Leitsatz (amtlich)

›a) Die Verjährungsfrist des § 852 BGB beginnt bei Behörden und öffentlichen Körperschaften nur dann zu laufen, wenn der zuständige Bedienstete der verfügungsberechtigten Behörde Kenntnis von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen erlangt.

Verfügungsberechtigt in diesem Sinne sind solche Behörden, denen die Entscheidungskompetenz für die zivilrechtliche Verfolgung von Schadensersatzansprüchen zukommt. Dabei ist die behördliche Zuständigkeitsverteilung zu respektieren.

Eine Wissensvertretung durch Behörden, die sich im Zuge strafrechtlicher Verfolgung als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft mit der Ermittlung von Sachverhalten befassen, die auch für zivilrechtliche Ansprüche bedeutsam sind, findet nicht statt.

b) Bei einem Mahnbescheidsantrag, dessen Zustellung die Verjährung unterbrechen soll, genügt neben der Bezeichnung der Bundesrepublik als Antragstellerin die Angabe der sie vertretenden Behörde. Der Benennung einer natürlichen Person, durch die die Behörde vertreten wird, bedarf es nicht.‹

 

Verfahrensgang

LG Hamburg

OLG Hamburg

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Ersatz eines Teils des Schadens, der ihr durch ungerechtfertigte Vergünstigun gen für die Ausfuhr von lebenden Rindern, die sie aufgrund gefälschter ausländischer Verzollungsbescheinigungen der I.-GmbH gewährt hat, entstanden ist. Der Beklagte war leitender Angestellter der inzwischen in Konkurs gefallenen I.-GmbH.

Das die Ermittlungen führende Zollfahndungsamt München unterrichtete mit Schreiben vom 22. Januar 1988 das Hauptzollamt Hamburg/Jonas über den damaligen Stand der Ermittlungen "gegen Verantwortliche der Firma I.-GmbH". Dabei wurde auch eine Niederschrift über die Vernehmung der I.-Angestellten P. mitübersandt. Diese hatte ausgesagt, daß der Beklagte sie unter Zurverfügungstellung von gefälschten Stempeln ausländischer Behörden veranlaßt habe, die für die Betrugshandlungen verwendeten falschen Verzollungsdokumente herzustellen. Diese Stempel waren am 19. Januar 1988 bei der Durchsuchung der Wohnung des Beklagten in dessen Schlafzimmerschrank gefunden worden. Auf der Grundlage dieser Unterrichtung erließ das Hauptzollamt Hamburg-Jonas gegen die I.-GmbH am 2. Februar 1988 einen ersten Rückforderungsbescheid über 1.190.305,64 DM.

Die Klägerin hat mit ihrem am Montag, dem 6. Juli 1992 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheides gegen den Beklagten einen Betrag von 750.000 DM geltend gemacht. Mit der Anspruchsbegründung hat sie das Verfahren zunächst auf einen Teilbetrag von 60.001 DM beschränkt.

Die Klägerin macht gegenüber dem Verjährungseinwand des Beklagten geltend, erst seit Eingang des Schlußberichtes des Zollfahndungsamtes München am 5. Juli 1989 habe sie über die für eine Klage gegen den Beklagten erforderlichen Kenntnisse verfügt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hält den geltend gemachten Anspruch für verjährt. Die Klägerin habe die für den Beginn der Verjährung maßgebliche Kenntnis von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen nicht erst mit der entsprechenden Kenntnis der Bediensteten des Hauptzollamtes Hamburg-Jonas gehabt. Wissensvertreter der Klägerin seien vielmehr auch die Bediensteten des Zollfahndungsamtes München gewesen, die den vorliegenden Schadensfall aufgedeckt hätten. Die wesentliche Aufgabe dieser Dienststelle bestehe gerade darin, dem Hauptzollamt Hamburg-Jonas das erforderliche Wissen über ungerechtfertigt erlangte Ausfuhrvergünstigungen zu verschaffen.

