Leitsatz (amtlich)

a) Der Aufsichtsrat kann das Anstellungsverhältnis mit einem Vorstandsmitglied in vertragsmäßiger Frist kündigen, sofern er dadurch nicht in die Rechte der Generalversammlung eingreift, insbesondere nicht der noch laufenden Bestellung vorzeitig den Boden entzieht.

b) Hat ein Vorstandsmitglied sein Amt niedergelegt, so wird die Genossenschaft bei einer ordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrags durch den Vorstand vertreten.

 

Normenkette

GenG §§ 24, 40

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 07.10.1971)

LG Düsseldorf (Urteil vom 13.11.1969)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. Oktober 1971 aufgehoben, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt ist.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 13. November 1969 wird auch insoweit zurückgewiesen, als das Landgericht festgestellt hat, daß die am 21. März 1969 von der Beklagten ausgesprochene Kündigung den Anstellungsvertrag des Klägers nicht fristlos beendet hat.

Im übrigen wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Revisionsinstanz werden zu 2/9 der Beklagten auferlegt. Im übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Berufungsgericht vorbehalten.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der 1918 geborene Kläger war seit 1932 bei der beklagten Genossenschaft beschäftigt. Vom 1. Januar 1957 an war er als deren Geschäftsführer tätig. Mit Wirkung vom 16. Juli 1958 wurde er zum Vorstandsmitglied bestellt. Der Anstellungsvertrag vom 5. Juni 1961 sieht eine fünfjährige Vertragsdauer ab 1. Januar 1961 mit jeweiliger Verlängerung um denselben Zeitraum bei sechsmonatiger Kündigungsfrist vor (§ 3). Bei Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied sollte der Kläger, vorbehaltlich einer sofortigen Auflösung des Anstellungsverhältnisses nach § 626 BGB, berechtigt und verpflichtet sein, als leitender Angestellter bei gleichem Gehalt weiterhin für die Beklagte zu arbeiten. Nach der Behauptung des Klägers soll der Anstellungsvertrag im Jahr 1965 bis Ende 1976 verlängert worden sein.

Am 20. Januar 1969 gab der Kläger gegenüber der Beklagten folgende schriftliche Erklärung ab:

„Ich… erkläre hiermit unwiderruflich und freiwillig, daß ich ab sofort als Mitglied des Vorstandes ausscheide. Diese Erklärung soll mir gegenüber nicht anders ausgelegt werden, als ein freiwilliger Rücktritt aus dem Vorstand.”

Unter demselben Datum bescheinigte der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Beklagten dem Kläger folgendes:

  1. „Die von Herrn K. (Kläger) abgegebene Rücktrittserklärung als Vorstandsmitglied wird nicht als Schuldanerkenntnis gewertet.
  2. Herr K. erhält auf der Vertreterversammlung die Möglichkeit, sich zu rechtfertigen (§ 21, 3 der Satzung).
  3. Diese Erklärung des Herrn K. berührt nicht den Anstellungsvertrag (§ 21, 4 der Satzung).”

Am 23. Januar 1969 beschloß der Aufsichtsrat der Beklagten, den Anstellungsvertrag des Klägers fristlos zu kündigen; die entsprechende Erklärung ging dem Kläger am 27. Januar 1969 zu. Am 18. März 1969 beschlossen Aufsichtsrat und Vorstand der Beklagten, das Anstellungsverhältnis erneut fristlos und vorsorglich auch zum nächst zulässigen Zeitpunkt zu kündigen. Demgemäß sprachen die erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten in Vollmacht des Vorstands und des Aufsichtsrats mit Schreiben vom 21. März 1969 die fristlose und die fristgemäße Kündigung aus.

Der Kläger hält alle diese Erklärungen aus förmlichen und sachlichen Gründen für unwirksam. Er hat im ersten Rechtszug unter anderem beantragt festzustellen, daß weder die am 27. Januar 1969 noch die am 21. März 1969 ausgesprochene Kündigung das Dienstverhältnis der Parteien aufgelöst habe.

