Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich. hier: Ermittlung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente bei vorherigem öffentlich-rechtlichem Teilausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Ermittlung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente, wenn das schuldrechtlich auszugleichende Anrecht bereits zuvor gem. § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG teilweise öffentlich-rechtlich ausgeglichen worden ist.

 

Normenkette

VAHRG § 3b Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

OLG Oldenburg (Oldenburg) (Beschluss vom 16.05.2001; Aktenzeichen 11 UF 189/99)

AG Osnabrück

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des OLG Oldenburg v. 16.5.2001 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 13.691,90 EUR (= 26.778,60 DM).

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten um schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.

Die Beschwerdeführer sind Miterben nach dem am 18.1.2005 verstorbenen ursprünglichen Antragsgegner und Beschwerdeführer W. R. (im Folgenden: Ehemann). Dessen Ehe mit der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Ehefrau) wurde durch Verbundurteil des AG - FamG - v. 26.4.1995 rechtskräftig geschieden und der Versorgungsausgleich geregelt. In der Ehezeit (1.4.1959 bis 31.3.1994, § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Ehegatten Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, der Ehemann zusätzlich Anrechte auf eine im Anwartschaftsstadium statische und im Leistungsstadium dynamische betriebliche Altersversorgung bei seinem früheren Arbeitgeber, der R. -AG.

Das AG hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es vom Versicherungskonto des Ehemannes (geb. am 20.11.1934) bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung auf das Versicherungskonto der Ehefrau (geboren am 19.11.1935) bei der Landesversicherungsanstalt Hannover i.H.v. 1.307,64 DM, monatlich und bezogen auf den 31.3.1994, übertragen hat. Mit einem Teil dieses Betrages i.H.v. 78,40 DM wurde dabei - im Wege des erweiterten Splittings und unter Beschränkung auf den Höchstbetrag - die betriebliche Altersversorgung des Ehemannes teilweise ausgeglichen; im Übrigen hat es den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.

Jede der Parteien bezog später eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung; der Ehemann erhielt daneben von der R. -AG ein betriebliches Ruhegeld, dessen Ehezeitanteil (420 Monate Betriebszugehörigkeit in der Ehe: 543 Monate Betriebszugehörigkeit insgesamt =) 77,35 % umfasst und monatlich brutto 6.056,70 DM (für die Zeit ab 1.7.1998), 6.119,08 DM (für die Zeit ab 1.7.1999) und 6.155,80 DM (für die Zeit ab 1.7.2000) betrug.

Mit einem dem Ehemann am 12.1.1999 zugestellten Schriftsatz hat die Ehefrau die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs beantragt. Das AG hat neue Auskünfte zur Höhe der Ehezeitanteile der Renten der Parteien eingeholt und auf dieser Grundlage einen Gesamtausgleichsanspruch der Ehefrau i.H.v. 2.068,38 DM ermittelt, von dem es den bereits im Verbund erfolgten Ausgleich i.H.v. 1.307,64 DM in Abzug gebracht hat. Hinsichtlich des danach verbleibenden Restausgleichs i.H.v. 760,74 DM hat es den Ehemann zur Abtretung eines entsprechenden Teils seiner Betriebsrente verurteilt. Auf die Beschwerde der Ehefrau hat das OLG den Ehemann verurteilt, an die Ehefrau für die Zeit v. 12.1.1999 bis 31.5.2001 rückständigen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich i.H.v. 85.229,97 DM zu zahlen und für die Zeit ab 1.6.2001 von seinem Anspruch auf Betriebsrente einen Rententeilbetrag i.H.v. monatlich 2.992,29 DM abzutreten. Hiergegen hat sich der Ehemann mit der zugelassenen weiteren Beschwerde gewandt. Nach seinem Tod wird das Verfahren von seinen Erben fortgeführt.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das OLG, dessen Entscheidung in FamRZ 2001, 1528 veröffentlicht ist (OLG Oldenburg, Beschl. v. 16.5.2001 - 11 UF 189/99, OLGReport Oldenburg 2001, 239 = FamRZ 2001, 1528), geht zu Recht davon aus, dass Gegenstand des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nur die dieser Ausgleichsform unterliegenden Anrechte sind; für eine neue, auch die gesetzlichen Rentenanrechte der Parteien umfassende Gesamtbilanzierung ist mithin kein Raum. Die Ehefrau könnte danach einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich in Höhe der Hälfte des Ehezeitanteils der bei der R. -AG begründeten betrieblichen Altersversorgung des Ehemannes verlangen, und zwar i.H.v. monatlich 3.028,35 DM (für die Zeit v. 12.1. bis 30.6.1999), 3.059,54 DM (für die Zeit v. 1.7.1999 bis 30.6.2000) und 3.077,90 DM (für die Zeit ab 1.7.2000).

