Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage des Gerichtsstands des Begehungsortes bei einer unerlaubten Handlung von Mittätern.

2. Zur Frage von Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung gegen Broker und Vermittler von Warentermindirektgeschäften wegen Eingehungsbetruges durch Täuschung von Kunden über die Einrichtung eines „Omnibus-Kontos”.

3. Zur Frage von Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung gegen Broker und Vermittler von Warentermindirektgeschäften wegen Betruges durch Verheimlichung einer „Kick-back-Vereinbarung”.

 

Orientierungssatz

1. Bei betrügerischem Zusammenwirken muß sich der in den USA ansässige Broker die von der in der BRD belegenen Zweigstelle des Vermittlers ausgehende Täuschung des Geschädigten (hier u.a. durch falsche Werbeprospektangaben) zurechnen lassen, ohne daß es darauf ankommt, daß der Broker selbst eine deliktische Handlung am Ort begangen hat.

2. Schon die bestimmungswidrige Buchung des für ein Einzelkonto des Auftraggebers beim Broker vorgesehenen Betrags auf einem Omnibus-Konto auf den Namen des Vermittlers führt zu einem Vermögensschaden des Auftraggebers durch Gefährdung seines Einsatzes und begründet die Schadensersatzpflicht des Vermittlers.

3. In Kenntnis des Werbeversprechens des Vermittlers über die Einrichtung eines Einzelkontos stellen sich die weisungswidrige Buchung des Einsatzes auf einem Omnibus- statt auf einem Einzelkonto und die Erstellung von Kontoauszügen mit einer Kontonummer und der Anschrift des Auftraggebers als Tatbeiträge des Brokers zu einem in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Vermittler begangenen Betrug dar.

4. Für die Zuerkennung des Schadensersatzanspruchs auf Rückzahlung des Einsatzes bedarf es nicht der schlüssigen Darlegung des Auftraggebers, daß der Einsatz bei Abwicklung der Warentermingeschäfte über ein Einzelkonto nicht verloren gegangen wäre; denn der Schaden ist bereits mit der durch die Täuschung über die Einrichtung eines Einzelkontos veranlaßten Überweisung des Einsatzes und nicht erst mit dessen Verlust durch Direktgeschäfte eingetreten (vergleiche BGH, 1989-02-28, XI ZR 70/88, WM IV 1989, 1047, 1049).

5. Verheimlicht der Vermittler dem Auftraggeber die kick-back-Vereinbarung mit dem Broker (Rückgewähr eines Teils der Provisionen) in Bereicherungsabsicht vorsätzlich, so hat er einen dadurch verursachten Schaden des Auftraggebers zu ersetzen. Desgleichen macht sich der vorsätzlich kollusiv mit dem Vermittler zusammenwirkende Broker schadensersatzpflichtig (BGB § 830 Abs 1 S 1 oder Abs 2; vergleiche BGH, 1989-02-28, XI ZR 70/88, WM IV 1989, 1047, 1051 und OLG München, 1986-01-29, 3 U 5097/85, WM IV 1986, 1141, 1142).

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten zu 3 (künftig: Beklagte), einer Broker-Gesellschaft mit Sitz in Chicago, sowie vier weiteren Beklagten aus eigenem und aus abgetretenem Recht Ersatz der Verluste aus Warentermingeschäften.

Im Juni 1984 erklärte der Kläger namens der N. H. Inc. mit Sitz in Luxemburg, deren geschäftsführender Alleingesellschafter er ist, die Teilnahme am sogenannten B. T. Programm der Beklagten zu 4 über ein Einzelkonto mit einem Einsatz von 400.000 DM. Gleichzeitig erteilte er der Beklagten zu 4 Vollmacht, mit dem Einsatz an der Börse zu spekulieren. Die Beklagte zu 4, eine englische Gesellschaft mit einer Zweigniederlassung in Düsseldorf, warb damals in der Bundesrepublik Deutschland in Prospekten u.a. mit der Zusage, ab 50.000 DM Einsatz erhielten die Teilnehmer ihres Programms spekulativer Warentermingeschäfte an US-amerikanischen Börsen ein eigenes Konto direkt beim Broker. Sie richtete solche Konten jedoch nicht ein, sondern unterhielt bei der Beklagten nur sogenannte „omnibus-accounts”, d.h. auf den Namen der Beklagten zu 4 lautende Sammelkonten, auf denen die Einsätze mehrerer Spekulanten zusammenflossen. Auf einem solchen Omnibus-Konto der Beklagten zu 4 brachte die Beklagte den ihr von der N. H. Inc. mit der Zweckbestimmung „Teilnahme am B. T. Programm, Einzelkonto bei S.” (Beklagte) überwiesenen Betrag von 142.221,20 US-Dollar (= 399.500 DM) gut. Über diese Gutschrift und andere Kontobewegungen erteilte die Beklagte Kontoauszüge, die mit einer Kontonummer und der Anschrift der N. H. Inc. versehen waren. Ende Dezember 1984 teilte die Beklagte der N. H. Inc. mit, ihr gesamter Einsatz sei durch Verluste aus Direktgeschäften aufgebraucht, auch die Omnibus-Konten der Beklagten zu 4 wiesen keine Guthaben mehr auf.

