Leitsatz (amtlich)

a) Eine in einem Mietvertrag vereinbarte Wertsicherungsklausel ist auch dann genehmigungsbedürftig, wenn sie auf die von der Landeszentralbank genehmigte Wertsicherungsklausel eines dasselbe Grundstück betreffenden anderen Mietvertrages Bezug nimmt, die ihrerseits einen genehmigungsbedürftigen Inhalt hat.

b) Ist der Vermieter verpflichtet, sich auf eine genehmigungsfähige oder nicht genehmigungsbedürftige Wertsicherungsklausel einzulassen, so kann er sich nach Treu und Glauben nicht mit der Begründung auf die Gesamtnichtigkeit des Mietvertrages berufen, einen Mietvertrag mit einer anderen als der vereinbarten, nicht genehmigungsfähigen Wertsicherungsklausel hätte er nicht abgeschlossen.

 

Normenkette

WährG § 3; BGB §§ 139, 242

 

Verfahrensgang

OLG Bremen (Urteil vom 27.10.1981)

LG Bremen

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 27. Oktober 1981 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger hat der Beklagten ab 1. April 1977 Büroräume in seinem Hause B., S. straße … zu einem monatlichen Mietzins von 1.080,27 DM zuzüglich Mehrwertsteuer vermietet. In § 3 Abs. 3 des Vertrages ist vereinbart:

„Zwischen dem Vermieter und dem Mieter besteht Einigkeit darüber, daß, wenn sich die Gesamtbezüge eines nach der Besoldungsgruppe A 10 des Bundesbesoldungsgesetzes besoldeten Beamten gegenüber dem Stand bei Abschluß des Vertrages erhöhen oder vermindern, eine Anpassung des Mietzinses entsprechend den prozentualen Veränderungen des vorgenannten Beamtengehaltes zu erfolgen hat …”.

Über einen im November 1980 nach § 3 WährG gestellten Antrag auf Genehmigung dieser Klausel hat die Landeszentralbank Bremen nicht entschieden. Sie hat dem Kläger mitgeteilt, die Klausel könne nach Nr. 3 b der Genehmigungsgrundsätze der Deutschen Bundesbank nicht genehmigt werden. Der Kläger, der die Auffassung der Landeszentralbank Bremen über die mangelnde Genehmigungsfähigkeit der Wertsicherungsklausel teilt und diese deswegen für schwebend unwirksam hält, meint, sie sei im Wege ergänzender Vertragsauslegung durch Vereinbarung einer Klausel des Inhalts zu ersetzen, daß die Miete im gleichen Maße und zu den gleichen Zeitpunkten angepaßt werde wie die Miete für die im gleichen Hause an den Rechtsanwalt und Notar Dr. W. vermieteten Gewerberäume. Er ist der Ansicht, eine solche Klausel sei als nicht genehmigungsbedürftige Spannungsklausel anzusehen. Unstreitig enthält der Mietvertrag mit dem Mieter Dr. W. eine Wertsicherungsklausel mit dem gleichen Inhalt wie die von den Parteien in § 3 Abs. 3 des Vertrages vereinbarte. Sie ist von der Landeszentralbank Bremen am 4. Februar 1963 genehmigt worden.

Der Kläger hat beantragt, festzustellen, daß zwischen ihm als Vermieter und der Beklagten als Mieterin ein Mietvertrag mit von ihm im einzelnen angegebenen Inhalt bestehe, dessen § 3 Abs. 3 bis 6 folgenden Wortlaut habe:

„Zwischen dem Vermieter und dem Mieter besteht Einigkeit darüber, daß eine Anpassung des Mietzinses zu erfolgen hat im selben Maße und zu den gleichen Zeitpunkten, wie die Miete für die im vorderen Trakt des 1. Obergeschosses des Hauses S. straße 18 bis 20 belegenen und an den Rechtsanwalt und Notar Dr. Helmuth W. vermieteten Büroräume zuzüglich Nebengelassen. Die Mietanpassung richtet sich dort nach § 3 Abs. 2 des Vertrages vom 28. November/3. Dezember 1962, der wie folgt lautet:

