Leitsatz (amtlich)

Nach dem im Verfahren nach § 13 AGBG geltenden Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung kann einem Partnerschaftsvermittlungsinstitut die Verwendung einer vorformulierten Laufzeitverlängerungsklausel untersagt werden, wenn diese den Eindruck einer festen vertraglichen Bindung erweckt und daher den Kunden – wodurch dieser unangemessen benachteiligt wird – davon abhalten kann, von seinem Recht auf jederzeitige Kündigung des Vertrages nach § 627 BGB Gebrauch zu machen.

 

Normenkette

BGB § 627; AGBG §§ 9, 13

 

Verfahrensgang

OLG Nürnberg

LG Nürnberg-Fürth

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 7. Oktober 1997 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben es gehört, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen und zu fördern. Die Beklagte, die ein Ehe- und Partnervermittlungsunternehmen betreibt, verwendet in ihren vorformulierten Partnervermittlungsaufträgen, in denen eine Erstlaufzeit von sechs Monaten vorgesehen ist, unter anderem die folgende Klausel:

„Sollte wider Erwarten in der normalen Vermittlungszeit das gewünschte Ergebnis nicht eintreten, so verpflichte ich I. (= die Beklagte) jetzt schon, mich für die noch einmal zu zahlende, gleich hohe Gesamtvergütung und für dieselben Bedingungen wie im Erstvertrag vorzugsweise bis zum Erfolg, längstens die doppelte Laufzeit wie im Erstvertrag zu vermitteln.”

Der Kläger ist der Meinung, daß diese Verlängerungsklausel eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner der Beklagten darstelle und deshalb gegen § 9 AGBG verstoße. Er nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung dieser Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Anspruch und beantragt, daß ihm die Befugnis zugesprochen werde, die erstrebte Urteilsformel auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger bekanntzumachen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.

1. Das Berufungsgericht meint, das Regelwerk der Beklagten brauche keinen Hinweis auf die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht abdingbare und jederzeit mögliche Kündigung des Partnerschaftsvermittlungsvertrages nach § 627 BGB zu enthalten. Diese Kündigungsmöglichkeit werde durch die Fassung der beanstandeten Klausel auch nicht verschleiert, so daß kein Verstoß gegen das Transparenzgebot vorliege.

Gleichwohl hält es die Klausel für unwirksam nach § 9 AGBG, weil sie eine erhebliche Einschränkung der Dispositionsfreiheit der Kunden der Beklagten enthalte: Diesen sei normalerweise weder bekannt, daß nach § 627 BGB eine jederzeitige Kündigung des Vertragsverhältnisses möglich sei, noch, daß die vereinbarte Vergütung der Beklagten nicht einklagbar sei. Daher müsse der Vertragspartner der Beklagten davon ausgehen, daß er aufgrund der Klausel auf jeden Fall nochmals fast 10.000 DM zahlen müsse, wenn er innerhalb der ersten sechs Monate keinen geeigneten Partner gefunden habe. Es werde dadurch auf ihn ein nicht unerheblicher Druck ausgeübt, sich für einen der gemachten Partnervorschläge zu entscheiden und etwaige Bedenken beiseite zu schieben, um die durch die vereinbarte Vertragsverlängerung auf ihn zukommende starke finanzielle Belastung zu vermeiden. Umgekehrt begünstige die Klausel einen möglichen Mißbrauch durch die Beklagte, nämlich den Kunden während der Erstvertragszeit nicht die optimalen Vorschläge zu machen, um in den Genuß der Vertragsverlängerung und des dafür vereinbarten Entgelts zu gelangen. Durch die unbedingte Vertragsverlängerung werde dem Kunden über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus das Risiko der Änderung seiner örtlichen, zeitlichen, wirtschaftlichen und insbesondere seiner höchstpersönlichen Verhältnisse zugewiesen. Er müsse auch nach Ablauf der Erstlaufzeit für einen hohen Preis die Dienste der Beklagten weiter in Anspruch nehmen, obwohl vieles dafür spreche, daß ein Kunde, dem innerhalb der ersten sechs Monate trotz vertragsgemäßer Bemühungen der Beklagten ein Partner nicht vermittelt worden sei, von vornherein als schwer vermittelbar angesehen werden müsse; die Wahrscheinlichkeit eines Vermittlungserfolges innerhalb der Verlängerungszeit erscheine daher nicht sehr hoch.