2. Dieser volle Ausgleichsbetrag ist jedoch insoweit zu verringern, als ein Teil der Betriebsrente bereits im Wege des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs - hier gem. § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG durch Übertragung von gesetzlichen Rentenanrechten des Ehemannes i.H.v. 78,40 DM - ausgeglichen worden ist.

a) Nach Auffassung des OLG ist dieser - durch den öffentlich-rechtlichen Teilausgleich bereits "verbrauchte" - Teil des schuldrechtlichen Ausgleichsbetrags nicht - wie vom BGH vertreten - dadurch zu ermitteln, dass der auf das Ehezeitende bezogene Wert der dem ausgleichsberechtigten Ehegatten gem. § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG gutgebrachten Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung durch Rückrechnung anhand der Barwertverordnung "entdynamisiert", d.h. in den Wert eines nichtvolldynamischen Anrechts umgerechnet wird. Da die BarwertVO (i.d.F. der VO v. 22.5.1984, BGBl. I, 692) zu einer deutlichen Unterbewertung der betrieblichen Anrechte führe (für ein nicht-volldynamisches Anrecht also zu niedrige volldynamische Werte angesetzt würden), bewirke die anhand der BarwertVO vorgenommene Entdynamisierung des nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG übertragenen volldynamischen Anrechts umgekehrt, dass von dem hälftigen Ehezeitanteil überhöhte (nicht-volldynamische) Beträge - als bereits nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG gutgebracht - abgezogen werden. Nach dieser Methode wären die der Ehefrau im Wege des erweiterten Splittings übertragenen gesetzlichen Rentenanrechte von 78,40 DM - bezogen auf das Ehezeitende am 31.3.1994 - in einen nicht-volldynamischen Rentenwert von (78,40 DM: 44,49 [aktueller Rentenwert Ehezeitende] x 0,0001003977 [Umrechnungsfaktor EP Ehezeitende]: 6,3 [Barwertfaktor Tabelle 1, bei Ehezeitende noch nicht laufende Versorgung] =) 232,17 DM zurückzurechnen. Dieser auf das Ehezeitende bezogene nicht-volldynamische Rentenwert wäre sodann, folgte man der Rechtsprechung des BGH, mit Rücksicht auf die inzwischen eingetretenen Erhöhungen des aktuellen Rentenwertes (von 44,49 DM zum Ehezeitende auf 47,65 DM ab dem 1.7.1998, auf 48,29 DM ab dem 1.7.1999, und auf 48,58 DM ab dem 1.7.2000) hochzurechnen, so dass sich ein (dem früheren dynamischen Betrag von 78,40 DM entsprechender, also schon verbrauchter und deshalb) auf die schuldrechtliche Ausgleichsrente anzurechnender Ausgleichsbetrag von zunächst (232,17: 44,49x 47,65 =) 248,66 DM, für die Zeit ab 1.7.1999 von (232,17: 44,49x 48,29 =) 252 DM und für die Zeit ab 1.7.2000 von (232,17: 44,49x 48,58 =) 253,51 DM ergäbe. Die Anrechnung dieser "entdynamisierten" Ausgleichsbeträge führe zu einer nicht hinnehmbaren Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes, die deutlich werde, wenn man den Zahlbetrag der vom Ehemann ehezeitlich erworbenen Gesamtrente, wie sie sich nach der Versorgungskürzung auf Grund des Splittings und erweiterten Splittings ergebe, mit dem Zahlbetrag der von der Ehefrau ehezeitlich erworbenen Gesamtrente vergleiche, wie sie sich auf Grund von Splitting, erweitertem Splitting sowie der um den entdynamisierten Ausgleichsbetrag verminderten schuldrechtlichen Ausgleichsrente ergebe. Für die Zeit v. 12.1. bis 30.6.1999 erhielte der Ehemann dann eine (ehezeitliche) Gesamtrente von 3.193,04 DM, die Ehefrau dagegen nur eine (ehezeitliche) Gesamtrente von 2.863,66 DM; für die Zeit v. 1.7.1999 bis 30.6.2000 stünden sich 3.226,44 DM (Ehemann) und 2.892,64 DM (Ehefrau), für die Zeit ab dem 1.7.2000 3.245,80 DM (Ehemann) und 2.910 DM (Ehefrau) ggü.

