Leitsatz (amtlich)

›a) Schafft der Geschäftsführer einer GmbH Vermögensbestandteile der Gesellschaft beiseite, so ist Tateinheit zwischen Bankrott und Untreue möglich.

b) Vor Inkrafttreten der Abgabenordnung 1977 hat weder Steuern verkürzt noch einen Steuervorteil erschlichen, wer es als Inhaber eines Steuerlagers unterläßt, eine nach Bewilligung des Steuerlagers eingetretene Überschuldung unaufgefordert dem Hauptzollamt mitzuteilen, und es dadurch mitverursacht, daß Steueransprüche entstehen, die er nicht mehr erfüllen kann.

c) Die Verfolgungsverjährung beginnt bei unterlassener Konkursanmeldung nicht schon mit dem Ablauf der Dreiwochenfrist des § 64 Abs. 1 GmbHG, sondern erst, wenn die Pflicht des Geschäftsführers erlischt, das Konkurs- oder Vergleichsverfahren für die GmbH zu beantragen (Fortbildung von BGHSt 14, 280).‹

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf

 

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten H. A. wegen Bankrotts, Steuerhinterziehung und verspäteter Konkursanmeldung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie die Angeklagte C. A. - unter Freisprechung im übrigen - wegen Beihilfe zum Bankrott zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe gegen die Angeklagte C. A. hat es zur Bewährung ausgesetzt. Die Revisionen der Angeklagten beanstanden das Verfahren und rügen die Verletzung sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit der Revision gegen die Strafaussprüche mit Ausnahme der Einzelstrafe von drei Monaten, auf die gegen den Angeklagten H. A. wegen verspäteter Konkursanmeldung erkannt worden ist.

Die Rechtsmittel der Angeklagten sind zum Teil begründet. Die zu Ungunsten beider Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft greift nur zu Gunsten der Angeklagten C. A. durch (§ 301 StPO); im übrigen bleibt sie erfolglos.

A) Die Revision des Angeklagten H. A.

Verfahrensrüge

Die Verfahrensrüge ist unzulässig, soweit sich die Revision ohne genaue Bezeichnung der beanstandeten Vorfälle allgemein dagegen wendet, daß dem angefochtenen Urteil Urkunden und Aktenbestandteile zugrunde liegen, die nicht ordnungsmäßig in die Hauptverhandlung eingeführt worden seien. Diese Rüge genügt der Formvorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO' schon deshalb nicht, weil die Urkunden und Aktenbestandteile, die die Revision meint, im einzelnen nicht genannt werden.

Vergebens beanstandet die Revision auch, ,,insbesondere bei der Prüfung der Forderung gegen die D. F. über rund 1,3 Millionen DM" hätten (gemäß § 249 StPO) die beiden Schreiben verlesen oder dem wesentlichen Inhalt nach bekanntgegeben werden müssen, die das Urteil auf den Seiten 23 und 24 vollständig wiedergibt. Es kann dahinstehen, ob diese Beanstandung im Hinblick auf die Kenntnis, die der Senat bei der Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hin von den Schreiben erhalten hat, formgerecht angebracht worden ist, obwohl die Revisionsbegründung den Wortlaut der Urkunden nicht mitteilt, sondern lediglich auf die genannten Urteilsstellen verweist (vgl. BGH bei Dallinger MDR 1956, 272). Denn insoweit ist die Verfahrensrüge jedenfalls unbegründet, weil das Urteil auf dem behaupteten Verfahrensfehler ersichtlich nicht beruht. Die Revision zieht selbst nicht in Zweifel, daß das Landgericht den Wortlaut der Schreiben richtig wiedergegeben hat. Es hat ihnen auch nichts zum Nachteil des Angeklagten entnommen. Vielmehr ist es auf Grund des weiteren Ergebnisses der Hauptverhandlung zu der Überzeugung gelangt, daß auf der Grundlage dieser Schreiben keine Geschäfte ausgeführt worden sind, der vom Angeklagten vertretenen A. M.-H.- Company (AMC) GmbH & Co. KG eine über das Schreiben der Fina vom 30. April 1969 hinausgehende mündliche Bonuszusage nicht gemacht worden ist und die behauptete Forderung deshalb nicht bestanden hat (UA S. 22 ff, 25, 67 ff, 70).

Die Sachrüge

I. Bankrott

Soweit sich die Revision mit der Sachrüge gegen die Verurteilung wegen Bankrotts wendet, hat sie zum Schuldspruch keinen Erfolg.

1. Der Angeklagte war alleiniger Geschäftsführer der A. M.H. (AMC) GmbH, deren Stammkapital 60.000 DM betrug. Daran waren die Angeklagte C. A. treuhänderisch für Dr. G. mit 50.000 DM und der Angeklagte mit 10.000 DM beteiligt. Im Juli 1963 wurde die GmbH persönlich haftende Gesellschafterin der neugegründeten AMC-GmbH und Co. KG, deren Kommanditisten die Angeklagten waren, die Angeklagte C. A. wiederum als Treuhänderin für Dr. G. Von diesem Zeitpunkt an wurde der Handel mit Mineralölen aller Art nur über die KG abgewickelt. Als alleiniger Geschäftsführer der GmbH führte der Angeklagte auch die Geschäfte der KG (UA S. S und 9). Auf seinen Antrag vom 29. Oktober 1973 wurden am selben Tage der Konkurs über das Vermögen der KG und am 30. Oktober 1973 der Konkurs über das Vermögen der GmbH eröffnet. Im ersten Verfahren fielen nicht bevorrechtigte Gläubiger mit Forderungen von insgesamt etwa 1.450.000 DM aus; auf Steuerforderungen von insgesamt etwa 18 Millionen DM entfiel eine Quote von 10%. Das zweite Verfahren wurde durch Beschluß des Amtsgerichts Düsseldorf vom 18. März 1974 eingestellt, weil die Konkursmasse nicht ausreichte, um die Verfahrenskosten zu decken.

