Leitsatz (amtlich)

a) Trifft der treuhänderische Verwalter von Wertpapieren pflichtwidrige Verfügungen über den Verkaufserlös, so liegt nicht die Verfügung eines Nichtberechtigten vor.

b) Der Senat hält daran fest, daß ein Anspruch nach § 822 BGB gegen den Zweitempfänger nur besteht, wenn der Erstempfänger aus Rechtsgründen nicht haftet, es also nicht genügt, wenn dieser zahlungsunfähig ist (Bestätigung von BGH, Urteil vom 9. Januar 1969 – VII ZR 185/66 – NJW 1969, 605).

 

Normenkette

BGB § 816 Abs. 1, § 822

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 10.10.1996)

LG Wuppertal

 

Tenor

Die Revision der Beklagten zu 3 gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Oktober 1996 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß auf die ausgeurteilte Hauptforderung von 303.193,45 DM 8 % Zinsen auf 20.000 DM seit dem 1. Januar 1987, weitere

4.622,45 DM seit dem 22. Januar 1987, weitere

8.200 DM seit dem 30. Januar 1987, weitere

10.000 DM seit dem 13. Februar 1987, weitere

25.000 DM seit dem 20. Februar 1987, weitere

5.000 DM seit dem 26. Februar 1987, weitere

20.390,85 DM seit dem 3. März 1987, weitere

10.000 DM seit dem 16. März 1987, weitere

5.000 DM seit dem 26. März 1987, weitere

45.790,67 DM seit dem 3. April 1987, weitere

1.433 DM seit dem 15. April 1987, weitere

2.000 DM seit dem 23. April 1987, weitere

3.000 DM seit dem 27. April 1987, weitere

4.540,48 DM seit dem 18. Mai 1987, weitere

8.000 DM seit dem 7. Juli 1987, weitere

40.000 DM seit dem 23. Juli 1987, weitere 216 DM seit dem 5. August 1987, weitere 5.000 DM seit dem 7. August 1987, weitere 10.000 DM seit dem 11. September 1987, weitere 15.000 DM seit dem 25. September 1987 und weitere 60.000 DM seit dem 6. Oktober 1987 zu zahlen sind.

Auf die Rechtsmittel der Beklagten zu 2 werden das vorgenannte Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es zum Nachteil der Beklagten zu 2 ergangen ist, und das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 5. Juli 1994 dahin geändert, daß die Klage gegen die Beklagte zu 2 insgesamt abgewiesen wird.

Die Gerichtskosten des ersten Rechtszuges und des Berufungsrechtszuges tragen die Klägerin zu 56,89 %, die Beklagten zu 1 und 3 als Gesamtschuldner zu 19,56 % und der Beklagte zu 1 zu weiteren 23,55 %. Die Gerichtskosten des Revisionsrechtszuges bis zum Senatsbeschluß vom 30. Juli 1998 werden der Klägerin zu 21,43 %, den Beklagten zu 1 und 3 als Gesamtschuldnern zu 35,65 % und dem Beklagten zu 1 zu weiteren 42,92 % auferlegt, die weiteren Gerichtskosten des Revisionsrechtszuges der Klägerin zu 54,6 % und der Beklagten zu 3 zu 45,4 %.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 in allen Instanzen trägt die Klägerin. Im übrigen werden außergerichtliche Kosten auferlegt:

