Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflassung

 

Leitsatz (redaktionell)

Zum Vorliegen der Voraussetzungen der Zuteilungsfähigkeit von Miteigentum an landwirtschaftlich genutzten Grundstücken aus der Bodenreform

 

Normenkette

EGBGB Art. 233 § 11 Abs. 3 S. 1, § 12 Abs. 3

 

Verfahrensgang

OLG Naumburg (Urteil vom 25.04.1996)

LG Stendal (Urteil vom 26.05.1995)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 25. April 1996 aufgehoben.

Die Berufung des Beklagten zu 1 gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Stendal vom 26. Mai 1995 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte zu 1 trägt die Kosten des Revisionsverfahrens und die dem Kläger im Berufungsverfahren außergerichtlich entstandenen Kosten. Von den gerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte zu 1 86%, der Beklagte zu 2 14%. Ihre außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten selbst.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Das klagende Land (Kläger) verlangt von den Beklagten nach Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1 EGBGB die Auflassung von Miteigentum an landwirtschaftlich genutzten Grundstücken aus der Bodenreform.

Dem Vater der Beklagten waren aus der Bodenreform mehrere Grundstücke zugeordnet worden. Er verstarb am 10. Dezember 1978. Er wurde von seinen beiden Söhnen, den Beklagten, und seiner am 7. Januar 1986 nachverstorbenen Ehefrau, der Mutter der Beklagten, beerbt. Die Beklagten sind ihre alleinigen Erben. Eine Eintragung im Grundbuch im Hinblick auf den Tod der Eltern der Beklagten erfolgte nicht.

Der Beklagte zu 2 war bei Ablauf des 15. März 1990 nicht zuteilungsfähig im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB. Der Beklagte zu 1 war Leiter der staatlichen Tierarztpraxis in W.. Hieraus leitet er seine Zuteilungsfähigkeit ab.

Der Kläger hat Auflassung des jeweils hälftigen Miteigentumsanteils jedes der beiden Beklagten an den Grundstücken, die ihrem Vater aus dem Bodenfonds zugeordnet worden waren, verlangt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen das Urteil des Landgerichts haben zunächst beide Beklagten Berufung eingelegt. Der Beklagte zu 2 hat seine Berufung in der Folgezeit zurückgenommen. Auf die Berufung des Beklagten zu 1 hat das Oberlandesgericht die Klage gegen ihn abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils gegenüber dem Beklagten zu 1.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Als Tierarzt habe der Beklagte zu 1 in ständigem tatsächlichen Bezug zur landwirtschaftlichen Urproduktion gestanden und die Fleischbeschau bei Haus- und Notschlachtungen durchgeführt. Insoweit sei seine Tätigkeit dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft unterstellt gewesen. Das lasse ihn im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB zuteilungsfähig sein.

II.

Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Der Senat hat die Rügen der Revision zum Verfahren des Berufungsgerichts geprüft. Sie greifen nicht durch. Von einer Begründung wird gemäß § 565 a ZPO abgesehen.

2. Der durch das Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes am 22. Juli 1992 erfolgte Eigentums erwerb der Erben eines Begünstigten aus der Bodenreform ist vorläufiger Natur. Das kraft Gesetzes erworbene Eigentum verbleibt dem Erwerber nur, soweit er die Voraussetzungen nach Art. 233 § 12 Abs. 2, 3 EGBGB erfüllt.

In seinem nach Erlaß des Berufungsurteils verkündeten Urteil vom 18. Juli 1997, V ZR 121/96, WM 1997, 2172, hat der Senat hierzu entschieden, daß für die Bestimmung der Zuteilungsfähigkeit im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB entscheidend ist, ob die Tätigkeit des Erben dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft administrativ zugeordnet war. Diese Zuordnung allein reicht jedoch nicht aus, die Zuteilungsfähigkeit zu begründen, soweit landwirtschaftlich genutzte Grundstücke Gegenstand des Auflassungsanspruchs sind. Über die adminsitrative Zuordnung der Tätigkeit des Erben hinaus ist in diesem Falle vielmehr zu verlangen, daß der Erbe des Begünstigten aus der Bodenreform am Stichtag Mitglied einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft war oder einen Antrag auf Aufnahme in eine solche gestellt hatte, weil die Übertragung von Schlägen aus dem Bodenfonds durch den Rat des Kreises nach § 3 Abs. 1 BesitzwechselVO nur dann in Betracht kam, wenn der Nachfolger in die Bodenreformwirtschaft Mitglied einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft war oder im Zusammenhang mit der Nachfolge wurde. Das gilt auch für einen Erben, der die Nachfolge antreten wollte. Die Übertragung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke auf ihn setzte voraus, daß die Grundstücke weiterhin „zweckentsprechend” genutzt würden (§ 4 Abs. 1 BesitzwechselVO). Diese Bedingung konnte in der kollektivierten Landwirtschatschaft der DDR nur durch eine Mitgliedschaft in einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft erfüllt werden.

Diese Beschränkung hat bei der Bestimmung des Begriffs der Zuteilungsfähigkeit in Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB Beachtung zu finden (Senatsurt. v. 18. Juli 1997, V ZR 121/96, WM 1997, 2172, 2174 f). Damit kann für die Entscheidung des Rechtsstreits die zwischen den Parteien umstrittene Frage dahingestellt bleiben, ob die Zuordnung der Tätigkeit des Beklagten zu 1 als Leiter einer staatlichen Tierarztpraxis zum Ministerium für Land-, Forst und Nahrungsgüterwirtschaft seine Zuteilungsfähigkeit im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB begründet. Daß der Beklagte zu 1 weder Mitglied einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft war, noch vor Ablauf des 15. März 1990 einen Antrag auf Aufnahme in eine solche gestellt hatte, stellt auch die Revisionserwiderung nicht in Frage.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97, 100 Abs. 1, 515 Abs. 3 ZPO.

 

Unterschriften

Vogt, Wenzel, Tropf, Krüger, Klein

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1129043

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