Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckbarerklärung eines amerikanischen Urteils. Schiedsspruch des International Arbitration Tribunal. Doppelexequatur von Schiedssprüchen. Doctrine of merger

 

Leitsatz (amtlich)

Die Doppelexequatur von Schiedssprüchen ist auch dann unzulässig, wenn das Recht des ersten Exequatururteils der doctrine of merger folgt (Aufgabe von BGH, Urt. v. 27.3.1984 - IX ZR 24/83, NJW 1984, 2765).

 

Normenkette

ZPO §§ 722, 1061

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 13.06.2006; Aktenzeichen 14 U 78/05)

LG Berlin (Urteil vom 16.02.2005; Aktenzeichen 81 O 44/03)

 

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 14. Zivilsenats des KG in Berlin vom 13.6.2006 und das Urteil der Zivilkammer 81 des LG Berlin vom 16.2.2005 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

[1] Die Klägerin begehrt die Vollstreckbarerklärung eines Urteils des Superior Court in Kalifornien/USA vom 4.4.2003, durch das die Beklagten zur Zahlung von 243.211,75 US-Dollar sowie Schiedsverfahrenskosten i.H.v. 6.550 US-Dollar verurteilt worden sind. Durch dieses Urteil wurde ein zwischen den Parteien ergangener Schiedsspruch des International Arbitration Tribunal vom 26.11.2002 in der Weise bestätigt, dass sämtliche in dem Schiedsspruch ausdrücklich oder stillschweigend enthaltenen Tatsachenfeststellungen und rechtlichen Schlussfolgerungen des Schiedsrichters vom Superior Court übernommen und durch diese Bezugnahme zum Inhalt des Urteils gemacht wurden.

[2] Das LG hat das Urteil des Superior Court antragsgemäß für vollstreckbar erklärt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Abweisungsbegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

[3] Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und zur Abweisung der Klage.

I.

[4] Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klage sei zulässig, weil die auf einem Schiedsspruch beruhende Verurteilung der Beklagten durch den Superior Court of California gem. § 722 ZPO für vollstreckbar erklärt werden könne. Dieses Urteil habe sämtliche tatsächliche Feststellungen und rechtliche Schlussfolgerungen des Schiedsspruchs übernommen und sich zu Eigen gemacht. Es stelle damit nicht eine bloße Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs dar, sondern eine eigenständige Verurteilung zur Leistung. Als solches könne es für vollstreckbar erklärt werden.

II.

[5] Diesen Ausführungen kann nicht beigetreten werden. Die Doppelexequatur von Schiedssprüchen ist unzulässig. Die Klage muss abgewiesen werden.

[6] Das Berufungsgericht hat allerdings ein Urteil des Senats vom 27.3.1984 (IX ZR 24/83, NJW 1984, 2765) zugrunde gelegt, in dem die Zulässigkeit der Doppelexequatur in derartigen Fällen bejaht wurde. An dieser Rechtsprechung ist jedoch nicht festzuhalten. Die Klägerin ist vielmehr auf die Möglichkeit der Anerkennung des Schiedsspruchs nach § 1061 ZPO i.V.m. dem New Yorker UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 (BGBl. 1961 II S. 122 - im Folgenden: UNÜ) sowie ggf. anderen anwendbaren völkerrechtlichen Übereinkommen zu verweisen. Diesen Weg hätte die Klägerin schon nach der bisherigen Rechtsprechung beschreiten können (BGH, Urt. v. 10.5.1984 - III ZR 206/82, NJW 1984, 2763).