Im übrigen habe auch der Kenntnisstand genügt, den die Bediensteten des Hauptzollamtes Hamburg-Jonas selbst bereits Ende Januar/Anfang Februar 1988 aufgrund der Unterrichtung durch das Zollfahndungsamt München gehabt hätten, um schon damals gegen den Beklagten Klage auf Feststellung seiner Schadensersatzpflicht zu erheben. Dem Hauptzollamt Hamburg-Jonas sei bekannt gewesen, daß die Klägerin von I.-Angehörigen durch gefälschte Zollbescheinigungen geschädigt worden sei. Deshalb habe sie am 2. Februar 1988 gegen die Gesellschaft auch einen Rückforderungsbescheid über 1,19 Mio. DM erlassen können. Zum anderen habe sich aus der übermittelten Niederschrift der Aussage der I.-Angestellten P. ergeben, daß der Beklagte sie veranlaßt habe, mit von ihm zur Verfügung gestellten gefälschten Stempeln ausländischer Behörden falsche Verzollungsbescheinigungen herzustellen. Damit habe ohne vernünftige Zweifel festgestanden, daß der Beklagte die Klägerin betrogen habe, allein die genaue Schadenshöhe sei noch fraglich gewesen.

II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

Der Klaganspruch war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bei Einreichung des Mahnbescheidantrages am 6. Juli 1992 noch nicht verjährt. Das Hauptzollamt Hamburg-Jonas als maßgeblicher Wissensvertreter der Klägerin hatte vor Eingang des Schlußberichts am 5. Juli 1989 nicht die nach § 852 BGB erforderliche Kenntnis von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen. Die Klägerin braucht sich das Wissen des Zollfahndungsamtes München aus der davorliegenden Zeit, wie die Revision mit Recht geltend macht, nicht anrechnen zu lassen

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kommt es bei öffentlichen Behörden und Körperschaften für die in § 852 BGB vorausgesetzte Kenntnis darauf an, wann der zuständige Bedienstete die den Lauf der Verjährung auslösende Kenntnis erlangt hat. Zuständiger Bediensteter im Sinne dieser Rechtsprechung ist der mit der Vorbereitung und Verfolgung von Schadensersatzansprüchen betraute Bedienstete der verfügungsberechtigten Behörde (Senatsurteile vom 19. März 1985 - VI ZR 190/83 - VersR 1985, 735 m.w.N., vom 24. September 1985 - VI ZR 101/84 - VersR 1986, 163 zu II 1 b, vom 22. April 1986 - VI ZR 133/85 - VersR 1986, 917, 918, vom 11. Februar 1992 - VI ZR 133/91 - VersR 1992, 627, 628).

a) Verfügungsberechtigte Behörde für den hier geltend gemachten Anspruch war allein das Hauptzollamt Hamburg-Jonas, denn dieses war für das gesamte Bundesgebiet für die Gewährung von Ausfuhrvergünstigungen sowie die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge einschließlich gleichgerichteter Schadensersatzansprüche ausschließlich zuständig. Das ergibt sich für den hier maßgeblichen Zeitraum aus §§ 14 und 16 der AusfuhrerstattungsVO vom 17. Februar 1988 (BGBl I S. 155), §§ 6 und 8 der AusfuhrwährungsausgleichsV vom 9. Dezember 1980 (BGBl I S. 2242) i.V.m. § 12 Abs. 2 des FinanzanpassungsG vom 30. August 1971 (BGBl I S. 1426), vgl. ebenso § 9 Abs. 3 Nr. 5 der später erlassenen HauptzollamtszuständigkeitsVO vom 7. August 1991 (BGBl I S. 1776).