Um derart gravierende Differenzen in der Versorgungslage beider Ehegatten zu vermeiden, darf nach Auffassung des OLG auch nach einem öffentlich-rechtlichen Teilausgleich keine Umrechnung erfolgen. Die unterschiedliche Dynamik des gem. § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vorab übertragenen Rentenbetrags werde bereits dadurch berücksichtigt, dass die Versorgungen mit ihren jeweiligen (für die einzelnen Zeiträume geltenden) Nominalbeträgen erfasst würden; der dem auf das Ehezeitende bezogenen Betrag des erweiterten Splittings entsprechende aktuelle Nominalbetrag lasse sich dabei mit Hilfe des jeweiligen aktuellen Rentenwertes ermitteln und bezeichne dann rechnerisch exakt den jeweiligen, dem Ausgleichsberechtigten auf Grund des erweiterten Splittings zugute kommenden Versorgungswert. Mit dieser Methode werde jedenfalls für die Zeit bis zur Entscheidung über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich der Halbteilungsgrundsatz konsequent verwirklicht. Für die Zeit danach könne nicht ausgeschlossen werden, dass zu Lasten des Ausgleichspflichtigen ein gewisses Ungleichgewicht in der Versorgungslage dann entstehe, wenn die Dynamik der gesetzlichen Rente die Dynamik der betrieblichen Altersversorgung übersteige. Das werde aber bei nicht gänzlich statischen Versorgungen häufig dadurch ausgeglichen, dass auf Grund einer (nicht-volldynamischen) Anpassung der gesamten betrieblichen Altersversorgung dem Ausgleichspflichtigen ebenfalls ein Mehrbetrag zufließe, und zwar ungeschmälert, solange keine Abänderung gem. § 1587g Abs. 3 i.V.m. § 1587d Abs. 2 BGB erfolge. Im Übrigen würden die angedeuteten Ungleichgewichte i.d.R. nur allmählich und in geringem Umfang entstehen. Diese mögliche allmähliche Auseinanderentwicklung sei jedenfalls eher hinzunehmen als die mit der Umrechnung anhand der BarwertVO einhergehenden Fehlbewertungen.