Der Kläger, der der N. H. Inc. zur Aufbringung des Einsatzes ein Darlehen über 400.000 DM gewährt hatte, hat behauptet, die Beklagte habe ihn in kollusivem Zusammenwirken mit der Beklagten zu 4, deren Geschäftsführer, dem Beklagten zu 2, sowie dem Beklagten zu 1 planmäßig um den Einsatz gebracht. Der den Beklagten zu 1 und 2 freundschaftlich verbundene damalige geschäftsführende Gesellschafter M. der Beklagten habe die betrügerischen Geschäftspraktiken der Beklagten zu 4, insbesondere deren Werbeprospekte, gekannt und gebilligt. Ferner habe die Beklagte zwei Drittel der Provisionen, die sie für getätigte Warentermingeschäfte in Rechnung gestellt habe, an die Beklagte zu 4 zurückgewährt und ihn bzw. die N. H. Inc. auch dadurch geschädigt. Die N. H. Inc. habe ihre sämtlichen Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte an ihn, den Kläger, abgetreten.

Die Beklagte hat die fehlende Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts Düsseldorf gerügt und überdies die Ansicht vertreten, deutsches Recht sei nicht anwendbar. Zur Sache hat sie behauptet, bei einem der Omnibus-Konten der Beklagten zu 4 habe sie auf deren Weisung ein Unterkonto für die N. H. Inc. geführt und darüber Kontoauszüge erstellt. Daß die Beklagte zu 4 der N. H. Inc. die Einrichtung eines eigenen Kontos bei ihr, der Beklagten, zugesagt habe, habe sie nicht gewußt.

Das Landgericht hat die Klage, mit der der Kläger wegen weiterer Verluste aus Warentermingeschäften die Zahlung von insgesamt 800.000 DM zuzüglich Zinsen verlangte, nach Eröffnung von Konkursverfahren über die Vermögen der Beklagten zu 4 und 5 sowie Flucht der Beklagten zu 1 und 2 gegen die Beklagte durch Teilurteil abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die auf Zahlung von 400.000 DM nebst 10% Zinsen seit dem 6. Mai 1987 beschränkte Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seinen zweitinstanzlichen Antrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. 1. Die von der Beklagten in Abrede gestellte internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen ist (BGHZ 44, 46; BGH, Urteil vom 23. Oktober 1979 – KZR 21/78, NJW 1980, 1224f.; Senatsurteil vom 28. Februar 1989 – XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1049), hat das Berufungsgericht bejaht: Zwar ergebe sich diese nicht aus § 39 ZPO, da die Beklagte sich auf die Klage nicht rügelos eingelassen habe. Die internationale Zuständigkeit sei aber – beschränkt auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung – gemäß § 32 ZPO begründet.

2. Diese Ausführungen halten der Nachprüfung stand.

a) Nach Art. 4 des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EGÜbk) bestimmt sich, wenn der Beklagte keinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, die Zuständigkeit der Gerichte in jedem Vertragsstaat nach seinen eigenen Gesetzen. Da die Beklagte ihren Sitz in den USA und damit nicht in einem Vertragsstaat des EG-Übereinkommens hat, ist die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nach den nationalen Rechtsvorschriften zu bestimmen (Senatsurteil vom 28. Februar 1989 – XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1049).

