Leitsatz (amtlich)

Bei der Umwandlung der früheren DG BANK Deutsche Genossenschaftsbank in eine Aktiengesellschaft durch das Gesetz v. 13.8.1998 (BGBl. I, 2102) handelt es sich um den unmittelbar durch Gesetz bewirkten identitätswahrenden Rechtsformwechsel und nicht um einen Fall der Rechtsnachfolge.

 

Normenkette

ZPO § 727 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG München (Beschluss vom 28.04.2003; Aktenzeichen 11 WF 848/03)

LG München I (Beschluss vom 25.04.2002)

 

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Gläubigerin werden der Beschluss des 5. Zivilsenats des OLG München v. 28.4.2003 und der Beschluss des LG München I v. 25.4.2002 aufgehoben.

Die Kosten des Klauselverfahrens einschließlich der Rechtsmittelkosten werden dem Schuldner auferlegt. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 8 GKG).

Die Sache wird zu erneuter Entscheidung an das LG (Urkundsbeamter der Geschäftsstelle) zurückgegeben.

Der Gegenstandswert für das gesamte Verfahren wird unter Abänderung des Beschlusses des OLG München v. 2.12.2002 auf 600 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Gläubigerin wurde durch Gesetz zur Umwandlung der Deutschen Genossenschaftsbank (DG Bank-Umwandlungsgesetz) v. 13.8.1998 (BGBl. I, 2102) rückwirkend zum 1.1.1998 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Aktiengesellschaft führte zunächst den Namen DG BANK Deutsche Genossenschaftsbank Aktiengesellschaft. Durch Beschluss der Hauptversammlung v. 16.8.2001 wurde die Firma in DZ BANK AG Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank Frankfurt am Main geändert.

Die Gläubigerin erwirkte am 25.1.1990 beim LG München I ein Versäumnisurteil, durch welches der Schuldner zur Zahlung von 120.000 DM nebst Zinsen verurteilt wurde. Mit Schreiben v. 17.4.2002 beantragte sie, die zum Versäumnisurteil sowie zum Kostenfestsetzungsbeschluss v. 2.3.1990 erteilten Vollstreckungsklauseln um ihre jetzige Firma zu ergänzen ("Beischreibung").

Die Rechtspflegerin beim LG München I hat die Ergänzungen abgelehnt und für beide Titel Rechtsnachfolgeklauseln erteilt. Dagegen hat die Gläubigerin Erinnerung eingelegt. Der 5. Zivilsenat des OLG München hat durch Beschluss der Einzelrichterin die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Diese Entscheidung hat der BGH wegen fehlerhafter Besetzung des Beschwerdegerichts aufgehoben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Die Einzelrichterin hat das Verfahren dem Gesamtsenat übertragen.

Das OLG München hat durch Beschluss v. 28.4.2003 die sofortige Beschwerde abermals zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Gläubigerin mit der erneut zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Das gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das LG.

1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts stellt die Umwandlung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts in eine Aktiengesellschaft grundsätzlich einen Fall der Rechtsnachfolge i. S. d. § 727 ZPO dar, denn es handele sich um zwei juristische Personen unterschiedlicher Ausgestaltung. Die Gläubigerin könne sich nicht auf einen Formwechsel nach dem Umwandlungsgesetz (fortan auch: UmwG) v. 28.10.1994, BGBl. I, 3210; zuletzt geändert durch Gesetz v. 18.1.2001, BGBl. I, 123) berufen, wonach der Rechtsträger nach §§ 190 ff UmwG eine andere Rechtsform erhalte, in der er weiter bestehe. Denn gem. § 190 Abs. 2 UmwG hätten die Vorschriften für Änderungen der Rechtsform, die in anderen Gesetzen vorgesehen seien, keine Geltung. In § 1 Abs. 1 S. 2 DG Bank-Umwandlungsgesetz sei ausdrücklich geregelt, dass das Umwandlungsgesetz keine Anwendung finde.

Die Rechtsbeschwerde hält dem entgegen, es gebe keinen Grundsatz, dass eine Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht im Wege eines identitätswahrenden Formwechsels in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden könne. Diese Möglichkeit sei vom Gesetzgeber neben dem Umwandlungsgesetz durch das DG Bank-Umwandlungsgesetz geschaffen worden. Der Umstand, dass die §§ 190 ff. UmwG nicht zur Anwendung gelangen sollten, stehe dem nicht entgegen.