„Zwischen dem Vermieter und dem Mieter besteht Einigkeit darüber, daß, wenn sich die Gesamtbezüge eines nach der Besoldungsgruppe A 10 des Bundesbesoldungsgesetzes besoldeten Beamten gegenüber dem Stand bei Abschluß des Vertrages erhöhen oder vermindern, eine Anpassung des Mietzinses entsprechend den prozentualen Veränderungen des vorgenannten Beamtengehaltes zu erfolgen hat.”

Veränderungen bis zum 30. Juni 1978 bleiben unberücksichtigt.

Maßgebend für ein Abänderungsverlangen ist jeweils das Datum der Veröffentlichung des Besoldungsänderungsgesetzes im Bundesgesetzblatt.”

Hilfsweise hat der Kläger in erster Linie die Verurteilung der Beklagten zum Abschluß eines Mietvertrages mit dem von ihm angegebenen Inhalt und in zweiter Linie die Verurteilung der Beklagten zur Räumung der Gewerberäume verlangt. Den in zweiter Linie gestellten Hilfsantrag hat er mit der Erwägung gerechtfertigt, der mit der Beklagten abgeschlossene Vertrag sei nach § 139 BGB nichtig, wenn die von ihm gewünschte ergänzende Vertragsauslegung nicht in Betracht komme.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt der Kläger die Verurteilung der Beklagten entsprechend den Klageanträgen.

 

Entscheidungsgründe

1. Das Berufungsgericht führt aus:

a) Die in § 3 Abs. 3 des Mietvertrages vereinbarte Wertsicherungsklausel sei nach § 3 Satz 2 WährG genehmigungsbedürftig, weil die von der Beklagten zu erbringende Mietzinszahlung in Bezug gesetzt werde zu der Entwicklung eines Beamtengehalts, mithin einer andersartigen Leistung im Sinne der genannten Vorschrift. Nach den Genehmigungsgrundsätzen der Deutschen Bundesbank könne sie nicht genehmigt werden. Sie sei daher im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung durch eine Klausel zu ersetzen, die entweder nicht der Genehmigung der Landeszentralbank bedürfe oder einen genehmigungsfähigen Inhalt habe. Die vom Kläger vorgesehene Klausel erfülle diese Anforderungen nicht. Denn auch sie bedürfe der Genehmigung, könne aber nach Nr. 3 b der Genehmigungsgrundsätze der Deutschen Bundesbank vom 26. August 1964 nicht genehmigt werden. Dem Wortlaut nach erwecke sie den Eindruck einer nicht genehmigungsbedürftigen sogenannten Spannungsklausel, bei der gleichartige Leistungen in Beziehung zueinander gesetzt würden. Spannungsklauseln seien auch zur Absicherung von Mietzins zulässig. Bei Bezugnahme auf die in dem Mietvertrag mit Dr. W. enthaltene Wertsicherungsklausel würde aber der von der Beklagten zu entrichtende Mietzins im Ergebnis automatisch von einer anderen Leistung im Sinne des § 3 Satz 2 WährG abhängig gemacht, nämlich der künftigen Entwicklung eines Beamtengehalts. Es würde eine unzulässige Umgehung des § 3 WährG bedeuten, wenn dadurch die Wirksamkeit einer genehmigungsbedürftigen und nicht genehmigungsfähigen Wertsicherungsklausel erreicht werden könnte, daß eine Leistung an eine gleichartige Leistung gekoppelt wird, die wiederum infolge einer vereinbarten Wertsicherungsklausel automatisch durch eine andere ungleichartige Leistung bestimmt wird. Dabei sei es unerheblich, ob diese letztere Wertsicherungsklausel nach § 3 WährG genehmigt sei. Denn eine Genehmigung könne sich nur auf diese Wertsicherungsklausel selbst beziehen, nicht aber auf das Abhängigmachen einer anderen Leistung von der durch die genehmigte Wertsicherungsklausel gesicherten Leistung.