2. Mit dem Schuldspruch wegen Bankrotts legt das Landgericht dem Angeklagten folgendes zur Last:

a) Er habe in Kenntnis der am 31. Dezember 1970 und danach vorhandenen Überschuldung der Gesellschaften nicht existente Forderungen (der KG) von insgesamt 3.020.4,69 DM in die Bilanzen der Jahre 1970 und 1971 aufgenommen und uneinbringlich gewordene Forderungen in Höhe von 952.862,77 DM nicht abgeschrieben. Dadurch habe er in der Absicht, die Gläubiger (der KG) zu benachteiligen, die Übersicht über den Vermögensstand der Gesellschaft erschwert (§ 283 Abs. 1 Nr. 7 a StGB in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 29. Juli 1976, § 239 Abs. 1 Nr. 4 KO aF).

b) Er habe in den Jahren 1970 bis 1973 Schecks der D. F. über 49.377,73 DM und der F.- oHG über 307.760,30 DM zu Gunsten des Privatkontos seiner Ehefrau bei der Stadtsparkasse Düsseldorf einziehen lassen; ferner Beträge, die angeblich an die F. geleistet worden seien, durch Schecks dem Privatkonto seiner Ehefrau zugehen lassen (108.773,88 DM und 18.692,81 DM) sowie - wenige Monate vor Konkurseröffnung - im Zuge einer Auseinandersetzung 354.528,95 DM als angebliches Guthaben zu Unrecht an Dr. G. ausgezahlt. Dadurch habe er in Kenntnis der zum 31. Dezember 1970 eingetretenen Überschuldung (der KG) und in Gläubigerbenachteiligungsabsicht insgesamt 830.172,43 DM (richtig: 839.133,67 DM) dem Zugriff der Gläubiger entzogen und beiseite geschafft (§ 283 Abs. 1 Nr. I StGB, § 239 Abs. 1 Nr. 1 KO aF).

c) Er habe - in derselben Kenntnis und Absicht in den Jahren 1971, 1972 und 1973 bis zur Konkurseröffnung die Privatentnahmen von zusammen 465.911,91 DM, die auf das Privatkonto seiner Ehefrau geflossen seien, mit Ausnahme eines Schecks über 26.649,32 DM nicht richtig buchen lassen, desgleichen eine Scheckzahlung an den Zeugen Gi. über 41.692,81 DM, und dadurch die Handelsbücher so geführt, daß die Übersicht über den Vermögensstand (der KG) erschwert worden sei (§ 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB, § 239 Abs. 1 Nr. 4 KO aF).

Das Landgericht hat angenommen, daß die verschiedenen Einzelakte der drei Bankrotthandlungen jeweils Teile einer fortgesetzten Handlung seien (UA S. 79, 81 und 82) und daß die drei Handlungen zueinander im Verhältnis der Tateinheit ständen.

3. Dieser Schuldspruch läßt keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen.

a) Der Angeklagte war zwar nicht selbst Gemeinschuldner im Konkurs der KG und der GmbH. Als Geschäftsführer der GmbH, dem auch die Geschäftsführung der KG oblag, trifft ihn aber gleichwohl die strafrechtliche Verantwortlichkeit sowohl nach § 283 Abs. 1 StGB als auch nach § 239 Abs. 1 KO aF (§ 50 a Abs. 1 aF, § 14 Abs. I StGB; Lackner, StGB 12. Aufl. § 14 Anm. 2 a; vgl. BGHSt 19, 174). Denn bei allen Taten hat er erkennbar als vertretungsberechtigtes Organ der GmbH, die ihrerseits vertretungsberechtigte Gesellschafterin der KG war, und damit als deren gesetzlicher Vertreter gehandelt. Das gilt auch für die verschleierten Entnahmen, die er unwiderlegt größtenteils als Schmiergelder, also ersichtlich im Interesse der GmbH und Co. KG, verbraucht hat (UA S. 73), und für die unberechtigte Auszahlung des angeblichen Auseinandersetzungsguthabens an Dr. G. (s. O. 2 b). In beiden Fällen ist er nämlich mindestens auch in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer (vgl. RegE zum EGOWiG, BT-Drucks. V 1319 S. 63), d.h. mit Bezug auf das Vermögen und den Betrieb der Gesellschaft (RGSt 42, 278, 280, 282; 60, 234, 236; 73, 117, 119), und damit für sie tätig geworden, selbst wenn er sie dabei rechtswidrig an ihrem Vermögen geschädigt haben sollte.

aa) Es kann auf sich beruhen, ob er sich im Hinblick auf eine solche Schädigung - trotz des Einverständnisses der Gesellschafter und des Treugebers Dr. G. (vgl. BGHSt 3, 23, 25; 3, 32, 39 f; BGH GmbHRdsch 1954, 75 mit zust. Anm. Schneider; BGH, Urteile vom 2. Februar 1968 - 2 StR 630/67 - und 24. Februar 1976 - 1 StR 602/75; Mertens in Hachenburg, GmbHG, 7.Aufl. § 13 Anh. I Rdn. 36) - zugleich der Untreue zum Nachteil der GmbH als persönlich haftender Gesellschafterin der KG schuldig gemacht hat. Als Geschäftsführer durfte er allerdings weder sich noch anderen willkürlich Vermögen der Gesellschaften zuschieben (BGH, Beschluß vom 13. Februar 1979 - 5 StR 814/78 - S. 4). Er ist jedoch nicht dadurch beschwert, daß er - in Tateinheit mit Bankrott - nicht zusätzlich auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des § 266 StGB verurteilt worden ist.

Hat der Geschäftsführer einer GmbH Vermögensbestandteile der Gesellschaft zu deren Nachteil beiseitegeschafft, so ist Tateinheit zwischen den Tatbeständen des § 239 Abs. 1 Nr. 1 KO aF, § 283 Abs. 1 Nr.1 StGB einerseits und denen des § 266 StGB andererseits rechtlich möglich. Das ergibt sich aus der Tatsache, daß der Geschäftsführer mit der GmbH als Inhaberin des geschädigten Vermögens nicht identisch ist, sowie aus der unterschiedlichen Schutzrichtung der genannten Vorschriften. Während die Bankrottbestimmungen die Konkursmasse im Interesse der gesamten Gläubigerschaft sichern sollen (Dreher/Tröndle, StGB 38. Aufl. Rdn. 3 vor § 283; Stree in Schönke/Schröder, StGB 19. Aufl. Rdn. 1), dient § 266 StGB allein dem Schutz des Vermögensinhabers. Verletzt der Geschäftsführer durch eine und dieselbe Handlung die strafrechtlich geschützten Interessen beider, so ist nach Konkurrenzgrundsätzen Tateinheit zwischen Untreue und Bankrott anzunehmen, sofern die Tatbestände im übrigen zur äußeren und inneren Tatseite erfüllt sind (vgl. Dreher/Tröndle, aaO § 283 Rdn. 42). Mit dieser Auffassung stimmt überein, daß der Bundesgerichtshof auch schon im Fall des § 240 Abs. 1 Nr. I KO aF eine solche Tateinheit angenommen hat (BGHSt 3, 23, 27; BGH, Urteil vom 9. Juni 1953 - 1 StR 206/53 - S. 11 (Herlan) GA 1954, 306, 311; Hübner, LK 9. Aufl. § 266 Rdn. 66; vgl. Lackner, aaO § 283 Anm. 9).

