Entscheidungsstichwort (Thema)

Bürgschaft, Sittenwidrigkeit, seelische Zwangslage

 

Leitsatz (amtlich)

Die Bürgschaft eines Ehegatten, die seine Leistungsfähigkeit weit übersteigt, ist in der Regel sittenwidrig, wenn der Gläubiger das Darlehen schon in erheblichem Umfang ausgezahlt hatte, ehe er die Bürgschaft verlangte, obwohl er von Anfang an deren Notwendigkeit kannte und den Darlehensnehmer hierüber nicht aufklärte.

 

Normenkette

BGB § 138 Abs. 1, § 765

 

Verfahrensgang

Saarländisches OLG

LG Saarbrücken

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch.

Der Ehemann der Beklagten gründete im Jahre 1991 die W. GmbH (fortan: GmbH), deren Geschäftsführer und Gesellschafter er wurde. Er vereinbarte mit der Klägerin eine Finanzierung der Unternehmensgründung. Danach sollten die Kredite der Klägerin an den Ehemann der Beklagten und die GmbH in Höhe von insgesamt 665.000 DM von der Sicherung durch eine Ausfallbürgschaft der F. R. (im folgenden: F.) abhängig sein. Am 2. Dezember 1991 beantragte der Ehemann der Beklagten eine solche Bürgschaft in Höhe von 532.000 DM; der Antrag wurde von der Klägerin der F. übersandt. Nach deren „Bürgschaftsrichtlinien”, die in einer „Bereitschaftserklärung” der Klägerin vom 10. Dezember 1991 anerkannt wurden, haben der Ehegatte des Kreditnehmers sowie Gesellschafter und ihre Ehegatten grundsätzlich für den verbürgten Kredit mitzuhaften. Schon vor der Entscheidung der F. stellte die Klägerin dem Ehemann der Beklagten auf dessen Wunsch erhebliche Kredite zur Verfügung, mit denen dieser die gewerbliche Tätigkeit aufnahm.

Mitte Februar 1992 forderte die F. eine Bürgschaft der Beklagten in Höhe von 665.000 DM. Auf die Mitteilung der Kreditnehmer, dieses Verlangen widerspreche der Finanzierungsvereinbarung, behielt sich die Klägerin in ihrem Antwortschreiben vom 2. März 1992 einen Widerruf ihrer Kreditzusage vor, falls sich eine einvernehmliche Regelung mit der F. nicht kurzfristig treffen lasse. Am 6. März 1992 erklärte sich die F. gegenüber der Klägerin bereit, die Ausfallbürgschaft zu übernehmen, falls die Beklagte sich in Höhe von 100.000 DM selbstschuldnerisch verbürge. Am 16. März 1992 unterzeichnete die Beklagte eine „betragsmäßig beschränkte Einzelbürgschaft”, in der sie sich bis zum Betrag von 100.000 DM – zuzüglich Zinsen und Kosten – für Kreditforderungen der Klägerin gegen den Ehemann der Beklagten und die GmbH als Selbstschuldnerin verbürgte. Gleichzeitig übernahm die Beklagte die gesamtschuldnerische Mithaftung für ein „Eigenkapitalhilfedarlehen” von 200.000 DM, das die D. A. dem Ehemann – im Rahmen der Finanzierung der Unternehmensgründung – gewährte. Daraufhin wurden die weiteren Kredite ausgezahlt. Damals erzielte die im Jahre 1960 geborene, vermögenslose Beklagte, die 1989 mit ihrem Ehemann Gütertrennung vereinbart hatte, halbtags als Bürokauffrau ein monatliches Bruttoeinkommen von 2.287 DM; aus ihrer Ehe ist ein 1989 geborenes Kind hervorgegangen. Die Beklagte beabsichtigte, bei einer erfolgreichen Entwicklung des Unternehmens ihres Ehemannes ihre Berufstätigkeit aufzugeben.

Im Jahre 1993 wurde über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet. Die Klägerin kündigte die Kredite und verlangt Rückzahlung von fast 600.000 DM.