Im ersten Rechtszug und im Berufungsrechtszug der Klägerin 70,66 % derer der Beklagten zu 3, den Beklagten zu 1 und 3 als Gesamtschuldnern 19,56 % und dem Beklagten zu 1 weitere 23,55 % derer der Klägerin. Im Revisionsrechtszug bis zum Senatsbeschluß vom 30. Juli 1998 den Beklagten zu 1 und 3 als Gesamtschuldnern 35,65 % und dem Beklagten zu 1 weitere 42,92 % derer der Klägerin. Im Revisionsverfahren danach der Beklagten zu 3 45,4 % derer der Klägerin.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin hatte ihren Sohn, F. St., mit der Verwaltung ihres Vermögens betraut und ihm Generalvollmacht erteilt. F. St. übertrug im Dezember 1986 den Wertpapierbesitz der Klägerin im Werte von über 1 Mio DM „in die Vermögensverwaltung” der St. T. AG, deren alleiniger Vorstand er selbst und deren einziger Aktionär (als Treuhänder für eine Tochter der Klägerin) und Generalbevollmächtigter der Beklagte zu 1 waren. Im Zuge der Verwaltung durch die St. T. AG wurden bestimmte Wertpapiere der Klägerin sogleich verkauft, andere wurden auf ein Depot der St. T. übertragen und aus diesem später veräußert. Die Veräußerungserlöse flossen letztlich auf das allgemeine Geschäftskonto der St. T. AG. In der Zeit zwischen Ende 1986 und Anfang Dezember 1987 bewirkte der Beklagte zu 1 eine Reihe einzelner Zahlungen zu Lasten des Geschäftskontos der St. T. AG zum Gesamtbetrag von 364.582,70 DM auf ein Konto der Beklagten zu 2 – seiner damaligen Freundin und späteren Ehefrau – sowie in Höhe von insgesamt 303.193,45 DM an die M. T. GmbH (Beklagte zu 3), deren alleiniger Geschäftsführer er ist und deren Geschäftsanteile er zu 70 % hält. Die St. T. AG geriet in Vermögensverfall; im September 1989 wurde die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt.

Die Klägerin hat wegen des Verlusts ihres Wertpapiervermögens die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von 1.033.300 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 1. Januar 1987 in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen – jedoch unter Verrechnung zwischenzeitlicher Zahlungen in Höhe von 82.500 DM auf die Hauptforderung statt auf die Zinsen – stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten zu 1 zur Zahlung von 1.033.000 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 1. Januar 1987, abzüglich auf die Zinsen gezahlter 82.500 DM, und die Beklagten zu 2 und 3 – gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 1 – zur Zahlung von 364.582,70 DM bzw. 303.193,45 DM, jeweils zuzüglich 8 % Zinsen seit dem 1. Januar 1987, verurteilt. Mit der Revision haben die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage in vollem Umfang angestrebt. Der Senat hat die Revision der Beklagten zu 2 und 3 angenommen; die Revision des Beklagten zu 1 ist nicht angenommen worden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten zu 2 hat Erfolg, die der Beklagten zu 3 dagegen (im wesentlichen) nicht. Ein Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 ist nicht gegeben, die Klage insoweit also abzuweisen. Dagegen hat das Berufungsgericht die Beklagte zu 3 zwar nicht in der Begründung, aber im Ergebnis zu Recht zur Zahlung von 303.193,45 DM verurteilt; nur der Zinsausspruch bedarf einer Korrektur.

I.

Das Berufungsgericht verneint Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagten zu 2 und 3 aus unerlaubter Handlung (dazu unten II). Es meint jedoch, gegen beide Beklagte bestünden in Höhe der ihnen jeweils zugeflossenen Beträge Erstattungsansprüche „gemäß §§ 816 Abs. 1 Satz 2, 822 BGB”. Die St. T. AG habe nämlich, indem der Beklagte zu 1 als ihr Generalbevollmächtigter von ihrem Girokonto Beträge an die Beklagten zu 2 und 3 ausgekehrt habe, als Nichtberechtigte „über das Geld der Klägerin” verfügt. Denn die St. T. AG habe den Gegenwert aus der Veräußerung der Wertpapiere der Klägerin nur zur treuhänderischen Verwaltung übernommen; dieser habe nicht der Stärkung der Liquidität der St. T. AG dienen, sondern im Interesse der Klägerin gewinnbringend angelegt werden sollen. Durch eine Verwendung der Gelder der Klägerin für andere Zwecke habe die St. T. AG mithin die Grenzen der ihr erteilten Ermächtigung im Rahmen der treuhänderischen Verwaltung überschritten. Bei den – im Verhältnis zu der Beklagten zu 2 als von dieser nicht hinreichend bestritten anzusehenden und im Verhältnis zu dem Beklagten zu 3 unstreitigen – Zahlungen der St. T. AG an die Beklagten zu 2 und 3 habe es sich um jeweils unentgeltliche Leistungen gehandelt; weder die Beklagte zu 2 noch die Beklagte zu 3 hätten der St. T. AG entsprechende Gegenleistungen erbracht oder geschuldet. Schließlich könnten die Beklagten zu 2 und 3 sich auch nicht mit Erfolg auf einen Wegfall der Bereicherung berufen, die Beklagte zu 3 schon deshalb nicht, weil der Beklagte zu 1 als ihr Geschäftsführer den Mangel des rechtlichen Grundes der Zuwendungen gekannt habe.