bb) Der Senat kann zum Beiseiteschaffen so entscheiden, ohne zur Vorlegung nach § 136 Abs. 1 GVG verpflichtet zu sein. Die Rechtsprechung hat allerdings wiederholt sowohl zu § 83 GmbHG aF als auch zu § 50 a Abs. 1 StGB 1969 und § 14 Abs. 1 StGB 1975 ein Handeln des Geschäftsführers für die GmbH nicht angenommen, wenn wegen des Vermögensschadens, den er der Gesellschaft zugefügt hat, Untreue zu ihrem Nachteil vorliegt oder in Betracht kommt (u.a. BGHSt 6, 314, 316; BGH GA 1963, 307; BGH, Beschlüsse vom 15. April 1977 - 2 StR 799/76 und 2 StR 800/76 - sowie 5. Oktober 1977 - 2 StR 236/77; Urteil vom 15. März 1978 - 2 StR 538/77; Beschlüsse vom 7. November 1978 - 5 StR 314/78 - und 16. Januar 1979 5 StR 467/78). Der Bundesgerichtshof hat dabei hervorgehoben, daß der Geschäftsführer die in § 239 KO aF, § 283 StGB nF bezeichneten Tatbestände des (betrügerischen) Bankrotts nur durch solche Handlungen erfüllen könne, die er für die Gesellschaft und (wenigstens auch) in deren Interesse vornehme (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. November 1978 - 5 StR 314/78 - und 16. Januar 1979 - 5 StR 467/78). Diese Entscheidungen greifen auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts zurück. Das Reichsgericht hat im Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal ,,Aufwand" im Sinne des § 240 Abs. 1 Nr. 1 KO aF und zur Abgrenzung dessen, was Handeln des Geschäftsführers ,,in dieser Eigenschaft" ist, auch darauf abgestellt, ob die Entnahme ,,zur Verwendung im interessenkreis der Gesellschaft" erfolgte (RGSt 42, 278, 282; vgl. RGSt 73, 117, 119f). Den Begriff Handeln im ,,Interesse" der Gesellschaft, den der Bundesgerichtshof zur Abgrenzung von Fällen des Diebstahls, der Unterschlagung und der Untreue verwendet hat (BGHSt 6, 314, 316), wird in späteren Entscheidungen im Sinne eines Handelns im wirtschaftlichen Interesse und als Gegensatz zum Merkmal ,,Nachteil" in § 266 S~B verstanden. Daraus können sich Schwierigkeiten bei der sachgerechten Lösung von Fällen ergeben, in denen der Geschäftsführer die Gesellschaft durch eine in deren Geschäftskreis liegende Tätigkeit in der Krise wirtschaftlich schädigt, zum Beispiel durch den Abschluß. und die Erfüllung eines ihr nachteiligen Vertrags mit einem Dritten. Ob und wieweit an der wiedergegebenen Rechtsprechung festzuhalten ist, braucht der Senat hier aber nicht allgemein zu entscheiden, weil sie andere Fallgestaltungen betrifft. Insbesondere kann dahinstehen, ob der Geschäftsführer einer GmbH bei ausschließlich eigennützigen rechtsgeschäftlichen Handlungen, die den Tatbestand der Untreue erfüllen, auch wegen Bankrotts bestraft werden kann (BGH, Urteil vom 15. März 1978 - 2 StR 538/77). Denn so liegt der Sachverhalt hier weder bei den Entnahmen für Schmiergeldzwecke noch bei den Zahlungen im Rahmen der Auseinandersetzung. Im übrigen beruhen die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs nicht auf der Annahme, bei einem Beiseiteschaffen von Vermögensstücken einer GmbH sei die Untreuevorschrift stets das vorrangig anwendbare Strafgesetz, das die einschlägigen Bankrottbestimmungen (§ 239 Abs. 1 Nr. 1 KO aF, § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB) verdränge und damit die rechtliche Möglichkeit der Tateinheit zwischen beiden Delikten notwendig ausschließe.

b) Bei § 239 KO aF ist die Konkursanmeldung ebenso wie bei § 283 StGB - objektive Bedingung der Strafbarkeit. Die Bankrotthandlung braucht mit ihr nicht ursächlich verbunden zu sein; doch muß zwischen beiden ein äußerer (tatsächlicher) Zusammenhang bestehen. Das ist nicht nur zu § 240 KO a.F. anerkannt (BGH, Urteil vom 20. März 1951 - 1 StR 67/50 - (Herlan) GA 1953, 72, 73; Urteil vom 18. März 1954 3 StR 934/52 - (Herlan) GA 1954, 306, 311; Urteil vom 5. Juli 1955 - 5 StR 236/55), sondern auch zu § 239 KO a.F., um dessen Anwendung es hier geht (BGH, Urteil vom 3. Juli 1956 - 1 StR 98/56-; Urteil vom 28. Oktober 1969 - 1 StR 243/69 - (Herlan) GA 1971, 33, 38; Urteil vom 23. August 1978 - 3 StR 11/78 JZ 1979, 75, 76). Ein solcher Zusammenhang ist in der Rechtsprechung angenommen worden, wenn die Gläubiger oder wenigstens ein Teil von ihnen sowohl durch die Bankrotthandlung benachteiligt als auch durch die Zahlungseinstellung oder Konkursanmeldung betroffen sind (BGHSt 1, 186, 191). Das ist der Fall, wenn Forderungen mehrerer Gläubiger schon zur Zeit der Bankrotthandlung bestanden haben und zur Zeit der Zahlungseinstellung oder Konkurseröffnung noch nicht getilgt waren (BGH, Urteil vom 20. März 1951 - 1 StR 67/50 - und 28. Oktober 1969 - 1 StR 243/69). Auch genügt es, daß die Konkursmasse durch die Bankrotthandlung geschmälert wird (BGH, Urteil vom 3. Juli 1956 - 1 StR 98/56) oder Mängel der Buchführung bis zur Zahlungseinstellung oder Konkurseröffnung noch fortwirken (BGH, Urteil vom 5. Juli 1955 - 5 StR 236/55; vgl. zu § 283 b StGB BGH, Urteil vom 20. Dezember 1978 - 3 StR 408/78-, zum Abdruck in BGHSt bestimmt), sei es auch nur in der Weise, daß der Geschäftsführer einer GmbH wegen der Buchführungsmängel nicht rechtzeitig erkennen kann, daß er die Eröffnung des Konkursverfahrens zu beantragen hat (BGH, Urteil vom 18. März 1954 - 3 StR 934/52).

