Leitsatz (amtlich)

Eine stillschweigende Unterwerfung unter die ADSp kann nur angenommen werden, wenn der Vertragsgegner des Spediteurs wußte oder wissen mußte, daß der Spediteur seinen Geschäften die ADSp zugrunde zu legen pflegt.

Bei einem Speditionsauftrag, der eine Vielzahl von Gegenständen mit jeweils selbständigem Wert umfaßt, gewährt §56 ADSp bei fehlender schriftlicher Wertangabe eine Haftungsfreistellung nur für diejenigen Gegenstände, deren Wert - bei einem Vergleich zwischen Gewicht und Wert für jedes einzelne Stück - über dem Wertsatz von 20 DM pro kg brutto liegt.

 

Normenkette

ADSp; ADSp § 56

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Entscheidung vom 13.02.1952)

LG Berlin

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin-Charlottenburg vom 13. Februar 1952 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Anfang September 1948 beauftragte der Kläger die Beklagte, neun Kisten mit Umzugsgut durch Luftfracht von Berlin nach Stuttgart zu befördern. Der Kläger ließ die Kisten mit 3.000 DM/West versichern und zahlte der Beklagten die nach den Gebührensätzen für Lufttransporte berechnete Fracht. Die Beklagte, die die Speditionsversicherung gezeichnet hat, hat die Kisten am 21. Oktober 1948 einem Eisenbahnwaggon, der mit Aluminium beladen war, beiladen lassen. Der Transport war mit den notwendigen Begleitpapieren für das Aluminium, nicht aber für die Beiladung versehen. Der Waggon wurde, nachdem er die russische Grenzkontrolle zunächst ungehindert passiert hatte, in Westdeutschland als nicht lauffähig beanstandet und zurückgeschickt. Er wurde sodann auf Anordnung der sowjetischen Besatzungsmacht geöffnet und ausgeladen. Sämtliche Güter, darunter auch die neun Kisten des Klägers, wurden beschlagnahmt.

Diesen Sachverhalt teilte die Beklagte dem Kläger auf dessen Anfrage mit Schreiben vom 15. November 1948 mit. In diesem Schreiben heißt es zum Schluß: "Wir bitten, sich bis zum Erhalt einer weiteren Nachricht zu gedulden". Im Verlauf des sich anschließenden Briefwechsels schrieb die Beklagte am 10. Januar 1949 folgendes: "Alle unsere angelegentlichen Bemühungen, um eine Freigabe der durch die russische Grenzkontrolle in Wartha beschlagnahmten Sendungen zu erreichen, sind bis jetzt leider vergeblich gewesen. Auch sehen wir im gegenwärtigen Zeitpunkt keine Möglichkeit, irgendwelche erfolgsversprechende Schritte zu unternehmen. Die beschlagnahmten Güter lagern nach den letzten Meldungen noch immer auf dem Güterbahnhof Wartha/Werra, dennoch hoffen wir, daß eine Freigabe der beschlagnahmten Güter zu erreichen sein wird, wenn gewisse Änderungen in der Gesamtsituation eingetreten sind." Es folgen dann in diesem Schreiben Ausführungen darüber, warum die Beklagte glaubt, die Schadensersatzansprüche des Klägers ablehnen zu können. Erst am 23. September 1949 sandte die Beklagte unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 15. November 1948 dem Kläger eine genaue Abrechnung und stellte ihm den für den Lufttransport gezahlten Betrag abzüglich einiger Ausgaben zur Verfügung.

Der Kläger hat mit der am 3. Oktober 1949 zugestellten Klage beantragt, die Beklagte zur Zahlung eines Teilschadensersatzbetrages von 6.612 DM/West nebst Zinsen zu verurteilen. Er hat vorgetragen, daß die in den Kisten verpackten Gegenstände einen Wert von 39.672 DM gehabt hätten.

Die Beklagte hat Klageabweisung begehrt. Sie bestreitet den Klaganspruch dem Grund und der Höhe nach. Sie beruft sich insbesondere auf die Haftungsbeschränkungen nach den Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp) und wendet weiterhin Verjährung ein.

