Leitsatz (amtlich)

Wird eine gepfändete bewegliche Sache auf Anordnung der Vollstreckungsbehörde (des Vollstreckungsgerichts) durch einen privaten, öffentlich bestellten Auktionator versteigert, so vollzieht sich der Eigentumserwerb nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen. Gehört die Pfandsache nicht dem Schuldner und ist der Ersteher insoweit bösgläubig, dann kann er das Eigentum nicht allein durch das Vertrauen auf die Wirksamkeit der Verstrickung und der Versteigerungsanordnung erwerben.

 

Normenkette

AO 1977 § 305; ZPO §§ 804, 825; BGB § 932 Abs. 2, § 1244; GewO § 34b Abs. 5; HGB § 366 Abs. 1

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Kammergerichts vom 16. Oktober 1991 wird auf Kosten des Streithelfers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um das Eigentum an einem Personenkraftwagen. Dieser gehörte der Fahrschule G. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Sie übereignete ihn sicherungshalber an die Beklagte, behielt ihn in Besitz, übergab der Beklagten aber den Kraftfahrzeugbrief. Ein Finanzamt des Streithelfers pfändete das Fahrzeug wegen Steuerforderungen gegen die Schuldnerin und ordnete die Versteigerung durch einen öffentlich bestellten Auktionator an. Dieser wies vor Beginn der Versteigerung darauf hin, daß der Kraftfahrzeugbrief nicht vorliege. Der Kläger ersteigerte das Fahrzeug und nahm es in Besitz, konnte es wegen des fehlenden Briefes aber nicht auf sich umschreiben lassen. Er verlangt von der Beklagten die Herausgabe des Briefes sowie 3.066,80 DM Nutzungsausfall. Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen und die Revision zugelassen. Diese ist vom Land B. eingelegt worden, das dem Rechtsstreit auf seiten des Klägers beigetreten ist.

 

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel hat auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts (§ 561 ZPO) und des eigenen tatsächlichen Vorbringens des Streithelfers keinen Erfolg. Deshalb ist gegen den Revisionskläger zu entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht vertreten war (vgl. BGH, Urt. v. 14. Juli 1967 – V ZR 112/64, NJW 1967, 2162).

A.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die eingeklagten Ansprüche (§§ 985, 952, 286 Abs. 1 BGB) stünden dem Kläger nicht zu, weil die Beklagte Eigentümerin des Pkw geblieben sei. Der Versteigerer habe nicht als Vollziehungsbeamter im Sinne des § 296 AO, sondern aufgrund von § 305 AO privatrechtlich gehandelt.

Demgegenüber meint die Revision, der Auktionator sei mindestens als beliehener Unternehmer hoheitlich tätig geworden. Eine unterschiedliche Behandlung der Veräußerung durch den Vollziehungsbeamten einerseits und einen privaten Versteigerer andererseits sei nicht gerechtfertigt.

Das Berufungsgericht hat Recht.

1. Bewegliche Sachen, die gemäß §§ 285 ff. AO gepfändet worden sind, werden in der Regel durch den Vollziehungsbeamten öffentlich versteigert (§§ 296 Abs. 1, 299 f. AO). Zum Abschluß einer solchen Versteigerung weist der Vollziehungsbeamte – wie der Gerichtsvollzieher auf der Grundlage von §§ 817 f. ZPO – nach herrschender Meinung dem Meistbietenden das Eigentum an der (wirksam) gepfändeten Sache kraft Hoheitsakts in der Weise zu, daß der Erwerber auch an schuldnerfremden Sachen unabhängig von gutem Glauben lastenfrei neues Eigentum erlangt (für § 817 ZPO: RGZ 156, 395, 397 ff.; BGHZ 55, 20, 25; 100, 95, 98; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO 20. Aufl. § 817 Rdnr. 21 mit Fußn. 40; Zöller/Stöber, ZPO 17. Aufl. § 817 Rdnr. 8; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 50. Aufl. § 817 Anm. 3 B a; Thomas/Putzo, ZPO 17. Aufl. § 817 Anm. 4; Zimmermann, ZPO 2. Aufl. § 817 Rdnr. 3; Gerhardt, Vollstreckungsrecht 2. Aufl. § 8 II 2, S. 102; A. Blomeyer, Zivilprozeßrecht Vollstreckungsverfahren § 49 V; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht 3. Aufl. Rdnr. 411; Baumann/Brehm, Zwangsvollstreckung 2. Aufl. S. 308; Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht 10. Aufl. S. 622 ff.; Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungs-, Konkurs- und Vergleichsrecht 11. Aufl. Rdnr. 473; Schuschke, Vollstreckungsrecht 2. Aufl. S. 99 f.; Tiedtke, Gutgläubiger Erwerb S. 293 ff.; Lüke ZZP 67, 356, 370; Lindacher JZ 1970, 360, 361; Kaehler JR 1972, 445, 449; Grund NJW 1957, 1216 – für § 299 AO: Hübschmann/Hepp/Spitaler/Schwarz, AO § 296 Rdnr. 17, § 305 Rdnr. 4; Tipke/Kruse, AO § 296 Rdnr. 3, § 299 Rdnr. 6 a.E.; Klein/Orlopp, AO 4. Aufl. § 296 Anm. 4 – gegen einen Erwerb bei Bösgläubigkeit: Wieczorek, ZPO 2. Aufl. § 817 Anm. D I c 1, Staudinger/Wiegand, BGB 12. Aufl. Anh. zu § 1257 Rdnr. 29; Bruns/Peters, Zwangsvollstreckungsrecht 3. Aufl. S. 157 ff.; Grunsky, Einführung in das Zwangsvollstreckungs- und Konkursrecht S. 32; Henckel, Prozeßrecht und materielles Recht S. 318; G. Huber, Die Versteigerung gepfändeter Sachen S. 24 ff., 143 ff.; Säcker JZ 1971, 156, 159; Pinger JR 1973, 94, 96 ff.; Marotzke NJW 1978, 133, 136 f.; vgl. auch Jauernig, Zwangsvollstreckungs- und Konkursrecht 19. Aufl. § 18 IV A, S. 80; Paulus, Festschrift für Nipperdey 1965 Bd. I S. 909, 918 ff.).

