Entscheidungsstichwort (Thema)

Markenrechtlicher Unterlassungsanspruch. Unterlassungsanspruch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz. Unlauterer Behinderungswettbewerb. Formgestaltung als Herkunftshinweis. Bindung des Verletzungsgerichts an Eintragung der Klagemarke

 

Leitsatz (amtlich)

a) Der Verletzungsrichter ist durch den Grundsatz der Bindung an die Eintragung der Klagemarke nicht an der Feststellung gehindert, die Benutzung einer mit der geschützten Marke identischen Bezeichnung oder Gestaltung werde in der beanstandeten konkreten Verwendungsform vom Verkehr nicht als Herkunftshinweis verstanden und erfolge daher nicht markenmäßig, weil die der Eintragung zu Grunde liegende Feststellung hinreichender Unterscheidungskraft nicht voraussetzt, dass der Verkehr bei jeder Verwendungsmöglichkeit einen Herkunftshinweis annimmt.

b) Es ist als unlauterer Behinderungswettbewerb anzusehen, wenn ein Importeur eines Schaumgebäcks, der für sich die Eintragung einer dreidimensionalen Form als Marke erwirkt hat, unter Berufung auf die Marke andere Importeure von der Benutzung dieser Form ausschließen will, die der traditionellen Form dieses in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion nach einem bestimmten staatlichen Standard von verschiedenen Unternehmen hergestellten und nach Deutschland importierten Süßwarenprodukts entspricht.

 

Normenkette

MarkenG § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 2; UWG § 4 Nr. 10

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 30.12.2002; Aktenzeichen 20 U 120/02)

LG Düsseldorf

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des OLG Düsseldorf v. 30.12.2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Inhaberin der am 19.1.2000 u.a. für "Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmuse, feine Backwaren und Konditorwaren" unter der Nr. 399 56 035 eingetragenen dreidimensionalen Marke in der Farbe Braun gemäß den nachfolgenden Abbildungen:

Sie vertreibt in dieser Form in Deutschland ein aus Russland und Lettland importiertes Süßwarenprodukt unter der Bezeichnung "Zeffir". Bei dem Produkt handelt es sich um ein traditionell aus Eiweißschaum und einem Fruchtmus bestehendes Schaumgebäck, das in der ehemaligen Sowjetunion nach einem staatlichen Standard hergestellt wurde und dort unter der Bezeichnung "...." bekannt war.

Die Beklagte vertreibt gleichfalls unter der Bezeichnung "Zeffir" ein derartiges Schaumgebäck, das sie aus der Ukraine importiert. Sie hat die Löschung der Klagemarke beantragt. Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Klagemarke mit Beschl. v. 16.7.2003 teilweise, nämlich für die Waren "feine Backwaren und Konditorwaren" gelöscht. Über die von der Klägerin gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde ist noch nicht entschieden.

Die Klägerin hat die Beklagte wegen Verletzung ihrer Marke und in der Berufungsinstanz zusätzlich unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, nachfolgend abgebildetes Süßwarenprodukt dreidimensional oder zweidimensional in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder zu bewerben:

Ferner hat sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten sowie deren Verurteilung zur Auskunftserteilung begehrt.

