Entscheidungsstichwort (Thema)

Inländischer Schiedspruch. Aufhebungsvefahren. Aufhebungsantrag § 1059 ZPO. Schiedsrichterliches Verfahren bei vereinsrechtlichen Streitigkeiten unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs. Unabhängige Instanz

 

Leitsatz (amtlich)

a) Der Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO ist nur gegen einen im schiedsrichterlichen Verfahren i. S. d. §§ 1025 ff ZPO erlassenen (inländischen) Schiedsspruch statthaft. Ob ein solcher Schiedsspruch vorliegt, ist eine von Amts wegen zu prüfende besondere Prozessvoraussetzung des Aufhebungsverfahrens.

b) Die Entscheidungen der so genannten Vereins- oder Verbandsgerichte sind keine Schiedssprüche i. S. d. §§ 1025 ff ZPO.

a) Durch Vereinssatzung können auf das Mitgliedschaftsverhältnis bezogene Streitigkeiten zwischen einem Vereinsmitglied und dem Verein oder zwischen Vereinsmitgliedern einem Schiedsgericht i. S. d. §§ 1025 ff ZPO zugewiesen werden.

b) Das satzungsmäßig berufene Schiedsgericht ist nur dann als Schiedsgericht im vorgenannten Sinn anzuerkennen, wenn Rechtsstreitigkeiten unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges der Entscheidung einer unabhängigen und unparteilichen Instanz unterworfen werden.

 

Normenkette

ZPO §§ 1059, 1066

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Beschluss vom 03.06.2003; Aktenzeichen 23 WLw 3/03)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 9. Zivilsenats des OLG Köln v. 3.6.2003 aufgehoben.

Der Antrag, den "Schiedsspruch" des "Schiedsgerichts des DLC e. V." v. 28.2.2002 aufzuheben, wird als unzulässig zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Gründe

I.

Der Antragsgegner ist ein eingetragener Verein, der sich zum Ziel gesetzt hat, die Zucht von Landseer-Hunden zu fördern und die Interessen der Liebhaber dieser Hunderasse zu vertreten (§ 3 Nr. 1 S. 1 der Satzung des Antragsgegners). Die Antragstellerin war bis zum 31.12.2001 Mitglied des Antragsgegners.

Anfang 2001 wollte die Antragstellerin ihre Zucht unter internationalen Zwingerschutz stellen. Sie beantragte deshalb mit Schreiben v. 6.2.2001 bei dem Dachverband, dem auch der Antragsgegner angehört (VDH), ihrem Zwinger "von der Schwanenburg" internationalen Zwingerschutz zu gewähren. Auf Grund der Empfehlung des VDH, den Antrag auf "DLC-Papier" zu stellen, benutzte sie für das vorgenannte Schreiben Papier mit dem Briefkopf des Antragsgegners, setzte aber ihren Namen und ihre Anschrift hinzu.

Der Vorstand des Antragsgegners nahm dieses Verhalten der Antragstellerin zum Anlass, sie aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung aus dem Antragsgegner auszuschließen. Gegen den mit Schreiben v. 1.6.2001 mitgeteilten Vorstandsbeschluss erhob die Antragstellerin mit Anwaltsschreiben v. 1.8.2001 "Klage" vor dem von dem Antragsgegner gem. § 22 der Satzung eingerichteten "Schiedsgericht des DLC e. V." (im Folgenden: "Schiedsgericht").

Die Antragstellerin erweiterte die "Schiedsgerichtsklage" mit Schriftsatz v. 4.1.2002, nachdem der Antragsgegner mit Schreiben v. 14.5.2001 eine von ihr begehrte Zuchtgenehmigung abgelehnt hatte. Sie beantragte, den Antragsgegner weiter zu verurteilen, einen bestimmten Wurf Hunde in das Zuchtbuch einzutragen sowie entsprechende Ahnentafeln auszufertigen und ihr zu übergeben.

Durch "Schiedsspruch" v. 28.2.2002 bestätigte das "Schiedsgericht" die Entscheidung des Vorstands des Antragsgegners, die Antragstellerin aus wichtigem Grund auszuschließen; ferner wies es die Erweiterung der Schiedsklage v. 4.1.2002 als verfristet und daher unzulässig zurück.

Die Antragstellerin hat gegen den "Schiedsspruch" Antrag auf gerichtliche Aufhebung gem. § 1059 ZPO gestellt. Das OLG hat dem Antrag stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsgegner weiterhin seinen Antrag, das Aufhebungsgesuch der Antragstellerin zurückzuweisen.

II.