Wie die Revision mit Recht rügt, tragen diese Ausführungen die Verurteilung der Beklagten zu 2 und 3 zur Zahlung an die Klägerin nicht. Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 ff BGB) ist nach dem vorliegenden Sachverhalt nicht gegeben.

1. Es wird schon nicht hinreichend deutlich, ob das Berufungsgericht zu Lasten der Beklagten zu 2 und 3 § 816 Abs. 1 Satz 2 oder § 822 BGB anwenden will oder ob es beide Tatbestände als gegeben ansieht. An sich ist auf ein und denselben Sachverhalt nur einer dieser Tatbestände anwendbar (zum Anwendungsbereich und zur Abgrenzung beider Vorschriften vgl. Palandt/Thomas BGB 57. Aufl. § 822 Rn. 1; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung § 8 IV 1. S. 360 ff). Dies läßt allerdings unberührt, daß die Haftung aus § 822 BGB auch daran anknüpfen kann, daß ein nach § 816 Abs. 1 Bereicherter das Erlangte unentgeltlich einem Dritten zuwendet.

2. Trifft ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine Verfügung, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist er dem Berechtigten zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet. Erfolgt die Verfügung unentgeltlich, so trifft die gleiche Verpflichtung denjenigen, welcher aufgrund der Verfügung unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt (§ 816 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB).

a) Die hierfür maßgebliche Verfügung sieht das Berufungsgericht ersichtlich darin, daß die St. T. AG – vertreten durch den Beklagten zu 1 als Generalbevollmächtigten – von ihrem eigenen allgemeinen Geschäftskonto die in Rede stehenden Beträge an die Beklagten zu 2 und 3 abgezweigt hat.

b) In einem solchen Vorgang kann jedoch, wie der Revision zuzugeben ist, nicht die Verfügung eines Nichtberechtigten im Sinne des § 816 Abs. 1 BGB gesehen werden. Der Begriff der Verfügung ist – ebenso wie der der Berechtigung zu einer solchen – im vorliegenden Zusammenhang nicht anders zu verstehen als sonst im BGB: Wesentliches Merkmal ist die unmittelbare Einwirkung auf den Bestand eines Rechts durch dessen Übertragung, Belastung, Änderung oder Aufhebung – im Gegensatz zu den bloßen Verpflichtungsgeschäften, durch welche nur die Rechtslage einer Person im Verhältnis zu einer anderen geändert wird (Staudinger/Lorenz BGB 13. Bearb. 1994 § 816 Rn. 4). Gemessen daran war die St. T. AG, was Verfügungen über ihr eigenes allgemeines Geschäftskonto angeht, ohne weiteres Berechtigte.

c) Auch die – wenn auch im Verhältnis zur Klägerin als Auftraggeberin des Wertpapierverwaltungsvertrages (Treugeberin) pflichtwidrige – Überführung von Wertpapier-Verkaufserlösen auf das allgemeine Geschäftskonto der St. T. AG ist nicht durch – im dinglichen Sinne –”Nichtberechtigte” bewirkt worden. Es handelte sich bei den betreffenden Geldern entweder um ursprünglich auf ein Konto der Klägerin geflossene Erlöse für die sofort nach der Übernahme der Verwaltung des Wertpapiervermögens der Klägerin durch die St. T. AG verkauften Wertpapiere; die betreffenden Verfügungen zugunsten des allgemeinen Geschäftskontos der St. T. AG trafen die St. T. AG bzw. F. St., der Generalbevollmächtigte der Klägerin, aufgrund ihnen eingeräumter Bankvollmacht; bei offener Stellvertretung ist aber der Vertretene der – berechtigte – Verfügende (Staudinger/Lorenz aaO; MünchKomm/Lieb 3. Aufl. § 816 Rn. 20). Oder die auf das allgemeine Geschäftskonto der St. T. AG überwiesenen Beträge stammten aus der Veräußerung derjenigen Wertpapiere, die die St. T. AG in ihr eigenes Wertpapierdepot – also als Rechtsinhaberin – übernommen hatte. Diese Übernahme geschah zwar nach dem Sinn des Geschäfts lediglich treuhänderisch, die St. T. AG erlangte jedoch als Treuhänderin die (dingliche) Verfügungsbefugnis über die betreffenden Wertpapiere, mit der Folge, daß sie auch befugt war, über etwaige Verkaufserlöse zu disponieren. Auf einen solchen Sachverhalt trifft die Annahme des Berufungsgerichts, die St. T. AG sei zur Verfügung „über das Geld der Klägerin … nur in dem Umfang, als sie die Grenzen der Ermächtigung im Rahmen der treuhänderischen Verwaltung nicht überschritt” berechtigt gewesen, nicht zu. Es entspricht gerade dem Sinn einer treuhänderischen Verwaltung, daß dem Treuhänder in dinglicher Hinsicht mehr Rechtsmacht eingeräumt wird, als ihm schuldrechtlich – im Innenverhältnis zum Treugeber – gebührt.