b) Demgegenüber sind die Zollfahndungsämter neben ihren Aufgaben nach § 208 Abs. 1 AO, die sich auf die Erforschung von Steuerstraftaten und -ordnungswidrigkeiten, die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in derartigen Fällen sowie die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle erstrecken, im hier relevanten Bereich marktordnungsrechtlicher Ausfuhrvergünstigungen lediglich zur Erforschung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten gemäß § 37 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisation i.d.F. vom 27. August 1986 (BGBl I S. 1397, in soweit identisch mit der derzeitigen Fassung vom 20. September 1995, BGBl I S. 1146) berufen. Kompetenzen für die Bewilligung von Ausfuhrvergünstigungen sowie deren Rückforderung, insbesondere für die Geltendmachung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche wegen Subventionsbetruges (§ 823 Abs. 2 BGB, § 264 StGB) stehen den Zollfahndungsämtern dagegen nicht zu.

c) Demgemäß waren auch im Streitfall die Beamten des Zollfahndungsamtes München nur für die strafrechtliche Erforschung und Verfolgung bei zu Unrecht gewährten Ausfuhrvergünstigungen als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft zuständig und auch nur in diesem Rahmen tätig. Die Prüfung und Durchsetzung von Rückgewähr- und zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen oblag allein dem Hauptzollamt Hamburg-Jonas. Das wird auch daran deutlich, daß der hier maßgebliche Schlußbericht des Zollfahndungsamtes München vom 23. Juni 1989 im Ermittlungsverfahren gegen die I.-GmbH an die Staatsanwaltschaft in M. gerichtet war und der Klägerin dieser Bericht unter dem 30. Juni 1989 lediglich zur Kenntnis zugeleitet wurde.

Wissensvertreter der Klägerin im Sinne des § 166 BGB für den hier in Rede stehenden zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch waren daher allein die Bediensteten des Hauptzollamtes Hamburg-Jonas, für die die Verjährungsfrist auslösende Kenntnis kommt es daher lediglich auf deren Wissen an. Unzutreffend ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Bediensteten des Zollfahnungsamtes München müßten deswegen als Wissensvertreter der Klägerin angesehen werden, weil sie den Schadensfall aufgedeckt hätten und die wesentliche Aufgabe dieser Dienststelle gerade darin bestehe, der Klägerin das erforderliche Wissen über Abgabenverkürzungen zu verschaffen. Entscheidend ist nicht, ob eine Bundesbehörde wie das Zollfahndungsamt der klagenden Bundesrepublik Deutschland ein bestimmtes Wissen zu verschaffen hat, sondern ob sich die Klägerin als juristische Person des öffentlichen Rechts das Wissen bestimmter natürlicher Personen zurechnen lassen muß. Dazu hat der Bundesgerichtshof in Anlehnung an den Rechtsgedanken in § 166 Abs. 1 BGB die Auffassung entwickelt, daß derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, sich das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen müsse (BGHZ 83, 293, 296; 117, 104, 106 f., Senatsurteile vom 19. März 1985 und vom 22. April 1986 - jeweils aaO., vom 18. Januar 1994 - VI ZR 190/93 - VersR 1994, 491 m.w.N.). Eine weitergehende Anrechnung, die im Bereich rechtsgeschäftlichen Handelns geboten sein mag (BGHZ 132, 30), kommt im deliktischen Rahmen des § 852 BGB nicht in Betracht (Senatsurteil vom 25. Juni 1996 - VI ZR 117/95 - BGHZ 133, 129 = VersR 1996, 1126, 1129). Da die Klägerin mit der Wahrnehmung und Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen unrechtmäßig erlangter Subventionen im Bereich der Gemeinsamen Marktordnung durch Gesetz ausschließlich das Hauptzollamt Hamburg-Jonas, nicht aber die Zollfahndungsämter betraut hat, kommt eine Wissensvertretung im Rahmen dieser Zuständigkeitsregelung nur durch die Bediensteten dieser Behörde in Betracht.

