Leitsatz (amtlich)

a) Gegen die im Rahmen einer Mischkalkulation vorgenommene Pauschalierung der Teilungskosten in Form eines Prozentsatzes i.H.v. 2-3 % des ehezeitlichen Kapitalwerts eines Anrechts bestehen keine grundsätzlichen Bedenken. In diesem Fall sind die pauschalen Teilungskosten für jedes Anrecht allerdings durch einen Höchstbetrag zu begrenzen, wobei ein Höchstbetrag von nicht mehr als 500 EUR in der Regel die Begrenzung auf einen i.S.v. § 13 VersAusglG angemessenen Kostenansatz gewährleistet.

b) Macht der Versorgungsträger demgegenüber geltend, dass ein Höchstbetrag von 500 EUR für seine Mischkalkulation nicht auskömmlich sei und trägt er in diesem Zusammenhang zum durchschnittlich zu erwartenden Teilungsaufwand vor, hat sich die Angemessenheitsprüfung daran zu orientieren, bis zu welchem Höchstbetrag der Versorgungsträger höherwertige Anrechte belasten muss, damit seine Mischkalkulation insgesamt aufgeht (im Anschluss an Senatsbeschluss v. 18.3.2015 - XII ZB 74/12 - zur Veröffentlichung bestimmt).

 

Normenkette

VersAusglG § 13

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OLG (Beschluss vom 22.02.2012; Aktenzeichen 10 UF 327/11)

AG Pinneberg (Beschluss vom 15.11.2011; Aktenzeichen 46 F 123/11)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 4) wird der Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des OLG Schleswig vom 22.2.2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das OLG zurückverwiesen.

Beschwerdewert 1.680 EUR

 

Gründe

I.

Rz. 1

Der 1955 geborene Ehemann und die ebenfalls 1955 geborene Ehefrau haben am 22.7.1983 die Ehe miteinander geschlossen. Der Scheidungsantrag wurde am 26.5.2011 zugestellt.

Rz. 2

In der gesetzlichen Ehezeit vom 1.7.1983 bis zum 30.4.2011 hat die Ehefrau Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Anrechte der kirchlichen Zusatzversorgung und der privaten Rentenversicherung erworben. Der Ehemann hat neben Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung ein betriebliches Anrecht bei dem Beteiligten zu 4) (im Folgenden: Norddeutscher Rundfunk - NDR) erworben. Der NDR hat den Ehezeitanteil der Versorgung in seiner Auskunft mit einem Kapitalwert von 358.137 EUR angegeben und bei Teilungskosten i.H.v. 6.000 EUR einen Ausgleichswert von 176.068,50 EUR vorgeschlagen. Der Erhebung dieser Teilungskosten liegt Ziff. 5 der "Bestimmungen zur Umsetzung des Tarifvertrags zum Versorgungsausgleich nach versicherungsmathematischen Grundsätzen" zugrunde, wonach bei der internen Teilung Teilungskosten i.H.v. 3 % des Barwertes des Ehezeitanteils - höchstens 6.000 EUR - anzusetzen und hälftig von beiden Ehegatten zu tragen sind.

Rz. 3

Das AG hat die Ehe durch Beschluss vom 15.11.2011 rechtskräftig geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Dabei hat es - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse - zu Lasten des betrieblichen Anrechts des Ehemannes beim NDR unter Berücksichtigung von Teilungskosten i.H.v. lediglich 500 EUR im Wege interner Teilung zugunsten der Ehefrau ein auf das Ende der Ehezeit bezogenes Anrecht i.H.v. 178.818,50 EUR übertragen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des NDR hat das OLG zurückgewiesen. Mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der NDR das Ziel vollständiger Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten Teilungskosten i.H.v. 6.000 EUR weiter.

II.

Rz. 4

Die Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

Rz. 5

1. Das Beschwerdegericht hat die Ansicht vertreten, dass die Kosten der internen Teilung des betrieblichen Anrechts des Ehemannes aus seiner Versorgung beim NDR auf einen Betrag von 500 EUR zu begrenzen seien und diese Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Rz. 6