Der der Ehefrau im Wege des erweiterten Splittings gutgebrachte Ausgleichsbetrag von 78,40 DM (zum Ehezeitende) beträgt - nach der vom OLG vorgenommenen Aktualisierung - für die Zeit v. 12.1. bis 30.6.1999 (78,40: 44,49x 47,65 =) 83,97 DM, für die Zeit v. 1.7.1999 bis 30.6.2000 (78,40: 44,49x 48,29 =) 85,10 DM und für die Zeit v. 1.7.2000 bis 31.5.2001 (78,40: 44,49x 48,58 =) 85,61 DM. Um diese Beträge steige in den genannten Zeiträumen auf Grund des erweiterten Splittings die gesetzliche Rente der Ehefrau und sei deshalb auch deren schuldrechtliche Ausgleichsrente zu reduzieren. Dieser stünde deshalb ein schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch zu, der für die Zeit v. 12.1. bis 30.6.1999 (3.028,35 - 83,97 =) 2.944,38 DM monatlich (für Januar also 2.944,38x 20/31 = 1.899,60 DM), für die Zeit v. 1.7.1999 bis 30.6.2000 (3.059,54 - 85,10 =) 2.974,44 DM monatlich und für die Zeit ab 1.7.2000 (3.077,90 - 85,61 =) 2.992,29 DM monatlich betrage; für den zurückliegenden Zeitraum v. 12.1.1999 bis 31.5.2001 ergebe sich mithin ein Rückstand von 85.229,97 DM.

b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

aa) Die Frage, in welcher Weise ein bereits gem. § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG durchgeführter öffentlich-rechtlicher Teilausgleich im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zu berücksichtigen ist, wird in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.

Die bislang h.M., der auch der BGH beigetreten ist (BGH, Beschl. v. 29.9.1999 - XII ZB 21/97, FamRZ 2000, 89 [92]), ermittelt den Teilbetrag eines schuldrechtlich auszugleichenden nicht-volldynamischen Anrechts (auf Betriebsrente), der bereits im Wege des erweiterten öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs ausgeglichen worden ist, indem sie den Nominalbetrag des dem ausgleichsberechtigten Ehegatten gem. § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG gutgebrachten volldynamischen Anrechts (auf gesetzliche Rente) in den entsprechenden Nominalbetrag des schuldrechtlich auszugleichenden Anrechts "rückrechnet" (OLG Nürnberg v. 4.12.2000 - 10 UF 2688/00, OLGReport Nürnberg 2001, 81 = FamRZ 2001, 1377 [1379]; OLG München FamRZ 1998, 869; Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587g Rz. 14; Schwab/Hahne, Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl., Teil VI, Rz. 232; Erman/Klattenhoff, BGB, 11. Aufl., § 1587g Rz. 3; Glockner in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1587g Rz. 25; Soergel/Lipp, BGB, 13. Aufl., § 1587g Rz. 13; Rahm/Künkel/Lardschneider, Handbuch des FamGverfahrens 2003, V 455.3; Borth, FamRZ 2001, 877 [887 f.]). Sie bedient sich dabei des Umrechungsmechanismus, den § 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB i.V.m. der BarwertVO für die Umrechnung von nicht-volldynamischen Anrechten in volldynamische Anrechte vorschreibt. Dabei werden die maßgebenden Rechenschritte (Jahresnominalbetrag des nicht-volldynamischen Anrechts x Kapitalisierungsfaktor der BarwertVO = Barwert x Umrechnungsfaktor = Entgeltpunkte x aktueller Rentenwert zum Ehezeitende: 12 = Monatsbetrag der Rente, die sich - bezogen auf das Ehezeitende - bei Einzahlung des Barwertes als Einmalbeitrag in die gesetzliche Rentenversicherung ergäbe) allerdings umgekehrt vollzogen: Der auf das Ehezeitende bezogene Monatsbetrag der dem ausgleichsberechtigten Ehegatten im Wege des erweiterten Splittings oder Quasi-Splittings gutgebrachten gesetzlichen Rente wird also durch den (zum Ehezeitende maßgebenden) aktuellen Rentenwert dividiert, sodann durch den Umrechnungsfaktor und schließlich durch den Kapitalisierungsfaktor der BarwertVO geteilt; das Ergebnis ist - bezogen auf das Ehezeitende und geteilt durch 12 - der Monatsbetrag des Teils der (nicht-volldynamischen) Betriebsrente, der bereits im Wege des erweiterten öffentlich-rechtlichen Ausgleichs ausgeglichen worden ist. Dieser Monatsbetrag ist deshalb von der zum Ausgleich der Betriebsrente monatlich zu leistenden schuldrechtlichen Ausgleichsrente abzuziehen.