d) Zu Unrecht beruft sich das Berufungsgericht für seine gegenteilige Auffassung auf das Senatsurteil vom 18. Januar 1994 (aaO.). In jener Entscheidung hat sich der Senat allerdings auf den Standpunkt gestellt, daß sich die klagende Innungskrankenkasse bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen nicht nur die Kenntnis der dafür zuständigen Rückstandsabteilung zurechnen lassen müsse, sondern auch das Wissen der Mitglieder ihrer Abteilung Betriebsprüfung, da auch diese innerhalb der Behörde damit betraut gewesen seien, Beitragsverkürzungen zu ermitteln und darüber Bericht zu erstatten, sie hätten, indem sie die tatsächlichen Voraussetzungen zu klären hätten, damit eine Entschließung über die Einschaltung der Rückstandsabteilung ebenso wie der Strafverfolgungsbehörden treffen und sich dabei auch eine Meinung über die persönliche Verantwortlichkeit des Schädigers bilden müssen.

Diese für Mitarbeiter von Abteilungen ein und derselben Behörde entwickelten Grundsätze können auf Bedienstete verschiedener Behörden nicht übertragen werden. Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, müssen die behördlichen Zuständigkeitsregelungen bei Anwendung des § 852 Abs. 1 BGB hingenommen werden (Senatsurteil vom 20. November 1973 - VI ZR 72/72 - VersR 1974, 340, 342; vom 24. September 1985 aaO. S. 165). Eine andere Betrachtungsweise würde in unzulässiger Weise in die Verwaltungsorganisation eingreifen, die durch gesetzliche Zuständigkeitsregelungen festgelegt worden ist. In dem vorgenannten Urteil vom 20. November 1973 hat der Senat offengelassen, ob dies auch bei verschiedenen Dienststellen des Bundes gilt, von denen die der einen Dienststelle im Rahmen ihrer Zuständigkeit bekannt gewordenen Tatsachen dem Bund ausreichende Kenntnis für die Geltendmachung und Durchsetzung der Ansprüche verschaffen würde, die der anderen Dienststelle übertragen worden sind.

Diese Frage ist nunmehr dahin zu entscheiden, daß eine Zurechnung in derartigen Fällen nicht zu erfolgen hat. Da die für § 852 BGB notwendige Kenntnis nach feststehender Rechtsprechung nur durch den zuständigen Beamten der verfügungsbefugten Behörde vermittelt werden kann, kommt es bei Respektierung der behördlichen Zuständigkeitsverteilung allein darauf an, über welche Kenntnisse die Bediensteten derjenigen Behörde verfügen, der die Verfügungsberechtigung über Schadensersatzansprüche wie hier zugewiesen worden ist. Es würde diesem Prinzip widerstreiten, das Wissen auch solcher Behörden für maßgebend zu erachten, die sich zwar im Zuge strafrechtlicher Verfolgung mit der Ermittlung von Sachverhalten befassen, die auch für zivilrechtliche Ansprüche bedeutsam sind, denen aber keine Entscheidungskompetenz für die zivilrechtliche Verfolgung derartiger Ansprüche zukommt. Da die Zollfahndungsämter im Rahmen der behördlichen Aufgabenzuweisung nicht mit der Wahrnehmung solcher Angelegenheiten betraut worden sind, scheidet, wie bereits ausgeführt, nach dem Grundgedanken des § 166 BGB insoweit eine Wissensvertretung für die Klägerin aus (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 19. März 1985 aaO. S. 736).