Der Klage auf Zahlung einer Bürgschaftssumme von 100.000 DM nebst Zinsen haben Land- und Oberlandesgericht stattgegeben. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache (§§ 564, 565 Abs. 1 ZPO).

I.

Erfolglos wendet sich die Revision gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagte habe ihre Bürgschaftserklärung nicht wirksam widerrufen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften vom 16. Januar 1986 (BGBl I 122). Es kann dahinstehen, ob dieses Gesetz gemäß der Ansicht des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (Urt. v. 9. März 1993 – XI ZR 179/92, NJW 1993, 1594, 1595; vgl. Urt. v. 26. September 1995 – XI ZR 199/94, z.V.b.) – entgegen dem Senatsurteil vom 24. Januar 1991 (IX ZR 174/90, BGHZ 113, 287) – auf Bürgschaften anzuwenden ist. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, so ist § 1 Abs. 1 Nr. 1 dieses Gesetzes nicht erfüllt, wenn der Hauptschuldner seine Ehefrau zur Unterzeichnung einer Bürgschaftserklärung in der Privatwohnung veranlaßt hat (vgl. BGH, Urt. v. 9. März 1993 – XI ZR 179/92, aaO).

II.

Zu Recht beanstandet jedoch die Revision die Auffassung des Berufungsgerichts, die Bürgschaft der Beklagten sei nicht nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und nichtig.

Dieses hat ausgeführt: Eine finanzielle Überforderung habe die Beklagte nicht dargelegt. Zwar könne sie wegen der Versorgung des Kindes derzeit nicht ganztägig berufstätig sein. Dies könne sich ändern, sobald das Kind nicht mehr in gleicher Weise betreut werden müsse. Es könne dahinstehen, ob der Ehemann den Fortbestand der Ehe in Frage gestellt habe, um die Beklagte zur Übernahme der Bürgschaft zu bewegen, und ob er diese nur als „Formalie” bezeichnet habe; die Beklagte habe nicht behauptet, daß ein solches Vorgehen ihres Ehemannes der Klägerin bekannt gewesen sei. Die Beklagte sei bei Vertragsschluß nicht völlig finanziell abhängig gewesen. Sie könne sich nicht darauf berufen, daß die Klägerin für ihren Ehemann eine Zwangslage geschaffen habe, weil dieser die Vorfinanzierung der Unternehmensgründung durch die Klägerin gewünscht habe. Die Initiative zum Abschluß des Bürgschaftsvertrages sei von der F. ausgegangen. Da das Unternehmen die Existenzgrundlage für die gesamte Familie habe werden sollen, hätte die Beklagte unmittelbare wirtschaftliche Vorteile aus den Krediten gezogen.

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine Bürgschaft nicht schon deswegen nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, weil der Bürge bei Vertragsschluß seine Schuld nicht erfüllen kann und dies auch für die Zukunft allenfalls unter besonders günstigen Voraussetzungen zu erwarten ist. Eine Bürgschaft ist vielmehr in der Regel erst dann unwirksam, wenn der Bürge durch weitere, dem Gläubiger zurechenbare Umstände erheblich beeinträchtigt wird und dadurch ein unerträgliches Ungleichgewicht zwischen den Vertragspartnern entsteht. Dieses kann sich insbesondere dann ergeben, wenn der Gläubiger zum eigenen Nutzen eine seelische Zwangslage des Bürgen herbeiführt und dadurch dessen Entschließungsfreiheit unredlich beeinflußt (BGH, Urt. v. 5. Januar 1995 – IX ZR 85/94, ZIP 1995, 203 m.w.N.).