Prozentual ermittelte Teilungskosten seien vom Ansatz her zulässig. Wenn Teilungskosten mit einem Prozentsatz vom Deckungskapital abgeleitet würden, seien sie allerdings auf einen Höchstbetrag zu begrenzen. Bei der Bestimmung der Obergrenze könnten die Größe des Versicherungskollektivs, die Komplexität der Zusagen sowie der Umstand berücksichtigt werden, ob das Versorgungssystem versicherungsförmlich organisiert oder auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten sei. In der Rechtsprechung seien bislang verschiedene Obergrenzen in einer Größenordnung zwischen 250 EUR und 1.300 EUR ohne konkreten Nachweis bzw. detaillierte Begründung der Kosten akzeptiert worden. Der NDR habe im vorliegenden Fall seine Teilungskosten nicht konkret dargetan. Er habe nicht dargelegt, wie sich die in der Beschwerdebegründung aufgeführten jährlich anfallenden Personal- und Sachkosten ermittelten. Die mitgeteilten Kosten rechtfertigten darüber hinaus bereits rechnerisch keinen Kostenansatz von 6.000 EUR. Mangels detaillierter Darlegungen zu den tatsächlich entstehenden Kosten sei lediglich ein Höchstbetrag von 500 EUR als angemessen i.S.v. § 13 VersAusglG anzusehen. Dabei sei nicht zu verkennen, dass es sich bei der pauschalen Ermittlung von Teilungskosten immer um eine Mischkalkulation handele. Außergewöhnlich hohe Teilungskosten seien aber nur bei einem konkreten Nachweis berücksichtigungsfähig. Es könne dabei im vorliegenden Fall offen bleiben, ob höhere Teilungskosten dann zu akzeptieren seien, wenn der Versorgungsträger detailliert zu den durchschnittlich bei einer internen Teilung anfallenden Kosten vortrage. Denn dies habe der NDR nicht getan. Selbst wenn die vom NDR dargestellten Kosten von insgesamt etwa 2.700 EUR die durchschnittlich anfallenden Kosten darstellen sollten, wäre eine Obergrenze von 6.000 EUR nicht mehr angemessen, weil sie bei dem 2,2-fachen der durchschnittlichen Kosten liegen würde.

Rz. 7

2. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

Rz. 8

a) Nach § 13 VersAusglG kann der Versorgungsträger im Rahmen der internen Teilung angemessene Teilungskosten mit den Anrechten beider Ehegatten verrechnen. Die Angemessenheit der geltend gemachten Teilungskosten hat das Gericht von Amts wegen (§ 26 FamFG) zu prüfen. Hält es diese unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände für unangemessen, kann es einen geringeren als den vom Versorgungsträger beanspruchten Betrag verrechnen (BGH, Beschl. v. 11.7.2012 - XII ZB 459/11, FamRZ 2012, 1549 Rz. 24).

Rz. 9

b) Zutreffend sind die rechtlichen Ausgangspunkte des Beschwerdegerichts. Gegen eine Pauschalierung der Teilungskosten auf der Grundlage pauschaler Kostenabzüge i.H.v. 2-3 % des ehezeitbezogenen Kapitalwerts des auszugleichenden Anrechts bestehen keine grundsätzlichen Bedenken (BGH v. 1.2.2012 - XII ZB 172/11, FamRZ 2012, 610 Rz. 47; v. 4.4.2012 - XII ZB 310/11, FamRZ 2012, 942 Rz. 17 ff. m.w.N.). Mit der Pauschalierung der Teilungskosten geht eine Mischkalkulation des Versorgungsträgers einher, nach der bei bestimmten Anrechten höhere Teilungskosten umgelegt werden als tatsächlich angefallen sind, damit im Gegenzug bei kleineren Anrechten auch niedrigere und den tatsächlichen Aufwand nicht deckende Teilungskosten erhoben werden können. Insoweit enthält die Mischkalkulation auch eine Komponente des sozialen Ausgleichs, weil bei der Verfolgung eines konsequenten Stückkostenansatzes das Risiko einer weitgehenden Aufzehrung kleinerer Anrechte durch die Teilungskosten in Kauf genommen werden müsste. Auch im Rahmen einer solchen Mischkalkulation wäre allerdings ein Kostenabzug unangemessen, der einerseits die Anrechte der Ehegatten empfindlich schmälern würde und andererseits außer Verhältnis zu dem tatsächlichen Aufwand des Versorgungsträgers stünde. Um dies zu vermeiden, ist es daher auch für diese Art der pauschalen Berechnung der Teilungskosten notwendig, die Teilungskosten für ein auszugleichendes Anrecht durch einen Höchstbetrag zu begrenzen (BGH v. 1.2.2012 - XII ZB 172/11, FamRZ 2012, 610 Rz. 50 f.; v. 4.4.2012 - XII ZB 310/11, FamRZ 2012, 942 Rz. 19 f.).