Das Landgericht hat nach einer Beweisaufnahme die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht geht davon aus, daß es sich bei den Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen um Rechtsnormen handelt, die mit dem Abschluß eines Speditionsvertrages unabhängig von dem Willen der Parteien das Vertragsverhältnis auch dann bestimmen, wenn der Vertragsgegner des Spediteurs diese Rechtsnormen weder kannte noch kennen mußte. Zu Unrecht beruft sich das Berufungsgericht für diese Rechtsauffassung auf die Entscheidung des Senats vom 19. Januar 1951 (BGHZ 1, 83). Der Senat hat zwar in dieser Entscheidung unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts zu den allgemeinen typischen Vertragsbedingungen die ADSp als eine fertig bereitliegende Rechtsordnung charakterisiert und daraus die Folgerung gezogen, daß es nicht darauf ankomme, was dem in diese Rechtsordnung Eintretenden im einzelnen von ihrem Inhalt bekannt sei. Aus den weiteren Urteilsgründen ergibt sich jedoch, daß es nach Ansicht des Senats stets einer Unterwerfung unter diese Rechtsordnung bedarf, die freilich auch stillschweigend erfolgen kann. Dieser Standpunkt, den der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 5. Oktober 1951 (BGHZ 3, 200 [203]) bestätigt hat, wird aufrecht erhalten. Hiernach hätte es im Streitfall einer Prüfung bedurft, ob eine stillschweigende Unterwerfung des Klägers unter die ADSp angenommen werden kann.

Dieser Rechtsfehler ist aber nicht entscheidungserheblich. Die Klage ist dem Grunde nach auch dann begründet, wenn das Vertragsverhältnis der Parteien den ADSp unterliegen sollte. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger ausdrücklich eine Beförderung der Güter durch die Luft verlangt, "weil den Russen nicht zu trauen sei" und die Zurückhaltung der Güter für den Fall gefordert, daß ein Lufttransport undurchführbar sein sollte. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Beklagte an diese Weisungen des Klägers gemäß §11 ADSp gebunden war. Zu Unrecht glaubt die Revision, die Handlungsweise der Beklagten aus §665 BGB oder §13 ADSp rechtfertigen zu können. Da der Kläger die Beklagte ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht hatte, daß er einen Transport der Güter auf dem Landweg für zu unsicher hielt und für den Fall einer Undurchführbarkeit des Lufttransportes die Zurückhaltung der Güter angeordnet hatte, bestand für die Beklagte auch subjektiv kein Grund zu der Annahme, der Kläger könne die Abweichung von diesen klaren, eindeutigen Weisungen billigen (RGZ 90, 129 [131]). Mindestens hätte die Beklagte dem Kläger die beabsichtigte Abweichung von seinen Weisungen anzeigen und die Entschließung des Klägers abwarten müssen (§665 S. 2 BGB). Es ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß die Beklagte, indem sie die Kisten ohne die erforderlichen Begleitpapiere als heimliche Beiladung auf dem Landweg befördern ließ, gerade dasjenige getan hat, was der Kläger nach seinem eindeutig zum Ausdruck gelangten Willen auf jeden Fall verhindern wollte. Eine Anwendung von §13 ADSp scheidet schon deshalb aus, weil die Weisungen des Klägers nicht nur ausreichend, sondern auch ausführbar waren; denn einer Zurückhaltung der Kisten wegen Undurchführbarkeit des Lufttransportes stand nichts entgegen.

Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die Aussage des Zeugen B. nicht berücksichtigt, wonach der Kläger den Transport sehr eilig gemacht habe, kann nicht durchgreifen. Sie vermag die allein entscheidungserhebliche Tatsache nicht auszuräumen, daß der Kläger trotz der Eilbedürftigkeit des Transportes seinen Auftrag ausdrücklich auf den Luftweg beschränkte. Im übrigen ging das Telegramm des Klägers vom 22.10.1949 sowie die weiteren Schreiben und Anfragen des Klägers nach dem Verbleib der Kisten erst bei der Beklagten ein, nachdem die Kisten bereits der Bahn übergeben waren. Diese Maßnahmen des Klägers können somit die Handlungsweise der Beklagten nicht mehr beeinflußt haben.