2. Die Revision rügt mit Recht, das Berufungsgericht habe Vorbringen der Beklagten außer acht gelassen, das rechtserheblich sei für die erforderliche Abwägung, ob die Bürgschaft nach ihrem Gesamtcharakter, der sich nach den Umständen bei Vertragsschluß aus einer Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck des Rechtsgeschäfts ergibt, mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (vgl. BGHZ 120, 272, 275 f; 125, 206, 210; BGH, Urt. v. 24. Februar 1994 – IX ZR 227/93, WM 1994, 680, 681).

a) Die Bürgschaft in Höhe von 100.000 DM zuzüglich Zinsen und Kosten überstieg – unabhängig von einer weiteren Belastung der Beklagten durch ihren Schuldbeitritt – die gegenwärtige und künftig zu erwartende Leistungsfähigkeit der Beklagten erheblich. Die vermögenslose Beklagte, die ihr im Jahre 1989 geborenes Kind zu versorgen hat, konnte aus ihrem Einkommen als halbtags tätige – angestellte – Bürokauffrau, das bei Vertragsschluß monatlich 2.287 DM brutto betrug, mit Rücksicht auf die Pfändungsgrenze (§ 850c ZPO) schon wegen der anfallenden Zinsen die verbürgte Schuld nicht tilgen. Selbst bei einer künftigen Ganztagsarbeit könnte die Beklagte außer Zinszahlungen nur geringe Tilgungsbeträge aufbringen. Diese Belastung der Beklagten wurde – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – nicht dadurch aufgewogen, daß die Beklagte sich bei einem Erfolg des von ihrem Ehemann gegründeten Unternehmens nur noch ihrer Familie und dem Haushalt widmen wollte. Wegen der ungewöhnlich hohen Verbindlichkeiten, die die Beklagte, ihr Ehemann und das Unternehmen übernehmen mußten, war ein solcher Unternehmenserfolg unsicher und lag allenfalls in weiter Ferne.

Der Klägerin waren nach der Behauptung der Beklagten deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse bekannt. Sollte dies nicht zutreffen, weil die Klägerin entgegen banküblicher Gepflogenheit die Werthaltigkeit der Bürgschaft nicht überprüft hat, so hätte sich die Klägerin der Erkenntnis, welchen geringen Wert die Sicherheit bietet, bewußt verschlossen (vgl. BGHZ 125, 206, 213).

b) Nach ihrem Vorbringen ist die Beklagte ihre Bürgschaft in einer seelischen Zwangslage eingegangen.

Nachdem die Klägerin den in Aussicht gestellten Kredit von 665.000 DM bereits in Höhe von 400.000 DM vorfinanziert und der Ehemann der Beklagten diese Mittel zum Aufbau des neuen Unternehmens verwendet hatte, hat die Klägerin – mit Schreiben vom 2. März 1992 – den Ehemann der Beklagten und die GmbH vor die Wahl gestellt, entweder eine – zuvor nicht geforderte – selbstschuldnerische Bürgschaft der Beklagten beizubringen, weil diese von der als Ausfallbürgin vorgesehenen F. verlangt werde, oder möglicherweise den Widerruf der Kreditzusage hinzunehmen. Bei Rücknahme dieser Zusage drohte den Kreditnehmern der wirtschaftliche Zusammenbruch; es bestand die Gefahr, daß nicht rechtzeitig eine andere finanzierende Bank gefunden werden konnte, die der Klägerin die Kredite zurückzahlte, die schon zum Erwerb des Betriebsgrundstücks und der Maschinen verbraucht worden waren, und die darüber hinaus die weiteren Mittel zur Verfügung stellte, welche das Unternehmen zur Weiterführung der – im Februar 1992 aufgenommenen – Produktion und zum vollständigen Aufbau benötigte.

Die Forderung der Klägerin, die Beklagte solle für Verbindlichkeiten ihres Ehemannes und des von diesem gegründeten Unternehmens einstehen, verbunden mit der Mitteilung, sonst könne die – bereits überwiegend vollzogene Kreditzusage rückgängig gemacht werden, hat die Beklagte nach ihrem Vorbringen in eine Zwangslage versetzt. Die Beklagte hat behauptet, ihr Ehemann habe ihr am 16. März 1992 die beiden – von der Klägerin übersandten – Haftungsformulare vorgelegt und sie zur Unterschrift gedrängt mit der Erklärung, er habe schon erhebliche Mittel der Klägerin für das Unternehmen in Anspruch genommen, nunmehr verlange man nachträglich die Unterschriften der Beklagten; für den Fall, daß sie nicht unterzeichne, sei schon die Kündigung der gewährten Kredite angedroht worden und der finanzielle Ruin unausweichlich. Ihr Ehemann habe sie vor die Wahl gestellt: Unterschrift unter Bürgschaft und Darlehensvertrag oder Konkurs.