Eine - soweit ersichtlich - erstmals vom OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe v. 1.10.1999 - 20 UF 64/97, OLGReport Karlsruhe 2000, 113 = FamRZ 2000, 235 [238]) vertretene Gegenmeinung, der sich inzwischen die OLG Celle (OLG Celle v. 28.8.2001 - 19 UF 152/00, FamRZ 2002, 244 [246 f.]), Saarbrücken (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 6.6.2002 - 6 UF 80/01, FamRZ 2003, 614 [615]), Stuttgart (OLG Stuttgart - 16 UF 155/01, nicht veröffentlicht) und - mit der hier angefochtenen Entscheidung - auch das OLG Oldenburg angeschlossen haben und die auch im Schrifttum Zustimmung findet (Kemnade, FamRZ 2000, 827 [828]; Gutdeutsch, FamRZ 2000, 1201 [1203]; Wick, Der Versorgungsausgleich 2004, Rz. 341), will demgegenüber nicht den Wert als Abzugsposten berücksichtigen, der durch "Entdynamisierung" des bereits nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG ausgeglichenen Teils der (nicht-volldynamischen Betriebsrente) ermittelt wird. Sie geht vielmehr vom Nominalbetrag des dem ausgleichsberechtigten Ehegatten anstelle der Betriebsrente gutgebrachten volldynamischen Anrechts der gesetzlichen Rentenversicherung aus. Da dieser Nominalbetrag auf das Ende der Ehezeit bezogen ist, wird er entsprechend der tatsächlichen Steigerungsrate, welche die gesetzliche Rentenversicherung seit dem Ehezeitende erfahren hat und die sich aus dem Verhältnis des damals und des nunmehr maßgebenden aktuellen Rentenwerts ergibt, erhöht. Um den so erhöhten Nominalbetrag des dem ausgleichsberechtigten Ehegatten gutgebrachten gesetzlichen Rentenanrechts wird sodann dessen schuldrechtliche Ausgleichsrente reduziert.

bb) Die erste Methode ist nach dem System des Versorgungsausgleichs konsequent. Ihr Nachteil liegt - neben der Kompliziertheit des Rechenvorgangs - in den dem Versorgungsausgleich immanenten Schwächen einer Umwertung von nicht-volldynamischen in volldynamische Anrechte, die in der hier notwendigen "Rückrechnung" von volldynamischen in nicht-volldynamische Anrechte ihre Entsprechung findet; sie wird in der vom OLG aufgezeigten Divergenz deutlich, die sich ergibt, wenn man den Rentenzahlbetrag, der dem ausgleichsberechtigten Ehegatten auf Grund des Versorgungsausgleichs zufließt, mit dem Rentenzahlbetrag vergleicht, der dem ausgleichspflichtigen Ehegatten nach der versorgungsausgleichsbedingten Kürzung seiner Versorgung verbleibt. Soweit die schuldrechtlich auszugleichende Betriebsrente seit dem Ehezeitende eine - wenn auch der Dynamik der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung nicht annähernd vergleichbare - Steigerung erfahren hat, kommt die Schwierigkeit hinzu, diese Steigerung durch eine entsprechende Anhebung des auf das Ehezeitende bezogenen und bereits ausgeglichenen Teilbetrags der Betriebsrente zu erfassen und den solchermaßen angepassten Teilbetrag der Betriebsrente von der schuldrechtlichen Ausgleichsrente in Abzug zu bringen. Der Senat hat in seinem Beschluss v. 29.9.1999 (BGH, Beschl. v. 29.9.1999 - XII ZB 21/97, FamRZ 2000, 89 [92]) der Steigerung dieses Teilbetrags dadurch Rechnung tragen wollen, dass er diesen (auf das Ehezeitende bezogenen) Betrag mittels des Quotienten hochgerechnet hat, der sich aus dem Verhältnis der aktuellen Rentenwerte zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Ausgleichsrente (hier: 1999) und zum Zeitpunkt des Ehezeitendes (hier: 1994) ergibt. Diese Orientierung an den aktuellen Rentenwerten ist mit dem Hinweis kritisiert worden, eine solche Hochrechnung könne sich nur an der zwischenzeitlichen Steigerung der schuldrechtlich auszugleichenden Betriebsrente selbst, nicht aber an den für die gesetzliche Rentenversicherung geltenden Steigerungsraten ausrichten (OLG Celle v. 28.8.2001 - 19 UF 152/00, FamRZ 2002, 244 [246]; Wick, Der Versorgungsausgleich 2004, Rz. 340; Gutdeutsch, FamRZ 2000, 1201 [1202]). Diese Kritik ist berechtigt; der Senat hält insoweit an dem von ihm gewählten Hochrechnungsmaßstab nicht fest. Die grundsätzliche Richtigkeit der Methode, einen nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG bereits ausgeglichenen Teil einer Betriebsrente von der schuldrechtlichen Ausgleichsrente abzuziehen, indem der Teilbetrag "entdynamisiert" wird, bleibt hiervon indes unberührt.