Unerheblich ist auch, ob zur fraglichen Zeit Warenbegleitpapiere für die Bahnbeförderung von Privatgütern überhaupt nicht erteilt wurden und ob auch beim Luftversand viele Güter in Verlust gerieten. Da der Kläger einen Bahntransport der Beklagten erkennbar gerade nicht gewollt hatte, erübrigte sich für das Berufungsgericht sowohl eine Abwägung der Gefahrenlage wie eine Prüfung, ob der Beklagte die Nichtbeschaffung von Begleitpapieren für den Bahntransport als Verschulden anzurechnen sei. Deshalb sind auch die in diesem Zusammenhang aus §139 ZPO erhobenen Rügen der Revision unbegründet.

Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe ihre Pflichten aus §408 Abs. 1 HGB schuldhaft verletzt, läßt hiernach keinen Rechtsverstoß erkennen. Eine Haftung der Beklagten für den dem Kläger aus dieser Pflichtverletzung entstandenen Schaden ist auch nach den ADSp gegeben (§§51, 52 ADSp). Die Annahme des Berufungsgerichts, daß das schuldhafte Verhalten der Beklagten für den Verlust der Güter ursächlich gewesen sei, unterliegt gleichfalls keinen rechtlichen Bedenken. Nach den unangreifbaren tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts war die unerlaubte Beiladung der Kisten zu dem Aluminiumtransport der Grund für ihre Beschlagnahme. Diese unerlaubte Beiladung bildete somit eine conditio sine qua non im Sinne des von der Revision angezogenen Urteils des Senats vom 11. Mai 1951 für den Verlust der Güter (BGHZ 2, 138). Dieser eine conditio sine qua non darstellende Umstand erhöhte aber zugleich generell die Schadensmöglichkeit und war daher auch die adäquate haftungsauslösende Ursache für den eingetretenen Schaden (vgl. Anm. von Lindenmaier zum Urteil des Senats vom 11. Mai 1951 in Lindenmaier-Möhring §249 Nr. 1). Der Umstand, daß die Waggons von westzonalen Dienststellen in die russische Besatzungszone zurückgesandt und dabei die Güter beschlagnahmt wurden, hielt sich im Rahmen der von der Beklagten geschaffenen erhöhten Gefahrenlage. Der Verlust der Güter war daher eine adäquate Folge der Vertragsverletzung der Beklagten. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, der Beklagten als einem Westberliner Speditionsunternehmen sei bekannt gewesen, daß die sowjetischen Kontrollorgane alle Güter beschlagnahmten, die entgegen ihren Bestimmungen über die Zonengrenzen befördert werden sollten, die Beschlagnahme sei somit für die Beklagte voraussehbar gewesen. Damit stellt das Berufungsgericht auch die Schuldhaftigkeit des Handelns der Beklagten fest, die lediglich die Voraussehbarkeit irgendeines schädlichen Erfolges erfordert (RGZ 69, 344; 136, 10; 148, 165; OGHBrZ NJW 1950, 905).

Die auf §§301, 304 ZPO gestützte Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die Einrede der Beklagten, ihre Haftung sei nach §54 a Ziff 2 ADSp beschränkt, nicht berücksichtigt, kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil diese Haftbeschränkung - im Gegensatz zu der Beschränkung der Haftung auf bestimmte Vermögensgegenstände - nur die Höhe, nicht den Grund des Anspruchs berührt und somit diese Frage dem Betragsverfahren vorbehalten bleiben konnte.