Die gem. §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 1065 Abs. 1 S. 1 i. V. m. §§ 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 1, 1059 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist begründet. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben und der Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs als unzulässig abzuweisen.

1. Das OLG hat ausgeführt:

Der Schiedsspruch sei gem. § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO aufzuheben, weil er dem ordre public widerspreche. Das Schiedsgericht habe durch die Bestätigung des Vereinsausschlusses den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit grob verletzt. Zwar habe die Antragstellerin durch die Benutzung eines Briefbogens des Antragsgegners gegen die vereinsinterne Zuständigkeitsordnung verstoßen. Dieses - durch die Auskunft des Dachverbandes mit veranlasste - einmalige Fehlverhalten der Antragstellerin könne aber eine so drakonische Maßnahme wie den Ausschluss aus dem Verein nicht rechtfertigen.

Es sei willkürlich und grob fehlerhaft gewesen, dass das Schiedsgericht die Klageerweiterung als verfristet angesehen habe. Einen die Zuchtgenehmigung verweigernden Beschluss des Vorstandes, gegen den die Schiedsklage nur innerhalb der satzungsmäßigen Frist zulässig gewesen wäre, habe es nicht gegeben.

Der Antragstellerin sei das rechtliche Gehör nicht gewährt worden. Die Entscheidung des Schiedsgerichts enthalte keinerlei Abwägung und setze sich mit dem Vorbringen der Antragstellerin nicht auseinander.

2. Der Beschluss des OLG hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.

a) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, im Verfahren der gerichtlichen Aufhebung eines Schiedsspruchs (§ 1059 ZPO) finde - wie im ordentlichen Klageverfahren - ein Versäumnisverfahren (§§ 330 ff ZPO) statt; gegen den in der mündlichen Verhandlung säumigen Antragsgegner habe das OLG daher nicht durch (endgültigen) Beschluss (§ 1063 Abs. 1 S. 1 ZPO), sondern durch - mit dem Einspruch anfechtbaren - bloßen "Versäumnisbeschluss" (§ 331 ZPO analog) entscheiden dürfen.

Die Frage nach der Zulässigkeit einer Versäumnisentscheidung im Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO kann hier offen bleiben. Denn es fehlt eine für dieses Verfahren erforderliche Sachentscheidungsvoraussetzung. Daher könnte, selbst wenn im Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO ein Versäumnisverfahren entsprechend §§ 330 ff ZPO grundsätzlich zulässig sein sollte (in diesem Sinne Musielak/Voit, ZPO, 3. Aufl. 2002, § 1063 Rz. 5; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Aufl. 2000, Kap. 28 Rz. 10; so wohl auch Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 1063 Rz. 8a; vgl. auch BayObLGZ 1999, 55 [57] zur Säumnis des Antragstellers im Vollstreckbarerklärungsverfahren; verneinend Münch in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. 2001, § 1059 Rz. 34 i. V. m. § 1063 Rz. 3-6, § 1064 Rz. 3; differenzierend Zöller/Geimer, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 1059 Rz. 84), eine die Weiterführung des Verfahrens durch Einspruchseinlegung zulassende Versäumnisentscheidung nicht ergehen; zulässig ist vielmehr nur eine kontradiktorische Entscheidung, die das Verfahren zum endgültigen Abschluss bringt. Das gilt unabhängig davon, welche Partei säumig ist und in welcher Instanz das Verfahren schwebt (vgl. BGH, Urt. v. 13.3.1986 - I ZR 27/84, MDR 1986, 998 = NJW-RR 1986, 1041).

b) Der Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO ist, wie sich aus dem Wortlaut des § 1059 Abs. 1 ZPO ("Gegen einen Schiedsspruch") und der systematischen Stellung dieses Antrags als "Rechtsbehelf gegen den Schiedsspruch" (Siebter Abschnitt des 10. Buchs der Zivilprozessordnung) ergibt, gegen einen im schiedsrichterlichen Verfahren i. S. d. §§ 1025 ff ZPO erlassenen (inländischen) Schiedsspruch zu richten (vgl. Münch in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. 2001, § 1059 Rz. 32; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 1059 Rz. 3; Musielak/Voit, ZPO, 3. Aufl. 2002, § 1059 Rz. 3; Albers in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl. 2004, § 1059 Rz. 1 f.). Mit dem Aufhebungsantrag kann die Kassation eines solchen, sonst mit Rechtskraft (§ 1055 ZPO) ausgestatteten Schiedsspruchs erreicht werden (vgl. Münch in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. 2001, § 1059 Rz. 35 f; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 1059 Rz. 11; Thomas/Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl. 2003, § 1059 Rz. 1; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Aufl. 2000, Kap. 25 Rz. 1 f). Ob ein mit dem Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO angreifbarer Schiedsspruch vorliegt, ist eine von Amts wegen zu prüfende besondere Prozessvoraussetzung des Aufhebungsverfahrens (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.1979 - III ZR 25/77, MDR 1980, 210 = LM Nr. 4 zu § 1039 ZPO; Zöller/Geimer, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 1059 Rz. 1; Albers in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl. 2004, § 1059 Rz. 3; Musielak/Voit, ZPO, 3. Aufl. 2002, § 1059 Rz. 3; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Aufl. 2000, Kap. 23 Rz. 3).