cc) Die beschriebene zweite Vorgehensweise vermeidet diese Probleme und kann zudem den Vorzug der Einfachheit für sich in Anspruch nehmen; sie führt, wie der vom OLG dargelegte Zahlenvergleich zeigt, zu Ergebnissen, die dem Halbteilungsgrundsatz jedenfalls dann entsprechen, wenn man nur die Zahlbeträge der dem ausgleichspflichtigen Ehegatten verbleibenden und der vom ausgleichsberechtigten Ehegatten erworbenen Renten vergleicht.

Bedenken ergeben sich indes in doppelter Hinsicht:

Nach dem System des Versorgungsausgleichs wird für die Teilung eines Versorgungsanrechts der Wert des auszugleichenden - und zum Zwecke der Vergleichbarkeit erforderlichenfalls zuvor dynamisierten - Anrechts zu Grunde gelegt; dieser Wert wird dabei - nach Maßgabe der vom Gesetz vorgesehenen Ausgleichsformen - hälftig geteilt. Die Frage, ob dem ausgleichsberechtigten Ehegatten - bei Anwendung dieser Ausgleichsformen - im Ergebnis ein Anrecht gutgebracht wird, dessen Nominalbetrag dem hälftigen Nominalbetrag des auszugleichenden Anrechts entspricht, ist dabei im Grundsatz ohne Belang, sofern nur der Wert des gutgebrachten Anrechts mit dem hälftigen Wert des ausgeglichenen Anrechts identisch ist. Die zweite Methode verkehrt diesen Grundsatz in sein Gegenteil. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht nicht die Frage, ob der Wert des auszugleichenden Anrechts hälftig verringert wird; Aufmerksamkeit wird vielmehr der Frage gewidmet, ob dem ausgleichsberechtigten Ehegatten ein Anrecht gutgebracht wird, dessen Nominalbetrag dem hälftigen Nominalbetrag des auszugleichenden Anrechts entspricht. Zugleich mit diesem Wechsel der Perspektive werden von der zweiten Methode die Bezugspunkte vertauscht: Nicht das auszugleichende Anrecht des ausgleichspflichtigen Ehegatten und das dem ausgleichsberechtigten Ehegatten zum Ausgleich gutgebrachte Anrecht werden einander gegenübergestellt. Letzteres wird vielmehr mit dem Anrecht des ausgleichsberechtigten Ehegatten verglichen, das lediglich zum Ausgleich herangezogen wird - mag es auch außerhalb der Ehe begründet oder bereits ausgeglichen sein. Da dieses - lediglich herangezogene - Anrecht dem anderen Ehegatten aber an sich nicht (hälftig) gebührt, kann nicht auf die hälftige Teilung dieses Anrechts Bedacht genommen, sondern nur die Kürzung dieses Anrechts beim ausgleichspflichtigen Ehegatten mit der Rentenleistung, die der ausgleichsberechtigte Ehegatte aus diesem Anrecht erzielt, verglichen werden. Dem Mechanismus des Versorgungsausgleichs ist ein solcher Vergleich indes fremd.