Das Landgericht hat festgestellt, daß die Kündigung vom 27. Januar 1969 den Anstellungsvertrag des Klägers nicht aufgelöst habe und die Erklärung vom 21. März 1969 nicht zu einer fristlosen, sondern zu einer fristgemäßen Beendigung des Anstellungsvertrags führe. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Feststellung des Landgerichts hinsichtlich der Kündigungserklärung vom 27. Januar 1969 aufrechterhalten, im übrigen aber die Klage abgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

I. Zur Kündigung vom 21. März 1969, die allein noch im Streit ist, meint das Berufungsgericht, sie sei wirksam vom Vorstand der Beklagten als dem zuständigen Vertretungsorgan beschlossen und in dessen Vollmacht dem Kläger erklärt worden; die Mitwirkung des Aufsichtsrats sei nicht notwendig gewesen und unerheblich. Die Zuständigkeit des Vorstands ergebe sich aus der Satzung der Beklagten (§ 22) und § 24 Abs. 1, § 26 Abs. 1 GenG. Die fristlose Kündigung sei auch sachlich gerechtfertigt, weil ein wichtiger Grund gemäß § 7 Abs. 3 des Anstellungsvertrags, § 626 BGB vorgelegen habe.

II. Die Revision hat Erfolg. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durfte der Vorstand des Beklagten den Anstellungsvertrag des Klägers nicht von sich aus fristlos kündigen. Hierfür war unter den vorliegenden Umständen vielmehr ein Beschluß der Vertreterversammlung erforderlich.

Ebenso wie die endgültige Abberufung aus dem Vorstandsamt steht nach § 40 GenG auch die Entscheidung über die außerordentliche Kündigung des Dienstverhältnisses mit einem Vorstandsmitglied, allein der Generalversammlung oder, wie hier, der Vertreterversammlung (§ 43 a GenG) zu (BGHZ 32, 114, 122; Urt. d. Sen. v. 29.3. 73 – II ZR 20/71, BGHZ 60, 333). Die Ansicht des Berufungsgerichts, der Vorstand der Beklagten habe gleichwohl über die fristlose Kündigung selbständig befinden dürfen, beruht ersichtlich auf der Vorstellung, das Dienstverhältnis des Klägers 661, nachdem er sein Vorstandsamt am 20. Januar 1969 niedergelegt hatte, wie ein gewöhnlicher Anstellungsvertrag zu behandeln gewesen. Das ist jedoch nicht richtig, Wäre der Kläger nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand zunächst weiter für die Beklagte tätig gewesen und hätte dann aufgrund neu eingetretener Tatsachen sein Anstellungsvertrag fristlos gekündigt werden sollen, so hätte man hierin freilich eine unter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des Vorstands fallende Angelegenheit sehen können. So liegt es aber nicht.

Die fristlose Kündigung des Anstellungsverhältnisses stand in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der vorausgegangenen Erklärung des Klägers, er scheide aus dem Vorstand aus; beiden Erklärungen lagen dieselben Vorgänge zugrunde. Es kann dahingestellt bleiben, ob schon aus diesem Grund der Sachverhalt, auf den die außerordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses gestützt worden ist, nach Art und Bedeutung und dem Zweck des § 40 GenG einer Beurteilung durch das oberste Genossenschaftsorgan nicht entzogen werden durfte (vgl. für die GmbH: Urt. d. Sen. v. 18.11.68 – II ZR 121/67, LM Nr. 9 zu § 46 GmbHG m.w.N.; für das Nachschieben von Kündigungsgründen: Urt. d. Sen. v. 29.3.73 – II ZR 20/71, BGHZ 60, 333).

Hier kommt hinzu, daß der Kläger sein Ausscheiden aus dem Vorstand unstreitig in Verbindung mit der schriftlichen Zusicherung des Aufsichtsratsvorsitzenden erklärt hat, der Rücktritt werde nicht als Schuldanerkenntnis gewertet, er werde sich nach § 21 Abs. 3 der Satzung vor der Vertreterversammlung rechtfertigen können und seine Erklärung berühre nicht den Anstellungsvertrag. Entgegen der Auffassung der Revision brauchte das Berufungsgericht hieraus zwar nicht zu schließen, der Kläger habe den Rücktritt nur vorläufig oder bedingt erklärt; dagegen spricht schon der eindeutige Wortlaut seiner Rücktrittserklärung. Der Kläger konnte diese Erklärung aber im Vertrauen darauf abgeben, daß die Beklagte aus ihr keine weiteren, für ihn nachteiligen Schlüsse ziehen, insbesondere ihm auch nicht entgegenhalten werde, er habe sich für den Fall einer fristlosen Kündigung den durch Gesetz und Satzung sonst zwingend vorgeschriebenen Weg einer Entscheidung durch die Vertreterversammlung durch sein freiwilliges Ausscheiden aus dem Vorstand selbst verbaut. Diesem Vertrauen darf die Beklagte nicht zuwiderhandeln.