An der Zwangslage der Beklagten ändert es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nichts, daß die Klägerin auf Wunsch des Ehemannes die Vorfinanzierung übernommen hatte, bevor die F. eine Ausfallbürgschaft zusagte. Die Klägerin konnte die Rücknahme der Vorfinanzierung nur androhen, weil sie diese davon abhängig gemacht hatte, daß über die „F. und E. Anträge … in vollem Umfang positiv entschieden wird” (GA I 107).

Nach dem vorbringen der Beklagten beruht ihre Bürgschaft auf der Beeinträchtigung ihrer Entschließungsfreiheit. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Urkunden unterschrieben, um die wirtschaftliche Existenz ihres Ehemannes zu sichern; wenn die Klägerin von vornherein erklärt hätte, daß die Finanzierung der Unternehmensgründung eine Haftung der Beklagten voraussetze, so wäre die Vereinbarung mit den Kreditnehmern entweder gar nicht oder mit den ursprünglich vorgesehenen Sicherheiten – ohne eine Mitverpflichtung der Beklagten – zustande gekommen.

c) Die Klägerin hat zudem die durch das Schreiben vom 2. März 1992 geschaffene seelische Zwangslage der Beklagten nach deren Vorbringen in sittlich und rechtlich zu mißbilligender Weise mitverursacht.

Die Beklagte hat behauptet, ihr Ehemann habe der Klägerin bei den Verhandlungen wegen einer Finanzierung der Unternehmensgründung ab September 1991 erklärt, seine Ehefrau werde unter keinen Umständen eine Bürgschaft oder sonstige Mithaftung übernehmen; die Klägerin habe dagegen keinen Einwand erhoben und dementsprechend keine Verpflichtung der Beklagten als Kreditsicherheit in den Finanzierungsplan aufgenommen (vgl. GA I 104). Sollte diese Behauptung richtig sein, so hat die nachträgliche Forderung einer Bürgschaft und/oder eines Schuldbeitritts der Beklagten der Finanzierungsvereinbarung widersprochen.

Nach dem weiteren Vortrag der Beklagten hat die Klägerin von Anfang an gewußt, daß die als Ausfallbürgin vorgesehene F. nach ihren „Bürgschaftsrichtlinien” grundsätzlich eine Mithaftung des Ehegatten des Kreditnehmers und Gesellschafters verlangt, hat dies aber nicht dem Ehemann der Beklagten mitgeteilt. Zu einer solchen Aufklärung wäre die Klägerin – unabhängig von der behaupteten Erklärung des Ehemannes bei den Finanzierungsverhandlungen – redlicherweise verpflichtet gewesen, weil dieser Umstand auch aus ihrer Sicht für die Entschließung des Ehemannes bedeutsam sein konnte.

Sollte auch nur einer der beiden behaupteten Umstände vorgelegen haben, so hat sich die Klägerin zumindest grob fahrlässig der Erkenntnis verschlossen, daß die Beklagte genötigt werden könnte, die verlangte Mithaftung als einzigen Ausweg aus der Zwangslage zu sehen, die sich aus der Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz ihres Ehemannes ergab. Die Klägerin muß sich entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen, daß ihre Mitarbeiter die eine Sittenwidrigkeit begründenden Umstände gekannt haben oder hätten kennen müssen (vgl. BGHZ 83, 293, 296; Becker DZWir 1994, 397, 407); ein Verschulden ihrer Bediensteten hat die Klägerin gemäß § 278 BGB zu vertreten (vgl. BGH, Urt. v. 24. Februar 1994 – IX ZR 227/93, aaO 684).