2. Mit Erfolg wendet sich die Revision ferner gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Bediensteten des Hauptzollamts Hamburg-Jonas hätten nicht erst durch den Schlußbericht vom 5. Juli 1989, sondern schon durch den Bericht des Zollfahndungsamtes München vom 22. Januar 1988 davon Kenntnis erlangt, daß die Klägerin von Angehörigen der I.-GmbH durch gefälschte Zollbescheinigungen geschädigt worden sei. Die Revision rügt zu Recht als verfahrensfehlerhaft, das Berufungsgericht habe sich nicht damit befaßt, daß sich dieser Bericht nach dem Klagevortrag gar nicht auf die Schadensersatzforderung beziehe, die den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bilde.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ging es in dem Bericht vom 22. Januar 1988 um Ausfuhrvergünstigungen, die der Beklagte durch falsche Zollbescheinigungen, die mit Hilfe gefälschter Stempel ausländischer Behörden erstellt worden waren, für die I.-GmbH erwirkt hatte. Aufgrund dieses Berichts erließ das Hauptzollamt Hamburg-Jonas am 2. Februar 1988 einen Rückforderungsbescheid gegen die I.-GmbH über einen Betrag von 1,19 Mio. DM. Die Klägerin hat jedoch vorgetragen, daß Gegenstand der Klage die mit Erstattungsbescheid vom 24. Februar 1984 Nr. 84/073824 erwirkten Vergünstigungen in Höhe von 772.918,90 DM und der darauf gegründete Schadensersatzanspruch seien, von dem vorläufig nur ein Teil von 60.001 DM geltend gemacht werde. Die Klägerin hat ferner vorgetragen, daß die mit dem Erstattungsbescheid vom 24. Februar 1984 gewährten Vergünstigungen nicht mit Hilfe gefälschter Stempel, sondern durch Verwendung von Blankoverzollungsbescheinigungen erschlichen worden seien, die die I.-GmbH selber auf einem bereits mit einem Stempel der tunesischen Zollverwaltung versehenen Blankovordruck erstellt habe.

Dieser Vortrag der Klägerin war erheblich, denn danach wäre die dreijährige Verjährungsfrist mit dem Bericht des Zollfahndungsamtes München vom 22. Januar 1988 nicht in Lauf gesetzt worden. Die wiederholte Schädigung der Klägerin durch mehrfache betrügerisch erlangte Ausfuhrvergünstigungen faßte den von ihr insgesamt erlittenen Schaden nicht, wie das Berufungsgericht anzunehmen scheint, verjährungsrechtlich zu einer Einheit zusammen. Die einzelnen Schädigungsakte des Beklagten stellen vielmehr jeweils für sich rechtlich selbständige Handlungen dar, für die und die durch sie verursachten Schäden die Verjährung jeweils gesondert zu laufen beginnt (st.Rspr. BGHZ 71, 86, 94; BGH, Urteil vom 26. Januar 1984 - I ZR 195/81 - VersR 1984, 982, 984; vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92 - NJW 1993, 648, 650 m.w.N.). Der sich auf einen anderen Subventionsbetrug beziehende Bericht vom 22. Januar 1988 war demnach nicht geeignet, den Lauf der Verjährungsfrist für den Schadensersatzanspruch, der den Gegenstand dieses Verfahrens bildet, auszulösen.

3. Die Abweisung der Klage erweist sich auch nicht aus anderem Grund als richtig (§ 563 ZPO).

Durch die Einreichung des Mahnbescheidsantrages am Montag, dem 6. Juli 1992 wurde die Verjährung unterbrochen (§ 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 693 Abs. 2 ZPO), deren dreijährige Frist spätestens mit dem Eingang des Schlußberichts des Zollfahndungsamtes München beim Hauptzollamt Hamburg-Jonas am 5. Juli 1989 zu laufen begonnen hatte. Die Unterbrechung scheitert entgegen der Annahme der Revisionserwiderung nicht daran, daß der Mahnbescheid dem Beklagten erst über drei Monate später, nämlich am 16. Oktober 1992 zugestellt wurde, denn diese Verzögerung ist der Klägerin nicht zuzurechnen.

Nach § 693 Abs. 2 ZPO wirkt die Zustellung des Mahnbescheids zwar nur dann auf den Zeitpunkt der Einreichung des Antrags zurück, wenn sie demnächst erfolgt. Verzögerungen bei der Zustellung, die der Antragsteller nicht zu vertreten hat, können ihm jedoch nicht angelastet werden und haben deshalb außer Betracht zu bleiben (BGHZ 103, 20, 28; BGH, Urteil vom 29. September 1983 - VII ZR 31/83 - NJW 1984, 242, vom 15. Januar 1992 - IV ZR 13/91 - VersR 1992, 433, vom 29. Juni 1993 - X ZR 6/93 - NJW 1993, 2811, 2812; vom 18. Mai 1995 - VII ZR 191/94 - NJW 1995, 2230, 2231).