Das LG hat die Klage abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte sowohl wegen Verletzung der Klagemarke als auch unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Zwar sei wegen der Bindung des Verletzungsrichters an die Eintragung von der Schutzfähigkeit der Klagemarke auszugehen. Eine Markenverletzung i.S.v. § 14 Abs. 2 MarkenG scheide jedoch aus, weil es an der Verwendung der angegriffenen Ware als Marke fehle. Bei dem angegriffenen Erzeugnis handele es sich um eine Konditorware einfacher Form. Das beanstandete Schaumgebäck sei entsprechend dem Vorbringen der Klägerin nur dadurch gekennzeichnet, dass seine Grundfläche kreisrund sei, seine Oberfläche leichte Wellen aufweise sowie über einen Vorsprung (Zipfel) verfüge, der nicht in der Mitte des Produkts, sondern zur Seite gerichtet angeordnet sei. Diese Gestaltung sei weder eigenartig noch originell. Sie unterscheide sich nicht merkbar von den dem Verbraucher vertrauten Formen im Bereich der Back- und Konditorwaren. Ein Törtchen oder Gebäck mit kreisrunder Grundfläche, dessen Oberfläche leichte Wellen aufweise, sei für den Verbraucher nichts Ungewöhnliches. Nichts Anderes gelte für das weitere Merkmal, wonach die Oberfläche einen Zipfel aufweise. Unter diesen Umständen liege die Annahme absolut fern, dass der Verkehr aus der betreffenden Produktform auf die Herkunft der Ware aus einem Unternehmen schließe. Stelle der Vertrieb der beanstandeten Ware selbst keinen markenmäßigen Gebrauch dar, so gelte das auch für die Abbildung dieser Ware auf der Verpackung, da erkennbar aus ihr hervorgehe, dass nichts weiter dargestellt sei als die angebotene Ware als solche.

Ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch bestehe auch deshalb nicht, weil der Geltendmachung des Markenrechts der von der Beklagten erhobene Einwand der missbräuchlichen Rechtsausübung entgegenstehe. Die Klägerin habe die mit der Eintragung der Marke entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes eingesetzt. Sie habe vorliegend eine Produktform als dreidimensionale Marke schützen lassen, die sie nicht selbst kreiert habe. Bei der von ihr als Marke angemeldeten Warenform handele es sich um eine traditionelle russische Süßwarenspezialität, die in exakt der Form, die sich die Klägerin als Marke habe schützen lassen, seit langem in Russland und den übrigen Staaten der ehemaligen UdSSR hergestellt und dort vertrieben werde. Außerdem sei das in Rede stehende Süßwarenprodukt bereits vor dem Anmeldetag der Klagemarke von Dritten nach Deutschland importiert und hier vertrieben worden. Für die Eintragung der einem traditionellen ausländischen, sogar bereits im Inland vertriebenen Lebensmittelprodukt entsprechenden gattungsgemäßen Warenform sei kein anderer Grund ersichtlich als der, das betreffende Produkt für sich in Deutschland zu monopolisieren und andere Unternehmen vom weiteren Vertrieb der Ware im Inland auszuschließen. Es gehe der Klägerin ersichtlich allein darum, eine Ware, die in ihrem Herkunftsland vorherrschend sei, hier für sich im Inland zu monopolisieren. Hierfür fehle es an einem berechtigten Grund.

Ein Unterlassungsanspruch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz (§ 1 UWG a.F.) bestehe ebenfalls nicht. Es fehle, wie sich aus den Ausführungen zur fehlenden markenmäßigen Benutzung des angegriffenen Erzeugnisses ergebe, die hier entsprechend gälten, bereits an der erforderlichen wettbewerblichen Eigenart des von der Klägerin vertriebenen Süßwarenprodukts. Das von der Klägerin vertriebene Schaumgebäck zeichne sich durch keine besonderen herkunftshinweisenden Merkmale ggü. bekannten Produktformen auf dem Gebiet der Back- und Konditorwaren aus. Außerdem könne allein darin, dass die Beklagte im Inland eine traditionelle russische Süßwarenspezialität vertreibe, die schon vor der Klägerin in der beanstandeten Form von Dritten nach Deutschland importiert und hier vertrieben worden sei, kein unlauteres Verhalten gesehen werden.

II. Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Das Berufungsgericht hat mit Recht markenrechtliche Ansprüche der Klägerin auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und auf Auskunftserteilung gem. § 14 Abs. 5 und 6 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG, § 242 BGB verneint.

a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Klägerin ein Unterlassungsanspruch gem. § 14 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG nicht zusteht, weil es an einer Verwendung der angegriffenen Ware als Marke fehlt.