b) Da die Beklagte nicht verpflichtet sei, einen Mietvertrag mit einer unwirksamen Bestimmung über die Höhe der von ihr zu erbringenden Leistungen abzuschließen, sei auch der in erster Linie gestellte Hilfsantrag unbegründet.

c) Auch dem Hilfsantrag auf Räumung könne nicht stattgegeben werden. Solange die erforderliche Genehmigung für die vereinbarte Wertsicherungsklausel nicht endgültig versagt sei, sei der Vertrag noch nicht nach § 139 BGB nichtig. Vielmehr seien die Parteien verpflichtet, eine Ersatzklausel zu vereinbaren, die den beiderseitigen Belangen, wie sie in der schwebend unwirksamen Wertsicherungsklausel nach ihrem objektiven Vertragszweck zum Ausdruck kämen, gerecht werde. Die Beklagte habe sich auch ausdrücklich zur Mitwirkung bei einer solchen Vereinbarung bereiterklärt. Eine Klausel, welche die genannten Voraussetzungen erfülle, sei etwa in der Vereinbarung eines genehmigungsfreien Leistungsvorbehalts zu sehen, der eine automatische Kopplung der Höhe des Mietzinses an die künftige Entwicklung eines Beamtengehaltes vermeide. Der Kläger könne auch mit keinem anderen Vertragspartner einen Mietvertrag mit der von ihm begehrten Klausel wirksam abschließen.

2. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

a) Eine Spannungsklausel ist dann anzunehmen, wenn die in ein Verhältnis zueinander gesetzten Leistungen im wesentlichen gleichartig oder zumindest vergleichbar sind (BGH, Urteile vom 10. Februar 1960 – V ZR 113/58 = WM 1960, 437, 439 und vom 17. Dezember 1973 – II ZR 48/71 = LM WährG § 3 Nr. 23 = NJW 1974, 273 = WM 1974, 71). Eine solche Klausel bedarf nicht der Genehmigung durch die Landeszentralbank, weil nach § 3 Satz 2 WährG eine Genehmigung nur für Vereinbarungen erforderlich ist, welche die geschuldete Leistung von dem Wert anderer Leistungen abhängig machen, bei der Spannungsklausel aber im wesentlichen gleiche Leistungen miteinander verkoppelt werden (BGHZ 14, 306, 310; BGH, Urteil vom 10. Februar 1960, aaO; Dürkes, Wertsicherungsklauseln, 9. Aufl. Rdn. 12, 13). Eine Spannungsklausel ist, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, auch zur Absicherung von Mietzins für Gewerberaum zulässig (Senatsurteil vom 26. November 1975 – VIII ZR 267/73 = LM WährG § 3 Nr. 29 = NJW 1976, 422 = WM 1976, 33). Grundsätzlich liegt deshalb ein Anwendungsfall des § 3 Satz 2 WährG nicht vor, wenn in einem Mietvertrag über gewerbliche Räume zum Zwecke der Wertsicherung vereinbart ist, der Mietzins solle sich jeweils der Miete für bestimmte gewerblich genutzte Räume gleicher Art und Lage anpassen (Dürkes, aaO, Rdn. 14). Enthält aber der Mietvertrag, auf den zum Zwecke der Wertsicherung Bezug genommen wird, seinerseits eine Wertsicherungsklausel und ist in dieser eine Anpassung vereinbart, welche die Miete von dem Wert einer anderen Leistung im Sinne des § 3 Satz 2 WährG abhängig macht, so ist die Vereinbarung, die Miete sei dem im anderen Mietvertrag vereinbarten Mietzins anzupassen, genehmigungsbedürftig. Der Umstand, daß die im Mietvertrag mit Dr. W. vereinbarte Klausel genehmigt worden ist, ist ohne Belang. Diese Genehmigung gilt nur für den mit Dr. W. abgeschlossenen Vertrag. In der rechtlichen Beurteilung der Genehmigungsbedürftigkeit macht es keinen Unterschied, ob die Leistung, der die Miete letztlich angepaßt werden soll, in der Klausel unmittelbar bezeichnet wird oder ob sie nur in dem Vertrag, auf den Bezug genommen wird, als Vergleichsmaßstab angegeben ist. Daraus folgt, daß für die vom Kläger gewünschte Klausel nach § 3 Satz 2 WährG die Genehmigung durch die Landeszentralbank erforderlich ist. Die Anpassung der in dem Mietvertrag mit Dr. W. vereinbarten Miete soll nämlich nicht an eine vergleichbare, sondern an eine andere Leistung, nämlich entsprechend der künftigen Entwicklung eines Beamtengehaltes an dieses vorgenommen werden. Eine solche Klausel kann aber nach Nr. 3 b der Grundsätze bei der Entscheidung über Genehmigungsanträge nach § 3 des Währungsgesetzes in der Mitteilung der Deutschen Bundesbank Nr. 1015/78 vom 9. Juni 1978 (BAnz Nr. 109 vom 15. Juni 1978) nicht genehmigt werden. Danach sind nämlich Wertsicherungsklauseln, nach denen der geschuldete Betrag von der künftigen Einzel- oder Durchschnittsentwicklung von Löhnen, Gehältern, Ruhegehältern oder Renten abhängig sein soll, nur unter Voraussetzungen genehmigungsfähig, die hier unstreitig nicht vorliegen.