Nach § 305 AO kann die Vollstreckungsbehörde anordnen, daß eine gepfändete Sache in anderer Weise zu verwerten oder durch eine andere Person als den Vollziehungsbeamten zu versteigern sei. Zweck der Vorschrift ist es, persönliche, sachliche oder örtliche Besonderheiten zur schnellen Erzielung eines günstigen Verwertungserlöses nutzen zu lassen (Kühn/Kutter/Hofmann, AO 15. Aufl. § 305 Anm. 1; Tipke/Kruse a.a.O. § 305 Rdnr. 1; Hübschmann/Hepp/Spitaler/Schwarz a.a.O. § 305 Rdnr. 3; Klein/Orlopp a.a.O. § 305 Anm. 1). Sie ermöglicht insbesondere den freihändigen Verkauf durch Vollziehungsbeamte oder Dritte (Kühn/Kutter/Hofmann a.a.O. § 305 Anm. 3; Tipke/Kruse a.a.O.; Hübschmann/Hepp/Spitaler/Schwarz a.a.O. § 305 Rdnr. 4, 12; Klein/Orlopp a.a.O. § 305 Anm. 3) und entspricht damit § 825 ZPO (amtliche Begründung der Bundesregierung zu § 288 des Entwurfs AO 1974, BT-Drucks. VI/1982 S. 181). Das rechtfertigt die für die Einheitlichkeit der Rechtsordnung notwendige gleiche Auslegung der beiden vollstreckungsrechtlichen Vorschriften, soweit nicht abgabenrechtliche Besonderheiten Abweichungen gebieten. Das ist hier nicht der Fall, zumal die vollstreckende Finanzbehörde (§ 249 AO) als „Vollstreckungsgericht” im Sinne des § 825 ZPO tätig wird, während als Gläubigerin der zu vollstreckenden Ansprüche die übergeordnete Körperschaft gilt (§ 252 AO).

2. Soweit § 305 AO wie § 825 ZPO die Versteigerung unter Abweichung von gesetzlichen Bedingungen bis hin zum freihändigen Verkauf durch den Vollziehungsbeamten/Gerichtsvollzieher selbst gestatten, wird weitgehend angenommen, daß diese Verwertungsmaßnahmen öffentlich-rechtlich erfolgen (RG JW 1934, 1646; KG LZ 1931, Sp. 931 f.; Stein/Jonas/Münzberg a.a.O. § 825 Rdnr. 10; Zöller/Stöber a.a.O. § 825 Rdnr. 15; Thomas/Putzo § 825 Anm. 4 a; Baumbach/Lauterbach/Hartmann a.a.O. § 825 Anm. 3 A b; Rosenberg/Gaul/Schilken a.a.O. S. 625; Baur/Stürner a.a.O. Rdnr. 479; Bruns/Peters a.a.O. S. 161; Brox/Walker a.a.O. Rdnr. 427; Lüke AcP 153, 531, 534 Fußn. 4; Sebode DGVZ 1961, 50, 51 f – für § 305 AO: Tipke/Kruse a.a.O. § 305 Rdnr. 2; Klein/Orlopp a.a.O. § 305 Anm. 4 – dagegen für einen zivilrechtlichen Verkauf aus freier Hand Hübschmann/Hepp/Spitaler/Schwarz a.a.O. § 305 Rdnr. 9 gegenüber Rdnr. 4). Das Vollziehungsorgan soll – wie bei einer von ihm durchgeführten öffentlichen Versteigerung (§ 817 f. ZPO; §§ 296, 299 AO) – dem Erwerber das Eigentum kraft Hoheitsaktes zuweisen und der Erwerber einer nicht dem Schuldner gehörenden Sache hierdurch das Eigentum unabhängig von seiner diesbezüglichen Bösgläubigkeit erlangen (Soergel/Mühl, BGB 12. Aufl. § 1244 Rdnr. 11; Tipke/Kruse a.a.O. § 305 Rdnr. 3; Noack MDR 1969, 180 f.).

3. Demgegenüber wird für die Verwertung einer gepfändeten Sache durch einen privaten Auktionator oder einen freihändig verkaufenden Privatmann auf der Grundlage des § 825 ZPO wie des § 305 AO fast allgemein angenommen, daß diese in privatrechtlichen Formen abläuft (für § 825 ZPO: BayObLG GewArch 1988, 193; VG Koblenz GewArch 1987, 86; Baumbach/Lauterbach/Hartmann a.a.O. § 825 Anm. 3 D; Stein/Jonas/Münzberg a.a.O. § 825 Rdnr. 13; Zöller/Stöber a.a.O. § 825 Rdnr. 19; Thomas/Putzo a.a.O. § 825 Anm. 4 b; Zimmermann a.a.O. § 825 Anm. 7; Fuhr/Friauf/Höfling, Gewerbeordnung § 34 b Rdnr. 57; Rosenberg/Gaul/Schilken a.a.O. § 626; Jauernig a.a.O. § 18 V S. 82; Baumann/Brehm a.a.O. S. 311; Bruns/Peters § 161; A. Blomeyer a.a.O. § 50 II 3; Baur/Stürner a.a.O. Rdnr. 480; Brox/Walker a.a.O. Rdnr. 426; BGB-RGRK/Kregel, 12. Aufl. § 1244 Anm. 9; Lackmann, Zwangsvollstreckungsrecht S. 58; Frey BB 1963, 837, 840; Schuschke a.a.O. 103; Jacoby GewArch 1987, 80, 81 f. – für § 305 AO: Tipke/Kruse a.a.O. § 305 Rdnr. 4; Hübschmann/Hepp/Spitaler/Schwarz a.a.O. § 305 Rdnr. 14; Klein/Orlopp a.a.O. § 305 Anm. 4 – für die Versteigerung eines gepfändeten Rechts gemäß § 844 ZPO auch RGZ 164, 162, 171 f.; BGH, Urt. v. 3. Juli 1964 – V ZR 51/62, MDR 1964, 999 – dagegen für eine öffentlich-rechtliche Verwertung Wieczorek a.a.O. § 825 Anm. B II b 2; für einen freihändigen Verkauf auf privatrechtlicher Grundlage und eine Versteigerung auf öffentlich-rechtlicher Grundlage Lüke NJW 1954, 254, 255). Das ist entgegen den Angriffen der Revision richtig.

a) Indem Vollstreckungsgericht oder -behörde die Wahl zwischen der Verwertung durch den Vollziehungsbeamten einerseits oder einen Privatmann andererseits haben, stehen ihnen genügend Gestaltungsmöglichkeiten offen, um einen möglichst hohen Erlös schnell und rechtsbeständig zu erzielen. Es bedarf nicht einer zusätzlichen, vom Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehenen Mischform der hoheitlichen Verwertung durch einen Privatmann. Hält die Vollstreckungsbehörde die Verwertung durch einen privaten Versteigerer für günstiger, so hat sie auch die dafür nötigen Voraussetzungen zu schaffen. Insbesondere kann sie nach Pfändung eines Kraftfahrzeugs, dessen Brief fehlt, den angeblichen Herausgabeanspruch des Schuldners pfänden und durchzusetzen versuchen, um die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Verwertung auf privatrechtlicher Grundlage zu schaffen. Scheitert das, steht ihr die sicherere Möglichkeit der öffentlich-rechtlichen Verwertung durch den Vollziehungsbeamten offen. Dieser kann sich erforderlichenfalls auf privatrechtlicher Grundlage von einem fachkundigen Auktionator gegen Entgelt helfen lassen, ohne daß diesem zugleich die rechtliche Verantwortung übertragen wird.

b) Entgegen der Meinung der Revision und von G. Huber (a.a.O. S. 42) ist der private Auktionator, der eine gepfändete Sache versteigert, insoweit regelmäßig nicht ein – hoheitlich handelnder – „beliehener Unternehmer” (ebenso Backhaus, Schutz des guten Glaubens bei Vollstreckungsakten?, Diss. Freiburg 1958 S. 59 f.).

