Leitsatz (amtlich)

a) Die Verpflichtung zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung bei einer Forderungspfändung hängt allein von der Zustellung des Pfändungsbeschlusses ab.

b) Der Gläubiger einer aufgrund eines Arrests gepfändeten Forderung kann die Abgabe einer Drittschuldnererklärung nicht durch eine Auskunftsklage erzwingen.

c) Die Kosten eines Hauptsacheverfahrens des Gläubigers gegen den Schuldner nach vorangegangenem Arrest muß der Drittschuldner, der auf eine Arrestpfändung eine Drittschuldnererklärung nicht abgegeben hat, nicht ersetzen.

 

Normenkette

ZPO §§ 840, 916, 930

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 19. Juni 1975 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin erwirkte am 15. November 1973 wegen eines Anspruchs in Höhe von 51.793,58 DM zuzüglich 2.000 DM Kosten einen Arrestbefehl gegen ihre Schuldnerin, die Firma E… T…, V…, in Liquidation, zu dessen Vollzug die angeblichen Forderungen der Schuldnerin aus Bankverbindung gegen die Beklagte gepfändet wurden. Die bei der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an die Beklagte am 23. November 1973 verlangte Drittschuldnererklärung gab die Beklagte nicht ab.

Die Klägerin klagte darauf auf Auskunft, welches Guthaben ihre Schuldnerin am 23. November 1973 hatte, hilfsweise begehrte sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten, weil sie im Vertrauen auf, ein entsprechendes Guthaben einen zwischenzeitlich rechtskräftig gewordenen Zahlungs- und Vollstreckungsbefehl über 49.143,46 DM samt Zinsen und Kosten gegen ihre im übrigen vermögenslose Schuldnerin erwirkt und hierfür Kosten aufgewendet habe. Mit Beschluß vom 17. Juni 1974 wurde aufgrund des in der Hauptsache erwirkten Titels der Klägerin die gepfändete angebliche Forderung ihrer Schuldnerin gegen die Beklagte zur Einziehung überwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat im Berufungsverfahren nach Zustellung des zugunsten der Klägerin ergangenen Überweisungsbeschlusses die verlangte Auskunft erteilt und angegeben, daß das Konto der Schuldnerin zur Zeit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses einen Guthabenstand von 14.421,05 hatte. Daraufhin hat die Klägerin gegen den Widerspruch der Beklagten die Hauptsache des Rechtsstreits einseitig für erledigt erklärt und nunmehr 633,45 DM von ihr vergeblich aufgewandter Verfahrenskosten samt Zinsen als Schadensersatz begehrt mit der Begründung, sie hätte im Mahnverfahren bei rechtzeitiger Abgabe der Drittschuldnererklärung nur in Höhe des Guthabens der Schuldnerin ihre Ansprüche weiterverfolgt.

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Mit ihrer zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge aus dem Berufungsrechtszug weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.

I.1. Das Berufungsgericht unterstellt die rechtzeitige Vollziehung des Arrests. Es verneint eine Auskunftspflicht der Beklagten aber deswegen, weil die Pfändung der Klägerin nur aufgrund eines Arrestbefehls, eines Titels mit provisorischem Charakter, erfolgt sei und weil wegen des vorrangig zu schützenden Bankgeheimnisses eine Auskunftspflicht nach § 840 Abs. 1 ZPO für Banken und Sparkassen nur dann anzuerkennen sei, wenn der pfändende Gläubiger einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß erwirkt habe.

2. Gegen diese Rechtsmeinung wendet sich die Revision mit dem Hinweis, daß ein Arrestbefehl nicht etwa deshalb ein Titel minderen Rechtes sei, weil er wieder aufgehoben werden könne, und daß eine aufgrund eines Arrestbefehls angeordnete Pfändung einer Forderung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit der vom Gläubiger erwirkten Pfändungsankündigung bei der Vorpfändung nach § 845 ZPO gleichgesetzt werden könne.

II. Das trifft zwar zu, kann der Revision jedoch nicht zum Erfolg verhelfen.

1. Nach § 840 Abs. 1 ZPO hat auf Verlangen des Gläubigers im Falle der Pfändung einer Forderung der Drittschuldner eine Erklärung in dem in dieser Norm genannten Umfang binnen zwei Wochen von der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an gerechnet abzugeben. Das Gesetz bringt dem nach klar zum Ausdruck, daß die Verpflichtung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung allein von der Zustellung des Pfändungsbeschlusses (§ 829 ZPO) abhängt und daher eine Überweisung der gepfändeten Geldforderung an den Gläubiger für sie als Voraussetzung nicht erforderlich ist (Stein/Jonas, ZPO 19. Aufl. § 840 Anm. I; Baumbach/Lauterbach, ZPO 34. Aufl. § 840 Anm. 1 A).