[7] 1. In dem angeführten Urteil vom 27.3.1984 hat der Senat in Abweichung von der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 5, 397; 30, 368; RG JW 1938, 468) und der herrschenden Meinung in der Literatur die Auffassung vertreten, aus einem Exequatururteil des Staates New York, durch das ein New Yorker Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt und zugleich der Beklagte zur Zahlung verurteilt worden ist, könne die Vollstreckung nach § 722 ZPO für zulässig erklärt werden. Dies wurde im Anschluss an Schlosser (Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit I, Nr. 782) damit begründet, dass das New Yorker Gericht sich nicht auf eine Bestätigung oder Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs beschränkt habe, sondern eine selbständige Verurteilung der Beklagten enthalte. Nach der im amerikanischen Recht geltenden doctrine of merger gehe in einem solchen Fall der Schiedsspruch völlig in dem gerichtlichen Bestätigungsurteil auf, woraus man auch in den USA die international-prozessrechtliche Konsequenz gezogen habe, dass nur noch das Gerichtsurteil als staatliches Urteil und nicht mehr der Schiedsspruch zu vollstrecken sei.

[8] Folgerichtig würde dies bedeuten, dass der Schiedsspruch selbst in Deutschland nicht mehr für vollstreckbar erklärt werden könnte (Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl. Rz. 909; Schütze ZvglRWiss 104 (2005), 427, 441; Dolinar in FS für Schütze S. 187, 193). Der BGH hat diese Konsequenz jedoch nicht gezogen. Vielmehr ist er davon ausgegangen, dass der Schiedsspruch selbst in Deutschland weiterhin für vollstreckbar erklärt werden kann (BGH, Urt. v. 10.5.1984 - III ZR 206/82, NJW 1984, 2763). Die Antragstellerin konnte danach wählen, ob sie den Schiedsspruch oder das Exequatururteil für vollstreckbar erklären lassen wollte. Die Exequaturentscheidung des ausländischen staatlichen Gerichts konnte eine Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nach § 1044 ZPO (a.F.) nicht ausschließen.

[9] 2. An der Rechtsprechung, die die Doppelexequatur in diesen Fällen für zulässig erklärt, ist nicht festzuhalten.

[10] a) Dem Urteil vom 27.3.1984 ist von Schlosser zugestimmt worden (Schlosser IPRax 1985, 141; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, a.a.O., Rz. 908), vor allem im Hinblick auf - unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Beklagten nicht überzeugende - Praktikabilitätserwägungen: Man spare sich die Übersetzung der oft langen Schiedssprüche, während die Urteile in der Regel kurz seien. Dem Urteil folgt auch Münzberg (in Münzberg in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 722 Rz. 11) unter der Voraussetzung, dass über den materiellen Anspruch neu entschieden wurde.

[11] Überwiegend wird diese Rechtsprechung abgelehnt (z.B. Zöller/Geimer, ZPO, 27. Aufl., § 328 Rz. 71, § 1061 Rz. 8 f.; derselbe, Internationales Zivilprozessrecht 5. Aufl. Rz. 3107; Gottwald in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 722 Rz. 22; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit 8. Aufl. Kap. 30 Rz. 15; Schütze, ZvglRWiss 104 (2005), S. 427, 441; derselbe RIW 1984, 734 f.; Dolinar in FS für Schütze 1999 S. 187, 204; Kegel in FS für Müller-Freienfels 1986 S. 377, 385, 392 f.).

[12] b) Bei Urteilen gilt nach herrschender Meinung das Verbot der Doppelexequatur. Wirkungen, die einem ausländischen Urteil von der Rechtsordnung eines dritten Staates beigelegt werden, kommen für die Anerkennung im Inland nicht in Betracht (Zöller/Geimer, a.a.O., § 328 Rz. 64; § 722 Rz. 21; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, a.a.O., Rz. 3110; Hk-ZPO/Kindl, 2. Aufl., § 723 Rz. 4; Gottwald in MünchKomm/ZPO, a.a.O., sowie § 328 Rz. 46; Münzberg in Stein/Jonas, a.a.O., § 722 Rz. 11; a.A. Schütze ZZP 77 (1964), 287). Würde man der Gegenansicht folgen, könnten die deutschen Anerkennungsvoraussetzungen umgangen werden (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O.).