b) Maßgebend ist danach hier, was Klagen aus unerlaubten Handlungen angeht, § 32 ZPO. Nach dem Vorbringen des Klägers, von dem insoweit auszugehen ist, hat die Beklagte in Zusammenwirken mit den Beklagten zu 1, 2 und 4 die N. H. Inc. in betrügerischer Weise (dazu unten II. 4.) um ihren gesamten Einsatz gebracht (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die von den Beklagten zu 1, 2 und 4 verübte Täuschung des Klägers über die Einrichtung eines Einzelkontos bei der Beklagten u.a. durch falsche Werbeprospektangaben ist von der Düsseldorfer Zweigniederlassung der Beklagten zu 4 aus erfolgt. Diese Täuschung muß sich die Beklagte nach § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB zurechnen lassen; denn nach dem insoweit zugrunde zu legenden Vorbringen des Klägers hat die Beklagte mit den Beklagten zu 1, 2 und 4 planmäßig zusammengewirkt. Ob der damalige Geschäftsführer der Beklagten selbst eine deliktische Handlung in Düsseldorf begangen hat, ist entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung unerheblich. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist danach für Ansprüche aus unerlaubter Handlung gegeben (§ 32 ZPO).

c) Für andere Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte hat das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit zu Recht verneint. Die Auffassung der Revision, insoweit folge die internationale Zuständigkeit aus § 39 ZPO, da die Beklagte im ersten Rechtszug rügelos zur Hauptsache verhandelt habe, ist unbegründet. Die Beklagte hat in der Klageerwiderung die Unzuständigkeit des angerufenen Landgerichts Düsseldorf gerügt. Die Rüge war Gegenstand der ersten mündlichen Verhandlung. Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten hat darin auf den Antrag aus der Klageerwiderung und ausweislich des insoweit maßgeblichen Tatbestands des landgerichtlichen Urteils auch auf deren übrigen Inhalt Bezug genommen. Einer ausdrücklichen Erwähnung der Zuständigkeitsrüge in der mündlichen Verhandlung sowie in der Sitzungsniederschrift bedurfte es nicht (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1981 – VIII ZR 157/80, MDR 1981, 1012).

Die erhobene Rüge betraf entgegen der Ansicht der Revision nicht lediglich die örtliche Zuständigkeit. Die von der Beklagten in der Klageerwiderung angezogenen Bestimmungen (§§ 21, 23 und 32 ZPO) regeln nicht nur die örtliche, sondern mittelbar auch die internationale Zuständigkeit (vgl. BGHZ 44, 46, 47; 63, 219, 220; 94, 156, 158). Eine Rüge, die – wie hier – nicht erkennbar auf die örtliche Unzuständigkeit beschränkt ist, umfaßt deshalb auch die internationale.

II. In der Sache selbst hält das angefochtene Urteil der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Klageabweisung ausgeführt: Der Kläger sei hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs zwar aktivlegitimiert, da es letztlich sein Geld gewesen sei, das verloren gegangen sei. Er habe aber nicht substantiiert dargelegt, daß die Beklagte ihn in planmäßigem Zusammenwirken mit den Beklagten zu 1, 2 und 4 betrogen oder sonstwie vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB; § 826 BGB). Die von ihm behauptete Kenntnis des damaligen Geschäftsführers der Beklagten von den Geschäftspraktiken der Beklagten zu 4, insbesondere von ihrem unrichtigen Werbeversprechen, bei Einsätzen von mindestens 50.000 DM für ihre Kunden Einzelkonten beim Broker einzurichten, reiche insoweit nicht aus. Überdies fehle es an einer schlüssigen Darlegung des Klägers, daß der Einsatz bei Abwicklung der Direktgeschäfte über ein Einzelkonto nicht verloren gegangen wäre.

2. Zutreffend hat das Berufungsgericht seiner rechtlichen Prüfung deutsches Recht zugrundegelegt. Für Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung knüpft das deutsche internationale Privatrecht in erster Linie an das materielle Recht des Tatorts an (BGHZ 57, 265, 267; 87, 95, 97; st.Rspr.). Dieser liegt, wie dargelegt, in der Bundesrepublik Deutschland.

3. Zweifelhaft erscheint, ob der Kläger, wie das Berufungsgericht meint, als Geschädigter aus eigenem Recht aktivlegitimiert ist. Es ist nicht festgestellt, daß die N. H. Inc. das vom Kläger gewährte Darlehen wegen des erlittenen Verlustes von 399.500 DM nicht zurückzahlen kann. Die Frage bedarf indes keiner Klärung.