aa) Die Feststellung einer Markenbenutzung im Sinne einer Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 MarkenG setzt grundsätzlich voraus, dass die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung oder Gestaltungsform markenmäßig erfolgt, also im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Ware eines Unternehmens von denen anderer dient (EuGH, Urt. v. 23.2.1999 - Rs. C-63/97, Slg. 1999, I-905 Tz. 38 = GRUR-Int. 1999, 438 = WRP 1999, 407 - BMW/Deenik; Urt. v. 12.11.2002 - Rs. C-206/01, Slg. 2002, I-10273 Tz. 47 ff. = GRUR 2003, 55 = WRP 2002, 1415 - Arsenal Football Club; BGH v. 5.12.2002 - I ZR 91/00, BGHZ 153, 131 [138] = MDR 2003, 705 = BGHReport 2003, 391 - Abschlussstück; Urt. v. 7.10.2004 - I ZR 91/02, Umdr. S. 8/9 - Lila-Schokolade).

bb) Die Beurteilung, ob eine Warengestaltung vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden und somit markenmäßig verwendet wird, obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter (BGH v. 5.12.2002 - I ZR 91/00, BGHZ 153, 131 [139] = MDR 2003, 705 = BGHReport 2003, 391 - Abschlussstück). Das Berufungsgericht hat seine Feststellung, im Streitfall könne sowohl im bloßen Vertrieb des angegriffenen Süßwarenprodukts als auch in dessen Abbildung auf der Produktverpackung keine markenmäßige Benutzung i.S.d. § 14 Abs. 2 MarkenG gesehen werden, entgegen der Ansicht der Revision rechtsfehlerfrei begründet.

(1) Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher in dem angegriffenen Süßwarenprodukt der Beklagten nur die Ware selbst sehen wird, nicht aber auch einen Hinweis auf die Herkunft aus einem Unternehmen. Es handele sich um ein Konsumgut aus dem Bereich der Back- und Konditorwaren. Der Verbraucher sei bei diesen Waren an die Verwendung vielfältiger Formen gewöhnt, die er deshalb häufig lediglich als solche und nicht auch als Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Unternehmen verstehe. Eine markenmäßige Benutzung der Warengestaltung komme bei derartigen Waren grundsätzlich nur in Betracht, wenn besondere Merkmale gegeben seien. Diese lägen im Streitfall nicht vor. Die Gestaltung des beanstandeten Schaumgebäcks der Beklagten unterscheide sich nicht merkbar von den dem Verbraucher vertrauten Formen im Bereich der Back- und Konditorwaren. Ein Törtchen oder Gebäck mit kreisrunder Grundfläche, dessen Oberfläche leichte Wellen aufweise, sei für den Verbraucher nichts Ungewöhnliches. Es sei auch weder dargetan noch ersichtlich, dass es sich bei der Klagemarke um eine auf Grund langjähriger Benutzung dem Verkehr besonders bekannte, auf die Klägerin hinweisende Warenform handele.

(2) Diese Erwägungen des Berufungsgerichts lassen einen Rechtsfehler nicht erkennen. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass der Verkehr die Formgestaltung einer Ware regelmäßig nicht in gleicher Weise wie Wort- und Bildmarken als Herkunftshinweis auffasst (BGH v. 5.12.2002 - I ZR 91/00, BGHZ 153, 131 [140] = MDR 2003, 705 = BGHReport 2003, 391 - Abschlussstück, m.w.N.). Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiter darauf abgestellt, dass sich im vorliegenden Fall eine Kennzeichnungsfunktion der angegriffenen Produktform weder aus den Gestaltungsgewohnheiten auf dem einschlägigen Warengebiet noch daraus ergibt, dass die Gestaltung der Klagemarke als Herkunftshinweis auf die Klägerin bekannt geworden ist (BGH, Urt. v. 6.7.2000 - I ZR 21/98, MDR 2001, 465 = GRUR 2001, 158 [160] = WRP 2001, 41 - Drei-Streifen-Kennzeichnung). Mit Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass der Verkehr unter diesen Umständen auch in der Abbildung der Ware auf der Verpackung nur eine bildliche Beschreibung des in der Verpackung befindlichen Süßwarenprodukts als solches sieht und keinen Hinweis auf die Herkunft der abgebildeten Ware. Abbildungen, die sich in der Darstellung der typischen Merkmale der Ware erschöpfen, fasst der Verkehr nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft auf (BGH, Beschl. v. 20.11.2003 - I ZB 15/98, BGHReport 2004, 963 = GRUR 2004, 502 [504] = WRP 2004, 752 - Gabelstapler II; Beschl. v. 29.4.2004 - I ZB 26/02, BGHReport 2004, 1295 = GRUR 2004, 683 [684] = WRP 2004, 1040 - Farbige Arzneimittelkapsel, m.w.N.).