Im Streitfall hat die Klägerin die späte Zustellung nicht verschuldet. Die Verzögerung beruht zwar darauf, daß die Rechtspflegerin die Bezeichnung des Antragstellervertreters in dem Mahnbescheidsantrag als unvollständig ansah und gemäß Formularschreiben um weitere Angaben über "Vornamen und Familiennamen" bat. Nach einem in den Akten befindlichen Vermerk teilte das Hauptzollamt Hamburg erst auf nochmalige Anfrage vom 5. Oktober 1992 mit, daß die Bezeichnung des Antragstellervertreters laute: "Hans-Wilhelm v. R. - Zollamtsrat".

Entgegen der Annahme der Revisionserwiderung war die Bezeichnung des Vertreters der Antragstellerin in dem Mahnbescheidsantrag jedoch nicht unvollständig. Die darin enthaltene Angabe. "Bundesrepublik Deutschland (Bundesfinanzverwaltung), vertreten durch das Hauptzollamt Hamburg-Jonas", nebst Ortsangabe genüge vielmehr den Anforderungen des § 690 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Bei Zustellungen an juristische Personen werden an die Bezeichnung des Zustellungsadressaten nach § 191 Nr. 3 ZPO nur geringe Anforderungen gestellt (BGH, Urteil vom 29. Juni 1993 aaO. S. 2813). Schon das Reichsgericht hat die Zustellung an eine Aktiengesellschaft, bei der lediglich die Gesellschaft als Zustellungsempfänger angegeben war, als wirksam angesehen (RGZ 107, 161, 164 f.). Dem hat sich der Bundesgerichtshof angeschlossen (BGHZ 107, 296, 299; BGH, Urteil vom 29. Juni 1993 aaO. S. 2813). Diese Grundsätze finden auch auf juristische Personen des öffentlichen Rechts Anwendung. Das gilt erst recht, wenn es nicht um den Zustellungsadressaten, sondern wie hier lediglich um die Bezeichnung des Antragstellers geht. Dafür genügt die Angabe derjenigen Körperschaft des öffentlichen Rechts, durch die der klagende Bund vertreten wird. Der Benennung einer natürlichen Person, durch die wiederum die (gesetzlich vertretende) Körperschaft vertreten wird, bedarf es nicht (vgl. BGHZ 107, 296, 299). Demgemäß war auch im vorliegenden Fall die Bezeichnung der Antragstellerin in dem Mahnbescheidsantrag durchaus ausreichend. Sie entsprach der Anordnung über die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Bereich der Bundesfinanzverwaltung vom 15. November 1972 (BAnz Nr. 233) in der Fassung vom 19. Januar 1976 (BAnz Nr. 20).

Demnach hat die Rechtspflegerin die Zustellung des Mahnbescheidsantrages durch eine nicht gebotene Verfügung verzögert. Eine solche Verzögerung kann der Klägerin bei Anwendung des § 693 Abs. 2 ZPO nicht zugerechnet werden (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 1983 aaO. und vom 29. Juni 1993 aaO. S. 2813).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993458

BGHZ 134, 343

BGHZ, 343

BB 1997, 2188

DB 1997, 1511

NJW 1997, 1584

BGHR BGB § 852 Abs. 1 Kenntnis 24

BGHR ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 1 Parteibezeichnung 5

BGHR ZPO § 690 Abs. 1 Nr. 1 Parteibezeichnung 1

BGHR ZPO § 693 Abs. 2 Demnächst 5

DRsp I(147)330a-b

NVwZ 1997, 826

WM 1997, 1123

ZIP 1997, 685

DÖV 1997, 877

DVBl 1998, 794

MDR 1997, 459

Rpfleger 1997, 266

VersR 1997, 635

DVBl. 1998, 794

r s 1997, 284

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