Der Angriff der Revision, das Berufungsgericht habe die Einwendungen der Beklagten aus §56 a ADSp nicht beschieden, ist unbegründet. Ein Zusammenhalt von Tatbestand und Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergibt, daß das Berufungsgericht aus diesen Einwendungen die Geltendmachung einer Haftungsbeschränkung, nicht aber einer Freistellung von jeglicher Haftung entnommen hat. Dies stimmt auch mit dem eigenen Sachvortrag der Beklagten in den Tatsacheninstanzen überein, wonach die Beklagte aus der fehlenden Wertangabe nur einen Wegfall ihrer Haftung für die mitgesandten Wertgegenstände und Kostbarkeiten folgern will. Es entspricht aber auch allein dem Sinn und Zweck des §56 ADSp, bei Speditionsaufträgen, die eine Vielzahl von Gegenständen umfassen, die jeder einen selbständigen Wert haben, die Freistellung von der Haftung nur für solche Gegenstände anzunehmen, deren Wert - bei einem Vergleich zwischen Gewicht und Wert für jedes einzelne Stück - über dem fraglichen Wertsatz von 20 DM pro kg liegt (Krien, Allgemeine Spediteurbedingungen Anm. 2 d zu §56; Isaac, Das Recht des Spediteurs 1928 Anm. 3 e zu §62). Nach der von dem Kläger überreichten Aufstellung über den Inhalt der neun Kisten kommt dies nur für einzelne der in Verlust geratenen Güter in Betracht. Das Berufungsgericht konnte somit, da nur ein verhältnismäßig geringfügiger Teilbetrag des Gesamtschadens eingeklagt ist, rechtlich bedenkenfrei auch die Prüfung des Einwands aus §56 ADSp dem Betragsverfahren vorbehalten.

Soweit die Beklagte erstmalig in der Revisionsinstanz geltend macht, der Kläger habe den Schaden schuldhaft mitverursacht, weil sie die Kisten unter Sonderverschluß genommen und nicht einem Bahntransport beigeladen haben würde, wenn der Kläger sie auf den hohen Wert der Güter hingewiesen hätte, handelt es sich um ein neues, tatsächliches Vorbringen, das in der Revisionsinstanz keine Berücksichtigung finden kann. Die Beklagte setzt sich zudem insoweit mit ihrem eigenen Sachvortrag in Widerspruch, wonach sie den gewählten Weg als sicher und jedenfalls nicht gefährlicher als einen Lufttransport angesehen haben will.

Das Berufungsgericht hat schließlich rechtsirrtumsfrei verneint, daß der Einwand der Verjährung aus §64 ADSp durchgreife. Wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, gilt der in §225 Satz 2 BGB aufgestellte Grundsatz, wonach eine vertragliche Abkürzung der Verjährungsfrist zulässig ist, zwar auch für Ansprüche aus vertraglichem Verschulden, und erstreckt sich sogar auf das vorsätzliche Verschulden (RGZ 135, 174 [176]; RG in LZ 30, 248). Die Annahme des Berufungsgerichts, daß der Verjährungseinrede im Streitfall der Gegeneinwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehe, ist jedoch rechtlich bedenkenfrei. Zu Recht hat das Berufungsgericht aus der Bitte der Beklagten in ihrem Schreiben vom 15. November 1948, der Kläger möge sich bis zum Erhalt weiterer Nachrichten gedulden, da der endgültige Verlust der Kisten noch nicht feststehe, in Verbindung mit der Mitteilung in ihrem Schreiben vom 10. Januar 1949, daß sie auf eine Freigabe der Güter hoffe, sobald gewisse Änderungen in der Gesamtsituation eingetreten seien, gefolgert, die Beklagte habe durch ihr eigenes Verhalten den Kläger von der früheren gerichtlichen Geltendmachung seines Schadensersatzanspruches abgehalten. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts, der sich der Senat anschließt, daß der Verjährungseinrede der Arglisteinwand entgegengesetzt werden kann, wenn der Schuldner den Gläubiger, sei es auch unabsichtlich, von der Erhebung der Klage abgehalten hat. Die Verjährungseinrede ist in einem solchen Fall mit dem früheren Verhalten des Schuldners nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unvereinbar (RGZ 153, 101 [108]).