cc) Soweit die Revision beanstandet, diese Feststellungen des Berufungsgerichts widersprächen dem Grundsatz, dass der Verletzungsrichter an die Eintragung der Klagemarke gebunden sei, ihr also eine zumindest schwache Kennzeichnungskraft zubilligen müsse, vermag sie einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht aufzuzeigen.

(1) Die Revision sieht einen Widerspruch darin, dass aus den Feststellungen des Berufungsgerichts zum Fehlen der Herkunftshinweisfunktion der - ihrer Ansicht nach mit der geschützten Form identischen - angegriffenen Gestaltung folge, dass auch die Klagemarke nicht geeignet sei, den Verkehr auf die Herkunft des nach der Klagemarke gestalteten Produkts hinzuweisen. Dies ist nicht der Fall. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht nicht gegen den Grundsatz verstoßen, dass das Verletzungsgericht an die Eintragung der Klagemarke gebunden ist (dazu BGH v. 28.8.2003 - I ZR 257/00, BGHZ 156, 112 [117 f.] = BGHReport 2003, 1421 - Kinder; Urt. v. 3.11.1999 - I ZR 136/97, GRUR 2000, 888 [889] = WRP 2000, 631 - MAG-LITE; Urt. v. 7.10.2004 - I ZR 91/02, Umdr. S. 7 - Lila-Schokolade).

(2) Ein Verstoß gegen die Bindung des Verletzungsgerichts an die Eintragung der Klagemarke ist nicht gegeben, weil sich diese Bindung nur auf die Tatsache der Eintragung und die zu Grunde liegenden Feststellungen zu den Eintragungsvoraussetzungen und -hindernissen bezieht, die bei der Eintragung eines Zeichens als Marke Prüfungsgegenstand sind (BGH v. 3.11.1999 - I ZR 136/97, GRUR 2000, 888 [889] - MAG-LITE). Der Verletzungsrichter hat deshalb davon auszugehen, dass bei eingetragenen Marken ein Eintragungshindernis nicht besteht. Es ist ihm folglich verwehrt, der Marke in der eingetragenen Form beispielsweise jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen. Dieses Verbot hat das Berufungsgericht beachtet. Es hat nicht darauf abgestellt, dass der eingetragenen dreidimensionalen Marke für feine Backwaren und Konditoreiwaren jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

(3) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass das Berufungsgericht eine Herkunftshinweisfunktion der (identischen) angegriffenen Verletzungsform verneint hat. Einem Zeichen ist zwar gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG die Eintragung zu versagen, wenn ihm die (konkrete) Eignung fehlt, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von ihm erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st.Rspr.; BGH, Beschl. v. 29.4.2004 - I ZB 26/02, BGHReport 2004, 1295 = GRUR 2004, 683 [684] - Farbige Arzneimittelkapsel, m.w.N.). Diese Eignung kommt einem Zeichen aber nicht erst dann zu, wenn es bei jeder Art von Verwendung im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden wird. Es reicht vielmehr aus, dass für ein Zeichen, das bei einer Vielzahl von Verwendungen vom Verkehr nicht als Herkunftshinweis verstanden wird, noch weitere praktisch bedeutsame Einsatzmöglichkeiten bestehen, bei denen jedenfalls ein maßgeblicher Teil des angesprochenen Verkehrs einen Herkunftshinweis annehmen wird (BGH, Beschl. v. 21.9.2000 - I ZB 35/98, BGHReport 2001, 49 = GRUR 2001, 240 [242] - SWISS-ARMY). Eine dahingehende der Eintragung der Klagemarke zu Grunde liegende Erwägung hat das Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen.