2. Das Berufungsgericht hat die unangemessene Benachteiligung der Kunden vor allem in einer subjektiv empfundenen, auf Rechtsunkenntnis zurückzuführenden Einschränkung ihrer Dispositionsfreiheit gesehen. Das reicht zur Begründung der Unwirksamkeit einer Klausel nach § 9 AGBG nicht aus, weil es eine allgemeine Rechtspflicht des Klauselverwenders, aus dem Gesetz – hier aus § 627 BGB – oder aus der Rechtsnatur eines Vertrages folgende Rechte ausdrücklich zu regeln oder den Vertragspartner darüber zu belehren, nicht gibt (BGHZ 133, 25, 32). Mögliche Mißverständnisse oder Fehldeutungen der Kunden darüber, welche vertraglichen oder gesetzlichen Rechte und Ansprüche sie gegenüber ihrem Vertragspartner haben, sind dem Klauselverwender nur dann zuzurechnen, wenn die Gefahr solcher Mißverständnisse oder Fehldeutungen durch eine unklare oder mehrdeutige Klauselfassung hervorgerufen oder verstärkt wird. Dies ist, entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts zum Transparenzgebot, die in der Revisionsinstanz der vollen Nachprüfung unterliegen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1997 – V ZR 405/96 – NJW 1997, 3022, 3023), vorliegend zu bejahen.

3. Wie bereits das Landgericht erkannt hat, benachteiligt die beanstandete Klausel die Kunden der Beklagten deshalb unangemessen im Sinne des § 9 AGBG, weil sie bei diesen den Eindruck einer festen Bindung für die Dauer der (verlängerten) Laufzeit des Vertrages erweckt und diese daher davon abhalten kann, von ihrem Recht auf jederzeitige Kündigung des Vertrages nach § 627 BGB Gebrauch zu machen.

a) Die Vorinstanzen und die Parteien haben übereinstimmend und rechtlich zutreffend die zwischen der Beklagten und ihren Kunden abgeschlossenen Verträge als Partnerschafts- oder Eheanbahnungsdienstverträge angesehen. Diese Verträge sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemäß § 627 BGB jederzeit kündbar, weil sie Leistungen höherer Dienste zum Gegenstand haben (vgl. BGHZ 106, 341, 345 f; BGH, Urteile vom 24. Juni 1987 – IVa ZR 99/86 – NJW 1987, 2808; vom 29. Mai 1991 – IV ZR 187/90 – NJW 1991, 2763). Wird dieses besondere Kündigungsrecht nach § 627 BGB in den AGB eines Eheanbahnungs- oder Partnerschaftsvermittlungsinstituts ausgeschlossen, so ist eine solche Klausel nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam, weil sich die Rechtsstellung der Vertragspartner des Verwenders in nicht mehr hinnehmbarer Weise verschlechtern würde, wenn sie auf das Kündigungsrecht aus § 626 BGB angewiesen wären (BGHZ 106, 341, 347).

Kündigt der Kunde einen Partnervermittlungsvertrag nach § 627 BGB, so kann er, wenn er – wie dies im Hinblick auf die fehlende Klagbarkeit der Vergütungsansprüche des Vermittlungsinstituts gemäß § 656 BGB üblicherweise und ohne Verstoß gegen das AGB-Gesetz vereinbart wird (BGHZ 87, 309, 318 f) – bereits zu Beginn des Vertragsverhältnisses oder – wie hier – des Verlängerungszeitraums die volle Vergütung bezahlt hat, nach § 628 Abs. 1 Satz 3 BGB Rückerstattung des im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht verbrauchten bzw. verdienten Entgeltanteils verlangen. Dies läuft im allgemeinen auf eine pro-rata-temporis-Berechnung hinaus, wobei allerdings speziell zur Erfüllung des konkreten Vertrags bis zum Vertragsende bereits erbrachte besondere Aufwendungen, die nicht mehr rückgängig zu machen und auch nicht für andere Verträge verwendbar sind, ungekürzt in Rechnung gestellt werden können. AGB-Klauseln, die – etwa in Form einer besonders hohen Kostenpauschale – den Rückerstattungsanspruch des Kündigenden unangemessen kürzen oder einschränken, sind gemäß § 10 Nr. 7a AGBG unwirksam (BGH, Urteil vom 29. Mai 1991 aaO S. 2764). Sie führen darüber hinaus, unter dem Aspekt des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG, zu einer unangemessenen Einschränkung des Rechts auf außerordentliche Kündigung nach § 627 BGB (so zutreffend Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Partnerschaftsvermittlungsvertrag [Stand: Mai 1994] Rn. 28).

b) Die beanstandete Klausel legt ihrem Wortlaut nach nur fest, daß die Beklagte für den Fall, daß in den ersten sechs Monaten der gewünschte Vermittlungserfolg nicht eintritt, „jetzt schon” (= bei Vertragsabschluß) dazu verpflichtet wird, für die gleich hohe Gesamtvergütung – diese beträgt jeweils fast 10.000 DM – vorzugsweise bis zum Erfolg, längstens für die doppelte Laufzeit (d.h. zwölf Monate) wie im Erstvertrag zu vermitteln. Zur Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen und mit welchen finanziellen Folgen das Vertragsverhältnis von den Kunden der Beklagten gekündigt werden kann, verhält sie sich nicht. Gleichwohl ist in Anwendung des im Verfahren nach § 13 AGBG geltenden Grundsatzes der kundenfeindlichsten Auslegung davon auszugehen, daß sie das Kündigungsrecht nach § 627 BGB in unzulässiger Weise beschränkt.