Eine unzulässige Einflußnahme der Klägerin auf die Willensbestimmung der Beklagten wird – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Initiative zum Abschluß des Bürgschaftsvertrages von der F. ausgegangen ist. Deren Ausfallbürgschaft sollte den Kredit der Klägerin überwiegend sichern.

3. Da die Klägerin dem Vorbringen der Beklagten entgegengetreten ist und insbesondere behauptet hat, die Beklagte und ihr Ehemann hätten von vornherein gewußt, daß die von diesem gewünschte Bürgschaft der F. eine Mithaftung der Beklagten voraussetze, sind tatsächliche Feststellungen gemäß den Beweisantritten der Parteien erforderlich. Die Beweislast für die behaupteten objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit trägt die Beklagte (vgl. BGHZ 53, 369, 379; 95, 81, 85; 120, 275, 279 f).

Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Bürgschaft schon dann gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn feststeht, daß die Beklagte diese Verpflichtung in der behaupteten Zwangslage übernommen hat, weil die Klägerin diese Haftung unter Androhung einer Rücknahme ihrer Kreditzusage erst gefordert hat, nachdem ein wesentlicher Teil des Kredits bereits zum Aufbau des Unternehmens des Ehemannes der Beklagten verwendet worden war, und die Klägerin von Anfang an entweder gewußt hat, daß die Beklagte keine Mithaftung für die Kredite übernehmen wollte, oder daß die F. ihre Ausfallbürgschaft von einer Mitverpflichtung der Beklagten abhängig machen würde, und die Klägerin dies deren Ehemann nicht mitgeteilt hat.

4. Sollte die Beklagte nicht beweisen können, daß die behauptete unlautere Einwirkung auf ihre Entschließung zur Bürgschaftsübernahme geführt hat, so wird, wie die Revision zu Recht geltend macht, zu prüfen sein, ob – entsprechend den im Senatsurteil vom 5. Januar 1995 (IX ZR 85/94, aaO 204 ff) aufgezeigten Grundsätzen – die Haftungsabrede als Stillhalteabkommen auszulegen ist oder ob eine Inanspruchnahme der Beklagten wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ausscheidet. Anlaß für eine solche Prüfung bietet insbesondere der Schriftwechsel der Klägerin und der F. vom 28. Februar und 6. März 1992 (GA I 125, 128). Danach scheint die Bürgschaft der Beklagten hauptsächlich auf das Interesse der Kreditgeberin zurückzuführen zu sein, Vermögensverschiebungen zwischen der Beklagten und ihrem Ehemann mit Rücksicht auf deren Gütertrennung zu verhindern. Solche Verlagerungen sind aber – nach der Behauptung der Beklagten – nicht eingetreten und können zumindest vorerst nicht eintreten, weil die Klägerin nach dem Vorbringen der Beklagten das gesamte Vermögen ihres Ehemannes in Anspruch genommen hat und dessen Unternehmen unstreitig in Konkurs geraten ist.

III.

Entgegen der Ansicht der Revision entfällt ein Schadenersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragschluß. Die Klägerin brauchte die Beklagte nicht darauf hinzuweisen, daß die als Ausfallbürgin vorgesehene F. voraussichtlich ihre Mitverpflichtung verlangen werde. Eine solche Aufklärungspflicht läßt sich nicht aus § 328 BGB herleiten. Die Kreditverträge und ihre Vorverhandlungen hatten keine Rechtswirkung zugunsten der Beklagten. Diese war nach ihrem Vorbringen auch nicht in den Schutzbereich dieser Verträge in der Weise einbezogen, daß sie bestimmungsgemäß mit der Leistung der Klägerin in Berührung kommen sollte (vgl. BGHZ 70, 327, 329).

 

Fundstellen

Haufe-Index 604953

BB 1996, 1405

BB 1996, 662

NJW 1996, 513

ZIP 1996, 65

ZBB 1996, 60

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