(4) Im Regelfall besteht somit zwischen der Feststellung des Verletzungsrichters, die Benutzung einer mit der geschützten Marke identischen Bezeichnung oder Gestaltung werde in der beanstandeten konkreten Verwendungsform vom Verkehr nicht als Herkunftshinweis verstanden, und der der Eintragung vorausgehenden Beurteilung, dass das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nicht bestehe, kein Widerspruch. Dies gilt auch, wenn - wie im Streitfall - eine dreidimensionale Form als Marke eingetragen ist und diese Form von dem wegen Verletzung der Marke in Anspruch Genommenen als Gestaltung für eine im Warenverzeichnis angesprochene Ware - hier Konditorware - verwendet wird. Denn einerseits kann der Eintragung der Klagemarke nicht entnommen werden, dass die Benutzung der Marke auf eine Verwendung der eingetragenen Form als Produktform für eine konkrete Ware beschränkt ist, also allein eine Verwendung nur als Produktform gerade für das hier in Rede stehende Schaumgebäck möglich sei. Andererseits besagt die Feststellung des Berufungsgerichts, die Verwendung der Warenform bei dem von der Beklagten vertriebenen Schaumgebäck erfolge nicht markenmäßig, nichts darüber, ob es auf dem Gebiet der Back- und Konditoreiwaren nicht andere praktisch bedeutsame Einsatzmöglichkeiten der geschützten Form gibt, bei denen der Verkehr darin einen Herkunftshinweis sieht. Dies gilt auch für die Verwendung als Produktform. Denn die Erwägungen des Berufungsgerichts beziehen sich allein auf die konkrete Verwendung als Form eines (Schaum-)Gebäcks und schließen daher nicht aus, dass bei anderen Back- und Konditorwaren, bei denen derartige Formen mit Verzierungen nicht in gleicher Weise als üblich festgestellt werden, der Verkehr in der Form einen Herkunftshinweis sieht. Da die Klageform außerdem noch für andere Waren wie u.a. für Gelees, Konfitüren und Fruchtmuse eingetragen ist, bei denen eine Verwendung als Produktform nicht ohne weiteres nahe liegt, sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die angegriffene konkrete Verwendung im vorliegenden Fall die einzige praktisch bedeutsame Einsatzmöglichkeit der eingetragenen Form darstellt.

b) Im Übrigen ist die Revision auch deshalb unbegründet, weil die die angefochtene Entscheidung selbständig tragende Annahme des Berufungsgerichts, der Geltendmachung des Markenrechts stehe der von der Beklagten erhobene Einwand missbräuchlicher Rechtsausübung entgegen, gleichfalls aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist.

aa) Den aus einer Marke hergeleiteten Ansprüchen kann, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nach der Rechtsprechung des Senats einredeweise entgegengehalten werden, dass auf Seiten des Markeninhabers Umstände vorliegen, die die Geltendmachung des markenrechtlichen Schutzes hinsichtlich der angegriffenen Warenform als sittenwidrig i.S.d. § 826 BGB oder als unlauter i.S.d. § 3 UWG erscheinen lassen. Solche Umstände können darin liegen, dass der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder gleichartige Waren die Gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen (st.Rspr., BGH, Urt. v. 19.2.1998 - I ZR 138/95, MDR 1998, 1362 = GRUR 1998, 1034 [1036 f.] = WRP 1998, 978 - Makalu; Urt. v. 10.8.2000 - I ZR 283/97, GRUR 2000, 1032 [1034] = WRP 2000, 1293 - EQUI 2000, m.w.N.). Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, ist das Vorliegen eines schutzwürdigen Besitzstandes eines Vorbenutzers im Sinne einer gewissen Bekanntheit nicht der einzige Umstand, der die Unlauterkeit oder Sittenwidrigkeit der Geltendmachung des Rechts aus einer Marke begründen kann. Das wettbewerbsrechtlich Unlautere (vgl. §§ 3, 4 Nr. 10 UWG) kann auch darin liegen, dass ein Zeichenanmelder die mit der Eintragung des Zeichens kraft Zeichenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (BGH, Urt. v. 28.9.1979 - I ZR 125/75, MDR 1980, 201 = GRUR 1980, 110 [111] - TORCH; Urt. v. 9.10.1997 - I ZR 95/95, MDR 1998, 670 = GRUR 1998, 412 [414] = WRP 1998, 373 - Analgin).