aa) Dieser Grundsatz soll dem Verwender jede Möglichkeit nehmen, sich etwa außerprozessual gegenüber seinem Vertragspartner mit Erfolg auf eine mögliche und nach §§ 9 ff AGBG unwirksame Klauseldeutung zu berufen. Freilich rechtfertigen völlig fernliegende Auslegungsmöglichkeiten, von denen eine Gefährdung des Rechtsverkehrs ernstlich nicht zu befürchten ist, auch im Verfahren nach § 13 AGBG kein Klauselverbot (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1993 – XII ZR 74/91 – NJW 1993, 1133, 1135 m.w.N. aus der Rechtsprechung).

In Anwendung dieser Grundsätze hat der Bundesgerichtshof in dem genannten Urteil entschieden, daß die in einem formularmäßigen „Anschließungsvertrag für Breitbandkabelanschlüsse” enthaltene „Laufzeitklausel” nicht deshalb gegen § 9 AGBG verstößt, weil sie nicht ausdrücklich die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung des Vertragsverhältnisses vorsieht. Hierzu hat der Bundesgerichtshof unter anderem ausgeführt: Das Recht zur Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund folge aus dem allgemeinen Prinzip von Treu und Glauben und greife als Ausfluß dieses Prinzips bei Vorliegen eines wichtigen Grundes unabhängig davon ein, ob es in dem Vertrag ausdrücklich geregelt ist. Es bestehe daher grundsätzlich keine Veranlassung, das außerordentliche Kündigungsrecht gemäß § 242 BGB im Rahmen der Regelung der normalen Laufzeit eines Vertrags ausdrücklich aufzuführen, zumal auch das BGB selbst keine dahingehende spezielle Regelung enthält. Das bedeute für die Klausel über die Laufzeit des Anschließungsvertrages einschließlich der darin vorgesehenen ordentlichen Kündigungsmöglichkeit, daß sie nur die „normale” störungsfreie Vertragsdurchführung regeln solle und das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund nach der Natur der Sache unberührt lasse.

bb) Bezogen auf den hier vorliegenden Fall eines als Dienstvertrag zu qualifizierenden Ehe- bzw. Partnerschaftsvermittlungsvertrags spricht vieles dafür, daß entsprechend den Ausführungen des Bundesgerichtshofes im Urteil vom 10. Februar 1993 die hier vorliegende Klausel nicht deshalb zu beanstanden ist, weil sie die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB nicht ausdrücklich vorbehält.

Wird in einem vorformulierten Dienstvertrag die Laufzeit des Vertrags festgelegt, so verbindet sich damit, auch wenn die Frage einer Kündigung überhaupt nicht angesprochen und damit die Möglichkeit derselben auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird, für die Vertragspartner im allgemeinen die Vorstellung, für diesen Zeitraum vertraglich gebunden zu sein und sich nicht ohne weiteres vom Vertrag lossagen zu können. Dem entspricht es, daß die in § 621 BGB genannten Kündigungsfristen nur dann Bedeutung gewinnen, wenn die Dauer des Dienstverhältnisses nicht bestimmt ist (§ 620 Abs. 2 BGB). Eine AGB-Klausel, die bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine Verlängerung des Vertrags um eine festgesetzte Zeitspanne vorsieht, kommt deshalb mit den Kündigungsfristen des § 621 BGB nicht in Konflikt (BGH, Urteil vom 4. Dezember 1996 – XII ZR 193/95 – NJW 1997, 739).

Wird freilich durch gravierende Umstände die Durchführung des Vertrages oder das Erreichen des Vertragszwecks für einen der Vertragspartner unzumutbar erschwert, so stellt dies eine neue Situation dar, deren sachgerechte Bewältigung durch die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung auch nach dem Verständnis eines durchschnittlichen, rechtlich nicht besonders vorgebildeten Dienstvertragspartners nicht deshalb ausgeschlossen erscheint, weil im Vertrag eine ersichtlich auf die störungsfreie Vertragsdurchführung abstellende „Laufzeit- oder Verlängerungsklausel” enthalten ist.

cc) Hinsichtlich der Möglichkeit einer Kündigung nach § 627 BGB liegen die Verhältnisse jedoch entscheidend anders.

