Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerberatungsgesetz. Steuerberater: Herausgabepflicht des durch Dritte Erlangten. Zuwendungen an einen Strohmann

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Steuerberater hat seinem Auftraggeber solche Sondervorteile herauszugeben, die ihm von dritter Seite zugewandt sind und eine Willensbeeinflussung zum Nachteil des Auftraggebers befürchten lassen.

2. Erlangt ein Steuerberater Vorteile durch Dritte kommt gegebenenfalls auch ein Schadensersatzanspruch seines Mandanten wegen Verletzung der Pflichten eines getreuen Beraters in Betracht.

 

Normenkette

BGB § 667; StBerG §§ 33, 57

 

Verfahrensgang

OLG Nürnberg (Entscheidung vom 11.07.1985; Aktenzeichen 2 U 3951/84)

LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 31.10.1984; Aktenzeichen 12 O 1371/84)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.06.2012; Aktenzeichen XI ZR 259/11)

BGH (Urteil vom 26.06.2012; Aktenzeichen XI ZR 355/11)

 

Tatbestand

Der Beklagte, ein Steuerberater und Rechtsbeistand, war für die Kläger von 1977 bis 1981 in steuerlichen und nichtsteuerlichen Angelegenheiten beratend tätig. Die Kläger kauften in dieser Zeit unter Mitwirkung und Beratung des Beklagten insgesamt 60 Eigentumswohnungen in K, S-B, F, M und K sowie in der Schweiz. Sie hatten dem Beklagten eine notarielle Generalvollmacht erteilt. Im Februar 1981 liquidierte der Beklagte für seine steuerliche und rechtsberatende Tätigkeit insgesamt 25.978,74 DM.

Von den Verkäufern der Eigentumswohnungen verlangte der Beklagte jeweils Provisionen, die zum Teil an eine Firma S, zum Teil an die Maklerfirma D gezahlt wurden. Die Kläger wußten von diesen Zahlungen nichts.

Die Kläger beanspruchen die gezahlten Provisionen für sich. Die zunächst auf Auskunft gerichtete Klage hat das Landgericht abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die teilweise Änderung der Klage in Zahlungsanträge zugelassen und insoweit durch Teilurteil den Beklagten verurteilt, an den Kläger zu 1) 445.153,40 DM nebst Zinsen und an die Klägerin zu 2) 318.387,65 DM nebst Zinsen zu zahlen. Die Hilfsaufrechnung des Beklagten, mit der dieser einen Honoraranspruch von insgesamt 476.584,96 DM gegen die beiden Kläger geltend machte, hat das Berufungsgericht für unbegründet erachtet. Der Senat hat die Revision des Beklagten insoweit angenommen, als er verurteilt worden ist, an den Kläger zu 1) mehr als 121.116,77 DM nebst Zinsen und an die Klägerin zu 2) mehr als 32.661,40 DM nebst Zinsen zu zahlen. Im Umfang der Annahme verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Teilurteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 11. Juli 1985 aufgehoben, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger zu 1) mehr als 121.116,77 DM nebst Zinsen und an die Klägerin zu 2) mehr als 32.661,40 DM nebst Zinsen zu zahlen.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Nach der zutreffenden Auffassung des Berufungsgerichts ist zwischen den Parteien ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter zustande gekommen. Dabei war die Tätigkeit des Beklagten nicht allein auf Steuerberatung beschränkt. Im Rahmen seiner vertraglichen Tätigkeit nahm er auch allgemein die Vermögensinteressen der Kläger wahr und wurde insbesondere zur Vermittlung des Erwerbs von Immobilien zum Zwecke der Steuerersparnis tätig. Dabei entwickelte sich ein enges Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien. Im Rahmen dieses Geschäftsbesorgungsvertrages gab er den Klägern vielfach Empfehlungen, bestimmte Immobilien zu erwerben, um Steuern zu sparen, und gab den Vertreibern der Immobilien die genauen steuerlichen Umstände an, auf die die Projekte zugeschnitten sein sollten. Die Honorierung des Beklagten umfaßte nach den Feststellungen des Tatrichters sowohl die steuerberatende als auch die sonstige Tätigkeit des Beklagten. Entgegen der Auffassung der Revision sind damit alle tatbestandsmäßigen Merkmale einer Geschäftsbesorgungstätigkeit im Sinne des § 675 BGB beschrieben und festgestellt.