Im Sinne des § 816 Abs. 1 BGB ist mithin Berechtigter der Treuhänder, nicht der Treugeber (Palandt/Thomas aaO § 816 Rn. 10).

Ein Bereicherungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagten zu 2 und 3 nach § 816 Abs. 1 BGB entfällt demnach.

3. In Betracht zu ziehen ist nach dem vorliegenden Prozeßstoff allenfalls eine bereicherungsrechtliche Herausgabepflicht der Beklagten zu 2 und 3 nach § 822 BGB, soweit ihnen von der St. T. AG das Erlangte aus einer ungerechtfertigten Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB – unentgeltlich – zugewendet worden sein könnte.

a) Ein nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB relevanter Vorgang kann darin gelegen haben, daß im Anschluß an den Verkauf von Wertpapieren der Klägerin der dafür erzielte Erlös, der zunächst einem Konto der Klägerin gutgeschrieben worden war, auf das allgemeine Geschäftskonto der St. T. AG überführt wurde, möglicherweise auch darin, daß die Erlöse aus dem Verkauf der auf das Depot der St. T. AG übertragenen Wertpapiere unmittelbar diesem Konto zuflossen. Diese Verfügungen waren zwar, wie oben ausgeführt, dinglich wirksam, schuldrechtlich widersprachen sie jedoch, wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang zutreffend ausgeführt hat, den Verpflichtungen der St. T. AG aus der Vereinbarung über die Verwaltung des Wertpapiervermögens der Klägerin. Denn danach wäre es erforderlich gewesen, den Verkaufserlös für die Wertpapiere auf ein gesondertes Treuhandkonto der St. T. AG als Treuhänderin zu überweisen; keinesfalls durfte der Wertpapiererlös dem allgemeinen Geschäftskonto der St. T. AG zugeführt werden, wo er jederzeit dem Zugriff etwaiger Gläubiger derselben ausgesetzt war.

b) Nimmt man demzufolge an, daß die St. T. AG die auf diese Weise bewirkten Zuflüsse von Wertpapiererlösen auf ihrem allgemeinen Geschäftskonto im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ohne rechtlichen Grund auf Kosten der Klägerin erlangt hat, so reicht der Umstand, daß die Beklagten zu 2 und 3 in der Folgezeit zu Lasten des allgemeinen Geschäftskontos der St. T. AG unentgeltliche Zuwendungen erhielten, gleichwohl nicht aus, um eine Herausgabepflicht der Beklagten zu 2 und 3 gegenüber der Klägerin nach § 822 BGB zu begründen.

Diese Vorschrift greift nur ein, wenn der Empfänger einer ungerechtfertigten Bereicherung „das Erlangte” unentgeltlich einem Dritten zuwendet, und auch in diesem Fall nur, „soweit infolgedessen die Verpflichtung des Empfängers zur Herausgabe der Bereicherung ausgeschlossen ist”.