Diese Bedenken sind nicht nur formal-systematischer Art. Sie verdeutlichen zugleich, dass der zweite Rechenweg schon nach seinem methodischen Ansatz keine generelle Richtigkeitsgewähr für die mit ihm gefundenen Ergebnisse geben kann. Geht man davon aus, dass die nach § 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB i.V.m. der BarwertVO vorgenommene Umrechnung eines nicht-volldynamischen Anrechts auf eine Betriebsrente, wenn auch mit den jeder Pauschalierung geschuldeten Abstrichen, den Nominalbetrag dieses Anrechts - nunmehr gedacht als volldynamisches Anrecht der gesetzlichen Rentenversicherung - wiedergibt, so führt die in umgekehrten Rechenschritten (über Einmalbeitrag und Barwert) durchgeführte Umrechnung eines volldynamischen Anrechts der gesetzlichen Rentenversicherung zwangsläufig zu dem Nominalbetrag, den dieses Anrecht - gedacht als nicht-volldynamisches Anrecht auf Betriebsrente - hätte.

Die Richtigkeit dieses Gedankens lässt sich nicht dadurch in Zweifel ziehen, dass der - anhand der nachehelichen Steigerungsraten aktualisierte - Nominalbetrag des dem ausgleichsberechtigten Ehegatten nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG gutgebrachten Anrechts der gesetzlichen Rentenversicherung u.U. deutlich unter dem Nominalbetrag des "entdynamisierten" (Teil-)Anrechts auf Betriebsrente liegt, der bereits nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG ausgeglichen worden ist und deshalb von der dem ausgleichsberechtigten Ehegatten zum Ausgleich der Betriebsrente zustehenden Ausgleichsrente in Abzug gebracht werden muss. Ein solcher Vergleich beider Nominalbeträge unterstellt nämlich nicht nur die versicherungsmathematische Richtigkeit der - inzwischen korrigierten - Faktoren für die Barwertermittlung. Er suggeriert zugleich, dass sich das dem ausgleichsberechtigten Ehegatten nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG in der gesetzlichen Rentenversicherung gutgebrachte Anrecht von dem an sich schuldrechtlich auszugleichenden Anrecht qualitativ nur durch seine andersartige Dynamik unterscheidet. Das ist indes nicht der Fall. Wie der Senat dargelegt hat, beruhen Betriebsrenten und gesetzliche Renten auch auf differierenden Rechnungsgrundlagen, die sich u.a. in einem ganz unterschiedlichen Leistungsspektrum niederschlagen. Die dem Mechanismus des § 1587a Abs. 3 BGB zu Grunde liegende gesetzliche Fiktion, der für die Betriebsrente ermittelte Barwert werde als Einmalbeitrag in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlt, führt deshalb zu dem Ergebnis, dass für eine nicht-volldynamische Betriebsrente des ausgleichspflichtigen Ehegatten ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet wird, das dem auszugleichenden Anrecht auf Betriebsrente weder nominal entspricht noch - etwa im Hinblick auf ein unterschiedliches Leistungsspektrum - gleichartig ist, wohl aber (in Höhe des hälftigen Ausgleichsbetrags) ihm gleichwertig ist, wobei freilich diese Gleichwertigkeit durch die typisierende - insb. auf die Art der jeweiligen Dynamik beschränkte - Wertermittlung nach der BarwertVO relativiert wird (BGH, Beschl. v. 5.9.2001 - XII ZB 121/99, MDR 2001, 1411 = BGHReport 2001, 914 m. Anm. Gutdeutsch = FamRZ 2001, 1695 [1697]).