Allgemein werden Versteigerer auch dann privatrechtlich tätig, wenn sie aufgrund des § 34 b Abs. 5 GewO öffentlich bestellt sind (vgl. § 156 BGB und §§ 1, 2 der Versteigerungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juni 1976 – BGBl. I 1345, 1346; dazu BGHZ 56, 256, 258 f.; BGH, Urt. v. 20. Oktober 1982 – VIII ZR 186/81, NJW 1983, 1186 f.; Dünkel, Öffentliche Versteigerung und gutgläubiger Erwerb S. 53, 60 m. w. N.; v. Hoyningen-Huene NJW 1973, 1473 f.; Schneider DB 1981, 199 f.). Die öffentliche Bestellung (§ 383 Abs. 3 Satz 1 BGB) dient allein dem Zweck, für das interessierte Publikum die Gewähr besonderer Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit und Tüchtigkeit des Auktionators zu bieten (BVerwG DÖV 1966, 198 im Anschluß an BVerwGE 5, 95, 96). Die bloße Erteilung der notwendigen behördlichen Erlaubnis zum Betriebe eines privatwirtschaftlichen Unternehmens stellt für sich sogar dann noch keine Beleihung mit hoheitlichen Befugnissen dar, wenn der Staat damit im öffentlichen Interesse eine Aufsicht ausüben will (Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II 5. Aufl. § 104 Rdnr. 4; Dagtoglou DÖV 1970, 532, 535). Das gilt insbesondere für die „öffentliche Bestellung” der Angehörigen privater Berufe durch den Staat (Steiner DÖV 1970, 526, 529). Eine „Beleihung” setzt vielmehr voraus, daß Privatleuten die Zuständigkeit eingeräumt ist, bestimmte einzelne hoheitliche Aufgaben im eigenen Namen zu erfüllen (Wolff/Bachof/Stober a.a.O. Rdnr. 2; Achterberg/Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht Bd. I Rdnr. 75; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private S. 46 ff.), also zu diesem Zweck auch gerade Hoheitsbefugnisse auszuüben (Ossenbühl VVDStRL 29 (1971), 137, 140 f.). Dafür ist hier nichts dargetan.

Zum Inhalt des erteilten Versteigerungsauftrags haben die Parteien nichts vorgetragen. Es ist deshalb von einem normalen Auftrag im Sinne von § 1 VerstVO auszugehen. Abschnitt 36 Absatz 2 Satz 2 VollstrA sieht insoweit Besonderheiten für die Versteigerungsanordnung lediglich hinsichtlich der Ablieferung des Versteigerungserlöses vor. Allein der Umstand, daß das Vollstreckungsgericht oder die Vollstreckungsbehörde Auftraggeber eines Privatmanns ist, bedeutet noch keine Übertragung von Hoheitsbefugnissen auf diesen. Sogar wenn man die Verwertung im Rahmen der Zwangsvollstreckung wegen des staatlichen Zwangsmonopols als hoheitliche Aufgabe versteht, schließt das nicht im Einzelfall deren Verwirklichung in privatrechtlichen Formen, jedoch kraft staatlicher Anordnung und unter staatlicher Aufsicht aus. Die Hoheitsbefugnisse nimmt in diesem Falle weiterhin die staatliche Vollstreckungsstelle wahr.

c) Die Möglichkeit eines teils privatrechtlichen, teils hoheitlichen Tätigwerdens privater Versteigerer – je nach Auftraggeber und Versteigerungsgut – würde zudem die Rechtsklarheit gefährden. Der Rechtsverkehr erwartet sie nicht. Insbesondere schützt das Zivilrecht den guten Glauben des Erwerbers bei einer Versteigerung in eigener Weise (dazu unten II 2, 3, 4). Diese Regelung ist umfassend und in sich abschließend. Die Entwicklung einer zusätzlichen hoheitlichen Eigentumszuweisung durch Privatleute unabhängig vom guten Glauben des Erwerbers würde das System des Eigentumsschutzes durch das bürgerliche Recht empfindlich stören.

d) Danach braucht nicht mehr entschieden zu werden, ob das geltende Recht es überhaupt zulassen würde, einen privaten Auktionator mit dem Recht zu „beleihen”, Eigentum an Pfandsachen hoheitlich zu übertragen. Insbesondere kann offenbleiben, ob die dafür erforderliche gesetzliche Grundlage (vgl. BVerwG DVBl. 1970, 735, 736; Wolff/Bachof/Stober a.a.O. Rdnr. 6; Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht 3. Aufl. Rdnr. 125; E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht 2. Aufl. 1. Band S. 537 f.; Eyermann/Fröhler, VWGO 8. Aufl. § 42 Rdnr. 67; Ossenbühl a.a.O. S. 169 ff.) gegeben wäre.

B.

Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, der Kläger habe auch nicht gutgläubig Eigentum erworben. Bezugspunkt für den guten Glauben sei allein das Eigentum des Vollstreckungsschuldners, nicht die Wirksamkeit der Anordnung, die Versteigerung von einem Dritten vornehmen zu lassen. Der Kläger – der das Fehlen des Kraftfahrzeugbriefs bei der Versteigerung unstreitig kannte – sei hinsichtlich des Eigentums des Schuldners nicht gutgläubig gewesen.

Das hält den Angriffen der Revision im Ergebnis ebenfalls stand.

I.

Das Berufungsgericht geht stillschweigend davon aus, daß die Beklagte aufgrund des Sicherungsübereignungsvertrages vom 10. Oktober 1989 mit der Schuldnerin – der zu ihren Gunsten eine leihweise Benutzung des Pkw vorsah – ursprünglich lastenfreies Eigentum erworben hat (§ 930 BGB). Die Revision beanstandet das nicht.

II.