Der Auffassung des Berufungsgerichts, daß die Verjährungsfrist erst von dem Zeitpunkt zu laufen begonnen habe, in dem die den Arglisteinwand begründenden Umstände weggefallen seien, kann zwar nicht beigetreten werden. Nach dem Wegfall dieser Umstände bestimmt sich vielmehr die Frist für die Geltendmachung des Anspruchs nach den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs und den Umständen des Falles (RGZ 158, 135 [139]). Da die Beklagte aber, nachdem sie den Kläger hinsichtlich einer etwaigen Freigabe der Güter vertröstet hatte, erst mit Schreiben vom 23. September 1949 dem Kläger eine Abrechnung über die gezahlten Luftfrachtgebühren übersandt und damit erstmalig offenbart hat, daß sie den Verlust der Güter als endgültig ansehe, sind die die Klagerhebung verhindernden Umstände frühestens Ende September 1949 weggefallen. Dann aber ist die am 3. Oktober 1949 zugestellte Klage rechtzeitig erhoben.

Unbegründet ist die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe unter Verletzung von §286 ZPO das Schreiben des Vertreters des Klägers vom 31. Januar 1949 und die Antwort der Beklagten vom 8. Februar 1949 nicht gewürdigt. Die fraglichen Schreiben befassen sich nur mit der etwaigen Schadensersatzpflicht der Beklagten im Fell eines endgültigen Verlustes der Güter. Der Umstand, daß die Beklagte eine Schadensersatzpflicht unter Hinweis auf die ADSp schon damals abgelehnt hat, ändert nichts daran, daß der Kläger, solange die Beklagte eine Freigabe der Güter als möglich in Aussicht stellte, mit einer Verjährung seiner Ansprüche nicht zu rechnen brauchte.

Nach alledem war das Grundurteil aufrecht zu erhalten, was zur Zurückweisung der Revision der Beklagten führen mußte. Im Betragsverfahren wird zu prüfen bleiben, ob eine stillschweigende Unterwerfung des Klägers unter die ADSp angenommen werden kann. Hierbei kommt es nicht auf einen Unterwerfungswillen des Klägers an, sondern darauf, ob er wußte oder wissen mußte, daß die Beklagte ihren Speditionsgeschäften die ADSp zugrunde zu legen pflegt. Für diese Frage ist von Bedeutung, welche Anforderungen an die Lebens- und Geschäftserfahrung des Klägers unter Berücksichtigung seines Berufskreises gestellt werden können.

Ergibt diese Prüfung, daß das Vertragsverhältnis den ADSp unterliegt, so bleibt zu klären, ob sich die Beklagte auf die Haftungsbeschränkungen aus §52 a, §56 ADSp berufen kann. Zwar kann der Auffassung des Klägers nicht beigetreten werden, daß nach §41 c ADSp die fraglichen Haftungserleichterungen hinfällig seien, weil die Beklagte keine Transportversicherung für eine Beförderung der Kisten auf dem Landweg abgeschlossen habe. Gerade derartige Fälle werden durch den Abschluß einer Speditionsversicherung ergriffen, die nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils von den Beklagten gezeichnet worden ist. Der in §41 c vorausgesetzte Sachverhalt ist somit im Streitfall nicht gegeben.

Die Haftungserleichterungen der ADSp ständen aber der Beklagten jedenfalls dann nicht zur Seite, wenn sie den Schaden durch bedingten Vorsatz herbeigeführt hätte; denn die Haftung für eigenen Vorsatz kann nicht im voraus erlassen oder beschränkt werden (§276 Abs. 2 BGB). Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Beklagte grob fahrlässig oder darüber hinaus mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Für die Annahme eines bedingten Vorsatzes reicht es aus, daß die Beklagte, als sie den Transport auf dem Landweg wählte, das Bewußtsein gehabt hat, dadurch könne der Klägerin ein nicht ganz fernliegender Schaden entstehen und wenn sie diesen möglichen Erfolg um des von ihr verfolgten Zweckes willen mit in ihren Willen aufgenommen und gebilligt hat. Der Tatrichter wird gegebenenfalls zu prüfen haben, ob diese Voraussetzungen im Streitfall bejaht werden können.

Die Kosten der Revision waren gemäß §97 ZPO der Beklagten aufzuerlegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3018508

BGHZ 9, 1 - 6

BGHZ, 1

DB 1953, 209 (Volltext mit amtl. LS)

NJW 1953, 541

NJW 1953, 541-542 (Volltext mit amtl. LS)

JR 1953, 140

MDR 1953, 353

MDR 1953, 353-354 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)

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