Zwar ist auch das Kündigungsrecht nach § 627 BGB, das sowohl nach der Gesetzessystematik als auch nach dem Wortlaut der Norm unmittelbar an das Kündigungsrecht nach § 626 BGB anknüpft, als außerordentliches Kündigungsrecht ausgestaltet. Das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 627 BGB liegt letztlich in dem besonderen Vertrauen begründet, aufgrund dessen die von der Vorschrift erfaßten Dienste übertragen zu werden pflegen. Die Bestimmung will den Vertragspartnern vor allem für den Fall des Vertrauensverlustes ein Kündigungsrecht einräumen. Gleichwohl läßt sich ein etwaiger Vertrauensverlust nicht als ein außergewöhnliches, bei regelgerechtem oder vertragsgemäßem Erbringen der Dienste kaum eintretendes, also einem wichtigem Grund im Sinne des § 626 BGB vergleichbares Ereignis begreifen. Das besondere Vertrauen kann schon durch unwägbare Umstände, ja durch rational nicht begründbare Empfindungen gestört werden, die objektiv keinen wichtigen Grund darstellen. Bei derartigen, ganz auf persönliches Vertrauen gestellten und zudem lockeren, nicht auf eine ständige Tätigkeit gerichteten Dienstverhältnissen soll die Freiheit der persönlichen Entschließung eines jeden Teils im weitesten Ausmaß gewahrt werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 1984 – IX ZR 14/84 – NJW 1986, 373). Im Ergebnis bedeutet dies, daß der Dienstberechtigte (hier: der Kunde) das Dienstverhältnis jederzeit kündigen kann. Eines darzulegenden und zu beweisenden Kündigungsgrundes bedarf es nicht. Ebensowenig bestehen für ihn irgendwelche Verpflichtungen zur Rücksichtnahme (vgl. dagegen zur Kündigung des Dienstverpflichteten § 627 Abs. 2 BGB). Angesichts des keinerlei Beschränkungen unterworfenen Kündigungsrechts gemäß § 627 BGB liegt die rechtliche Bedeutung einer Laufzeit bzw. Verlängerungszeit in Verträgen der vorliegenden Art lediglich darin festzulegen, welche Vergütung für welchen Zeitraum fällig wird bzw. im Falle einer Kündigung anteilig als verdient oder verbraucht zu berücksichtigen ist.

Diese Zusammenhänge erschließen sich dem durchschnittlichen Kunden der Beklagten, dem die exakte rechtliche Einordnung eines Ehe- oder Partnerschaftsvermittlungsvertrags als Dienstverhältnis höherer Art im Sinne des § 627 BGB im allgemeinen nicht bekannt sein dürfte, nicht. Es besteht daher die naheliegende Gefahr, daß er der beanstandeten Verlängerungsklausel eine feste Bindung entnimmt, der er sich vor Ende der festgelegten Vertragslaufzeit nicht oder allenfalls um den Preis des vollständigen Verlustes der im Kündigungsfalle regelmäßig – aufgrund der Vorauskasse-Vereinbarung – bereits gezahlten Gesamtvergütung von nahezu 10.000 DM entziehen kann. Danach erweist sich die beanstandete Klausel ohne näheren Hinweis auf das jederzeitige Kündigungsrecht nach § 627 BGB als unklar bzw. intransparent (ebenso Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 8. Aufl., Anh. §§ 9-11 Rn. 294; Graf von Westphalen aaO Rn. 38).

Dem steht nicht entgegen, daß in Individualverträgen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allein der Vereinbarung eines bestimmten Zeitraums für die Tätigkeit des Dienstverpflichteten noch nicht der – außerhalb des Anwendungsbereichs des AGB-Gesetzes ohne weiteres mögliche – Ausschluß des außerordentlichen Kündigungsrechts nach § 627 BGB entnommen werden kann, es hierzu vielmehr des klaren und bestimmten Ausdrucks eines entsprechenden Parteiwillens bedarf (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 1990 – III ZR 333/89 – NJW-RR 1991, 439, 440). Zum einen bedeutet dies nicht, daß ein stillschweigender Ausschluß des Kündigungsrechts nach § 627 BGB in jedem Falle ausscheiden müßte (Senatsurteil aaO). Zum anderen erfaßt der im Rahmen des Verbandsprozesses nach § 13 AGBG zum Schutze der Kunden eines AGB-Verwenders geltende Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung auch solche nicht völlig fernliegenden Auslegungsmöglichkeiten einer Klausel, die nach allgemeinen „individualvertraglichen” Auslegungsgrundsätzen nicht in Betracht kämen.

 

Unterschriften

Rinne, Wurm, Streck, Schlick, Dörr

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 05.11.1998 durch Freitag Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 609527

DB 1999, 141

NJW 1999, 276

BGHR

EWiR 1999, 11

Nachschlagewerk BGH

WM 1999, 133

ZAP 1998, 1261

ZIP 1999, 72

MDR 1999, 345

NJ 1999, 257

VuR 1999, 133

LL 1999, 129

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