aa) Die Entscheidungen der so genannten Vereins- oder Verbandsgerichte können nicht zu den vorgenannten Schiedssprüchen i. S. d. §§ 1025 ff ZPO gezählt werden. Die Vereins- oder Verbandsgerichte üben - ungeachtet dessen, dass sie vielfach als "Schiedsgericht" bezeichnet werden - nicht wie die Schiedsgerichte (vgl. dazu BGHZ 65, 59 [62]; BGHZ 51, 255 [258]) Rechtsprechung i. w. S. aus; sie sind Vereinsorgane, denen bestimmte Verwaltungs- oder Disziplinarmaßnahmen, z. B. Vereinsstrafe oder -ausschluss, übertragen sind. Die §§ 1025 ff ZPO sind insoweit nicht anwendbar. Die Entscheidungen der Vereins- oder Verbandsgerichte sind vielmehr nach den allgemeinen Vorschriften, d. h. i. d. R. mit der Klage nach den §§ 253 ff. ZPO, überprüfbar (vgl. BGHZ 43, 261 [263 ff., 265]; v. 28.11.1994 - II ZR 11/94, BGHZ 128, 93 [108 ff.] = MDR 1995, 862; OLG Frankfurt NJW 1970, 2250; OLG Koblenz v. 17.6.1999 - 2 Sch 2/99, OLGReport Koblenz 1999, 497 = NJW-RR 2000, 1365; Münch in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. 2001, § 1066 Rz. 11; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl. 2002, vor § 1025 Rz. 5; Thomas/Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl. 2003, Vorbem. § 1029 Rz. 2; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Aufl. 2000, Kap. 32 Rz. 17; Schwarz in Bamberger/Roth, BGB, 2003, § 25 Rz. 83; Röhricht, Sportgerichtsbarkeit 1997, S. 19; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 9. Aufl. 2003, Rz. 1586).

bb) Durch Vereinssatzung können aber auf das Mitgliedschaftsverhältnis bezogene Streitigkeiten zwischen einem Vereinsmitglied und dem Verein oder zwischen Vereinsmitgliedern einem wirklichen Schiedsgericht zugewiesen werden; dabei handelt es sich nach herrschender Meinung um ein außervertragliches Schiedsgericht, für das gem. § 1066 ZPO die §§ 1025 ff. ZPO entsprechend gelten (vgl. Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts BT-Drucks. 13/5274, 66; BGHZ 48, 35 [43]; v. 3.4.2000 - II ZR 373/98, BGHZ 144, [146, 148] = MDR 2000, 777; s. auch Urt. v. 11.10.1979 - III ZR 184/78, AG 1980, 138 = MDR 1980, 210 = NJW 1980, 1049; Münch in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. 2001, § 1066 Rz. 4; Zöller/Geimer, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 1066 Rz. 2; Thomas/Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl. 2003, § 1066 Rz. 1; Albers in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl. 2004, § 1066 Rz. 3 und 5; Musielak/Voit, ZPO, 3. Aufl. 2002, § 1066 Rz. 7; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 17. Aufl. 2001, Rz. 316; ähnlich im Ergebnis wohl auch Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 1066 Rz. 10; abweichend z. B. Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Aufl. 2000, Kap. 32 Rz. 3 ff.).