Ob dieser erforderliche äußere Zusammenhang hier besteht, hat das Landgericht nicht geprüft. Er kann unbedenklich bejaht werden, soweit dem Angeklagten zur Last gelegt wird, fortgesetzt Bestandteile des Vermögens der Gesellschaften beseite geschafft zu haben (s.o. I 2 b). Er besteht aber auch, soweit der Angeklagte wegen nicht ordnungsmäßiger Buchführung (s.o. I 2 c) und irreführender Bilanzierung (s.o. I 2 a) verurteilt worden ist. Daran ändert sich entgegen der Auffassung der Revision nichts dadurch, daß der Angeklagte die Falschbuchungen zum Teil, nämlich soweit sie die F.-Schecks im Betrage von 22.728,41 DM und die F.-Schecks im Betrage von 307.760,30 DM betreffen, durch Belastung seines Kapitalkontos zum 31. Dezember 1972 oder später, jedenfalls noch vor Konkurseröffnung, hat berichtigen lassen (UA S. 31 f, 36 und 83). Für den Schuldspruch unerheblich ist es weiter, daß er die Bilanzierungsfehler, soweit sie durch die Aufnahme uneinbringlich gewordener Forderungen in die Jahresbilanzen 1970 und 1971 entstanden sind, durch Abschreibung dieser Forderungen in Höhe von rund 950.000 DM noch vor Konkurseröffnung korrigiert hat (UA S. 29 und 83). Wie der Bundesgerichtshof bereits zu § 240 Abs. I Nr. 3 KO aF entschieden hat, entfällt die Strafbarkeit einer ~ankrotthandlung nicht schon deshalb, weil die Buchführungsmängel zur Zeit der Zahlungseinstellung oder Konkurseröffnung nicht mehr bestehen (Urteil vom 18. März 1954 - 3 Sta 934/52). Vielmehr kann der erforderliche äußere Zusammenhang zwischen der Bankrotthandlung und der Zahlungseinstellung oder Konkurseröffnung trotz einer Berichtigung erhalten bleiben. So ist es jedenfalls dann, wenn der Täter die Mängel der Buchführung und Bilanzierung (wie hier) nicht vollständig beseitigt und die zum Konkurs führende Überschuldung von der Bankrotthandlung bis zur Konkurseröffnung andauert.

c) Im Fall 2 b scheidet eine Verurteilung nach § 283 Abs. 1 StGB, § 239 Abs. 1 KO aF allerdings aus, soweit der Angeklagte möglicherweise Kundenschecks zugunsten des Privatkontos seiner Ehefrau hat einziehen lassen, bevor er ,,Anfang des Jahres 1971" (UA S. 12 und 30) Kenntnis von der Überschuldung der Gesellschaften erhielt (vgl. UA S. 31 und 35). Denn bei § 283 Abs. 1 StGB muß sich der Vorsatz auch auf die Überschuldung erstrecken. Der Fehler läßt den Schuldspruch jedoch unberührt; er kann nur für den Strafausspruch Bedeutung haben.

d) Im übrigen hat das Landgericht ohne Rechtsfehler angenommen, daß der Angeklagte in der Absicht gehandelt hat, die Gläubiger zu benachteiligen (UA S. 79 f, 81 und 83). Diese Absicht, die § 239 Abs. 1 KO aF voraussetzt, muß auf Benachteiligung durch Entziehung oder Verkürzung der Konkursquote aller Gläubiger gerichtet sein (BGH BB 1957, 274 Nr. VI 1; BGH, Urteil vom 27. November 1956 - 5 StR 340/56 - (Herlan) GA 1958, 48; BGH NJW 1969, 1494). Die Absicht, die eigenen Vermögensverhältnisse zu verschleiern, insbesondere sie günstiger erscheinen zu lassen, genügt nicht, auch wenn die Bankrotthandlung in unordentlicher Buchführung besteht (BGH BB 1957, 274 Nr. VI 1). Das hat das Landgericht bei der rechtlichen Würdigung zwar nicht hervorgehoben. Daß es die - vom Angeklagten als notwendige Folge seines Tuns vorhergesehene - Schlechterstellung der Gläubiger richtig auf deren Konkursquote bezogen hat, ergibt sich aber eindeutig aus dem in diesem Zusammenhang gemachten Hinweis auf die hohe Verluste der KG (UA S. 80) und aus dem Umstand, daß sich das Vermögen der Gesellschaften infolge der Bankrotthandlungen bis zum Zusammenbruch tatsächlich erheblich verringert hat.

4. Der zugehörige Einzelstrafausspruch (10 Monate Freiheitsstrafe) muß aufgehoben werden, weil die Strafkammer von einem zu großen Schuldumfang ausgegangen ist (oben 3 c); er könnte im übrigen auch deshalb nicht bestehen bleiben, weil sich die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung (s. u. II) auf die Strafhöhe ausgewirkt haben kann.

II. Steuerhinterziehung

Der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung (§ 392 Abs. 1 AO 1969, § 392 Abs. 1 AO in der Fassung des Art. 161 Nr. 2 EGStGB) hat keinen Bestand.

1. Die KG unterhielt in Duisburg Mineralölsteuerlager, in denen im wesentlichen Vergaserkraftstoffe umgeschlagen wurden. Die Steuerlager ermöglichten es ihr, die für den Handel benötigten Kraftstoffe unversteuert einzukaufen und vorrätig zu halten. Die Steuerschulden, die erst mit der Entnahme der Kraftstoffe aus dem Lager unbedingt entstanden, wurden in zwei gleichen Raten am 30. des nächsten Monats und am 20. des übernächsten Monats fällig, die dem Entnahmemonat folgten. Die am 20. Oktober 1973 fällig gewordenen Steuerbeträge in Höhe von 3.269.810,50 DM bezahlte die KG nicht. Sie blieb auch die Mineralsteuern von 13.322.123,10 DM schuldig, die sich auf Entnahmen in den Monaten September und Oktober 1973 bezogen und bei der Konkurseröffnung fällig wurden. Auf die Gesamtforderung von 16.591.933,60 DM erhielt das zuständige Hauptzollamt im Konkursverfahren 1.991.032,78 DM.