aa) Ob das erstere Tatbestandselement allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen als gegeben anzusehen ist, wenn – wie hier – der Empfänger rechtsgrundlos erlangter Geldüberweisungen auf sein allgemeines Geschäftskonto auf diesem auch anderweite Geldein- und -ausgänge, überhaupt seine sämtlichen Geschäftsvorfälle, abwickelt und dabei über eine längere Zeitdauer auch einzelne unentgeltliche Zahlungen an Dritte vornimmt, kann offenbleiben. Nach herrschender Meinung ergreift § 822 BGB nicht nur den unentgeltlich weitergegebenen ursprünglichen Bereicherungsgegenstand sowie Surrogate und Nutzungen desselben, sondern auch den Wert im Sinne des § 818 Abs. 1 und 2 BGB, den der Empfänger herauszugeben bzw. zu erstatten hatte, aber dann dem Dritten unentgeltlich weitervermittelt hat (Reuter/Martinek, aaO S. 369 f; Staudinger/Lorenz aaO § 822 Rn. 6; MünchKomm/Lieb aaO § 822 Rn. 7; Palandt/Thomas aaO § 822 Rn. 3; a.A. OLG Naumburg Recht 1902 Nr. 1998; Soergel/Mühl BGB 11. Aufl. § 822 Rn. 2). Unterschiedlich sind die Meinungen dazu, ob es ausreicht, daß der Empfänger das Erlangte selbst behalten, sich jedoch durch diesen Erwerb veranlaßt gesehen hat, dem Dritten aus seinem sonstigen Vermögen eine unentgeltliche Zuwendung zu machen (vgl. hierzu einerseits Reuter-Martinek aaO S. 370; andererseits Staudinger/Lorenz aaO Rn. 6). Darauf braucht hier nicht näher eingegangen zu werden.

bb) Denn selbst wenn man im vorliegenden Zusammenhang annimmt, die St. T. AG habe durch die unentgeltlichen Zahlungen an die Beklagten zu 2 und 3 im Sinne der Bereicherungsvorschriften rechtsgrundlos „Erlangtes” unentgeltlich den Beklagten zu 2 und 3 zugewendet, fehlt es jedenfalls an dem weiteren Tatbestandselement des § 822 BGB, daß infolge dieser unentgeltlichen Weitergabe des Erlangten die Verpflichtung des Empfängers zur Herausgabe der Bereicherung ausgeschlossen sein muß. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben der Beklagte zu 1 (der Generalbevollmächtigte der St. T. AG) und F. St. (der Vorstand derselben) gemeinsam die Überweisung des Erlöses von Wertpapierverkäufen von dem Konto der Klägerin auf das Konto der St. T. AG veranlaßt, anstatt den Erlös auf ein gesondertes Treuhandkonto zu überführen, und auch der Erlös der Verkäufe der auf das Depot der St. T. AG übertragenen Wertpapiere wurde einvernehmlich dem Geschäftskonto zugeführt. Der Beklagte zu 1 und F. St. haben damit -und zwar vorsätzlich, wie sich aus dem Zusammenhang der Ausführungen des Berufungsgerichts, auch unter Bezugnahme auf die Feststellung schon des Landgerichts ergibt, daß der Straftatbestand des § 266 StGB gegeben sei – die Verpflichtungen mißachtet, die sich für die St. T. AG aus der Übernahme der Verwaltung des Wertpapiervermögens der Klägerin ergaben. Mithin waren sie auch bösgläubig im Sinne des § 819 Abs. 1 BGB. Die St. T. AG blieb infolgedessen unbeschadet eines etwaigen Wegfalls ihrer Bereicherung (vgl. § 818 Abs. 3 BGB) durch die unentgeltlichen Zuwendungen an die Beklagten zu 2 und 3 weiterhin der (verschärften) Bereicherungshaftung gegenüber der Klägerin ausgesetzt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1994 – III ZR 165/93 – NJW-RR 1995, 130, 132 m.w.N.).