Rz. 10

c) Liegt dem Ansatz von Teilungskosten - wie hier - eine Pauschalierung in Form eines Prozentsatzes des ehezeitlichen Kapitalwerts mit einer Höchstgrenze zugrunde, hat sich die Angemessenheitsprüfung im Ausgangspunkt daran zu orientieren, bis zu welchem Höchstbetrag der Versorgungsträger höherwertige Anrechte belasten muss, damit seine Mischkalkulation - ggf. unter Berücksichtigung eines von ihm erhobenen Mindestbetrages - insgesamt aufgeht. Der Senat hat für diese Fälle bereits anerkannt, dass die gebotene Begrenzung auf angemessene Teilungskosten bei einer Obergrenze von nicht mehr als 500 EUR typischerweise als gewährleistet angesehen werden kann, ohne dass der Versorgungsträger zu den Einzelheiten seiner Mischkalkulation näher vortragen muss (BGH v. 18.3.2015 - XII ZB 74/12 - zur Veröffentlichung bestimmt; v. 1.2.2012 - XII ZB 172/11, FamRZ 2012, 610 Rz. 52; v. 4.4.2012 - XII ZB 310/11, FamRZ 2012, 942 Rz. 21; vgl. auch Dose BetrAV 2014, 433, 439 f.). Hält der Versorgungsträger eine solche Obergrenze nicht für auskömmlich, bietet insb. eine quantifizierende Analyse der tatsächlich zu erwartenden durchschnittlichen (Stück-)Kosten bei einem pauschalierenden Kostenansatz eine taugliche Hilfestellung bei der Festlegung angemessener Obergrenzen für den Kostenabzug (BGH, Beschl. v. 18.3.2015 - XII ZB 74/12 - zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. auch Lucius/Veit/Groß BetrAV 2011, 52, 54). Dabei darf die Obergrenze bei einer Mischkalkulation naturgemäß die durchschnittlich zu erwartenden tatsächlichen Kosten nicht unterschreiten (vgl. Cisch/Hufer/Karst BB 2011, 1401, 1404).

Rz. 11

d) Insoweit hat das Beschwerdegericht erhebliches Vorbringen des NDR hinsichtlich der bei dem Versorgungsträger tatsächlich anfallenden Teilungskosten übergangen.

Rz. 12

Der NDR hat zu seiner internen Kostenkalkulation in der Beschwerdebegründung konkreten Vortrag gehalten und den jährlichen Kostenanfall pro Anrecht in der Anwartschafts- und Leistungsphase - aufgeschlüsselt nach Personalaufwand für die laufende Verwaltung und für die Rentenberechnung, Gutachterkosten für die Berechnung der Pensionsrückstellungen sowie EDV-Kosten - im Einzelnen beziffert. Zwar ist es durchaus zutreffend, dass der NDR diese von ihm geltend gemachten Kostenansätze nur allgemein erläutert, aber keine weitergehenden Berechnungsgrundlagen mitgeteilt hat, welche die Herleitung des von ihm unterbreiteten Zahlenwerks nachvollziehbar und überprüfbar machen. Indessen war das Beschwerdegericht gem. § 220 Abs. 4 FamFG berechtigt und im Hinblick auf den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG) auch verpflichtet, sich die vom NDR mitgeteilten Kostenansätze in dieser Hinsicht erläutern zu lassen. Mit Recht macht die Rechtsbeschwerde geltend, dass für den NDR auch aus dem Hinweisbeschluss vom 18.1.2012 nicht ersichtlich war, worauf sich die vom Versorgungsträger erwarteten ergänzenden Angaben konkret beziehen sollten.

Rz. 13

Liegen indessen hinreichend konkrete und nachvollziehbare Angaben zu den internen Kostenstrukturen des Versorgungsträgers vor, wird es für das Gericht in der Regel möglich sein, mit sachverständiger Hilfe den Barwert der tatsächlich zu erwartenden Verwaltungskosten in durchschnittlichen (Muster-) Fällen zu bestimmen und damit ein Hilfsmittel für die Beurteilung der Frage nach einer angemessenen Obergrenze für den pauschalen Kostenabzug zu erlangen.

III.

Rz. 14

Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, so dass es dem Senat verwehrt ist, abschließend zu entscheiden (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG).

Rz. 15

Nur ergänzend bemerkt der Senat, dass die vom NDR angestellte überschlägige Berechnung, wonach durch die Verwaltung des Anrechts der 59-jährigen Antragstellerin für die voraussichtliche Dauer von 25 bis 30 Jahren bei einem jährlichen Kostenanfall i.H.v. 91,40 EUR gesamte Verwaltungskosten von gerundet 2.300 EUR bis 2.700 EUR entstünden, in dieser Form nicht tragfähig sein dürfte. Zum einen fällt ein Teil der vom NDR geltend gemachten jährlichen Verwaltungskosten schon nach dessen eigenem Vortrag in der Anwartschaftsphase nicht an (43 EUR). Zum anderen wird in dieser Berechnung - wie es zur Bestimmung des Barwerts erforderlich wäre - weder Dynamik noch Abzinsung berücksichtigt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 7741157

EBE/BGH 2015

FamRZ 2015, 916

NJW-RR 2015, 707

JZ 2015, 311

NZFam 2015, 626

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