Die Aktivlegitimation des Klägers ergibt sich jedenfalls aus abgetretenem Recht. Nach dem Vorbringen des Klägers hat er als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der N. H. Inc. deren Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte an sich schriftlich abgetreten. Zwar hat er die schriftliche Abtretungserklärung nicht vorgelegt, und die Beklagte hat sein Vorbringen bestritten. Dies ist jedoch im Ergebnis ohne Belang, da in dem Vorbringen des Klägers im Prozeß eine (erneute) Abtretung der Schadensersatzansprüche an sich selbst enthalten ist. Eine solche ist ohne Einhaltung der Schriftform wirksam, da auf die abgetretenen Ansprüche deutsches Recht Anwendung findet (oben II. 2.) und für die Abtretung deshalb ebenfalls deutsches Recht gilt (vgl. BGHZ 87, 19, 21; 104, 145, 149; Senatsurteil vom 26. September 1989 – XI ZR 178/88, WM 1989, 1756, 1757).

4. Nicht frei von Rechtsfehlern ist auch die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, daß die Beklagte ihn (richtig: die N. H. Inc.) in planmäßigem Zusammenwirken mit den Beklagten zu 1, 2 und 4 betrogen habe (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB).

a) Nach seinem nicht bestrittenen Vorbringen ist der Kläger als Geschäftsführer der N. H. Inc. von den für die Beklagte zu 4 tätigen Beklagten zu 1 und 2 in der Absicht, der Beklagten zu 4 einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, u.a. durch die bewußt falsche Werbeaussage über die Einrichtung eines Einzelkontos bei einem Einsatz von mindestens 50.000 DM getäuscht und veranlaßt worden, 399.500 DM mit der Zweckbestimmung „Teilnahme am B. T. Programm, Einzelkonto bei S.” auf ein Bankkonto der Beklagten zu überweisen. Schon die von der Beklagten bestimmungswidrig vorgenommene Buchung dieses Betrages auf einem Omnibus-Konto, das auf den Namen der Beklagten zu 4 lautete und der Abwicklung von Direktgeschäften für Rechnung mehrerer Spekulanten diente, hat zu einem Vermögensschaden der N. H. Inc. durch Gefährdung ihres Einsatzes geführt. Der Wert des Einsatzes auf einem Omnibus-Konto ist anders als der auf einem eigenen Einzelkonto von der Gesamtposition des oder der Omnibus-Konten des Vermittlers abhängig und daher deutlich gemindert. Alle Einlagen auf einem Omnibus-Konto sind im Verhältnis zwischen Broker und Vermittler solche des Vermittlers und werden deshalb vom Broker berechtigterweise zur Deckung von Verlusten aus Warentermingeschäften in vollem Umfang herangezogen, gleichgültig, für wessen Rechnung der Vermittler die verlustbringenden Geschäfte geführt hat, welcher Art diese waren und wie hoch der Einsatz war. Weist das Omnibus-Konto flüssige Mittel zur Deckung der Verluste nicht in ausreichendem Umfang auf und leisten die betroffenen Spekulanten und der Vermittler keine Nachschüsse, so darf der Broker nach den üblichen Geschäftsbedingungen im Markt befindliche Positionen liquidieren, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Vermittler als Kontoinhaber zustimmt und für wessen Rechnung er die Positionen eingegangen ist (Wach, Der Terminhandel in Recht und Praxis, 1986, Rdn. 502; Imo, Börsentermin- und Börsenoptionsgeschäfte, 1988, Bd. 1 Rdn. 1421). Ein Einsatz auf einem Omnibus-Konto ist deshalb für jeden Auftraggeber mit unkalkulierbaren Risiken aus Spekulationsgeschäften des Vermittlers für eigene oder für Rechnung anderer Spekulanten behaftet.

Daß die N. H. Inc., vertreten durch den Kläger, der Beklagten zu 4 Vollmacht erteilt hat, mit dem Einsatz an der Börse zu spekulieren, ist, anders als das Berufungsgericht anzunehmen scheint, für die Beurteilung unerheblich. Die Haftungs- und damit die Risikolage ist für den Auftraggeber auch unter Berücksichtigung der erteilten Vollmacht bei einem Einsatz auf einem Omnibus-Konto deutlich ungünstiger als bei Abwicklung über ein Einzelkonto.