2. Das Landgericht hat die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung auf die Erwägung gestützt, der Angeklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, den Steuerbehörden mitzuteilen, daß die KG seit Ende 1970 überschuldet gewesen sei und ihre Produkte im Jahre 1973 sowohl im Lager- als auch im Streckengeschäft zwar zu marktüblichen Preisen, doch laufend unter dem Einstandspreis verkauft habe (UA S. 84 ff). Dieser Schuldspruch begegnet durchgreifenden Bedenken.

a) Mit zweifelhafter Begründung hat das Landgericht schon angenommen, der Angeklagte habe durch das Unterlassen der genannten Mitteilung eine Steuerverkürzung in Höhe von 16,5 Millionen DM bewirkt. Wenn dem Hauptzollamt die schlechte wirtschaftliche Lage der KG früher bekannt geworden wäre, hätte es die Genehmigung der Steuerlager zwar bereits vor August 1973 - nämlich im Jahre 1971 - widerrufen; die offengebliebenen oder erst im Konkurs beglichenen Steuerschulden hätten dann nicht entstehen und insofern Steuern auch nicht hinterzogen werden können (UA S. 86). Der Tatbestand der Steuerverkürzung setzt aber einen fälligen Steueranspruch als Angriffsobjekt voraus. Der strafrechtliche Vorwurf kann deshalb nicht daran anknüpfen, daß der Täter ihn überhaupt hat entstehen lassen. Vielmehr kommt es darauf an, ob er ihn ganz oder teilweise vereitelt hat.

b) Rechtlich nicht haltbar ist die weitere Annahme der Strafkammer, die Unterlassung erfülle den Tatbestand des § 392 Abs. 1 AO aF, weil der Angeklagte in strafrechtlich relevanter Weise verpflichtet gewesen sei, jede Gefährdung des Steueranspruchs, die sich im Zusammenhang mit der Unterhaltung des Steuerlagers ergab, der Steuerbehörde mitzuteilen (UA S. 85 f und 87 f). Eine so weitreichende Verpflichtung bestand für ihn weder kraft Gesetzes noch auf Grund einer besonderen Garantenstellung, sei es im Hinblick auf die Stellung der KG als Inhaberin eines Steuerlagers oder aus vorangegangenem Tun.

aa) Eine entsprechende Mitteilungspflicht ergab sich für den Angeklagten nicht aus der Abgabenordnung in der zur Tatzeit (1971 bis 1973) geltenden Fassung.

Nach § 165 e Abs. I AO aF hatte es der Steuerpflichtige - auch ohne besondere Aufforderung - zwar unverzüglich anzuzeigen, wenn er nachträglich erkannte, daß eine Erklärung, die er gegenüber einer Finanzbehörde abgegeben hatte, unrichtig oder unvollständig war und die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit zu einer Verkürzung von Steuereinnahmen führen konnte. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Aus dem Urteil sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß der Angeklagte - etwa im Zusammenhang mit dem Antrag auf Bewilligung des Steuerlagers (§ 9 MinöStG, § 29 MinöStV) eine im dargelegten Sinne korrekturbedürftige Erklärung gegenüber dem Hauptzollamt abgegeben hat. Nach § 153 Abs. 2 AO 1977 besteht die Anzeigepflicht allerdings auch, wenn die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung, Steuerermäßigung oder sonstige Steuervergünstigung nachträglich ganz oder teilweise wegfallen. In welchem Umfang diese Vorschrift die Anzeigepflicht gegenüber § 165 e AO aF erweitert hat (vgl. Kühn/Kutter, AO 12. Aufl. § 153 Anm. 4 d) und ob sie auf den Inhaber eines Steuerlagers zutrifft, wenn er nach Bewilligung des Steuerlagers in Überschuldung gerät und die Überschuldung gegenwärtige oder künftige Mineralölsteueransprüche gefährdet, braucht der Senat hier jedoch nicht zu entscheiden. Denn die neue Bestimmung galt zur Tatzeit noch nicht, so daß sie schon deshalb auf den Angeklagten nicht angewendet werden kann.

Nach § 103 AO aF, den das Landgericht zur Begründung seiner Rechtsansicht mitheranzieht, hatten gesetzliche Vertreter juristischer Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblagen; insbesondere hatten sie dafür zu sorgen, daß die Steuern aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet wurden. Die Vorschrift ist zur selbständigen Begründung der hier untersuchten Mitteilungspflicht schon deshalb nicht geeignet, weil sie nur eine Verweisung auf Pflichten der GmbH enthält. Sie legte dem Angeklagten als Geschäftsführer keine weitergehenden Verpflichtungen auf, als die die GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin der steuerpflichtigen KG nach anderen Vorschriften gegenüber den Finanzbehörden hatte.

bb) Die Mitteilungspflicht, auf die das Landgericht die Verurteilung stützt, folgt auch nicht aus dem Mineralölsteuergesetz 1964 (BGBl I 1963 S. 1003) mit den Änderungen bis zum Ende des Tatzeitraums, desgleichen nicht aus der Verordnung zur Durchführung dieses Gesetzes in der von 1969 bis 1973 geltenden Fassung (Fundstellen bei Franzen/Gast/Samson, Steuerstrafrecht 2. Aufl. Einleitung Rdn. 192). Nach § 28 Abs. I MinöStDV wird ein Steuerlager allerdings nur bewilligt, wenn nicht schwerwiegende Bedenken gegen die steuerliche Zuverlässigkeit des Antragstellers bestehen. Auch hat das Hauptzollamt eine Bewilligung nach § 32 Abs. 2 Nr. I MinöStV unter anderem dann zu widerrufen, wenn deren Voraussetzungen nicht mehr vorliegen oder die Steuerbelange gefährdet sind. Anzeigepflichten des Unternehmers, die der mit der Gestattung von Steuerlagern verbundenen Gefährdung des Steueranspruchs entgegenwirken sollen, hat der Gesetzgeber aber dennoch nur in beschränktem Umfange eingeführt. So hat nach § 31 Abs. 10 MinöStV der Lagerinhaber oder der Konkursverwalter wohl die Eröffnung des Konkursverfahrens unverzüglich schriftlich anzuzeigen, nicht dagegen die Überschuldung, Zahlungseinstellung oder Stellung des Konkursantrags. Die Beschränkung der Anzeigepflicht, die sich aus dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ergibt, würde aufgehoben werden, wenn man die Gefährdung des Steueranspruchs durch andere Tatbestände als den der Konkurseröffnung (zum Beispiel durch Überschuldung, Zahlungseinstellung oder Stellung des Konkursantrags) zum Anlaß nähme, die Pflicht zur unaufgeforderten Anzeige im Wege der Analogie auf sie zu erstrecken.