Ein Eigentumserwerb des Klägers nach § 932 BGB scheidet schon deswegen aus, weil nach seinem eigenen Vorbringen erkennbar weder der Versteigerer noch der Streithelfer – dessen Finanzamt die Versteigerung veranlaßt hat – als Eigentümer des Fahrzeugs verfügt hat.

III.

Der Kläger hat das Eigentum auch nicht aufgrund eines Pfandrechts infolge der Pfändung erlangt.

1. Allerdings entsteht nach der vor allem im prozeßrechtlichen Schrifttum vertretenen Theorie der öffentlich-rechtlichen Natur des Pfändungspfandrechts (Stein/Jonas/Münzberg a.a.O. § 804 Rdnr. 7 ff., 16 ff.; Baumbach/Lauterbach/Hartmann a.a.O. Übersicht 3 A b und B vor § 803; § 804 Anm. 1 A, B, D; Zöller/Stöber a.a.O. § 804 Rdnr. 2; Martin, Pfändungspfandrecht und Widerspruchsklage im Verteilungsverfahren S. 98 ff., 150, 186 f., 307; Thomas/Putzo a.a.O. § 804 Anm. 3; Baumann/Brehm a.a.O. S. 291; Lüke JZ 1957, 239, 240 ff.; Grund NJW 1957, 1216; wohl auch OLG Frankfurt NJW 1953, 1835 – zur AO: Tipke/Kruse a.a.O. § 282 Rdnr. 5; Hübschmann/Hepp/Spitaler/Schwarz a.a.O. § 282 Rdnr. 6) dieses ohne weiteres und zugleich mit der vollstreckungsrechtlichen Beschlagnahme der Sache unabhängig vom Vorliegen der bürgerlich-rechtlichen Voraussetzungen für die Pfandbestellung. Danach kann auch an einer schuldnerfremden Sache ein Pfändungspfandrecht (§ 804 ZPO) begründet werden (Stein/Jonas/Münzberg a.a.O. § 804 Rdnr. 11; Baumbach/Lauterbach/Hartmann a.a.O. § 804 Anm. 2 A; Zöller/Stöber § 804 Rdnr. 3; Thomas/Putzo a.a.O. § 803 Anm. 6 a; § 804 Anm. 3 a; Baumann/Brehm a.a.O. S. 291; Tipke/Kruse a.a.O. § 282 Rdnr. 5; Hübschmann/Hepp/Spitaler/Schwarz a.a.O. § 287 Rdnr. 7; Lüke JZ 1957, 239, 243; Schwab ZZP 73, 477, 479 f.; wohl auch OLG Frankfurt NJW 1954, 1083; LG Aachen ZZP 72, 310, 311).

a) Jedoch beschränken die meisten Vertreter dieser Rechtsmeinung die Wirkung des Pfändungspfandrechts inhaltlich. Insbesondere gegenüber dem Eigentümer der gepfändeten Sache, der nicht zugleich Vollstreckungsschuldner ist, soll es nur die verfahrensmäßig garantierte Berechtigung des Gläubigers versinnbildlichen, den Erlös im Falle einer Verwertung des gepfändeten Gegenstands nach Maßgabe des Titels und des Ranges ausgezahlt zu erhalten. Dagegen soll es unter anderem diesem Dritten gegenüber nicht wie ein Faustpfandrecht (§ 804 Abs. 2 ZPO) wirken und keinen materiellen Rechtsgrund zum endgültigen Behaltendürfen des Erlöses bilden (Stein/Jonas/Münzberg a.a.O. § 804 Rdnr. 1, 23 ff.; Amend, Das öffentliche rechtliche Pfändungspfandrecht, Diss. Erlangen 1958 S. 37; Baumann/Brehm a.a.O. § 291; Lüke AcP 153, 533, 539; Schwab ZZP 73, 477, 480; vgl. auch Martin a.a.O. S. 128 f., 137, 146 f., 301). Wegen dieser Andersartigkeit des so verstandenen „öffentlich-rechtlichen Pfändungspfandrechts” sind folgerichtig die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über das Faustpfandrecht grundsätzlich nicht dafür heranzuziehen (Stein/Jonas/Münzberg a.a.O. § 804 Rdnr. 16).

Dann kann es auch nicht die Grundlage für einen gutgläubigen Erwerb – etwa in sinngemäßer Anwendung von § 1244 BGB – bilden (vgl. insbesondere Geib, Die Pfandverstrickung S. 118). Das ist vielmehr stets das der gesetzlichen Haftung des Pfandgegenstands zugrundeliegende Rechtsverhältnis.

b) Nur eine Minderheit der Anhänger der Theorie der öffentlich-rechtlichen Natur des Pfändungspfandrechts will dessen Wirkungen weiter ausdehnen. Es soll – entgegen RGZ 156, 395, 399 f.; BGHZ 32, 240, 245 f.; 66, 150, 151; 100, 95, 100 – zugleich eine Rechtsgrundlage dafür bilden, daß der Gläubiger den ihm ausgezahlten Erlös auch im Verhältnis zum nicht schuldenden Eigentümer der gepfändeten Sache endgültig behalten darf (H. Emmerich, Pfandrechtskonkurrenzen S. 93, 446 f., 529 f. mit Fußn. 592 unter 2; W. A. Müller, Die Wirksamkeit des Pfändungspfandrechts S. 94 f., 102; Böhm, Ungerechtfertigte Zwangsvollstreckung und materiell-rechtliche Ausgleichsansprüche S. 18 ff., 38 ff., 46 ff.; Baumbach/Lauterbach/Hartmann a.a.O. § 819 Anm. 2; Gloede MDR 1972, 291, 293; Günther AcP 178, 456, 463 ff.; vgl. auch Bötticher ZZP 85, 1, 14). Weist man damit dem Pfändungspfandrecht zugleich eine das materielle Recht gestaltende Wirkung gegenüber dem bezeichneten Drittbetroffenen zu, so läge es allerdings nahe, diese auch schon im früheren Zeitpunkt der Pfandverwertung für das Verhältnis zwischen dem Dritten und dem Ersteher anzunehmen (vgl. Böhm a.a.O. S. 90 ff.). Dann könnte ein so verstandenes Pfändungspfandrecht sogar die Grundlage für einen Eigentumserwerb in einer privatrechtlichen Versteigerung bilden (so wohl Tipke/Kruse a.a.O. § 305 Rdnr. 4 a.E.; vgl. auch Böhm a.a.O. S. 67 f.). Soweit mit einer rechtsgültigen Verstrickung ohne weiteres zugleich ein Pfandrecht entstünde, wäre dann der Eigentumserwerb an einer schuldnerfremden Sache in der Weise möglich, daß schon der gute Glaube des Erstehers allein an die rechtswirksame Verstrickung und/oder die Anordnung der anderweitigen Verwertung gemäß § 825 ZPO, § 305 AO (so BGB-RGRK/Kregel 12. Aufl. § 1244 Anm. 9) eine hinreichende Grundlage bilden könnte.

