das Berufungsgericht scheint diese Frage zwar gesehen zu haben; zu einer deutlichen Antwort auf sie hat es sich aber nicht veranlaßt gesehen. Es betont zwar, die Parteien seien einig, daß die Gebrauchsüberlassung "bei" der endgültigen Auseinandersetzung zugunsten des Klägers zu berücksichtigen sei (daß eine derartige Einigung verbindlich ist, ist nicht zu bezweifeln). Dennoch weist es die Klage ab, obwohl sie gerade auf die Feststellung des Betrages gerichtet ist, der dem Kläger bei der künftigen Auseinandersetzung gutzubringen ist.

Die Klage geht nicht etwa auf Feststellung eines bereits jetzt fälligen Anspruchs. Wie das Berufungsgericht in seinem Urteil vom 18. Februar 1976 ausdrücklich ausgesprochen hat, ist die Klage nicht auf die Feststellung eines Anspruchs gerichtet, den der Kläger "sofort durchsetzen" könne oder wolle, vielmehr handele es sich um einen Rechnungsposten, der "im Rahmen einer künftigen Auseinandersetzung eingeworfen werden solle". So und nicht anders ist die Klage auch heute noch zu verstehen. Dann aber bedurfte es einer sachlichen Entscheidung darüber, wieviel dem Kläger demnächst gutzubringen ist. Wenn an anderer Stelle des angefochtenen Urteils davon die Rede ist (Berufungsurteil S. 12), der Kläger wünsche "auf jeden Fall" Zahlung von einem Drittel der Nutzungsentschädigung durch die Beklagten (oder die oHG), d.h. ohne Rücksicht auf etwaige Gegenposten zugunsten der Beklagten, dann dürfte der Kläger auch insoweit mißverstanden sein. Schon aus diesen Gründen kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben.

3.

Bei der erneuten Prüfung durch das Berufungsgericht wird zu beachten sein: Wenn die Parteien einig sind, daß die Gebrauchsüberlassung "bei" der Auseinandersetzung zugunsten des Klägers zu berücksichtigen ist, dann ist das für die Parteien verbindlich und entspricht im übrigen §§ 745 Abs. 2, 2038 Abs. 2 Satz 1, 2 BGB. Mit dem Ausscheiden des Klägers aus der oHG konnte dieser gemäß § 745 Abs. 2 BGB eine Regelung verlangen, die dem Interesse aller Teilhaber, also auch seinem eigenen Interesse nach billigem Ermessen entsprach (vgl. BGHZ 34, 367 und die Anmerkung von Fischer bei LM BGB § 745 Nr. 4), nämlich hier eine Regelung, die ihm seinen Anteil an einer angemessenen Vergütung sicherte. Er konnte statt dessen aber auch - ohne Zwischenschaltung der Klage auf eine solche Regelung - sogleich auf Zahlung oder hier - im Hinblick auf § 2038 Abs. 2 Satz 2 BGB und die Einigung der Parteien - auf Feststellung eines (demnächst zu berücksichtigenden) Verrechnungspostens zu seinen Gunsten klagen, und zwar nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht erst für die Zeit ab Klageerhebung, sondern schon von dem Zeitpunkt an, als er Vergütung erstmals beanspruchte (BGH, Urteile vom 17.12.1973 - II ZR 59/72 - und vom 4.2.1982 - IX ZR 88/80 - LM BGB § 745 Nr. 9 und 11; - möglicherweise - anders noch Urteil vom 29.6.1966 - V ZR 163/63 - LM BGB § 743 Nr. 3/4 - NJW 1966, 1707).

 

Unterschriften

Rottmüller

Dehner

Dr. Schmidt-Kessel

Rassow

Dr. Zopfs

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456107

JR 1984, 171

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