Zwar ist der Aufsichtsrat der Beklagten nach § 39 Abs. 1 GenG nur in seiner Gesamtheit ermächtigt, die Beklagte beim Abschluß von Verträgen mit dem Vorstand zu vertreten. Der Vorsitzende konnte daher nur aufgrund besonderer Vollmacht rechtsgeschäftlich bindende Erklärungen für die Beklagte abgeben. Er war aber befugt, die Rücktrittserklärung des Klägers für die Beklagte entgegenzunehmen und in diesem Zusammehang auch mit dem Kläger über die Bedingungen seines Ausscheidens zu verhandeln. Wenn er hierbei den Kläger seinen Rücktritt in der unverkennbaren Erwartung erklären ließ, diese Erklärung werde nicht sein Recht auf eine Entscheidung der Vertreterversammlung bei beabsichtigter fristloser Entlassung beeinträchtigen, und wenn er den Kläger überdies noch durch eine ausdrückliche schriftliche Zusicherung in dieser Erwartung bestärkte, so muß sich die Beklagte dieses Verhalten ihres Verhandlungsführers bei der Würdigung ihres Vorgehens gegen den Kläger nach den Grundsätzen des § 242 BGB zurechnen lassen. Sie setzt sich zu diesem Verhalten in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise in Widerspruch, wenn sie nunmehr geltend macht, die gesetzliche und satzungsmäßige Zuständigkeit ihrer Vertreterversammlung für die Entscheidung über eine fristlose Entlassung des Klägers sei entfallen, weil der Kläger aufgrund eigener Erklärung seit dem 20. Januar 1969 nicht mehr Vorstandsmitglied sei.

Dieses widersprüchliche Verhalten kann die Beklagte auch nicht damit rechtfertigen, daß sich „das genaue Ausmaß der Unregelmäßigkeiten des Klägers” erst nach dem 20. Januar 1969 aus vorgefundenen Unterlagen ergeben habe. Die Zusicherungen ihres Aufsichtsratsvorsitzenden wurden nicht dadurch hinfällig, daß der Sachverhalt, der sie ausgelöst hatte, anschließend noch weiter geklärt werden konnte.

Über die fristlose Kündigung des Dienstverhältnisses mit dem Kläger mußte daher die Vertreterversammlung der Beklagten entscheiden. Da die Erklärung vom 21. März 1969 durch eine solche Entscheidung nicht gedeckt war, ist sie als außerordentliche Kündigung unwirksam. Infolgedessen erübrigt es sich, noch auf die Bedenken der Revision gegen die Ansicht des Berufungsgerichtseinzugehen, die sachlichen Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB seien gegeben.

III. Damit stellt sich die Frage, wie sich die im Schreiben der Beklagten vom 21. März 1969 zugleich ausgesprochene ordentliche Kündigung auf das Dienstverhältnis der Parteien ausgewirkt hat. Denn auch diese Frage ist zwischen den Parteien für den Fall im Streit, daß die außerordentliche Kündigung unwirksam war (Schriftsätze des Klägers vom 1.4.1969 S. 1 ff und der Beklagten vom 2.7.1970 S. 22).