Dieser Auffassung folgt der Senat nicht.

aa) Das Zwangsvollstreckungsrecht bezweckt grundsätzlich die Befriedigung des Gläubigers allein auf Kosten seines Schuldners. Das Einhalten der formellen Vollstreckungsvoraussetzungen verleiht dem Gläubiger noch kein materielles Recht zum Zugriff auf schuldnerfremdes Vermögen (vgl. § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO und BGHZ 55, 20, 26; 58,. 207, 213 f.; 67, 378, 383; BGH, Urt. v. 1. Juni 1953 – IV ZR 196/52, LM § 771 ZPO Nr. 2; v. 12. Mai 1992 – VI ZR 257/91, z. V. b. in BGHZ; Henckel a.a.O. S. 321 f.; G. Huber a.a.O. S. 69 f.; Kuchinke JZ 1958, 198, 200 f.; Gaul AcP 173, 323, 336; Werner JR 1971, 278, 283; vgl. auch BGHZ 11, 37, 41; BGH, Urt. v. 14. Dezember 1977 – VIII ZR 163/76, MDR 1978, 401). Eingriffe in die Rechte Dritter sind zwar nicht immer zu vermeiden, aber so gering wie möglich zu halten. Insbesondere bedarf die Heranziehung fremden Sacheigentums zur Versteigerung der besonderen Rechtfertigung auch im Hinblick auf Art. 14 GG (insoweit zutreffend Marotzke NJW 1978, 133, 134 f.). Für Versteigerungen auf privatrechtlicher Grundlage sieht das Zivilrecht einen Rechtsverlust des nichtbetreibenden und nichtschuldenden Eigentümers grundsätzlich nur vor, wenn der Erwerber hinsichtlich bestimmter möglicher materiell-rechtlicher Berechtigungen des Veräußerers – sei es Eigentum (§ 932 ff. BGB), Pfandrecht (§ 1244 BGB) oder Veräußerungsbefugnis (§ 366 HGB) – nicht in bösem Glauben ist. Anderenfalls wird der bisherige Eigentümer geschützt.

Die dargestellte gesetzliche Interessenabwägung zwischen Eigentümer und Ersteigerer gilt auch, wenn ein Verwertungsvorgang ausnahmsweise in privatrechtlichen Formen abgewickelt wird. Hier mag der Erwerber geschützt werden, wenn er den Schuldner nach dem Maßstab des § 932 Abs. 2 BGB gutgläubig für den Eigentümer der versteigerten Sache gehalten hat. Darauf beruft sich der Kläger jedoch selbst nicht. Ihm war klar, daß ein gepfändetes Kraftfahrzeug versteigert wurde, ohne daß der dafür ausgestellte Brief vorlag. Der Kläger hat nach seinen eigenen Angaben (S. 2 der Sitzungsniederschrift des KG v. 25. September 1991 = Bl. 82 GA) allein darauf vertraut, daß bei einer von einer Behörde veranlaßten Zwangsversteigerung alles seine Richtigkeit habe; das heißt, er hat sich damit letztlich auf die Tragfähigkeit der Pfändung und der Versteigerungsanordnung gemäß § 305 AO verlassen. Das ist gerade keine rechtsgeschäftliche Grundlage, die nach bürgerlichem Recht materielle Rechte entstehen lassen könnte. Wird ein solches Vertrauen enttäuscht, so mag das allgemein für Ersatzansprüche gegen den betreibenden Gläubiger oder das Vollstreckungsorgan bedeutsam sein. Es ist aber kein tragfähiger Grund für den Rechtsverlust eines unbeteiligten Dritten.

bb) Die gegenteilige Meinung, die schon allein die Rechtswirksamkeit der Verstrickung oder gar nur den guten Glauben des Ersteigerers hieran und/oder an die Anordnung der anderweitigen Verwertung für einen Rechtsverlust des Dritteigentümers ausreichen lassen will, bewertet die Interessen des Erstehers wie des Vollstreckungsgläubigers zu hoch. Mit der dem Vollstreckungsorgan eingeräumten Möglichkeit, Sachen im Besitz des Schuldners ohne Prüfung seiner materiellen Berechtigung zu pfänden (§ 286 Abs. 1 und 4 AO, §§ 808 Abs. 1, 809 ZPO), wollte der Gesetzgeber das Vollstreckungsverfahren erleichtern. Für einen endgültigen Rechtsverlust bietet der bloße Gewahrsam des Schuldners, der ihn selbst nicht rechtsgeschäftlich ausnutzt, nur im gerade unverzichtbaren Mindestumfang eine hinreichende Grundlage.

Auch die Tatsache, daß der Drittberechtigte die Widerspruchsklage nach § 771 ZPO versäumt hat, nimmt ihm – entgegen der Meinung des Landgerichts und von W. A. Müller (a.a.O. S. 98 ff.) sowie H. Emmerich (a.a.O. S. 447 ff.) – noch nicht ohne weiteres die Schutzwürdigkeit (ebenso Henckel a.a.O. S. 315). Er muß deshalb zwar das formelle Ergebnis des eigentlichen Vollstreckungsverfahrens hinnehmen, nicht aber einen darüber hinausgehenden materiellen Rechtsverlust. Der Umstand rechtfertigt für sich – über den allgemeinen Gutglaubensschutz hinaus – kein selbständiges Vertrauen des Gläubigers oder Ersteigerers in die Rechtsbeständigkeit des Verwertungsvorgangs (ebenso Gerlach, Ungerechtfertigte Zwangsvollstreckung und ungerechtfertigte Bereicherung S. 27 ff.). Der Verschweigungsgedanke ist im deutschen Privatrecht allgemein nicht Grundlage des erweiterten Vertrauensschutzes bei der öffentlichen Versteigerung geworden (Hübner, Der Rechtsverlust im Mobiliarsachenrecht S. 145 f.; Dünkel a.a.O. S. 41, 58 f.). Er ist nicht geeignet, den durch den Kraftfahrzeugbrief – oder dessen Fehlen – zugunsten des Berechtigten ausgehenden Rechtsschein zu erschüttern.