cc) In Anlehnung an § 1029 Abs. 1 ZPO ist das satzungsmäßig berufene "Schiedsgericht" aber nur dann als Schiedsgericht i. S. d. §§ 1025 ff. (i. V. m. § 1066 ZPO) anzuerkennen, wenn Rechtsstreitigkeiten unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges der Entscheidung durch eine unabhängige und unparteiliche Instanz unterworfen werden (vgl. Münch in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. 2001, § 1066 Rz. 11; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl. 2002, vor § 1025 Rz. 5 und § 1066 Rz. 15; Musielak/Voit, ZPO, 3. Aufl. 2002, § 1029 Rz. 19; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Aufl. 2000, Kap. 32 Rz. 17; Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit 1972 S. 176 f.; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 9. Aufl. 2003, Rz. 2531; Staudinger/Weick, BGB 1995 Vorbem. zu §§ 21 ff. Rz. 53;/Reuter in MünchKomm/BGB, 4. Aufl. 2001, § 25 Rz. 58 a. E.; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl. 2004, § 25 Rz. 20; Fenn in FS Henckel, 1985, S. 173 [187 ff.]). Schiedsgerichtsbarkeit ist Rechtsprechung i. w. S., bedeutet also Streitentscheidung durch einen neutralen Dritten. Dementsprechend muss das Vereins- oder Verbandsgericht, um "echtes" Schiedsgericht zu sein, - satzungsmäßig - als unabhängige und unparteiliche Stelle organisiert sein (vgl. BGHZ 51, 255 [258, 262 f.]; v. 25.10.1983 - KZR 27/82, BGHZ 88, 314 [316] = MDR 1984, 377; Schwarz in Bamberger/Roth, BGB, 2003, § 25 Rz. 86; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl. 2004, § 25 Rz. 20; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 9. Aufl. 2003, Rz. 2533). Sind hingegen in der Satzung Abhängigkeiten angelegt oder läuft das "Schiedsverfahren" gar auf ein Richten des Vereins oder Verbands in eigener Sache hinaus, liegt schon begrifflich nicht Schiedsgerichtsbarkeit, sondern Organhandeln vor (vgl. Fenn in FS Henckel, 1985, S. 173 [188 f.]). Es geht nicht an, die benachteiligte Partei in einem solchen Fall auf Rechtsbehelfe zu den staatlichen Gerichten entsprechend §§ 1034 ff. ZPO zu verweisen (so aber wohl Haas/Gedeon, SpuRt 2000, 228 [230, 231]; Ebbing, NZG 1999, 754 [757]). Beim Ablehnungsrecht (§§ 1036 f. ZPO) ist an einzelne Schiedsrichter gedacht, die aus Gründen, die gerade in ihrer Person liegen, als befangen erscheinen (vgl. BGHZ 51, 255 [261]). Die Bestellung des Schiedsrichters durch das staatliche Gericht ist ausnahmsweise zulässig, wenn insoweit eine Parteivereinbarung fehlt (§ 1035 ZPO) oder die Schiedsvereinbarung einer Partei das Übergewicht bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts gibt (§ 1034 ZPO); dabei wird aber naturgemäß eine Schiedsvereinbarung (§ 1029 ZPO) vorausgesetzt, die grundsätzlich auf eine Streitentscheidung durch ein unabhängiges und unparteiliches Schiedsgericht ausgerichtet ist. Ist satzungsmäßig von vornherein nicht Streitentscheidung durch ein (wirkliches) Schiedsgericht, sondern bloße Vereins- oder Verbandsgerichtsbarkeit vorgezeichnet, scheidet die Anwendung der §§ 1025 ff. ZPO insgesamt aus (vgl. BGH v. 28.11.1994 - II ZR 11/94, BGHZ 128, 93 [110] = MDR 1995, 862; Fenn in FS Henckel, 1985, S. 173 [189]).

dd) Das im Streitfall zu beurteilende "Schiedsgericht des DLC e. V." ist nicht als Schiedsgericht i. S. d. §§ 1025 ff. ZPO zu qualifizieren.

(1) Zwar ist das "Schiedsgericht" eingerichtet, um Streitigkeiten unter Ausschluss des Rechtsweges zu den staatlichen Gerichten zu entscheiden (§ 22 Nr. 1 der Satzung). Bereits die in der Satzung an erster Stelle genannte Aufgabe des "Schiedsgerichts", nämlich Streitigkeiten zwischen Mitgliedern von Vereinsorganen, "insbes. über deren Zuständigkeit" (§ 22 Nr. 1 1.1 der Satzung), zu entscheiden, spricht aber gegen ein "echtes", rechtsprechend tätiges Schiedsgericht. Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen Mitgliedern der Vereinsorgane zu erledigen, ist eine typische vereinsinterne Verwaltungsmaßnahme.

(2) Dem "Schiedsgericht" ist durch die Satzung nicht ein allen Streitparteien gegenüber stets faires und unparteiisches Verfahren aufgegeben. Dazu heißt es nur, dass der Obmann den Fortgang des Verfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen bestimme (§ 22 Nr. 5 S. 1 der Satzung) und "im Einzelfall" die Beteiligten zu hören seien bzw. ihnen Gelegenheit zur Äußerung und Stellungnahme zu geben sei (§ 22 Nr. 7 S. 1 der Satzung).