1. Das Landgericht hat festgestellt, die Kündigung führe „nicht zu einer fristlosen, sondern zu einer fristgemäßen Beendigung des Anstellungsvertrags”. Diese Fassung läßt, für sich genommen, offen, ob der Vertrag fristgemäß schon Ende 1970 erloschen oder, wie der Kläger behauptet hat, im Jahre 1965 um weitere zehn Jahre verlängert worden ist und deshalb erst Ende 1976 beendet sein wird (hier wird noch ein Widerspruch zu klären sein: Bei Verlängerung um zehn Jahre ab 1.1.1966 müßte der Vertrag am 31.12.1975, nicht 1976, enden). Das Landgericht hat aber in den Gründen seines Urteils zu dieser Frage Stellung genommen und sie dahin entschieden, die ordentliche Kündigung wirke erst zum 31. Dezember 1976. Damit ist es zutreffend davon ausgegangen, daß die Feststellung einer fristgemäßen Beendigung des Dienstvertrags ohne Angabe des Zeitpunkts für die Parteien nach dem Streit stand wertlos gewesen wäre und ihre gegensätzlichen Anträge deshalb sinnvollerweise so aufzufassen sind, sie wollten für den Fall, daß es auf die ordentliche Kündigung ankommt, das Vertragsende auf den jeweils von ihnen behaupteten Zeitpunkt festgestellt wissen. Dementsprechend ist die Urteilsformel anhand der Gründe dahin auszulegen, daß die ordentliche Kündigung den Anstellungsvertrag zum 31. Dezember 1976 beendet habe.

Das Berufungsgericht meint, damit habe das Landgericht dem Kläger unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO etwas zugesprochen, was er nicht beantragt habe. Dieses Bedenken erledigt sich jedoch schon dadurch, daß der Kläger sich mit seinem Antrag auf Zurückweisung der Berufung das landgerichtliche Erkenntnis voll zu eigen gemacht hat und dieser Antrag auch eine etwaige Abweichung von dem ursprünglichen Beantragten decken würde (BGH, Urt. v. 4.12.63 – V ZR 38/62, LM Nr. 8 zu § 308 ZPO = WM 1964, 385; Urt. v. 2.7. 71 – V ZR 50/69, WM 1971, 1251, 1252).

2. Hiernach kann der Kläger nicht mehr geltend machen, sein Dienstverhältnis bestehe über den 31. Dezember 1976 hinaus fort. Es bleibt aber über das (Hilfs-) Vorbringen der Beklagten zu entscheiden, bei Wirksamkeit lediglich der ordentlichen Kündigung sei der Anstellungsvertrag schon zum 31. Dezember 1970 erloschen; denn auch darauf erstreckte sich die Berufung der Beklagten (Berufungsbegründung S. 22). Da dieses Vorbringen voraussetzt, daß die Erklärung vom 21. März 1969 wenigstens insoweit wirksam war, bedarf es zunächst der Prüfung, ob auch bei der ordentlichen Kündigung die Vertreterversammlung der Beklagten hätte. mitwirken müssen. Diese Frage ist zu verneinen, wie ein Gegenschluß aus § 40 GenG, § 21 der Satzung der Beklagten ergibt.

§ 21 Abs. 2 der Satzung überträgt in zulässiger Weise (§ 24 Abs. 2 Satz 2 GenG) die Bestellung der Vorstandsmitglieder dem Aufsichtsrat. Dieser darf auch die Anstellungsverträge namens der Beklagten abschließen, jedoch höchstens auf die Dauer der Bestellung (§ 39 Abs. 1 GenG, § 21 Abs. 4 der Satzung). Es steht demnach grundsätzlich im Ermessen des Aufsichtsrats, ob er die Bestellung bei Ablauf erneuern und den Anstellungsvertrag dementsprechend verlängern will. Daraus folgt, daß der Aufsichtsrat auch das Anstellungsverhältnis fristgerecht kündigen darf, sofern er dadurch nicht in die Rechte der Vertreterversammlung eingreift, insbesondere nicht der noch laufenden Bestellung vorzeitig und endgültig den Boden entzieht. Der Kläger hätte daher auch bei Fortbestand seiner Bestellung eine ohne Beteiligung der Vertreterversammlung ausgesprochene ordentliche Kündigung jedenfalls insoweit hinnehmen müssen, als ihre Wirkungen nicht vor Ablauf seiner Bestellung eintraten.

Daran hat sich durch das freiwillige Ausscheiden des Klägers aus dem Vorstandsamt in Verbindung mit der Erklärung des Aufsichtsratsvorsitzenden vom 20. Januar 1969 nichts geändert. Der Versuch der Revision, aus diesen Erklärungen einen Verzicht auf die ordentliche Kündigung oder zumindest deren Überweisung an die Vertreterversammlung herzuleiten, läuft darauf hinaus, daß der Kläger infolge seines Rücktritts besser gestellt gewesen wäre als ohne ihn. Das kann nicht der Sinn der Erklärungen gewesen sein. Namentlich läßt sich die Zuständigkeit der Vertreterversammlung insoweit nicht aus der Zusicherung des Aufsichtsratsvorsitzenden herleiten, der Kläger werde sich vor der Versammlung rechtfertigen können. Denn diese Zusicherung konnte sich nur auf die fristlose Kündigung beziehen, weil gegenüber einer ordentlichen Kündigung eine Rechtfertigung ebensowenig in Betracht kam, wie es der Fall gewesen wäre, wenn die Bestellung bis zum Kündigungstermin fortbestanden oder die Beklagte den Kläger nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand zunächst weiterbeschäftigt hätte.