Es genügt für eine Anwendung des § 822 BGB zu Lasten der Beklagten zu 2 und 3 auch nicht, daß ein Bereicherungsanspruch der Klägerin gegen die St. T. AG wegen deren Vermögensverfalls nicht zu verwirklichen ist. Nach Wortlaut, Regelungszusammenhang und Entstehungsgeschichte der Vorschrift muß die Verpflichtung des Erstempfängers zur Herausgabe der Bereicherung aus Rechtsgründen erloschen sein. Mangelnde Durchsetzbarkeit des Anspruchs nur aus tatsächlichen Gründen löst, wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, die lediglich subsidiäre Durchgriffshaftung des Dritten nicht aus (BGH, Urteil vom 9. Januar 1969 – VII ZR 185/66 – NJW 1969, 605; Senatsurteil vom 6. Oktober 1994 aaO; vgl. auch RG JW 1938, 1025, 1028; KG OLGE 26, 61). An dieser, von der über- wiegenden Meinung geteilten, allerdings sehr umstrittenen Auffassung (zustimmend: Reuter/Martinek aaO S. 366 f; Palandt/Thomas aaO Rn. 7; Staudinger/Lorenz aaO Rn. 10; RGRK/Heimann-Trosien 12. Aufl. § 822 Rn. 5; Soergel/Mühl aaO Rn. 3; Joerges, in: AK BGB § 822 Rn. 2; Jauernig/Schlechtriem BGB 6. Aufl. § 822 Anm. 2 b; Kornblum JuS 1970, 437, 440 ff; wohl auch Erman/H.P. Westermann BGB 9. Aufl. § 822 Rn. 4; a.A. Canaris, 1. Festschrift für Larenz [1973], 798, 833 f; ders., in: Larenz/Canaris Schuldrecht Bd. II 2. Halbband § 69 IV 1 S. 195; Schilken, JR 1989, 363, 365 f; Knütel, NJW 1989, 2504, 2508 f; Medicus, Schuldrecht II 7. Aufl. Rn. 691; MünchKomm/Lieb aaO Rn. 6) ist nach geltendem Recht, das auch keine Lücke für eine analoge Anwendung des § 822 BGB in einem solchen Fall enthält (vgl. insbes. Kornblum aaO S. 442; Reuter-Martinek aaO), festzuhalten. Der entreicherte Gläubiger wird durch dieses Verständnis der Regelung des § 822 BGB bei Vermögenslosigkeit des Bereicherungsschuldners im Verhältnis zu einem Dritten, der von dem Bereicherungsschuldner unentgeltliche Zuwendungen erhalten hat, auch nicht völlig rechtlos gestellt. Es verbleibt ihm bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Möglichkeit der vollstreckungsrechtlichen Anfechtung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3, 4 AnfG, § 32 Nr. 1, 2 KO (näher hierzu Kornblum aaO S. 441 f).

II.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich, was die Verurteilung der Beklagten zu 2 angeht, auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO), wohl aber (im wesentlichen) im Verhältnis zu der Beklagten zu 3, die der Klägerin auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts aus unerlaubter Handlung haftet.