Das im wesentlichen auf einseitigen Antrag und nach formalen Kriterien ablaufende Vollstreckungsverfahren ist, entgegen Böhm (a.a.O. S. 19 f., 62 ff.), auch keine taugliche Grundlage für eine der Rechtskraft ähnliche „Vollstreckungskraft” (ebenso Gaul AcP 173, 323, 326 ff; Schuschke a.a.O. S. 109 f.; Kaehler JR 1972, 445, 446; Rosenberg/Gaul/Schilken a.a.O. S. 41 XII 5 a). Zudem wirkt regelmäßig nicht einmal die Rechtskraft gegenüber Dritten, die nicht in förmlicher Weise in das zugrundeliegende Verfahren hineingezogen worden sind. Die bloße Pfändung einer schuldnerfremden Sache erfüllt nicht die an eine solche „Beiladung” des Eigentümers aus rechtsstaatlicher Sicht zu stellenden Anforderungen.

2. Nach der – weit verbreiteten – Theorie von der sogenannten gemischt privat- und öffentlich-rechtlichen Natur des Pfändungspfandrechts (RGZ 156, 395, 397 f.; OLG Hamm DGVZ 1955, 134; Brox/Walker a.a.O. Rdnr. 393; Baur/Stürner a.a.O. Rdnr. 432; Jauernig a.a.O. § 16 III C 4, S. 71 f.; Gerhardt a.a.O. S. 7 II 2 und 3 S. 73 ff.; K. Blomeyer, Zwangsvollstreckung 2. Aufl. § 14 VIII 2, IX; A. Blomeyer a.a.O. § 41 I und III; Bruns/Peters a.a.O. S. 127 f.; Rosenberg/Gaul/Schilken a.a.O. § 50 III 3 a; Henckel a.a.O. S. 328 ff.; G. Huber a.a.O. S. 71, 77, 81 ff., 92 ff.; Soergel/Mühl a.a.O. Einl. vor § 1204 Rdnr. 9; Schuschke a.a.O. S. 64 ff.; Kuchinke JZ 1958, 198, 200 f.; Arndt MDR 1961, 368, 370 f.; Gaul Rpfleger 1971, 1, 4 ff.; Pieper AcP 166, 532, 537 ff.; Säcker JZ 1971, 156, 160 ff.; Werner JR 1971, 278, 282 f.; Pinger JR 1973, 94, 97 f.; wohl auch BGHZ 56, 339, 351) entsteht an einer schuldnerfremden Sache kein rechtswirksames Pfändungspfandrecht zu Lasten des nichtschuldenden Eigentümers (vgl. OLG Braunschweig MDR 1972, 57, 58; Palandt/Bassenge, BGB 51. Aufl. Überblick 5 vor § 1204; Wieczorek a.a.O. § 804 Anm. B III und a; Zimmermann a.a.O. § 804 Anm. 2; K. Blomeyer a.a.O. § 14 XI 2 a; Rosenberg/Gaul/Schilken a.a.O. § 50 III 3 b cc; Jauernig a.a.O. § 16 III C 4 c, S. 72; Gerhardt a.a.O. § 7 II 2, S. 73, und § 8 II 3 c, S. 106 f.; Brox/Walker a.a.O. Rdnr. 383; Baur/Stürner a.a.O. Rdnr. 434; Bruns/Peters a.a.O. S. 127, 129; Henckel a.a.O. S. 328 f., 333 f.; G. Huber a.a.O. S. 93, 155; Jestaedt, Untersuchungen über das Pfändungspfandrecht, Diss. Marburg 1966 S. 103 f.; Pinger JR 1973, 94, 98; ferner BGHZ 20, 88, 101). Dieses wird nur begründet, wenn zusätzlich zu einer rechtswirksamen Verstrickung der Pfandsache die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Begründung gesetzlicher Pfandrechte in sinngemäßer Anwendung erfüllt sind. Nach § 1205 Abs. 1 Satz 1 BGB kann ein Verpfänder grundsätzlich allein an eigenen Sachen rechtswirksam ein Pfandrecht bestellen.

a) Der Ansicht (Baumann/Brehm a.a.O. § 18 I 2 b (2), S. 291; A. Blomeyer a.a.O. S. 41 III 3 i.V.m. 2, S. 176 f.; K. Schmidt ZZP 87, 316, 330 f.), bei Pfändung schuldnerfremder Sachen entstehe mindestens bis zum Vollstreckungsende ein – durch eine erfolgreiche Klage nach § 771 ZPO auflösend bedingtes – materiell wirkendes Pfandrecht, folgt der Senat nicht. Sie müßte folgerichtig eine rechtsgültige privatrechtliche Veräußerung schuldnerfremder Pfandstücke im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens gemäß § 825 ZPO ermöglichen und würde als Ausgleich lediglich Bereicherungs- oder Schadensersatzansprüche nach dessen Abschluß gewähren. Damit vermischt sie die öffentlich-rechtliche Grundlage des Vollstreckungsverfahrens in unzulässiger Weise mit privatrechtsgestaltenden Wirkungen und läßt außer acht, daß das Einhalten der formellen Vollstreckungsvoraussetzungen dem Gläubiger grundsätzlich noch kein materielles Recht zum Zugriff auf schuldnerfremdes Vermögen verleiht (oben 1 b aa). Eine gegen diesen Grundsatz verstoßende Ausprägung der eingangs genannten Theorie schließt der Senat als anwendbares Recht aus. Die für den Pfändungsgläubiger erforderlichen Schutzwirkungen lassen sich auch ohne Annahme eines voll ausgeprägten Pfändungspfandrechts begründen. Das gilt insbesondere für die Heilung einer ursprünglich fehlerhaften Pfändung, etwa durch Genehmigung.

b) Der Kläger hat nicht dargetan, daß die Beklagte die Pfändung ihres Kraftfahrzeugs im Sinne von § 185 Abs. 2 Satz 1 BGB genehmigt habe. Der Umstand allein, daß sie eine Widerspruchsklage gemäß § 771 ZPO nicht erhoben hat, kann nicht einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung gleichgesetzt werden (ebenso Stein/Jonas/Münzberg a.a.O. § 804 Rdnr. 11; Schwinge, Der fehlerhafte Staatsakt im Mobiliarvollstreckungsrecht S. 93 f.; Rosenberg/Gaul/Schilken a.a.O. S. 593; vgl. aber Henckel a.a.O. S. 337). Er kann auf vielen verschiedenen Ursachen beruhen, die keinesfalls sämtlich auch nur ein tatsächliches Einverständnis des Eigentümers mit der Pfändung zum Ausdruck bringen. So ist für den vorliegenden Fall nicht einmal dargetan, ob die Beklagte von der Pfändung vor der Versteigerung überhaupt erfahren hat. Die allgemeine Fiktion einer Genehmigung sieht § 771 ZPO für den Fall einer Versäumung der Widerspruchsklage nicht vor. Sie würde der Vorschrift eine ihr nicht zukommende materiell-rechtliche Wirkung über das Vollstreckungsverfahren hinaus beimessen (vgl. auch BGHZ 4, 283, 284). Deshalb bleibt auch für das Widerspruchsrecht selbst – im Gegensatz zu möglichen Schadensersatzansprüchen wegen dessen schuldhafter Verletzung (vgl. dazu BGH, Urt. v. 3. Juni 1958 – VIII ZR 326/56, WM 1958, 899, 903; Stein/Jonas/Münzberg a.a.O. § 771 Rdnr. 78) – kein Raum für eine Abwägung nach Verschuldensgesichtspunkten (a. M. K. Schmidt ZZP 87, 316, 322).