cc) Schon die genaue Regelung der Materie in den genannten Rechtsvorschriften spricht dafür, daß für die Annahme einer über sie hinausgehenden Garantenstellung des Inhabers eines Steuerlagers, wie sie das Landgericht (mit dem Ziel des Ausschlusses jeder Gefährdung des Steueranspruchs) der Verurteilung zugrunde gelegt hat, kein Raum ist. Hinzu kommt, daß die Anerkennung einer so weitreichenden Garantenstellung die Strafbarkeitsgrenzen bei § 392 AO aF auf dem Weg über eine außergesetzliche Erweiterung des Pflichtenkreises des Steuerpflichtigen iß rechtsstaatlich bedenklicher Weise ausdehnen würde. Sie würde damit zugleich den Bestrebungen des Gesetzgebers zuwiderlaufen, der bei der Neufassung der Strafvorschrift über Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 AO 1977) möglichst eindeutig hat festlegen wollen, welche Handlung oder Unterlassung den Straftatbestand verwirklicht. Damit sollte dem Verfassungsgrundsatz, daß die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt sein muß (Art. 103 Abs. 2 GG),. besser als bisher Genüge getan werden (Begründung zu § 353 Reg-E AO 1974, BR-Drucks. 23/71 S. 193 f - BT-Drucks. VI/1982 S. 193 f; vgl. auch § 353 SPD/FDP-E AO 1974, BT-Drucks. 7179 sowie Bericht und Antrag des Finanzausschusses (7. Ausschuß) zum SPD/FDP-E AO 1974, BT-Drucks. 7/4292 S. 43).

Für die Anerkennung der vom Landgericht angenommenen Garantenstellung besteht auch keine unabweisbare praktische Notwendigkeit. Der Fiskus war auf eine solche Unterstützung, die der Steuerpflichtige - gleichsam als Hüter des Steueranspruchs (Franzen/Gast/Samson, aaO Rdn 130) - außerhalb gesetzlicher Vorschriften von sich aus hätte leisten müssen, zur Durchsetzung steuerlicher Belange hier nicht angewiesen. Denn wer Mineralöl vertreibt, unterliegt der Steueraufsicht (§ 12 Abs. 2 MinöStG). Im Verfahren über den Antrag auf Bewilligung eines Steuerlagers kann das Hauptzollamt über die in § 29 Abs. 1 Satz 2 MinöStV genannten Erklärungen hinaus weitere Angaben vom Antragsteller verlangen, wenn sie für die Steueraufsicht nötig erscheinen (§ 29 Abs. 1 Satz 5 MinöStV). Das Hauptzollamt kann außerdem anordnen, daß der Inhaber des Steuerlagers bestimmte, für die Steueraufsicht wichtige Betriebsvorgänge schriftlich anzumelden hat (§ 31 Abs. 7 MinöStV). Darüber hinaus hat er im Rahmen der Steueraufsicht - auf entsprechende Aufforderung - den Aufsichtsbeamten die Geschäftsbücher und Schriftstücke über den Absatz von steuerpflichtigen Erzeugnissen vorzulegen und jede Auskunft zu erteilen (§ 194 Abs. 1 und 2, § 195 Satz 2 AO aF). Damit war das Hauptzollamt unter der Herrschaft des zur Tatzeit geltenden Rechts in der Lage, sich jederzeit - auch unter Heranziehung des Angeklagten - Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse der KG zu verschaffen, wenn es dies zur Sicherung des Steueranspruchs für erforderlich erachtet hätte. Das ist jedoch - abgesehen von einer Überprüfung im Jahre 1969 - nach den Feststellungen des Urteils ersichtlich nicht geschehen.

3. Infolge des dargelegten Rechtsfehlers muß der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung aufgehoben werden.

Weitere Feststellungen, die zur Verurteilung wegen einer Unterlassungstat nach § 392 Abs. 1 AO führen können, sind nicht zu erwarten. Gleichwohl kann der Senat über diesen Anklagepunkt nicht abschließend durch Freispruch entscheiden.

a) Nach den Feststellungen (UA S. 43 f) ist es nicht ausgeschlossen, daß der Angeklagte das Hauptzollamt in der Zeit vom 26. bis 29. Oktober 1973 durch die Vorspiegelung, er werde die am 20. Oktober fällig gewordene Steuerrate in Höhe von 3.269.810,50 DM sofort durch Übersendung eines Schecks bezahlen, von Eilmaßnahmen gegen die KG abgehalten hat. Dadurch kann er in steuerunehrlicher Weise (vgl. BGHSt 23, 319, 323 f.; BGH NJW 1976,525) mitbewirkt haben, daß noch in den letzten Tagen vor dem endgültigen wirtschaftlichen Zusammenbruch der KG fällige Steuern ganz oder zum Teil verkürzt worden sind. Sollte sich der Ursachenzusammenhang zwischen Täuschung und Steuerverkürzung nicht nachweisen lassen, so wäre die Frage des Versuchs zu prüfen (§ 393 Abs. 1 AO aF, § 370 Abs. 2 AO 1977). Eine strafbare Steuerhinterziehung kann nicht nur bei der Festsetzung, sondern auch noch im Beitreibungsverfahren begangen werden (BGH NJW 1976, 525).

b) Eine vollendete Steuerhinterziehung kommt für diesen Zeitabschnitt auch in der Form in Betracht, daß der Angeklagte der KG durch die Täuschungshandlung einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil erschlichen hat, indem er das Hauptzollamt durch die Scheckzusage veranlaßte, vom sofortigen Widerruf der Bewilligung des Steuerlagers abzusehen (§ 392 Abs. 1 AO aF, § 370 Abs. 1 Nr. 1 - zweite Alternative - AO 1977). Die weitere Belassung eines solchen Lagers kann ein Steuervorteil sein (vgl. BVerfG NJW 1974, 1860, 1862; Kühn/Kutter, aaO § 370 Anm. 3 a), weil sie die unbedingte Entstehung des Steueranspruchs hinausschiebt.