1. Ausgangspunkt ist, daß der Beklagte zu 1, dessen Revision der Senat nicht angenommen hat, der Klägerin für den Verlust ihres der St. T. AG anvertrauten Wertpapiervermögens – jedenfalls auch – gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB, § 826 BGB schadensersatzpflichtig ist. Die Rüge der Revision, es sei nicht festgestellt und auch sonst nicht ersichtlich, daß zwischen der Klägerin und der St. T. AG ein Vermögensverwaltungsvertrag zustande gekommen sei, trifft nicht zu. Insoweit reicht nach den gesamten Zusammenhängen die Feststellung des Berufungsgerichts aus, daß der Generalbevollmächtigte der Klägerin, F. St., am 11. Dezember 1986 die in Rede stehenden Wertpapiere der Klägerin in die treuhänderische Vermögensverwaltung der St. T. AG übertrug. Der Revision kann auch nicht gefolgt werden, soweit sie meint, ein solcher Vermögensverwaltungsvertrag habe schon deshalb keine Wirksamkeit erlangen können, weil F. St. als Vorstand der St. T. AG nicht von dem Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) befreit gewesen sei. Ausweislich des Handelsregisters sah die Satzung der St. T. AG vor, daß dem Vorstand Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden könne. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß das gesamte Aktienkapital der S. T. AG in Händen des Beklagten zu 1 lag, der mithin jederzeit F. St. von einem etwaigen Selbstkontrahierungsverbot hätte befreien können, wobei naheliegt, daß eine schlüssige Erklärung in dieser Richtung schon darin lag, daß der Beklagte zu 1 die Übernahme des Wertpapiervermögens in die Verwaltung der St. T. AG nicht nur billigte, sondern daran tätig mitwirkte. Weiterer Ausführungen dazu bedarf es schon deshalb nicht, weil es für den strafrechtlichen Treubruchstatbestand nicht nötig ist, daß ein bürgerlich-rechtlich gültiges Geschäft zugrunde liegt, wenn nur das Verpflichtungsverhältnis tatsächlich vorhanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 1983 – VI ZR 117/82 – NJW 1984, 800; Tröndle StGB 48. Aufl. § 266 Rn. 9). Fehl geht auch die Auffassung der Revision, für die Vermögensbetreuung der Klägerin seien im Sinne des § 266 StGB nur die St. T. AG als Vertragspartnerin der Klägerin und F. St. als Vorstand derselben verantwortlich gewesen. Schon daraus, daß der Beklagte zu 1 als Generalbevollmächtigter der St. T. AG mit der verantwortlichen Erfüllung der Verpflichtungen derselben betraut war, ergibt sich, daß er (Mit-)Täter einer Untreuehandlung, auch im Sinne einer Verwirklichung des Treubruchstatbestandes des § 266 StGB, sein konnte (vgl. auch § 14 Abs. 1, Abs. 2 StGB). Zur Tathandlung hat das Berufungsgericht festgestellt, daß der Beklagte zu 1 gemeinsam mit F. St. zunächst die Überweisung des Erlöses der alsbald verkauften Wertpapiere der Klägerin von deren Konto auf das Konto der St. T. AG veranlaßte, und daß danach auch der Gegenwert aus der anschließenden Veräußerung derjenigen Wertpapiere, die auf das Depotkonto der St. T. AG genommen worden waren, dem allgemeinen Geschäftskonto der St. T. AG gutgeschrieben wurde. Besteht – wie hier – eine Verpflichtung, zur Verwaltung anvertraute Gelder auf einem Sonderkonto zu verwahren, so ist bereits mit ihrer Verletzung der Tatbestand der Untreue erfüllt, wenn der Täter nicht ständig flüssige Mittel bereithält, um den Ausgleich für die von ihm verein nahmten Gelder jederzeit herstellen zu können (BGHSt 15, 342, 344; BGH, Urt. v. 10. August 1989 – 4 StR 327/89 – Wistra 1990, 21). Darüber hinaus entzog der Beklagte zu 1 noch dem Geschäftskonto der St. T. AG diejenigen Beträge, die er – unentgeltlich – an die Beklagten zu 2 und 3 weiterleitete. Zu Unrecht vermißt die Revision in diesem Zusammenhang Feststellungen des Berufungsgerichts zur subjektiven Seite des Beklagten zu 1. Nach dem Zusammenhang der Ausführungen des Berufungsgerichts, das insoweit auch auf das Urteil des Landgerichts Bezug nimmt, hat das Berufungsgericht hinreichend seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, daß der Beklagte zu 1 mit seinem beschriebenen Verhalten vorsätzlich gegen die Verpflichtung, die Vermögensinteressen der Klägerin wahrzunehmen, verstoßen und dadurch der Klägerin die beschriebenen Nachteile zugefügt hat. Schließlich rügt die Revision auch erfolglos, die Feststellungen des Berufungsgerichts in diesem Zusammenhang beruhten auf einem Verfahrensfehler. Von einer Begründung wird gemäß § 565 a ZPO abgesehen.

2. Eine unerlaubte Handlung der Beklagten zu 2 im Sinne der §§ 823, 826 BGB zum Nachteil der Klägerin – d.h. der Sache nach auch eine Beteiligung der Beklagten zu 2 an der Untreuehandlung des Beklagten zu 1 gemäß § 266 StGB – hat das Berufungsgericht mit der Begründung verneint, tatsächliche Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte zu 2 gewußt habe, daß die von dem Beklagten zu 1 veranlaßten Gutschriften auf ihrem Konto „aus dem Vermögen der Klägerin stammten”, seien nicht vorhanden. Dies nimmt die Klägerin in ihrer Revisionserwiderung hin.

Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Verurteilung der Beklagten zu 2 zur Zahlung von 364.582,70 DM nebst Zinsen an die Klägerin kann danach auch auf deliktischer Grundlage keinen Bestand haben.