dd) Unbeschadet dieser grundsätzlichen Bedenken ist nicht zu verkennen, dass die vom OLG befolgte (Zweite) Methode geeignet ist, die Mängel der früheren BarwertVO, die der Senat in seinem Beschluss v. 5.9.2001 (BGH, Beschl. v. 5.9.2001 - XII ZB 121/99, MDR 2001, 1411 = BGHReport 2001, 914 m. Anm. Gutdeutsch = FamRZ 2001, 1695 [1697]) als verfassungswidrig beanstandet hat, in Grenzen aufzufangen. Zwar hat der Verordnungsgeber den Beanstandungen des Senats inzwischen durch die Novellierung der BarwertVO (durch die 2. VO zur Änderung der BarwertVO v. 26.5.2003 BGBl. I, 728) Rechnung getragen (zur Verfassungsmäßigkeit vgl. BGH, Beschl. v. 23.7.2003 - XII ZB 152/01, BGHReport 2003, 1332 m. Anm. Gutdeutsch = FamRZ 2003, 1639). Dennoch erscheint es nicht angängig, einen - wie hier - unter der Geltung der früheren BarwertVO durchgeführten öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich nunmehr - im Hinblick auf einen nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG erfolgten Teilausgleich - dadurch zu korrigieren, dass eine nach § 1587g BGB zu zahlende schuldrechtliche Ausgleichsrente um einen unter der Geltung der alten BarwertVO ermittelten, aber nunmehr nach der neuen BarwertVO "entdynamisierten" Teilausgleichsbetrag gekürzt wird (so wohl auch Erman/Klattenhoff, BGB, 11. Aufl., § 1587g Rz. 3), mag sich die von der Novellierung der BarwertVO bewirkte Aufwertung der Betriebsrenten auch im Einzelfall - wie hier - auf die Höhe der dem ausgleichsberechtigten Ehegatten im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich übertragenen oder begründeten Anrechte nicht unmittelbar auswirken.

Der Senat erachtet es deshalb im Ergebnis für vertretbar, einen unter der Geltung der alten BarwertVO durchgeführten erweiterten öffentlich-rechtlichen Ausgleich im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs dadurch zu berücksichtigen, dass der auf das Ehezeitende bezogene Nominalbetrag des so übertragenen oder begründeten Anrechts wegen seiner zwischenzeitlichen Wertsteigerung auf den aktuellen Nominalbetrag "hochgerechnet" und dieser vom Nominalbetrag des schuldrechtlich auszugleichenden Anrechts in Abzug gebracht wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich nicht weitere Verzerrungen dadurch ergeben, dass der erweiterte Ausgleich zu Lasten eines nicht-volldynamischen Anrechts durchgeführt worden ist und das Anrecht des Ausgleichspflichtigen auf Grund des erweiterten Ausgleichs stärker gekürzt wird als die schuldrechtliche Ausgleichsrente nach der vom OLG befolgten (Zweiten) Methode. Für einen unter der Geltung der nunmehr novellierten BarwertVO durchgeführten erweiterten Ausgleich nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG hält der Senat dagegen an der von ihm schon bisher praktizierten Berechnungsweise einer Rückrechnung anhand der (novellierten) BarwertVO fest.

In dem der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegenden Fall war der erweiterte Ausgleich unter der Geltung der alten BarwertVO durchgeführt worden; der vom OLG eingeschlagene Weg einer Aktualisierung des dabei übertragenen Anrechts der gesetzlichen Rentenversicherung anhand der seit Ehezeitende erfolgten Steigerung des aktuellen Rentenwertes ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1392728

NJW 2005, 2775

BGHR 2005, 1326

FamRZ 2005, 1464

FamRZ 2005, 2055

MDR 2005, 1295

FamRB 2005, 256

NJW-Spezial 2005, 396

FK 2005, 206

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