2. Dem Beschwerdegericht ist nicht zu folgen. Im Fall der DG BANK Deutsche Genossenschaftsbank liegt kein Fall der Rechtnachfolge i. S. v. § 727 ZPO vor.

a) Der Gesetzgeber hat im Rahmen seines Privatisierungskonzepts mit dem DG Bank-Umwandlungsgesetz eine neben dem Umwandlungsgesetz stehende, eigenständige rechtliche Grundlage für eine Umwandlung von der früher als Körperschaft öffentlichen Rechts organisierten DG BANK Deutsche Genossenschaftsbank in eine Aktiengesellschaft geschaffen. Dies ergibt sich aus der Zielrichtung des DG Bank-Umwandlungsgesetzes, insb. aus der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 3.4.1998 (BT-Drucks. 13/10366). Darin kommt zum Ausdruck, dass es dem Gesetzgeber bei der Umwandlung um die Wahrung größtmöglicher Kontinuität gegenüber den Anteilseignern, den Kunden sowie den Organen und den Bediensteten ging. Die DG BANK, deren Ursprünge bis in das Jahr 1895 zurückreichten, habe sich in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Wettbewerb mit den Geschäftsbanken und der Sparkassenorganisation durchgesetzt und bewährt (BT-Drucks. 13/10366, 1, 7). Die Rechtsform der Aktiengesellschaft sei für ein Kreditinstitut dieser Größenordnung die übliche Rechtsform. Sie ermögliche es der DG Bank, ihren Spitzenplatz in der deutschen Kreditwirtschaft zu verteidigen und auszubauen. Die Voraussetzungen für die Beibehaltung der öffentlichen Rechtsformen der DG Bank sowie für den Fortbestand der gesetzlichen Beteiligung des Bundes seien entfallen (BT-Drucks. 13/10366, 8). Zu § 1 DG Bank-Umwandlungsgesetz wird in der Begründung ausgeführt: "Um dem bankpolitischen Bedürfnis nach Kontinuität Rechnung zu tragen, bleibt nach Abs. 2 der bisherige Name erhalten. Der aktienrechtlich erforderliche Zusatz 'Aktiengesellschaft' kennzeichnet den Rechtsformwechsel". Zu § 1 Abs. 4 wird ergänzend auf "die - deklaratorische - Eintragung der Aktiengesellschaft in das Handelsregister" hingewiesen (BT-Drucks. 13/10366, 9). In der Begründung zu § 12 Abs. 3 DG Bank-Umwandlungsgesetz heißt es ausdrücklich: "Abs. 3 ist Folge der identitätswahrenden Umwandlung der DG Bank in eine Aktiengesellschaft". Schließlich wird zu § 13 ausgeführt: "Zur Wahrung der Interessen der Erwerber von Schuldverschreibungen der Deutschen Genossenschaftsbank (Körperschaft des öffentlichen Rechts) erfolgt in Abs. 1 die Klarstellung, dass es sich um Schuldverschreibungen und Gewährleistungen desselben Emittenten handelt (keine Rechtsnachfolge)". Aus alledem folgt zweifelsfrei, dass es dem Gesetzgeber bei der Umwandlung der früheren DG BANK in eine Aktiengesellschaft um einen bloßen, unmittelbar durch Gesetz bewirkten Rechtsformwechsel unter Wahrung der Nämlichkeit und damit nicht um einen Fall der Rechtsnachfolge ging. Die DG BANK als Spitzeninstitut des Genossenschaftswesens sollte in der neuen Rechtsform der Aktiengesellschaft weiter bestehen.

b) Da der Rechtsformwechsel unmittelbar durch ein eigenständiges Gesetz vollzogen wurde, steht der in § 1 Abs. 1 S. 2 DG Bank-Umwandlungsgesetz bestimmte Ausschluss der Anwendung des Umwandlungsgesetzes der Annahme einer identitätswahrenden Umwandlung nicht entgegen. Die Bedeutung der Regelung liegt vor allem darin, dass es über den kraft Gesetzes bewirkten Umwandlungsakt hinaus keines nach § 193 UmwG zwingend vorgeschriebenen Umwandlungsbeschlusses und keines nach § 192 UmwG erforderlichen Umwandlungsberichtes bedurfte (BT-Drucks. 13/10366, 9). Außerdem konnte der Gesetzgeber kraft Gesetzes den Zeitpunkt der Umwandlung rückwirkend auf den 1.1.1998 bestimmen.

3. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des LG wird die Beischreibung der neuen Firma vorzunehmen haben.

4. Der Gegenstandswert für das gesamte Verfahren entspricht dem Interesse der Gläubigerin an der Vermeidung einer Rechtsnachfolgklausel.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1128775

DB 2004, 1360

BGHR 2004, 954

MittBayNot 2004, 371

NZG 2004, 728

WM 2004, 723

WuB 2004, 605

ZIP 2004, 666

AG 2004, 320

InVo 2004, 381

MDR 2004, 640

Rpfleger 2004, 362

NotBZ 2004, 188

ZBB 2004, 250

Konzern 2004, 420

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