Ebensowenig begegnet es rechtlichen Bedenken, daß der Berufungsrichter den Beklagten zur Herausgabe an ihn gezahlter Provisionen für verpflichtet hält. Der Beklagte hat nach § 667 BGB alles herauszugeben, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt. Nach gefestigter Rechtsprechung gehören dazu auch solche Sondervorteile, die dem Beauftragten von dritter Seite zugewandt sind und eine Willensbeeinflussung zum Nachteil des Auftraggebers befürchten lassen; daß sie nach dem Willen des Dritten gerade nicht für den Auftraggeber bestimmt waren, bleibt dabei unbeachtlich (RGZ 164, 98; BGHZ 39, 1; BGH Urteile vom 14. November 1977 - II ZR 107/76 - WM 1978, 115 unter I 2 und vom 24. Februar 1982 - IVa ZR 306/80 - LM BGB § 662 Nr. 28 = WM 1982, 698 = NJW 1982, 1752). Der dafür erforderliche unmittelbare innere Zusammenhang der Provisionszahlung mit der Geschäftsbesorgung ist hier offensichtlich gegeben. Es liegt auf der Hand, daß der Beklagte durch seine Provisionsforderung zumindest stets in der Gefahr war, seine Anlageempfehlungen nicht allein an den Interessen der Kläger auszurichten. Unstreitig hatten diese keine Kenntnis von den Provisionszahlungen.

Provisionszahlungen an den Beklagten selbst stehen Zahlungen, die an einen Strohmann des Beklagten erfolgt sind, gleich. Das Reichsgericht hat das für den Fall einer Einmann-Gesellschaft ausgesprochen, die dazu benutzt wurde, dem Gesellschafter Vorteile in Form von Schmiergeldern zu verschaffen (RG DR 1940, 580). Ebenso verhält es sich mit jeder Zuwendung an einen sonstigen Dritten, der die Gelder in Wahrheit nur für den Beauftragten entgegennimmt, sofern nur der Beauftragte der wirtschaftliche Inhaber des empfangenen Vermögenswertes bleibt. Ob es sich so verhält, hat der Tatrichter in freier Würdigung der gesamten Umstände des Falles zu beurteilen. Zwar trifft den Auftraggeber die Darlegungslast und die Beweislast dafür, daß der Beauftragte in Ausführung des Auftrags etwas erlangt hat und was er erlangt hat. Der Tatrichter ist aber nicht gehindert, aus dem Umstand, daß Provisionszahlungen auf Verlangen des Beauftragten an einen Dritten feststehen und der Beauftragte keine einleuchtende Erklärung für diese Zahlung zu geben vermag, auf die Strohmanneigenschaft des Dritten zu schließen.

Anders verhält es sich dagegen, wenn die auf Weisung des Beauftragten an einen Dritten geleisteten Zahlungen auch bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise dem Vermögen des Beauftragten nicht hinzuzurechnen sind. Das kann dann der Fall sein, wenn der Zuwendungsempfänger sie nicht für den Beauftragten bereit hält, vielmehr seinem eigenen Vermögen zuschlägt. Denn der Beauftragte hat nach dem Gesetz nur das in Ausführung des Auftrags Erlangte herauszugeben. Hat er im Austausch für die dem Dritten verschafften Zahlungen andere Vorteile erlangt, so sind diese herauszugeben. Läßt sich das nicht feststellen, so kommt ein Schadensersatzanspruch gegen den Beauftragten in Frage. Dieser Anspruch setzt allerdings voraus, daß dem Auftraggeber durch den dem Zahlungsempfänger gewährten Vorteil nach tatrichterlicher Überzeugung ein Schaden entstanden ist. Dieser Schaden kann etwa darin bestehen, daß dem Auftraggeber wegen des gewährten Vorteils eigene Versuche, den Kaufpreis zu drücken, mißlungen sind.

Nach diesen Grundsätzen hält das Berufungsurteil im Umfange der Aufhebung der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Zwar begegnet es keinen Bedenken, daß der Tatrichter an die Firma S gezahlte Provisionen als an den Beklagten bezahlte behandelt. Das Berufungsgericht stellt dazu fest, daß die Ehefrau des Beklagten Handlungsbevollmächtigte dieser Firma war. Der Beklagte hat keine Erklärung dazu abgegeben, weshalb die Zahlungen an diese Firma erfolgt sind. Deshalb hat der Senat die Verurteilung des Beklagten zur Herausgabe der an diese Firma erfolgten Zahlungen im Umfange der Nichtannahme der Revision gebilligt. (Dabei ist der Senat davon ausgegangen, daß von den Zahlungen an die Fa. S 78,77 % der Kläger zu 1) und 21,23 % die Klägerin zu 2) betreffen; von den möglicherweise noch nicht gezahlten 25.000 DM zuzüglich 13 % MWSt - siehe unten - entfallen nach diesem Verhältnis 22.252,53 DM auf den Kläger zu 1) und 5.997,47 DM auf die Klägerin zu 2), so daß durch die Annahme der Revision nicht betroffen sind: 126.875,49 DM + 13 % MWSt = 143.369,30 DM ( = gesamte Zahlung an die Fa. S betreffend den Kläger zu 1)) ./. 22.252,53 DM = 121.116,77 DM und 34.211,39 DM + 13 % MWSt = 38.658,87 DM (= gesamte Zahlung an die Fa. S betreffend die Klägerin zu 2)) ./. 5.997,47 DM = 32.661,40 DM). Bei seiner Nichtannahmeentscheidung ist der Senat ferner davon ausgegangen, daß die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Hilfsaufrechnung des Beklagten keinen rechtlichen Bedenken begegnen.