[13] Auch im Europäischen Recht (Brüsseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen - EuGVÜ - v. 27.9.1968, BGBl. 1972 II S. 774; Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen - Luganer Übereinkommen - v. 16.9.1988, BGBl. 1994 II S. 2658; Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen - EuGVVO - v. 22.12.2000, ABl. EG 2001 Nr. L 12, 1) ist anerkannt, dass auf Urteile bezogene Exequaturentscheidungen nicht für vollstreckbar erklärt werden können (Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht 2. Aufl. Art. 38 Rz. 53; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl. Art. 32 EuGVVO Rz. 8; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht 2. Aufl. Art. 32 EuGVVO Rz. 14; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht 8. Aufl. Art. 32 Rz. 15).

[14] Ebenso kann das Urteil eines EU-Mitgliedstaates, mit dem ein Urteil eines Drittstaates für vollstreckbar erklärt wird, in Deutschland nicht seinerseits für vollstreckbar erklärt werden, auch wenn es sich formell nicht um eine Exequatur, sondern - wie in manchen Ländern üblich (vgl. doctrine of merger) - um eine gleichlautende Sachentscheidung handelt (Kropholler, a.a.O.; Rauscher/Leible, a.a.O.). Grund hierfür ist auch hier, dass dann die Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung nicht mehr überprüft werden könnten.

[15] c) Deshalb müssten bei Schiedssprüchen besondere Gründe vorliegen, um bei diesen eine Doppelexequatur für zulässig zu erachten. Solche Gründe sind nicht ersichtlich.

[16] aa) Die Vorschriften des Europäischen Rechts über die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen nehmen aus ihrem Anwendungsbereich die Schiedsgerichtsbarkeit aus, vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 EuGVÜ, Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 Luganer Übereinkommen, Art. 1 Abs. 2 Buchst. d EuGVVO.

[17] Diese Ausnahmeregelung ist jeweils weit auszulegen. Die Vorschriften beziehen sich nicht auf Verfahren und Entscheidungen über Anträge auf Aufhebung, Änderung, Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen. Dies gilt auch für Gerichtsentscheidungen, die Schiedssprüche in sich (wie nach der doctrine of merger) inkorporieren (vgl. Schlosser, Bericht Nr. 64 und 65; abgedruckt ABl. EG 1979 Nr. C 59, 71, 92 f.; hierauf Bezug nehmend EuGH, Urt. v. 17.11.1998 Rs. C-391/95, EuZW 413, 415 Rz. 32; BGH, Beschl. v. 5.2.2009 - IX ZB 89/06, ZIP 2009, 735, 736 Rz. 10).

[18] Es erscheint zweckmäßig, in Anerkennungsverfahren im Verhältnis zu Drittstaaten entsprechend zu verfahren. Denn es besteht kein Grund, Schiedssprüche aus Drittstaaten leichter anzuerkennen als solche von EU-Mitgliedstaaten.

[19] bb) Der rechtsstaatliche Schutz des Titelschuldners gebietet es, ihn in ein- und demselben Land nicht mit mehr als einem Vollstreckbarerklärungsverfahren zu konfrontieren. Dies wäre aber der Fall, wenn neben- oder nacheinander (falls in dem ersten Verfahren kein Erfolg zu erzielen war) Vollstreckbarkeitserklärungsverfahren bezüglich des ausländischen Schiedsspruchs und des Exequatururteils durchgeführt werden könnten.

[20] Der Gläubiger könnte sich das für ihn bequemste und einfachste Verfahren aussuchen oder hintereinander mehrere Verfahren anstrengen, bis er durchdringt. Der Streitgegenstand wäre jedes Mal ein anderer, so dass die Rechtskraft nicht entgegenstünde.

[21] Man könnte zwar erwägen, eine zwingende Reihenfolge festzulegen, etwa im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis. Für das erste durchzuführende Verfahren käme aber nur die Vollstreckbarerklärung der Ausgangsentscheidung, nämlich die des Schiedsspruchs, in Betracht. Dann kann aber dieses Verfahren als einzig verbindliches vorgesehen werden.

