Entscheidungsstichwort (Thema)

Maklervertrag bei Kauf vom (noch) nicht Verfügungsberechtigten

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Frage, ob für den „Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages” i.S.d. § 652 I BGB die Mitteilung zur Person eines potenziellen Verfügungsberechtigten genügt,

 

Normenkette

BGB § 652 Abs. 1

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 4. Februar 1994 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten aus Nachweis- bzw. Vermittlungstätigkeit Zahlung einer Maklerprovision. Die Parteien streiten insbesondere darum, ob zwischen ihnen ein Maklervertrag zustande gekommen ist, welche Höhe der Provision vereinbart und ob der angestrebte Erfolg erreicht worden ist.

Auf Anfrage übersandte die Klägerin der Beklagten ein Angebot, in dem ein bebautes Grundstück in B. näher beschrieben war. Der Eigentümer war mit D. und dessen Anschrift angegeben. Der Kaufpreis sollte 2,7 Mio. DM und die Maklerprovision 3,42% betragen. Vertragsverhandlungen zwischen der Beklagten und Herrn D. führten am 11. November 1991 zu einem notariellen Kaufvertrag, nach dem Herr D. das Objekt an die Beklagte und Herrn E. je zur Hälfte verkaufte. Herr D. war zu jenem Zeitpunkt nicht Eigentümer des Grundstücks. Das erfuhr die Beklagte möglicherweise erst im Notartermin. Am 4. Dezember 1992 wurden die Beklagte und Herr E. zu je ein Halb Miteigentumsanteil im Grundbuch eingetragen. Herr D. hatte das Eigentum zuvor seinerseits erworben.

Die Klägerin verlangt eine Provision in Höhe von 94.050 DM nebst 8,25% Zinsen. Die Beklagte vertritt die Auffassung, daß sie wegen der unzutreffenden Angabe der Klägerin über die Eigentumsverhältnisse keine Provision schulde. Es fehle auch an einem Maklervertrag, denn sie habe nach Erhalt des Angebots der Klägerin bei der Besichtigung erklärt, eine Provision in der geforderten Höhe nicht zahlen zu wollen. Im Berufungsverfahren hat sie behauptet, mit der Klägerin übereingekommen zu sein, daß über die Provision noch verhandelt werden müsse.

Das Landgericht hat der Klage entsprochen. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Beklagte war trotz rechtzeitiger Bekanntmachung im Verhandlungstermin nicht vertreten. Deshalb ist über den Revisionsantrag der Klägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden, §§ 557, 331 ZPO (vgl. BGHZ 37, 79, 81). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ a.a.O., S. 82).

II. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Das Berufungsgericht hat einen Maklervertrag als zustande gekommen unterstellt und festgestellt, daß der am 11. November 1991 geschlossene Kaufvertrag ursächlich auf das Tätigwerden der Klägerin zurückzuführen sei. Es hat dennoch einen Provisionsanspruch der Klägerin verneint, weil der Kauf vom Nichteigentümer einem Kauf vom Eigentümer wirtschaftlich nicht gleichzusetzen sei. Der Anspruch aus dem Kaufvertrag mit einem Nichteigentümer könne nicht durch eine Auflassungsvormerkung abgesichert werden. Die Verwirklichung des Anspruchs sei ungewiß, weil die Abwicklung des Kaufvertrages davon abhänge, daß der Verkäufer zunächst selbst Eigentum erwerbe. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Sie läßt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unberücksichtigt.

2. Die dem Nachweismakler obliegende Leistung besteht in dem „Nachweis der Gelegenheit zum Abschluß eines Vertrages”, § 652 Abs. 1 BGB. Damit ist eine Mitteilung des Maklers an seinen Kunden gemeint, durch die dieser in die Lage versetzt wird, in konkrete Verhandlungen über den von ihm angestrebten Hauptvertrag einzutreten. Für den Nachweis der Möglichkeit des Kaufs eines Grundstücks hat der Immobilienmakler seinem am Kauf interessierten Kunden im allgemeinen neben dem konkreten Grundstück den Namen und die Anschrift des Verkäufers zu benennen. Das wird regelmäßig der Grundstückseigentümer oder ein Verfügungsberechtigter sein (BGH, Urteil vom 22. Juni 1988 – IVa ZR 129/87 – BGHR BGB, § 652 Abs. 1 Nachweis 1 m.w.N.). Im Zeitpunkt des vom Berufungsgericht unterstellten Abschlusses des Maklervertrages war der spätere Verkäufer noch nicht Eigentümer des Grundstücks. Es stellt sich deshalb die Frage, ob zu jenem Zeitpunkt überhaupt eine Erwerbsmöglichkeit bestand, die die Klägerin hätte nachweisen können.

In einem in den wesentlichen Punkten ähnlich liegenden Fall hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 28. November 1990 – IV ZR 258/89 – WM 1991, 643 unter II 1) bejaht, daß ein Nachweis grundsätzlich auch dann möglich ist, wenn der Verkäufer noch nicht Eigentümer ist. Er hat ausgeführt, genauso wie man eine Sache verkaufen könne, die einem (noch) nicht gehöre, sei es auch möglich, daß ein Makler dem Kaufinteressenten einen Verkäufer benenne, der zwar das Kaufobjekt noch erwerben müsse, der aber hierzu und zu einer Weiterveräußerung an den Interessenten bereit sei. Auch im vorliegenden Fall hat die Klägerin einen Verkäufer benannt, der das Grundstück noch erwerben mußte und der zur Weiterveräußerung an die Beklagte bereit war, wie der spätere Erwerb des Eigentums vom Verkäufer zeigt. Damit ist die Voraussetzung des § 652 Abs. 1 BGB, nämlich der Nachweis einer Gelegenheit zum Abschluß eines Vertrages erfüllt und der Provisionsanspruch dem Grunde nach entstanden. In diesem Zusammenhang stellt sich deshalb die Frage einer wirtschaftlichen Gleichwertigkeit nicht.

3. Diese Frage könnte aber deshalb aufgeworfen werden, weil die Beklagte das Grundstück nicht allein, sondern je zur Hälfte mit Herrn E. erworben hat. Das Berufungsgericht hat dazu – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen getroffen. Es hat insbesondere nicht festgestellt, ob Herr E. bei der Besichtigung des Objektes am 28. Oktober 1991 teilgenommen hatte und auch sein Interesse am Kauf des Grundstücks erkennbar war. Dann könnte, worauf die Revision hinweist, der Inhalt des Maklervertrages einverständlich dahin abgeändert worden sein, daß die Beklagte eine Provision auch schulde, wenn sie mit Herrn E. zusammen das Grundstück erwirbt. Auf Fragen wirtschaftlicher Gleichwertigkeit käme es dann nicht an.

Aber auch wenn der Inhalt des Maklervertrages nicht abgeändert wurde, braucht der gemeinsame Grundstückserwerb den Provisionsanspruch der Klägerin nicht zu beeinflussen. Der Kauf des Grundstücks (nur) zur ideellen Hälfte besagt für sich allein noch nicht, daß er dem nach dem Maklervertrag beabsichtigten Hauptvertrag wirtschaftlich nicht gleichzustellen ist. Die für eine fehlende wirtschaftliche Identität darlegungsbelastete Beklagte hat weitere Gründe nicht vorgetragen.

4. Da das Berufungsgericht das Zustandekommen eines Maklervertrages nur unterstellt und zur bestrittenen Höhe der Provision keine Feststellungen getroffen hat, muß die Sache zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen werden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI609381

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