Wegen weiterer angeblich an die Firma S gezahlter 25.000 DM nebst 13 % Mehrwertsteuer kann die Verurteilung dagegen keinen Bestand haben. Insoweit hatte der Beklagte eingewendet, dieser Betrag stehe noch aus, er sei noch nicht an die Firma S gezahlt. Der Einwand war erheblich, weil der Beklagte als Beauftragter nur das Erlangte herauszugeben hat. Er hatte zum Beweis den Zeugen S benannt. Das Berufungsgericht hat diesen Zeugen nicht vernommen und zur Begründung nur vermerkt, dem stünden die §§ 528 Abs. 2 und 527 ZPO entgegen. Damit fehlt eine für das Revisionsgericht nachprüfbare Begründung. Daß die Zurückweisung berechtigt gewesen wäre, liegt auch nicht ohne weiteres auf der Hand.

Auch die Verurteilung zur Herausgabe der Beträge, die an die Firma D geflossen sind, ist nicht rechtsfehlerfrei begründet. Dazu führt das Berufungsgericht aus: Der Beklagte habe diese Provision bei seiner vertraglichen Tätigkeit für die Kläger unter Verwendung von deren Vermögen ausgehandelt. Die Zahlung auf ein von ihm angegebenes Konto könne ihn nicht befreien, zumal auch hier eine enge Beziehung zwischen ihm und der Firma D bestanden habe und bestehe. Wenn sich der Beklagte in Erfüllung seiner Vertragspflicht gegenüber den Klägern dieser Firma bedient haben sollte, könne ihn eine etwaige Verpflichtung dieser Firma gegenüber nicht von seiner Herausgabepflicht nach § 667 BGB befreien.

Dabei verkennt der Berufungsrichter, daß es hier zunächst nicht um die Frage der Befreiung von einer Herausgabepflicht geht, daß vielmehr zunächst ein Herausgabeanspruch festgestellt werden muß. Dieser Anspruch setzt voraus, daß der Beklagte etwas im Sinne des § 667 BGB erlangt hat. Es hätte also einer Prüfung und Beurteilung bedurft, ob die Zahlungen an die Firma D dem Beklagten in dem oben beschriebenen Sinne zuzurechnen sind. Dafür spricht zwar ein Verdacht. Der Beklagte hatte jedoch dazu unter Beweisangeboten vorgetragen, er sei insoweit - wie in vielen anderen Fällen auch - im Rahmen seiner Zusammenarbeit mit der Firma D in deren Namen und für deren Rechnung aufgetreten. Dieses Vorbringen hätte tatrichterlich aufgeklärt und gewürdigt werden müssen. Es kann danach für die Revisionsinstanz zumindest nicht ausgeschlossen werden, daß der Beklagte die Provisionszahlungen in dem weiter oben beschriebenen Sinne nicht erlangt hat, daß ihm vielmehr nur andere - herauszugebende - Vorteile erwachsen sind, etwa Zuwendungen seitens der Firma D. Gegebenenfalls kommt auch ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Pflichten eines getreuen Beraters in Betracht.

 

Fundstellen

BB 1987, 1350

BB 1987, 1350-1351 (LT1-2)

DB 1987, 1295-1295 (LT1-2)

Information StW 1987, 310-311 (LT1-2)

SteuerBriefe 1987, 212-213 (LT1-2)

LM BGB § 667 (KT), Nr. 30

BGH-DAT, Zivil

BGHR BGB § 667, Schmiergelder 1 (LT)

BGHR BGB § 675, Steuerlicher Berater 2 (T)

BGHWarn 1987, Nr. 125 (LT)

EBE/BGH 1987, 207-208 (LT1-2)

NJW-RR 1987, 1380-1381 (LT)

GI 1987, 84-88 (LT)

WM IV 1987, 781-782 (LT)

MDR 1987, 825-826 (LT1-2)

VersR 1987, 1036-1037 (L1-2)

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