[22] cc) Der Schutz des Schiedsspruch-Schuldners würde es gebieten, dass das Exequatururteil bezüglich des Schiedsspruchs in Deutschland nicht unter einfacheren Voraussetzungen für vollstreckbar erklärt werden kann, als der Schiedsspruch selbst. Andernfalls könnte der Gläubiger den Schutz des deutschen Rechts dadurch umgehen, dass er nicht den Schiedsspruch selbst für vollstreckbar erklären lässt, sondern zunächst ein Exequatururteil in seinem Heimatstaat erwirkt.

[23] Die Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung für ein Urteil nach §§ 722, 723, 328 ZPO weichen von denjenigen des § 1061 ZPO i.V.m. Art. 5 UNÜ ab. Ob eine entsprechende Prüfung schon von dem ausländischen staatlichen Gericht vorgenommen wurde, das die (erste) Exequatur erteilt hat, ist - so im vorliegenden Fall - nicht erkennbar, jedenfalls nicht nachprüfbar. Deshalb kann auf die Prüfung für die Vollstreckbarerklärung in Deutschland nicht verzichtet werden, wenn derselbe Rechtsschutz gewährleistet werden soll. Beide Parteien vertreten deshalb im vorliegenden Revisionsverfahren übereinstimmend die Auffassung, eine solche Prüfung müsse im Rahmen des ordre public Vorbehalts des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO vorgenommen werden. Dann bietet aber die Doppelexequatur keinen Vorteil. Es ist dann zweckmäßiger, insgesamt nur die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs selbst zuzulassen.

[24] dd) Beließe man es bei der Zulässigkeit der Doppelexequatur in diesen Fällen, ergäben sich auch Folgeprobleme, nämlich ob unter dem Gesichtspunkt des § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO eine eigenständige Anerkennungszuständigkeit des ausländischen Gerichts für den Rechtsfolgenausspruch nach dem Spiegelbildprinzip verlangt werden und ob sich der Gegenseitigkeitsvorbehalt des § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO gerade auf die hier in Rede stehenden Exequatururteile beziehen muss. Das würde für die Gerichte zusätzlichen Prüfungsaufwand bedeuten.

[25] ee) Nach der Schiedsrechtsreform von 1998 (SchiedsVfG vom 22.12.1997, BGBl. I 1997, 3224 ff.) sollten die Fragen der Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen gem. § 1062 ZPO bei den OLG konzentriert werden. Deshalb wurde ihre derogationsfeste Eingangszuständigkeit festgelegt. Lediglich bestimmte Unterstützungshandlungen sind gem. § 1062 Abs. 4 ZPO den AG zugewiesen (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O., § 1062 Rz. 1).

[26] Zweck dieser Regelung ist es, die Anerkennung von Schiedssprüchen bei wenigen fachlich spezialisierten und den Instanzenzug beschränkenden OLG zu konzentrieren (vgl. BT-Drucks. 13/5274, 63 f.).

[27] Könnte die Anerkennung auf dem Umweg der Vollstreckbarerklärung der ausländischen Exequaturentscheidung erfolgen, wären hierfür gem. § 722 Abs. 2 ZPO je nach Streitwert die Amts- oder LG zuständig. Dies wäre umso unverständlicher, wenn - wie oben dargelegt - der Maßstab für die Anerkennung des Exequatururteils jedenfalls auch die Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs umfassen muss, AG und LG also einen weitergehenden Prüfungsauftrag wahrzunehmen hätten als die OLG.

[28] ff) Auch wenn das ausländische Exequatururteil der doctrine of merger folgt, hat es doch lediglich den Zweck, die Vollstreckung des Schiedsspruch auf dem Territorium des Exequaturstaates zu ermöglichen. Ob in Deutschland vollstreckt werden darf, ist dagegen schon aus völkerrechtlichen Gründen allein von deutschen Gerichten zu entscheiden. Dabei geht es im Kern ebenfalls um die Vollstreckung des Schiedsspruchs.