b) Mit dem in erster Linie gestellten Hilfsantrag hat das Berufungsgericht den Kläger mit zutreffender Begründung abgewiesen.

c) Auch dem Hilfsantrag auf Räumung haben die Vorinstanzen mit Recht nicht entsprochen.

Das Räumungsverlangen könnte nur dann gerechtfertigt sein, wenn die Beklagte kein Recht zum Besitz der Mieträume hätte. Das trifft aber nicht zu.

Es ist nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht angenommen hat, die gebotene ergänzende Auslegung des Vertrages ergebe die Möglichkeit, eine Wertsicherungsklausel – etwa in der Form eines nicht genehmigungsbedürftigen Leistungsvorbehaltes – als vereinbart anzusehen, die eine automatische Koppelung der Höhe des Mietzinses an die künftige Entwicklung eines Beamtengehaltes vermeide. Das Berufungsgericht hat dabei die Rechtsprechung des erkennenden Senats berücksichtigt, nach der die Parteien eines Mietvertrages, die über die Wertsicherung der Mietschuld eine nach § 3 WährG genehmigungsbedürftige, nach den Richtlinien der Deutschen Bundesbank aber nicht genehmigungsfähige Vereinbarung getroffen haben, einander verpflichtet sind, einer Änderung der vereinbarten Klausel in eine solche mit genehmigungsfähigem oder nicht genehmigungsbedürftigem Inhalt zuzustimmen, sofern sich nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung eine geeignete Ersatzklausel bestimmen läßt (BGHZ 63, 132, 135 m.w.N.).

Mit seinem Vorbringen, er hätte den Mietvertrag ohne Anpassungsautomatik nicht abgeschlossen, kann der Kläger nicht den gewünschten Erfolg haben, daß der ganze Vertrag nach § 139 BGB als nichtig anzusehen ist. Ist der Kläger, wie dargelegt, verpflichtet, sich auf eine genehmigungsfähige oder nicht genehmigungsbedürftige Wertsicherungsklausel einzulassen, so kann er sich, um die Nichtigkeit des Vertrages durchzusetzen, nicht mit Erfolg darauf berufen, er hätte ohne die – unzuzulässige – Anpassungsautomatik nicht abgeschlossen (§ 242 BGB).

3. Die Revision ist demnach unbegründet. Sie war deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Braxmaier, Wolf, Dr. Skibbe, Treier, Dr. Brunotte

 

Fundstellen

Haufe-Index 950545

NJW 1983, 1909

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1983, 315

DNotZ 1984, 174

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