3. Für die Regelung der Rechtsverhältnisse eines ausgeschiedenen Vorstandsmitglieds ist grundsätzlich der Vorstand als das ordentliche Vertretungsorgan zuständig (vgl. für die AG: BGHZ 47, 341, 344). Etwas anderes ergibt sich hier weder aus der Satzung der Beklagten, wie das Berufungsgericht rechtlich fehlerfrei ausgeführt hat, noch aus den vorliegenden besonderen Umständen. Nachdem die Organstellung des Klägers erloschen war, blieb, soweit eine ordentliche Kündigung in Frage stand, nur noch zu entscheiden, ob das nunmehr den allgemeinen Regeln unterliegende Anstellungsverhältnis zum nächsten vertraglich möglichen Termin auslaufen sollte oder nicht. Eine solche Entscheidung fällt in die Zuständigkeit des Vorstands. Die Erklärung vom 21. März 1969 war daher als ordentliche Kündigung insoweit einwandfrei, als sie auf einen Beschluß des Vorstands vom 18. März 1969 zurückging und in dessen Vollmacht ausgesprochen wurde.

Zu Unrecht bezweifelt die Revision die Gültigkeit dieser Erklärung deshalb, weil sie vom Vorstand und vom Aufsichtsrat der Beklagten in einer gemeinsamen Sitzung. beschlossen worden sei und sich infolgedessen eine unzulässige Beeinflussung des Vorstandsbeschlusses durch Aufsichtsratsmitglieder nicht ausschließen lasse. Weder das Gesetz noch die Satzung der Beklagten verbieten es, daß der Vorstand vor einem Beschluß Aufsichtsratsmitglieder beratend zuzieht. § 25 Abs. 1 Satz 1 der Satzung sieht vielmehr eine solche Beratung ausdrücklich vor.

4. Hiernach erweist sich die Auffassung des Landgerichts, die Erklärung vom 21. März 1969 habe die Wirkungen einer ordentlichen Kündigung gehabt, als richtig. Der Rechtsstreit ist jedoch noch nicht entscheidungsreif, soweit es darum geht, ob diese Wirkungen schon Ende 1970 eingetreten sind oder erst Ende 1976 eintreten werden. Das Landgericht hat das Vorbringen des Klägers, sein Anstellungsvertrag sei 1965 bis Ende 1976 verlängert worden, gemäß § 138 Abs. 3 und 4 ZPO als zugestanden betrachtet, weil die Beklagte diesen Vortrag nicht lediglich mit der Erklärung des Nichtwissens habe bestreiten dürfen. Dazu hat die Beklagte mit der Berufungsbegründung vorgetragen, die vom Kläger behauptete Verlängerungsabrede werde uneingeschränkt bestritten; maßgebend sei nach wie vor der Anstellungsvertrag vom 5. Juni 1961, der sich nur einmal gemäß seinem § 3 auf fünf Jahre, also bis zum 31. Dezember 1970, verlängert habe. Aufgrund dieses ordnungsmäßigen Bestreitens, das die Beklagte, sofern es nicht schon vorher wirksam erklärt worden war, gemäß § 531 ZPO in der Berufungsinstanz nachholen konnte (BGH, Urt. v. 12.2.1963 – VI ZR 64/62 – VersR 1963, 530, 531), ist es jetzt Sache des Klägers, eine abweichende Vereinbarung mit der Beklagten zu beweisen.

Die Sache ist daher insoweit zur tatsächlichen Klärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Streitwert für die Revisionsinstanz: 200.000 DM.

 

Unterschriften

Stimpel, Dr. Schulze, Fleck, Dr. Bauer, Dr. Tidow

 

Fundstellen

Haufe-Index 1502366

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