[29] Man könnte dies allenfalls dann anders sehen, wenn dem ausländischen Urteil eine völlig eigenständige Prüfung der Sach- und Rechtslage zugrunde läge. Dann wäre das Urteil vom Schiedsspruch unabhängig. Das ist aber in den fraglichen Fällen nicht so (vgl. dazu instruktiv: Dolinar in FS für Schütze S. 187, 190, 203). Auch vorliegend hat das kalifornische Gericht keine nachvollziehbare eigene Sach- und Rechtsprüfung durchgeführt. Es hat vielmehr schlicht die Feststellungen und die rechtlichen Würdigungen des Schiedsgerichts übernommen und eine dem entsprechende Verurteilung ausgesprochen.

[30] Letztendlich handelt es sich um die Umformung des Schiedsspruchs in eine prozessual selbständige Entscheidung, nicht jedoch um ein Urteil aufgrund eigenständiger, nachprüfbarer Beurteilung der Sach- und Rechtslage.

[31] gg) Die Anerkennung der Doppelexequatur bei Schiedssprüchen würde den Anwendungsbereich des UNÜ aushöhlen. Zwar gilt gem. Art. VII Abs. 1 UNÜ das Meistbegünstigungsprinzip, d.h. der Kläger kann das Schiedsurteil ggf. auch nach geringeren nationalen Anforderungen des Vollstreckungsstaates für vollstreckbar erklären lassen. Das ändert aber nichts daran, dass sich die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen grundsätzlich nach den UNÜ-Regelungen richten soll (Art. 1 Abs. 1 UNÜ). In demselben Maße, in dem sie die Doppelexequatur anerkennen, würden sich jedoch die Beitrittsstaaten dessen Anwendung entziehen, sofern man nicht im Rahmen des ordre public des Anerkennungsstaates den Prüfungsmaßstab auf die Anerkennungsvoraussetzungen des Art. 5 UNÜ erweiterte. Hierauf hätte allerdings der Urteilsstaat keinerlei Einfluss, weil hierfür allein der ordre public des Anerkennungsstaates maßgeblich wäre.

[32] In den Staaten, die der doctrine of merger folgen, ist diese deshalb nur für den dortigen innerstaatlichen Bereich maßgebend; außerhalb desselben geht es, wie die Regelung des UNÜ zeigt, darum, den Schiedsspruch als solchen für vollstreckbar zu erklären. Nach Art. I UNÜ sind auch bei solchen Staaten, die der doctrine of merger folgen, die Schiedssprüche selbst im Vollstreckungsstaat für vollstreckbar zu erklären, nicht das Exequatururteil des Staates des Schiedsspruchs.

[33] Letztendlich will die Exequaturentscheidung des Erststaates, auch wenn sie der doctrine of merger folgt, wie jede andere Exequaturentscheidung nur eine territorial begrenzte Wirkung entfalten, nämlich für das Gebiet des Staates, für den sie den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt oder in einem eigenen Titel umsetzt. Diese Entscheidung ist aber schon ihrem Inhalt nach nicht geeignet, in einem anderen Staat für vollstreckbar erklärt zu werden (Gottwald in MünchKomm/ZPO, a.a.O., § 722 Rz. 23; Dolinar in FS für Schütze, a.a.O., S. 187, 193 ff., 203).

[34] d) Eine Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen ist nicht erforderlich. Zwar hat der III. Zivilsenat in seinem Urteil vom 10.5.1984 die Entscheidung des erkennenden Senats vom 27.3.1984 zur Zulässigkeit der Doppelexequatur von Schiedssprüchen zugrunde gelegt. Auf Anfrage hat er jedoch mitgeteilt, dass aus seiner Sicht gegen die Änderung dieser Rechtsprechung keine Bedenken bestehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2205094

BB 2009, 2055

NJW 2009, 2826

BGHR 2009, 1127

FamRZ 2009, 1747

EWiR 2009, 759

WM 2009, 1670

ZIP 2009, 1880

AnwBl 2009, 222

DZWir 2009, 512

MDR 2009, 1245

RIW 2009, 721

ZInsO 2009, 1692

ZBB 2009, 395

ELF 2009, 110

EuLF 2009, 216

IHR 2010, 178

SchiedsVZ 2009, 285

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