Die Vorpfändung nach § 845 ZPO dagegen ist, eine vom Gläubiger zu veranlassende Maßnahme. Bei ihr wird kein vom Vollstreckungsgericht erlassener Pfändungsbeschluß dem Drittschuldner zugestellt. Die Aufforderung zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung gemäß § 840 ZPO wird deshalb allgemein bei der Vorpfändung für unzulässig gehalten (BGH Urteil vom 6. Februar 1962 – VI ZR 223/61 = WM 1962, 525, 526; Stein/Jonas a.a.O. § 845 Anm. I; Baumbach/Lauterbach a.a.O. § 845 Anm. 3 D und § 840 Anm. 1; Thomas/Putzo, ZPO 8. Aufl. § 840 Anm. 1 a aa; Prost NJW 1958, 458, 460).

2.a) Ob § 840 ZPO dem Pfändungsgläubiger gegen den Drittschuldner, der die von ihm verlangte Erklärung nicht abgibt, einen einklagbaren Anspruch auf Auskunft gewährt, ist in Rechtsprechung und Lehre umstritten (verneinend: OLG München NJW 1975, 174; OLG Celle NdsRpfl 1958, 155, 156; LAG Frankfurt BB 1956, 530; KG OLGE 14, 179, 180; LG Mainz NJW, 1973, 1134; LG Braunschweig MDR 1955, 490; Stein/Jonas a.a.O. § 840 Anm. IV 1; Baumbach/Lauterbach a.a.O. § 840 Anm. 1 und 3; Liesecke WM 1975, 314, 319; Sichtermann MDR 1952, 143, 146; Schmidt JR 1951, 558; Stöber Forderungspfändung 4. Aufl. S. 224; Mohrbutter, Handbuch des gesamten Vollstreckungs- und Insolvenzrechts 2. Aufl. S. 255; wohl auch BAG NJW 1973, 1061, 1062;; bejahend: LAG Stuttgart BB 1968, 1383; OLG Hamburg SeuffArch Bd. 74, 133; LG München I NJW 1965, 1185, 1186; Zöllner ZPO 11. Aufl. § 840 Anm. 2; Thomas/Putzo a.a.O. § 840 Anm. 1 d; Wieczorek ZPO 1. Aufl. § 840 A; Rosenberg, ZPO Lehrbuch 9. Aufl. § 193 II 5 b; Linke, ZZP Bd. 87, 284, 293; Heers Betrieb 1971, 1525; Schneider Büro 1967, 266; Meyer JW 1937, 209). Der Senat hat sich mit dieser Frage in seinem Urteil vom 13. Oktober 1976 – VIII ZR 28/75 = WM 1976,1229, 1230 nur beiläufig befaßt. Der vorliegende Fall gibt keinen Anlaß zur abschließenden Entscheidung dieser Streitfrage; denn auch wenn man einen klagbaren Auskunftsanspruch des Gläubigers bejahen wollte, würde für seine Geltendmachung in denjenigen Fällen, in denen wie hier die Forderungspfändung in Vollzug eines Arrests vorgenommen worden ist, ein Rechtschutzbedürfnis des Gläubigers an einer Auskunftsklage zu verneinen sein.

b) Der Arrest findet zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen eines Schuldners wegen einer Geldforderung oder wegen eines Anspruchs statt, der in eine Geldforderung übergehen kann (§ 916 ZPO). Das Arrestverfahren dient also der Sicherung und nicht der Befriedigung des Gläubigers. Demzufolge wird die Vollziehung des Arrests in Forderungen durch Pfändung derselben bewirkt (§ 930 ZPO). Eine Überweisung der gepfändeten Forderungen an den Gläubiger findet nicht statt. Mangels Überweisung (§ 835 ZPO) ist auch eine Leistungsklage, des Arrestgläubigers gegen den Drittschuldner nicht möglich. Die Arrestpfändung einer Forderung wahrt nur den Rang für eine vom Gläubiger später aufgrund der Durchführung des Hauptsacheverfahrens erwirkte Überweisung der Forderung (BGHZ 66, 394, 397). Der Gläubiger kann wegen des zu seinen Gunsten ergangenen Arrests auch verschiedene Pfändungsmaßnahmen zur Sicherung seines Anspruchs gegen, den Schuldner ausbringen lassen. Hat er aber aufgrund der Arrestpfändung einer Forderung keine Möglichkeit zu deren Verwertung, dann kann ihm auch ein klagbarer Anspruch auf Auskunft gegen den Drittschuldner, der die von ihm nach § 840 ZPO geforderte Erklärung nicht abgibt, nicht eingeräumt werden; denn ein Rechtsschutzinteresse an einem solchen Auskunftsanspruch könnte dem Gläubiger nur dann zugebilligt werden, wenn dieser ihm bei der Verwirklichung seines Titels weiterhelfen und es ihm ermöglichen würde, sich aus der gepfändeten Forderung seines Schuldners zu befriedigen (Linke a.a.O. S. 295). Das ist aber bei einer Arrestpfändung ausgeschlossen.