c) Die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs von Mobiliarpfandrechten beschränkt sich auf deren rechtsgeschäftliche Bestellung (§§ 1207 f. BGB). Gesetzliche Pfandrechte an bestellerfremden beweglichen Sachen können – außerhalb von § 366 Abs. 3 HGB – grundsätzlich nicht gutgläubig erworben werden, weil es hierfür an der erforderlichen rechtsgeschäftlichen Handlung des Bestellers fehlt, die Grundlage für einen guten Glauben sein könnte (BGHZ 34, 122, 126 f.; 34, 153, 154 f.; 35, 53, 61; 87, 274, 280; 100, 95, 101; BGH, Urt. v. 4. Mai 1977 – VIII ZR 3/76, WM 1977, 710). Das gilt zugleich für das Pfändungspfandrecht (ebenso RGZ 104, 300, 301; RG SeuffA Bd. 62 Nr. 57; K. Blomeyer a.a.O. § 14 VIII 2, S. 78; Wolff/Raiser, Sachenrecht 10. Bearb. § 163 IV, S. 685; Wieczorek a.a.O. § 803 Anm. E II b 2; S. 804 Anm. B III a; BGB-RGRK/Kregel a.a.O. § 1207 Rdnr. 2; Soergel/Mühl a.a.O. § 1207 Rdnr. 1; Schwinge a.a.O. S. 89 f.; Brox/Walker a.a.O. Rdnr. 383; G. Huber a.a.O. S. 155 ff.; Zunft NJW 1955, 1505, 1506 über Fußn. 28). § 898 ZPO sieht einen gutgläubigen Erwerb allein für die Fälle der Zwangsvollstreckung nach §§ 894 und 897 ZPO vor (RGZ 90, 193, 197 f.). Zudem begründet gerade der Vorgang der Sachpfändung schon deswegen kein berechtigtes Vertrauen in die Verfügungsbefugnis des Schuldners, weil nur dessen Gewahrsam, nicht aber seine Rechtsinhaberschaft vom Vollstreckungsorgan zu prüfen ist (§§ 808 Abs. 1, 809 ZPO; § 286 Abs. 1 und 4 AO; dazu RGZ 79, 241, 243 f.). Sogar ein den hoheitlichen Eingriff schweigend duldender Schuldner gibt damit allein noch nicht seine sachliche Berechtigung unzweideutig zu erkennen, sondern kann aus vielen verschiedenen, nicht durchweg verwerflichen Beweggründen handeln.

d) Dann kann nach dieser Rechtsansicht § 1244 BGB bei einer privatrechtlichen Pfandversteigerung gemäß § 305 AO oder § 825 ZPO den Erwerb einer schuldnerfremden Sache regelmäßig nur ermöglichen, soweit der Ersteher hinsichtlich des Eigentums des Vollstreckungsschuldners gutgläubig ist.

aa) § 1244 BGB setzt für den Eigentumserwerb aufgrund Versteigerung einer nicht dem Verpfänder gehörenden Pfandsache auch den guten Glauben des Erstehers an den Bestand des Pfandrechts voraus, sofern dieses tatsächlich fehlt (RGZ 100, 274, 277; 104, 300, 302; MünchKomm/Damrau, BGB 2. Aufl. § 1244 Rdnr. 7; Soergel/Mühl a.a.O. § 1244 Rdnr. 1, 3; Staudinger/Wiegand, BGB 12. Aufl. § 1244 Rdnr. 4; Wolff/Raiser a.a.O. S. 695; Heck, Grundriß des Sachenrechts S. 423; Tiedtke a.a.O. S. 51). Der gute Glaube allein an die formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Versteigerung schützt den Ersteher nicht, der das Nichtbestehen des Pfandrechts kennt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kennt (mißverständlich insoweit Erman/Küchenhoff, BGB 8. Aufl. § 1244 Rdnr. 4).

bb) Da – wie ausgeführt – allein durch die Pfändung schuldnerfremder Sachen ein privatrechtsgestaltendes Pfandrecht nicht entstehen kann, wäre ein sich auf die gegenteilige Rechtsansicht stützendes Vertrauen stets grob fahrlässig. Jede Nachfrage bei einem Rechtskundigen müßte ergeben, daß nach insoweit übereinstimmender, ganz herrschender Rechtsanschauung die Pfändung für sich rechtlich nicht geeignet ist, fehlendes Eigentum des Schuldners an der zu verwertenden Sache als Erwerbsgrundlage zu ersetzen.

cc) Hinsichtlich des Eigentums an der Pfandsache war der Kläger hier bösgläubig.

Beim Erwerb eines gebrauchten Kraftfahrzeugs handelt der Erwerber regelmäßig grob fahrlässig im Sinne von § 932 Abs. 2 BGB, wenn er sich nicht anhand des – gerade diesem Zweck dienenden –Kraftfahrzeugbriefs über das Eigentum des Veräußerers vergewissert (BGH, Urt. v. 2. Dezember 1958 – VIII ZR 212/57, WM 1959, 138, 139; v. 27. Januar 1965 – VIII ZR 62/63, WM 1965, 196 f.; v. 11. März 1991 – II ZR 88/90, NJW 1991, 1415, 1416 m. w. N.; vgl. auch BGHZ 47, 207, 213). Dieser Maßstab ist auch für den gutgläubigen Erwerb in einer vollstreckungsrechtlichen Pfandversteigerung zugrundezulegen, nicht hingegen der teilweise erleichterte Maßstab für den rechtsgeschäftlichen Erwerb eines Faustpfands vom Nichtberechtigten; insoweit wird die Ansicht vertreten, jedenfalls der Inhaber einer Reparaturwerkstatt, der sich an einem von ihm zu reparierenden Kraftfahrzeug rechtsgeschäftlich ein Pfandrecht bestellen lasse, brauche zu diesem Zweck nicht den Kraftfahrzeugbrief einzusehen (BGHZ 68, 323, 326 ff.; 87, 274, 280; 100, 95, 101). Im Vollstreckungsrecht fehlt es, wie ausgeführt (oben c), gerade an einer rechtsgeschäftlichen Pfandrechtsbestellung. Zudem soll das Pfändungspfandrecht – im Gegensatz zum Faustpfand, das vorwiegend der Sicherung dient – von Anfang an die Verwertung der Sache vorbereiten.