3. Anders ist dagegen der Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 3 zu beurteilen.

a) Das Berufungsgericht meint, auch gegen sie sei kein deliktischer Schadensersatzanspruch gegeben. Daß der Beklagte zu 1 alleiniger Geschäftsführer der durch die unentgeltlichen Zuwendungen seitens der St. T. AG begünstigten Beklagten zu 3 ist, hält es für unerheblich. Zwar sei anerkannt, daß auch eine juristische Person für unerlaubte Handlungen ihrer Organe oder Gehilfen nach den §§ 30, 31, 89, 831 BGB haftbar sein könne. Im Streitfall habe der Beklagte zu 1 jedoch den Schaden zum Nachteil der Klägerin „nicht in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Beklagten zu 3, sondern aufgrund seiner Stellung als Generalbevollmächtigter der St. T. AG” verursacht; als Geschäftsführer der Beklagten zu 3 sei der Beklagte zu 1 nicht in der Lage gewesen, über die Konten der St. T. AG zu verfügen.

b) Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht übersieht, daß in der Inempfangnahme der von dem Beklagten zu 1 in seiner Eigenschaft als Generalbevollmächtigter der St. T. AG veranlaßten unentgeltlichen Zuwendungen zugleich eine Mitwirkung der Beklagten zu 3 an der Untreuehandlung des Beklagten zu 1 oder jedenfalls einer Handlung desselben lag, die zu einer Vertiefung des der Klägerin eingetretenen Schadens führte. Soweit der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten zu 3 in der Revisionsverhandlung beanstandet hat, es fehlten Feststellungen dazu, daß die Überweisungen von dem Geschäftskonto der St. T. AG an die Beklagte zu 3 gerade das Vermögen der Klägerin betroffen hätten, ist auf die – jedenfalls vor dem Hintergrund der weiteren Ausführungen über die Behandlung des Wertpapiervermögens der Klägerin durch den Beklagten zu 1 und F. St. und die Entwicklung des Girokontos ausreichende – Feststellung des Berufungsgerichts zu verweisen, daß die St. T. AG mit den Überweisungen an die Beklagte zu 3 „über das Geld der Klägerin”, das heißt über der Klägerin wirtschaftlich zustehende Guthaben verfügt hat. Verfahrensrügen sind hiergegen nicht angebracht worden. Daß in der Mitwirkung der Beklagten zu 3 an der Schädigung der Klägerin die Verwirklichung eines Delikts tatbestandes auch durch sie – sei es im Sinne einer Beihilfe zur Untreue, allemal im Sinne einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB – lag, wird augenfällig, wenn man sich vorstellt, die unentgeltlichen Überweisungen von dem Geschäftskonto der St. T. AG seien an eine GmbH gegangen, deren – mit dem Wissen des Beklagten zu 1 ausgestatteter – Geschäftsführer nicht mit dem Beklagten zu 1 identisch ist. In diesem Fall ergäbe sich die Einstandspflicht jener GmbH für das deliktische Mitwirken ihres Geschäftsführers an der Transaktion ohne weiteres aus § 31 BGB. Das kann in dem hier gegebenen Fall, in dem der Geschäftsführer der von der unentgeltlichen Zuwendung begünstigten GmbH zugleich der Generalbevollmächtigte der die Verfügung veranlassenden Gesellschaft war, nicht anders sein.

c) Gemäß § 849 BGB hat die Klägerin auch Anspruch auf Verzinsung der ihr unter Mitwirkung der Beklagten zu 3 entzogenen Geldbeträge. Die Höhe des vom Berufungsgericht ausgeurteilten Zinssatzes (8 %) ist entgegen dem Vorbringen der Revision aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Notwendige Korrekturen ergeben sich lediglich in bezug auf den – vom Berufungsgericht allgemein auf den 1. Januar 1987 angesetzten – Beginn der Verzinsungspflicht. Diese richtet sich nach den konkreten Daten, zu denen das Geschäftskonto der St. T. AG aufgrund der von dem Beklagten zu 1 zugunsten der Beklagten zu 3 getroffenen Verfügungen belastet wurde (S. 9 und 10 der Klageschrift).

 

Unterschriften

Rinne, Streck, Schlick, Dörr, Ambrosius

 

Fundstellen

Haufe-Index 1523678

BB 1999, 868

DB 1999, 378

NJW 1999, 1026

Nachschlagewerk BGH

WM 1999, 23

WuB 1999, 349

ZIP 1999, 59

ZBB 1999, 45

LL 1999, 339

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