3. Damit war die von der Klägerin erhobene Auskunftsklage von Anfang an unbegründet, so daß das Berufungsgericht zu Recht nach dem Widerspruch der Beklagten gegen die einseitige Erledigungserklärung der Klägerin die Berufung zurückgewiesen hat. Auf die vom Berufungsgericht erörterte Frage, ob die Beklagte mit Rücksicht auf das im Gesetz nirgends geregelte Bankgeheimnis (vgl. Ungnade WM 1976, 1210) die von ihr verlangte Auskunft verweigern durfte (so auch Liesecke a.a.O.), kommt es nicht an.

III. Für den im ersten Rechtszug hilfsweise gestellten Antrag, festzustellen, daß die Beklagte wegen der Nichtabgabe der Drittschuldnererklärung schadensersatzpflichtig ist, bestand zwar eine Anspruchsgrundlage in § 840 Abs. 2 ZPO, weil die Beklagte ihrer Verpflichtung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung nicht nachgekommen ist.

Gleichwohl hätte die Klage auch mit dem Feststellungsantrag keinen Erfolg haben können; denn nach § 840 Abs. 2 ZPO haftet die Beklagte zwar der Klägerin für den Schaden, der ihr durch die Nichtabgabe der Drittschuldnererklärung entsteht. Hierzu gehören aber nicht die Kosten der Rechtsverfolgung gegen den Schuldner selbst, durch die nach vorausgegangener Sicherung mittels einer Arrestpfändung erst die vollständige Durchsetzung des Anspruchs des Gläubigers herbeigeführt wird. Dies ergibt sich daraus, daß der Arrestschuldner nach § 926 ZPO den Arrestgläubiger jederzeit zur Geltendmachung der gesamten durch den Arrest gesicherten Forderung zwingen kann. Unterläßt es der Arrestgläubiger hierauf, seine Ansprüche (vollständig) im Hauptsachenverfahren geltend zu machen, dann führt das zur (teilweisen) Aufhebung des Arrests nach § 926 Abs. 2 ZPO mit der entsprechenden Kostenfolge für den Arrestgläubiger. Der Zweck des Arrestverfahrens ist die Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen (§ 916 ZPO) und nicht eine Aufklärung der Vermögensverhältnisse des Schuldners. Erwirkt der Gläubiger einen Arrest, obwohl er nicht beabsichtigt, seine Arrestforderung insgesamt im Hauptsacheverfahren geltend zu machen, dann kann der Schuldner Aufhebung des Arrests für den nicht in der Hauptsache eingeklagten Teil der Forderung verlangen. Dieser Umstand rechtfertigt es, die Kosten des Hauptsacheverfahrens, das einem Arrestverfahren nachfolgt, nicht als einen Teil des Schadens anzusehen, den ein Drittschuldner deswegen ersetzen muß (§ 840 Abs. 2 ZPO), weil er es unterlassen hat, die von ihm verlangte Drittschuldnererklärung abzugeben. Die Prozeßkosten des Hauptsacheverfahrens sind nämlich dadurch bedingt, daß der Gläubiger zunächst nur eine Sicherung seiner Ansprüche durch eine Arrestpfändung erwirkt hat, die der Bestätigung im Hauptsacheverfahren bedarf, wenn sie zur Befriedigung des Gläubigers führen soll. Diese Kosten sind kein aus der Nichtabgabe der Drittschuldnererklärung entstehender Schaden im Sinne des Gesetzes. Damit hat das Berufungsgericht im Ergebnis auch dem im Berufungsverfahren erhobenen, bezifferten Klageantrag zu Recht nicht stattgegeben und die Berufung der Klägerin insgesamt zurückgewiesen.

IV. Da ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist, hat die Klägerin auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 609692

BGHZ, 289

NJW 1977, 1199

JZ 1977, 802

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