Der Pfändungsvorgang für sich ist auch nicht geeignet, ein Vertrauen des Erstehers in die Schuldnerzugehörigkeit der Pfandsache zu stärken. Gemäß § 286 Abs. 1 und 4 AO (Abschn. 43 Abs. 1 und 5 Satz 1 VollstrA), §§ 808 Abs. 1, 809 ZPO (§§ 119 Nr. 1, 136 Nr. 2 Satz 2 GVGA) prüft das Vollstreckungsorgan im allgemeinen nur die Gewahrsams-, nicht die Eigentumsverhältnisse. Der Vollziehungsbeamte des Finanzamts (Abschn. 46 Abs. 2 VollstrA) hat zudem – ebenso wie der Gerichtsvollzieher (§ 160 Nr. 1 GVGA) – bei der Pfändung eines Kraftfahrzeugs nach dem hierüber ausgestellten Kraftfahrzeugbrief zu suchen und ihn in Besitz zu nehmen, wenn er ihn findet. Anderenfalls forscht er durch Befragen des Schuldners oder der bei der Vollstreckung anwesenden Personen nach dem Verbleib des Briefs (Abschn. 46 Abs. 4 Satz 1 VollstrA; vgl. auch § 160 Nr. 2 GVGA). Besitzt er ihn, so händigt er ihn nach der Versteigerung dem Erwerber bei der Übergabe des Fahrzeugs aus (vgl. § 163 Nr. 1 GVGA). Wird jedoch – wie im vorliegenden Falle – vor der Aufforderung zum Bieten auf das Fehlen des Kraftfahrzeugbriefs hingewiesen (vgl. § 161 Nr. 4 Satz 3 GVGA), so muß jeder Bietinteressent damit rechnen, daß der Brief sich bei einem Dritten befindet. Wegen der Zweckbestimmung des Kraftfahrzeugbriefs und seiner rechtsgeschäftlichen Bedeutung drängt sich dann die Annahme auf, daß ein Dritter – nicht der Schuldner – Eigentümer des Fahrzeugs ist.

Deshalb wird der Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Kläger nach eigenen Angaben dem fehlenden Kraftfahrzeugbrief keine Bedeutung beigemessen hat, weil er annahm, das Finanzamt dürfe nur dem Schuldner gehörende Sachen versteigern lassen.

3. Da im übrigen die beiden dargestellten Theorien über die Rechtsnatur des Pfändungspfandrechts (oben 1. a und 2.) für den vorliegenden Fall nicht zu abweichenden Ergebnissen führen, braucht der Senat dazu nicht weiter Stellung zu nehmen.

4. Eine Besserstellung des Erwerbers ist nicht deswegen geboten, weil hier eine öffentliche Abgabenforderung Grundlage der Versteigerung war. Sie richtete sich allein gegen die Schuldnerin. Auch dem Staat bleibt schuldnerfremdes Vermögen als Zugriffsobjekt grundsätzlich verschlossen. Eine Vollstreckung in dieses ist materiell rechtswidrig (siehe oben 1. b aa und G. Huber a.a.O. S. 63 ff., 95, 129 ff., 142 f.). Das öffentliche Recht schützt allgemein das Vertrauen in materiell rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte nur in begrenztem Maße (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG; §§ 130 Abs. 2 Nr. 4, 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c AO).

IV.

Endlich hat der Kläger nicht aufgrund des § 366 Abs. 1 HGB Eigentum am ersteigerten Kraftfahrzeug erworben. Sogar wenn unterstellt wird, daß der Versteigerer ein Handelsgeschäft betrieb, mag schon zweifelhaft sein, ob die Vorschrift überhaupt anwendbar ist, weil er nicht im eigenen Namen, sondern erklärtermaßen als Vertreter der Vollstreckungsbehörde und/oder betreibenden Gläubigerin gehandelt hat, die beide nicht Kaufleute waren (vgl. zu diesem Problem einerseit S. Wiegand JuS 1974, 545, 548; Großkomm. HGB/Canaris, 3. Aufl. § 366 Anm. 8, 27 f.; andererseits Schlegelberger/Hefermehl, HGB 5. Aufl. § 366 Rdnr. 27, 32 – jeweils m. w. N.) und zudem in gesetzlicher – nicht rechtsgeschäftlicher – Verfügungsmacht für den Schuldner handelten (vgl. hierzu Großkomm. HGB/Canaris a.a.O. § 366 Rdnr. 18, 23 m. w. N. einerseits; Schlegelberger/Hefermehl a.a.O. § 366 Rdnr. 31 a.E. andererseits).

Jedenfalls war der Kläger hinsichtlich der Verfügungsbefugnis des Versteigerers nicht gutgläubig im Sinne dieser Bestimmung. Der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis beruht letztlich auf dem guten Glauben an das Eigentum des Ermächtigenden, also darauf, daß der Veräußerer über die Sache gerade für den Eigentümer verfügen darf (RG JW 1931, 3079, 3081; Baumbach/Duden/Hopt, HGB 28. Aufl. § 366 Anm. 2 c; Tiedtke a.a.O. S. 228; vgl. auch Frank/Veh JA 1983, 249, 252). Wer aber von einem Händler ein gebrauchtes Kraftfahrzeug erwirbt, muß sich auch dann den dafür ausgestellten Brief zeigen lassen, wenn er den Händler nicht für den Eigentümer hält (vgl. BGH, Urt. v. 2. Dezember 1958 – VIII ZR 212/57, WM 1959, 138, 139; v. 27. Januar 1965 – VIII ZR 62/63, WM 1965, 196). Insoweit ist die Interessenlage beim Erwerb vom scheinbar Verfügungsberechtigten nicht günstiger als beim Erwerb vom Scheinberechtigten selbst. § 366 HGB hilft nur, Mängel in der Verfügungsbefugnis zu überwinden, nicht aber allgemein erkennbare Hinweise auf das Eigentum Unbeteiligter. Das bloße Vertrauen des Ersteigerers auf die Institution der öffentlichen Versteigerung als solche wird – anders als die Revision meint – nicht durch § 366 Abs. 1 HGB geschützt, erst recht nicht sein Vertrauen auf das „korrekte” Verhalten der pfändenden Behörde (siehe oben III 1 b und 2 c, d cc).

 

Fundstellen

BGHZ, 75

NJW 1992, 2570

ZIP 1992, 1175

JuS 1993, 76

ZBB 1992, 316

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