III. Verspätete Konkursanmeldung

1. Die Überprüfung dieses Schuldspruchs auf die Sachrüge hin hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insbesondere ist die Strafverfolgung insoweit nicht verjährt.

a) Das Landgericht hat dem Schuldspruch zutreffend § 84 Abs. 1 GmbHG in der am 1. April 1970 in Kraft getretenen Fassung des Art. 51 Nr. 3 des 1. StrRG zugrunde gelegt. Denn diese Vorschrift droht Freiheitsstrafe nur bis zu drei Monaten und Geldstrafe oder eine dieser Strafen an; sie ist damit milder als § 84 Abs. 1 GmbHG in der Fassung des Art. 131 Nr. 3 EGStGB, wonach die vorsätzliche Unterlassung des Geschäftsführers, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der GmbH die Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens zu beantragen, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht ist.

b) Die Verjährungsfrist für das Vergehen nach § 84 Abs. 1 GmbHG aF beträgt drei Jahre (§ 67 Abs. 2 StGB aF, § 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB 1975, Art. 309 Abs. I EGStGB). Sie beginnt, sobald die Tat beendet ist (§ 78 a Satz I StGB 1975). Maßgebend für den Beginn der Verjährungsfrist ist nicht der Zeitpunkt der rechtlichen Vollendung des Vergehens, sondern der seiner tatsächlichen Beendigung (Dreher/Tröndle, StGB 38. Aufl. § 78 a Rdn 2; Stree in Schönke/Schröder, StGB 19. Aufl. § 78 a Rdn 1). Das ist hier der 29. Oktober 1973, d.h. der Tag, an dem der Angeklagte den Konkursantrag für beide Gesellschaften stellte. Tatbestandsmäßig vollendet war die Tat zwar schon, als er - ohne das Konkurs- oder Vergleichsverfahren zu beantragen - drei Wochen hatte verstreichen lassen, nachdem ihm "spätestens Anfang des Jahre 1971" die Überschuldung des Unternehmens bekannt geworden war (UA S. 12 und 30). Tatsächlich abgeschlossen war das Vergehen aber erst, als er den Konkurs im Oktober 1973 endlich anmeldete.

Da sich das strafbare Verhalten bei § 84 Abs. I GmbHG aF in einem Verstoß gegen die Gebotsnorm erschöpft, gehört der Tatbestand der Vorschrift zu den echten Unterlassungsdelikten (BGHSt 14, 280, 281). Bei ihnen beginnt die Verjährungsfrist, sobald die Pflicht zum Handeln entfällt (Dreher/Tröndle, aaO § 78 a Rdn 8). Das ist, wenn die Handlungspflicht innerhalb einer bestimmten Frist zu erfüllen ist, nicht schon stets bei deren Ablauf der Fall (Stree, aaO § 78 a Rdn 6). Hier blieb der Angeklagte als Geschäftsführer auch nach Ablauf der Dreiwochenfrist des § 64 Abs. 1 GmbHG noch verpflichtet, den Konkurs der GmbH anzumelden (BGHSt 14, 280, 281). Selbst eine Verurteilung wegen Unterlassung der Meldung läßt die Anmeldepflicht unberührt, wenn deren Voraussetzungen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung - fortbestehen; bei weiterer Unterlassung wäre dementsprechend sogar eine erneute Verurteilung möglich (RGSt 47, 154; BGH aaO). Dagegen entfällt die Pflicht, wenn die Überschuldung überwunden (BGHSt 15, 306, 310) oder das Konkursverfahren auf Antrag eines Gläubigers eröffnet wird (vgl. BGH, Beschluß vom 13. Februar 1979 - 5 StR 814/78). Das war hier nicht der Fall.

c) Der Lauf der Verjährungsfrist ist nach dem 29. Oktober 1973 mehrmals rechtzeitig gemäß § 68 StGB aF und § 78 c Abs. 1 StGB 1975 unterbrochen worden, so am 22. Juli 1974 durch den Erlaß von drei Beschlagnahmebeschlüssen des Amtsgerichts Düsseldorf (Bd. I Bl. 220 ff CIA), am 16. Oktober 1975 durch die erste Anordnung, den Angeklagten als Beschuldigten zur Vernehmung zu laden (Bd. II Bl. 320 CIA) und am 22. März 1977 durch den Eingang der Anklageschrift beim Landgericht Düsseldorf (Bd. III Bl. 484 CIA). Der Umstand, daß die Beschlagnahmebeschlüsse und die Anordnung der Ladung nur den Verdacht der Steuerhinterziehung und des Konkursvergehens (§ 392 AO aF, § 239 KO aF) erwähnen, steht ihrer verjährungsunterbrechenden Wirkung auch hinsichtlich des Vergehens nach § 84 Abs. 1 GmbHG aF nicht entgegen. Denn die Unterbrechungshandlung erfaßt die ganze Tat im prozessualen Sinne, auch wenn sie unter verschiedenen sachlichrechtlichen Gesichtspunkten abgeurteilt wird (Dreher/Tröndle, aaO § 78 c Rdn 6). Die Bankrottvergehen und die unterlassene Konkursanmeldung gehören zum selben Tatgeschehen in diesem Sinne, weil die Vorgänge, die die Überschuldung beider Gesellschaften begründet haben, für beide Delikte von Bedeutung sind. Seit der Verkündung des angefochtenen Urteils am 14. August 1978 ruht die Verjährung (§ 78 b Abs. 3 StGB 1975).

2. Der Einzelstrafausspruch (drei Monate Freiheitsstrafe) hat dagegen keinen Bestand. Denn er. kann zum Nachteil des Angeklagten von dem Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung mitbeeinflußt sein, den der Senat aufgehoben hat.

B) Die Revision der Angeklagten C. A.

1. Die Verfahrensrüge ist unzulässig. Insoweit gilt entsprechend, was oben (unter A im ersten Absatz) dargelegt ist.

2. Dagegen greift die Sachrüge durch.

a) Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum Bankrott verurteilt, weil sie als Buchhalterin der GmbH & Co. KG im Fall A I 2 a in Kenntnis der Überschuldung die Rohbilanzen erstellt und dadurch die falsche Bilanzierung für die Jahre 1970 und 1971 wesentlich gefördert (UA S. 90), im Fall A I 2 b der Auszahlung der 354.528,95 DM an Dr. ~ zugestimmt (UA S. 91) und es im Fall A I 2 c unterlassen hat, die auf ihr Konto eingezahlten Beträge rechtzeitig richtig zu verbuchen (UA S. 92). Das Landgericht hat angenommen, die drei Beihilfefälle seien eine Tat im Rechtssinne (UA S. 93).

b) Der Schuldspruch hat keinen Bestand. Das Landgericht hat nicht festgestellt, daß die Angeklagte die Absicht ihres Ehemannes erkannt hat, die Gläubiger der KG zu benachteiligen. Wegen Beihilfe bestraft werden kann aber nur, wer die wesentlichen Merkmale der Haupttat kennt, und zwar auch zur inneren Tatseite. Dazu gehört bei § 239 aF die Benachteiligungsabsicht des Täters. Der Fehler betrifft nicht die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen. Sie werden deshalb nicht mit aufgehoben.