In der Satzung ist ferner nicht niedergelegt, dass sich die Entscheidung des Schiedsgerichts an Recht und Gesetz oder - zumindest - am Grundsatz der Billigkeit (vgl. Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Aufl. 2000, Kap. 19 Rz. 14 f.) auszurichten habe. Lediglich bezüglich der Kostentragungspflicht findet sich eine nähere Regelung (§ 22 Nr. 10 der Satzung).

(3) Satzungsmäßig ist nicht gewährleistet, dass das "Schiedsgericht" bei einer Streitigkeit zwischen dem Verein und einem Vereinsmitglied (§ 22 Nr. 1 1.2 der Satzung) - wie sie hier vorliegt - den Beteiligten als neutraler Dritter gegenübersteht. Zwar ist die Mitgliedschaft im Vorstand des Antragsgegners mit der Mitgliedschaft im "Schiedsgericht" unvereinbar (§ 22 Nr. 3 der Satzung). Die Streitbeteiligten können aber nicht, was die Überparteilichkeit des "Schiedsgerichts" sicherte, paritätisch Einfluss auf dessen Besetzung nehmen (vgl. BGH v. 28.11.1994 - II ZR 11/94, BGHZ 128, 93 [109] = MDR 1995, 862; OLG Frankfurt/M. NJW 1970, 2250 [2251]; Hilpert, BayVBl. 1988, 161 [169]). Vielmehr geht die Bestellung - ebenso wie die nach § 17 Nr. 1.06 der Satzung mögliche Amtsenthebung - des (durchweg aus Vereinsmitgliedern bestehenden) "Schiedsgerichts" einseitig von dem "beklagten" Verein aus. Die Mitglieder des "Schiedsgerichts" - ein Obmann, zwei Beisitzer und zwei stellvertretende Beisitzer - werden von der allein für den Antragsgegner handelnden Mitgliederversammlung auf die Dauer von drei Jahren gewählt. Zugleich wird bestimmt, welcher von den Beisitzern den Obmann zu vertreten hat (§ 17 Nr. 1.06, § 22 Nr. 2 S. 1 und 2 der Satzung). Das einzelne Vereinsmitglied, hier die Antragstellerin, hat demnach bei einer Streitigkeit mit dem Verein keine rechtlich gesicherte Möglichkeit, in gleichem Umfang wie dieser an der Zusammensetzung des "Schiedsgerichts" mitzuwirken. Das Stimmrecht in der Mitgliederversammlung bietet insoweit keinen gleichwertigen Ersatz.

(4) Die Entscheidung des "Schiedsgerichts" war nicht, wie es bei den im Verfahren nach §§ 1025 ff. ZPO ergangenen Schiedssprüchen der Fall ist (vgl. §§ 1060, 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO), zur Vollstreckung durch staatliche Instanzen bestimmt (vgl. BGH v. 28.11.1994 - II ZR 11/94, BGHZ 128, 93 [109] = MDR 1995, 862). Insoweit greift vielmehr eine vereinsinterne Regelung Platz: Die Vollziehung der Entscheidungen des Schiedsgerichts obliegt gem. § 22 Nr. 11 der Satzung dem Vorstand; Mitglieder, die sich einer nicht auf Ausschluss erkennenden Entscheidung nicht fügen bzw. eine ihnen unter Fristsetzung durch eingeschriebenen Brief auferlegte Verpflichtung nicht befolgen, werden von der Mitgliederliste gestrichen (§ 22 Nr. 12 der Satzung).

In der Gesamtschau ergibt sich mithin, dass das "Schiedsgericht des DLC e. V." nicht als Schiedsgericht i. S. d. §§ 1025 ff. ZPO anzusehen ist, sondern - wovon im Zweifel auszugehen ist (vgl. Münch in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. 2001, § 1066 Rz. 11) - einfache Vereins- oder Verbandsgerichtsbarkeit vorliegt. Das Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO ist nicht eröffnet.

 

Fundstellen

BGHZ 2005, 207

DB 2004, 2097

NJW 2004, 2226

BGHR 2004, 1182

NZG 2005, 358

WM 2005, 298

ZAP 2004, 761

ZIP 2005, 46

DNotZ 2004, 917

JuS 2004, 926

MDR 2004, 1315

SpuRt 2004, 159

VersR 2005, 526

PA 2004, 138

SchiedsVZ 2004, 205

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