bb) Das Berufungsgericht hat die besonderen, die Wettbewerbswidrigkeit des Vorgehens aus der Marke begründenden Umstände darin gesehen, dass es sich bei der Warenform um eine traditionelle russische Süßwarenspezialität handelt, die exakt in dieser Form seit langem in Russland sowie in den übrigen Staaten der ehemaligen UdSSR hergestellt, dort vertrieben und außerdem bereits vor dem Anmeldetag der Klagemarke von Dritten nach Deutschland importiert und hier vertrieben worden ist. Für einen dahingehenden markenrechtlichen Schutz sei kein anderer Grund ersichtlich als der, das betreffende Produkt für die Klägerin in Deutschland zu monopolisieren und andere Unternehmen wie die Beklagte vom weiteren Vertrieb der Ware im Inland auszuschließen.

cc) Diese Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die gegen die Würdigung des Berufungsgerichts gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch.

Zu Recht hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass ein markenrechtlicher Schutz einer traditionellen, in Russland und den anderen Staaten der ehemaligen UdSSR nicht nur üblichen und gängigen, sondern dort sogar vorherrschenden Produktform für die Annahme spricht, die Klägerin wolle diese Form für sich monopolisieren und zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzen. Das in Rede stehende Süßwarenprodukt, das in der ehemaligen Sowjetunion nach einem bestimmten staatlichen Standard hergestellt wurde, ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bereits vor der Markenanmeldung der Klägerin von mehreren Unternehmen, die es von unterschiedlichen Herstellern in verschiedenen Staaten der früheren UdSSR bezogen haben, nach Deutschland importiert und hier vertrieben worden. Es handelt sich um ein in den Staaten der früheren UdSSR verbreitetes Produkt, das in dieser Form nicht nur von einem einzigen Unternehmen hergestellt wird und an dem der Klägerin kein ausschließliches Import- oder Vertriebsrecht zusteht. Vielmehr gab es schon zum Zeitpunkt der Anmeldung der Klagemarke eine Vielzahl mit der Klägerin konkurrierender Importeure. Der Umstand, dass die Klägerin das in Rede stehende Süßwarenprodukt nach ihrem Vortrag in Deutschland einem größeren Publikum erst nahe gebracht bzw. es für ein breites Publikum erschlossen haben will, kann es entgegen der Auffassung der Revision nicht rechtfertigen, die übrigen Importeure durch die Eintragung der traditionellen Produktform als Marke und das abgeleitete Recht zur alleinigen Benutzung vom Wettbewerb auszuschließen.

2. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden Leistungsschutzes stehen - unabhängig von der Frage des Vorrangs markenrechtlicher Anspruchsgrundlagen (dazu BGH v. 22.11.2001 - I ZR 138/99, BGHZ 149, 191 [195 f.] = BGHReport 2002, 509 = MDR 2002, 835 = CR 2002, 525 - shell.de, m.w.N.) - der Klägerin schon deshalb nicht zu, weil sie weder Herstellerin noch Alleinvertriebsberechtigte des von ihr importierten Süßwarenprodukts ist (BGH, Urt. v. 18.10.1990 - I ZR 283/88, MDR 1991, 618 = CR 1991, 229 = GRUR 1991, 223 [224] - Finnischer Schmuck; Urt. v. 24.3.1994 - I ZR 42/93, MDR 1994, 1200 = GRUR 1994, 630 [634] = WRP 1994, 519 - Cartier-Armreif; Ullmann, FS für v. Gamm, 1990, S. 315, 322).

III. Danach ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1335931

BGHR 2005, 853

GRUR 2005, 414

MDR 2005, 1005

WRP 2005, 610

GRUR-Int. 2005, 724

MarkenR 2005, 234

Mitt. 2005, 311

StoffR 2005, 137

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