c) Der Strafausspruch ist, für sich genommen, gleichfalls rechtsfehlerhaft. Die Strafkammer hat die Strafe, die sie gegen die Angeklagte ausgesprochen hat, zwar nach den Vorschriften des § 27 Abs. 2 Satz 2 und des § 49 Abs. I StGB 1975 gemildert (UA S. 97 f). Sie hat jedoch nicht geprüft, ob eine zweite Milderung nach § 28 Abs. I StGB 1975 erforderlich ist. Der Umstand, daß Mittäterschaft der Angeklagten bei den Konkursvergehen schon deswegen ausscheidet, weil sie keine geschäftsführergleiche Stellung in dem Unternehmen hatte (UA S. 89), schließt eine doppelte Strafrahmenmilderung nicht aus. Vielmehr kommt es darauf an, ob sich die Gehilfenschaft - unabhängig von dem Fehlen eines besonderen Persönlichkeitsmerkmals - auch aus anderen Tatsachen, etwa aus einem nur mit Gehilfenwillen geleisteten geringen Tatbeitrag, ergibt (BGHSt 26, 53, 55; vgl. BGH, Beschluß vom 19. September 1978 - 5 StR 499/78 bei Holtz MDR 1979, 105; Dreher/Tröndle, aaO § SO Rdn 3; Cramer in Schönke/Schröder, aaO § 28 Rdn 15; Lackner, StGB 12. Aufl. § SO Anm. 3). Das angefochtene Urteil setzt sich hiermit nicht auseinander. Nach den Ausführungen zur rechtlichen Würdigung ist es nicht ausgeschlossen, daß das Landgericht dem Tatbeitrag der Angeklagten - auch abgesehen von ihrer untergeordneten Stellung im Betrieb (UA S. 9 f) - nur Beihilfequalität zugemessen hat (UA S. 90 ff). Auf dem Rechtsfehler kann das Urteil trotz der verhältnismäßig geringen Strafe beruhen, zumal die Strafhöhe (sechs Monate) die Obergrenze der kurzen Freiheitsstrafe (§ 47 StGB) nur eben überschreitet.

C) Die Revision der Staatsanwaltschaft

Die Revision führt zur Aufhebung des Strafausspruchs nur zu Gunsten der Angeklagten C. A. (s.o. B 2 c); das weitergehende Rechtsmittel ist unbegründet.

Die Ausführungen, mit denen die Staatsanwaltschaft beanstandet, die im Urteil genannten Strafmilderungsgründe träfen zum Teil nicht zu und Strafschärfungsgründe seien nur unvollständig berücksichtigt, erschöpfen sich weitgehend in unzulässigen Angriffen gegen einzelne tatsächliche Feststellungen und die dem Tatrichter vorbehaltene Strafzumessung. Sie verkennen auch, daß sich der Tatrichter in den Strafzumessungserwägungen auf die Mitteilung der wesentlichen Gründe beschränken darf und Vollständigkeit des Urteils durch Aufzählung aller Erwägungen nicht verlangt wird. Näher zu erörtern ist deshalb lediglich folgendes :

1. Die knappe Begründung, mit der die Strafkammer bei dem Angeklagten H. A. die Annahme eines besonders schweren Falles des Bankrotts und damit die Anwendung des verschärften Strafrahmens des § 283 a StGB nF abgelehnt hat (UA S. 84), befaßt sich ausschließlich mit dem Regelbeispiel der Nummer 1 dieser Vorschrift. Deren Anwendung außerhalb der Regelbeispiele, die etwa bei Großkonkursen mit erheblichen Schäden für andere in Betracht kommt (Dreher/Tröndle, aaO § 283 a Rdn 6), hat das Landgericht nicht erörtert. Im Zusammenhang mit der Angeklagten C. A. hat es den § 283 a StGB überhaupt nicht erwähnt. Auf diesen Mängeln beruht das Urteil jedoch nicht. Denn das Landgericht hat in freier Würdigung des Sachverhalts bei der Feststellung der Einzel- und Gesamtstrafen so viele Strafmilderungsgründe aufgezeigt, daß sie die Schärfungsgründe trotz einiger belastender Tatumstände deutlich überwiegen und die Annahme eines besonders schweren Falles inner- und außerhalb der Regelbeispiele bei beiden Angeklagten ausgeschlossen erscheint.

2. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß es die Strafkammer in diesem Fall abgelehnt hat, den Gesichtspunkt der Generalprävention strafschärfend zu berücksichtigen (UA S. 96 f). Sie hat damit nicht verkannt, daß dieser Gesichtspunkt für die Strafzumessung bedeutsam sein kann und auch .im Bereich der Wirtschaftskriminalität seine Berechtigung hat (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 1978 - 3 StR 199/78). Das besagt aber nicht, daß sich generalpräventive Erwägungen stets strafschärfend auswirken müssen. Die Strafe hat sich vielmehr in erster Linie nach der Schuld des Täters zu richten (§ 46 Abs. 1 Satz 1 StGB). Das Landgericht war hier deshalb nicht gehindert, im Hinblick auf die Schuldangemessenheit der Strafe davon abzusehen, sie auch aus generalpräventiven Überlegungen zu schärfen.

3. Zu Unrecht rügt die Staatsanwaltschaft auch die Erwägung der Strafkammer, die Angeklagten hätten sich durch die ihnen angelasteten Taten nicht persönlich bereichern wollen oder bereichert (UA S. 93 und 98). Das Landgericht hat mit diesen Wendungen ersichtlich nur zum Ausdruck gebracht, daß die Angeklagten die auf das Privatkonto der Ehefrau eingezahlten Beträge zum größten Teil in Form von Schmiergeldern wieder in das Unternehmen gesteckt, sie also nicht zur Befriedigung eigener (persönlicher) Bedürfnisse verbrauchen wollten und verbraucht haben. Von der großen Summe, die sie als angebliches Auseinandersetzungsguthaben an Dr. G. ausgekehrt haben, ist ihnen nichts zugeflossen; jedenfalls hat die Strafkammer derartiges nicht festgestellt. Nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe hat das Landgericht schließlich auch nicht verkannt, daß die Angeklagten wirtschaftlich daran interessiert waren, die Gesellschaften fortzuführen. Das liegt so sehr auf der Hand, daß die Strafkammer dies zur Klarstellung nicht hervorzuheben brauchte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2992695

BGHSt 28, 371 (nur zu A I 3 a, II 1-2 und III I b)

NJW 1980, 406

JZ 1979, 613

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