Entscheidungsstichwort (Thema)

Rücknahme Nichtzulassungsbeschwerde gegenüber einem von zwei Beschwerdegegnern. Revisionszulassung. Verfahrensgebühr. Zurücknahmegebühr

 

Leitsatz (amtlich)

Richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde gegen zwei Beschwerdegegner und wird die Beschwerde gegenüber einem von ihnen zurückgenommen, führt sie jedoch ggü. dem anderen zur Zulassung der Revision, so hat der Beschwerdeführer neben der allgemeinen Verfahrensgebühr für die Durchführung des Revisionsverfahrens (KV Nr. 1230) eine Gebühr für die Zurücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde (KV Nr. 1243) zu tragen.

 

Normenkette

GKG § 6 Abs. 1, § 9 Abs. 2, § 22; GKVerz Nr. 1230; GKVerz § 1234

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 26.05.2005; Aktenzeichen 4 U 1976/95)

LG Berlin (Entscheidung vom 09.02.1995; Aktenzeichen 6 O 302/93)

 

Tenor

Die Erinnerung der Klägerin gegen die Kostenrechnung des BGH vom 7.4.2006 - Kassenzeichen: 780.10.4817 - wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

[1] Die Klägerin wendet sich mit der Erinnerung gegen die in Ansatz gebrachte Gerichtsgebühr für die Zurücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen von zwei Beklagten.

[2] Die Klägerin hat Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des KG vom 26.5.2005 zunächst ggü. den Beklagten zu 2) und 3) eingelegt. Im Verhältnis zum Beklagten zu 3) hat sie die Beschwerde zurückgenommen. Der Senat hat die Revision gegen den Beklagten zu 2) zugelassen.

[3] Mit Kostenrechnung vom 7.4.2006 ist der Klägerin für die Zurücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde ggü. dem Beklagten zu 3) gemäß Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG (KV) Nr. 1243 eine Gebühr i.H.v. 756 EUR berechnet worden. Nach Eingang der Revisionsbegründung ist mit weiterer Kostenrechnung vom 26.5.2006 für das Revisionsverfahren gegen den Beklagten zu 2) eine Verfahrensgebühr gemäß KV Nr. 1230i.H.v. 3.780 EUR in Ansatz gebracht worden. Mit der Erinnerung wendet sich die Klägerin gegen die mit Kostenrechnung vom 7.4.2006 in Ansatz gebrachte Gebühr von 756 EUR.

II.

[4] Die gem. § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG zulässige Erinnerung der Klägerin ist nicht begründet.

[5] Von der Klägerin ist gem. §§ 6 Abs. 1, 9 Abs. 2, 22, 34 GKG neben der allgemeinen Verfahrensgebühr für die Durchführung des Revisionsverfahrens gegen den Beklagten zu 2), KV Nr. 1230, eine Gebühr für die Zurücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beklagten zu 3) nach KV Nr. 1243 zu erheben.

[6] 1. Nimmt der Kläger die Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen von mehreren Beklagten zurück und wird die Revision gegen den anderen Beklagten zugelassen, sind die Gerichtsgebühren für das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde und das Revisionsverfahren gesondert zu berechnen. Eine Anrechnung der gemäß KV Nr. 1243 für die Teilrücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde in Ansatz gebrachten Gebühr auf die allgemeine Verfahrensgebühr für das Revisionsverfahren gemäß KV Nr. 1230 kommt weder nach § 35 GKG noch nach § 36 GKG in Betracht.

[7] a) Nach § 35 GKG werden die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen und die Gebühr für eine Entscheidung in jedem Rechtszug hinsichtlich eines jeden Teils des Streitgegenstands nur einmal erhoben. Gemäß § 36 Abs. 2 und 3 GKG dürfen, wenn für einzelne Teile des Streitgegenstands in demselben Rechtszug Gebühren für gleiche Handlungen oder nach verschiedenen Gebührensätzen zu erheben wären, keine höheren Gebühren berechnet werden, als sich nach dem Gesamtbetrag der einzelnen Wertteile oder dem höchsten für den Gesamtbetrag der Wertteile anzusetzenden Gebührensatz ergeben würden.

[8] b) Die mit den Kostenrechnungen in Ansatz gebrachte Gebühr für das gegen den Beklagten zu 2) gerichtete Revisionsverfahren und die Zurücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde im Verhältnis zum Beklagten zu 3) betreffen unterschiedliche Rechtszüge i.S.d. §§ 35, 36 GKG. Der Begriff des Rechtszugs i.S.d. § 35 GKG deckt sich nicht mit dem der ZPO (vgl. BGH, Beschl. v. 18.5.1995 - X ZR 52/93, in juris dokumentiert, zu § 27 GKG a.F.). Soweit das Beschwerdeverfahren über die Nichtzulassung der Revision durch Zurückweisung eines Teils abgeschlossen ist, bildet es mit der Beschwerde im Übrigen, die nach § 544 Abs. 6 ZPO als Revisionsverfahren fortgesetzt wird, keine Einheit mehr. Hierin unterscheidet sich das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von dem früheren Annahmeverfahren, bei dem die teilweise Nichtannahme und die Entscheidung über den angenommenen Teil dasselbe Rechtsmittel, die eingelegte Revision, zum Gegenstand hatten (BGH, Beschl. v. 17.12.2003 - V ZR 343/02, BGHReport 2004, 559 = MDR 2004, 472 (LS) = NJW 2004, 1048).

[9] c) Dieser Grundsatz gilt entsprechend, wenn das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren durch die Zurücknahme der Beschwerde gegenüber einem von mehreren Beklagten teilweise beendet und das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren gegen den anderen Beklagten fortgesetzt wird. Die Zurücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde gegenüber einem von mehreren Beklagten führt zu einer Trennung des ursprünglich einheitlichen Streitgegenstands mit der Folge, dass Gebühren im Verhältnis zu jedem Beklagten gesondert zu erheben sind.

[10] 2. Der Ansatz einer Gebühr gemäß KV Nr. 1243 ist entgegen der Ansicht der Klägerin in einem solchen Fall nicht deswegen ausgeschlossen, weil die nach Zurücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde gegenüber einem von mehreren Beklagten anfallenden Gebühren die Kosten übersteigen, die anfielen, wenn das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren und danach die Revision gegenüber beiden Beklagten durchgeführt würde. Die Zurücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde gegenüber einem Beklagten führt anders als die einheitliche Fortführung des Beschwerde- und Revisionsverfahrens gegenüber beiden Beklagten zu einer Aufspaltung des Verfahrens. Der dadurch begründete Mehraufwand des Gerichts rechtfertigt den Ansatz einer gesonderten Gebühr.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1628228

BGHR 2007, 88

FamRZ 2007, 136

NJW-RR 2007, 419

MDR 2007, 430

NJ 2007, 171

ZfBR 2007, 141

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