b) An dem danach vorliegenden Betrug zum Nachteil der N. H. Inc., der eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten zu 4 begründet (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB, § 31 BGB), hat sich die Beklagte durch ihren damaligen Geschäftsführer M. nach dem in der Revisionsinstanz als richtig zu unterstellenden Vorbringen des Klägers beteiligt und ist deshalb ebenfalls schadensersatzpflichtig (§§ 830 Abs. 1 Satz 1, 31 BGB). Der Kläger hat insoweit unter Beweisantritt behauptet, der damalige Geschäftsführer der Beklagten habe die betrügerischen Geschäftspraktiken der Beklagten zu 4, insbesondere deren Prospekte mit dem darin enthaltenen falschen Werbeversprechen über die Einrichtung eines Einzelkontos, gekannt und gebilligt. Ausgehend davon stellen sich die weisungswidrige Buchung des Einsatzes der N. H. Inc. auf einem Omnibus- statt auf einem Einzelkonto und die Erstellung von Kontoauszügen mit einer Kontonummer und der Anschrift der N. H. Inc. als Tatbeiträge der Beklagten zu einem in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit der Beklagten zu 4 begangenen Betrug dar. Den Kontoauszügen kam dabei die Funktion zu, dem Kläger als Vertreter der N. H. Inc. die Führung eines Einzelkontos vorzuspiegeln und ihn davon abzuhalten, die Einrichtung eines solchen Kontos zu verlangen oder den Einsatz zurückzufordern.

c) Der Schadensersatzanspruch geht auf Rückzahlung des Einsatzes der N. H. Inc.. Der Erwägung des Berufungsgerichts, es fehle an einer schlüssigen Darlegung des Klägers, daß der Einsatz bei Abwicklung der Warentermingeschäfte über ein Einzelkonto nicht verloren gegangen wäre, kann nicht beigetreten werden. Das Berufungsgericht verkennt insoweit, daß die durch die Täuschung des Klägers über die Einrichtung eines Einzelkontos veranlaßte schädigende Verfügung schon in der Überweisung des Einsatzes an die Beklagte liegt. Bereits damit und nicht erst mit dem Verlust des Einsatzes durch Direktgeschäfte ist der Schaden eingetreten (vgl. Senatsurteil vom 28. Februar 1989 – XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1049 = WuB IV A § 826 BGB 8.89 m.Anm. Nassall). Der Kläger als Rechtsnachfolger der N. H. Inc. kann deshalb nach seinem in der Revisionsinstanz als richtig zu unterstellenden Vorbringen verlangen, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn er nicht getäuscht worden wäre und den Einsatz deshalb nicht überwiesen hätte (§ 249 BGB).

III. Das angefochtene Urteil war danach aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Sollte die erneute Berufungsverhandlung ergeben, daß die Beklagte wegen der Täuschung über die Einrichtung eines Omnibus-Kontos nicht haftet, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob sie sich durch die Rückgewähr eines Teils der Provisionen (sog. „Kick-back”) schadensersatzpflichtig gemacht hat. Der Kläger hat insoweit unter Beweisantritt behauptet, die Beklagte habe zwei Drittel der Provisionen, die sie für Direktgeschäfte in Rechnung gestellt habe, an die Beklagte zu 4 zurückgewährt. Wenn dies zutrifft, kommt ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB, § 830 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 BGB in Betracht. Daß der Kläger über die Höhe der von der Beklagten in Rechnung gestellten Provision unterrichtet und damit einverstanden war, hindert einen solchen Anspruch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht. Das Berufungsgericht hat insoweit außer Acht gelassen, daß eine Vermittlerin wie die Beklagte zu 4 gemäß §§ 675, 667 BGB verpflichtet ist, zurückerstattete Provisionen ihrem Auftraggeber zurückzugewähren. Tut sie dies nicht und verheimlicht sie dem Auftraggeber die Kick-back-Vereinbarung in Bereicherungsabsicht vorsätzlich, so hat sie einen dadurch verursachten Schaden des Auftraggebers gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB zu ersetzen (vgl. Senatsurteil vom 28. Februar 1989 – XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051; OLG München, WM 1986, 1141, 1142; Wach, aaO. Rdn. 519; Imo, aaO. Rdn. 1321). Beteiligt sich eine Broker-Gesellschaft durch kollusives Zusammenwirken mit der Vermittlerin an deren unerlaubter Handlung, was bei einer Kick-back-Vereinbarung naheliegt, so ist sie bei vorsätzlichem Handeln ebenfalls schadensersatzpflichtig (§ 830 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 BGB). Für die Wertung, ob die Beklagte vorsätzlich gehandelt hat, kann unter Umständen von Bedeutung sein, daß auch nach anglo-amerikanischem Recht das Kick-back-Verfahren als „fraudulent” strafbar ist (Senatsurteil vom 28. Februar 1989 – XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051; Imo, aaO. Rdn. 1321, 1322).

 

Fundstellen

Haufe-Index 650403

ZIP 1990, 365

IPRspr. 1990, 165

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