Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsatz der Festsetzung objektbezogener Verwaltergebühren, auch wenn die zu verwaltenden Wohnungen sich im selben Gebäude befinden

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vergütung für die Verwaltung mehrerer nicht vermieteter Eigentumswohnungen ist nicht deshalb unterhalb des Mittelsatzes gem. § 19 Abs. 1 ZwVwV festzusetzen, weil die Wohnungen im selben Gebäude gelegen sind.

 

Normenkette

ZwVwV § 19 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Zwickau (Beschluss vom 23.08.2006; Aktenzeichen 8 T 342/06)

AG Zwickau (Entscheidung vom 11.04.2006; Aktenzeichen 4 L 444/04)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerden der Gläubigerin und des Zwangsverwalters wird der Beschluss der 8. Zivilkammer des LG Zwickau vom 23.8.2006 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt für die Gerichtskosten 3.317,60 EUR.

 

Gründe

I.

[1] Das im Grundbuch von C. Blatt 185 eingetragene Grundstück ist mit einem Doppelhaus, C. Nr. 11 und Nr. 12, bebaut. Das Grundstück ist nach dem Wohnungseigentumsgesetz in 12 Einheiten geteilt. Die Schuldnerin ist Eigentümerin der sechs in der Haushälfte C. Nr. 12 gelegenen, im Teilungsplan als Nr. 7 bis Nr. 12 bezeichneten Wohnungen. Die Versorgung der Wohnungen mit Heizwärme erfolgt von der Haushälfte C. Nr. 11 aus. Weil die Schuldnerin mit der Beteiligung an den Kosten hierfür in erheblichem Rückstand ist, ist die Versorgung unterbrochen. Aus diesem Grunde stehen die Wohnungen der Schuldnerin seit längerer Zeit leer.

[2] Sie sind mit einer für die Gläubigerin eingetragenen Grundschuld belastet. Auf Antrag der Gläubigerin ordnete das AG am 14.12.2004 die Zwangsverwaltung der Eigentumswohnungen der Schuldnerin an und bestellte den Antragsteller zum Zwangsverwalter. Nach seinen Berichten nahm er die Wohnung Nr. 8 am 21.12.2004 in Besitz. Hierbei stellte er Schimmelbefall fest. Die Wohnungen Nr. 7 und 9 bis 12 besichtigte er von außen. Einlass in die Wohnungen Nr. 7, 9, 10 und 12 verschaffte er sich am 18.3.2005. Hierbei stellte er fest, dass auch die Wohnung Nr. 10 schimmelbefallen war.

[3] Der Antragsteller bemühte sich, den Verwalter der Eigentümergemeinschaft ausfindig zu machen, zu klären, unter welchen Voraussetzungen die Wohnungen der Schuldnerin wieder beheizt werden können, richtete für die Verwaltung ein Konto ein, schloss einen Gebäudeversicherungsvertrag ab, machte die Haushälfte C. Nr. 12 winterfest und veranlasste, dass der Putz in den Wohnungen Nr. 8 und Nr. 10 abgeschlagen wurde, soweit er dort Schimmel angetroffen hat.

[4] Mit Anträgen vom 17.2.2006 beantragte er, seine Vergütung für den Zeitraum von Dezember 2004 bis Dezember 2005 für die Verwaltung jeder der sechs Wohnungen auf jeweils 663,52 EUR festzusetzen (8 Stunden à 65 EUR gem. § 19 Abs. 1 ZwVwV, 52 EUR Auslagen gem. § 21 Abs. 2 ZwVwV zzgl. 16 % MWSt, 91,52 EUR, aus der Summe gem. § 17 Abs. 2 ZwVwV).

[5] Das AG hat die Vergütung für den Zeitraum vom 14.12.2004 bis zum 13.12.2005 antragsgemäß festgesetzt. Das LG hat auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin die Vergütung des Antragstellers für die Verwaltung der Wohnungen Nr. 7, 9, 11 und 12 auf der Grundlage eines Stundensatzes von 35 EUR pro Stunde auf jeweils 357,28 EUR herabgesetzt und die Beschwerde zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die für die Verwaltung der Wohnungen Nr. 8 und 10 festgesetzte Vergütung richtet. Es hat die Rechtsbeschwerde gegen seine Entscheidung zugelassen.

[6] Die Gläubigerin und der Zwangsverwalter greifen die Entscheidung des LG an. Der Antragsteller erstrebt die Wiederherstellung der Entscheidung des AG, die Gläubigerin die Festsetzung der Vergütung des Antragstellers wegen der Verwaltung aller sechs Eigentumswohnungen auf insgesamt 663,52 EUR.

II.

[7] Das LG meint, dem Antragsteller stehe für die Verwaltung jeder der Wohnungen eine Vergütung zu. Dass die Wohnungen in derselben Haushälfte gelegen seien, aus demselben Grund nicht geheizt werden könnten und die Gläubigerin ihre gemeinsame Verwertung anstrebe, führe nicht dazu, dass sie als wirtschaftliche Einheit anzusehen und die Vergütung für ihre Verwaltung auf einen Gesamtbetrag festzusetzen sei. Der für die Verwaltung der Wohnungen Nr. 7, 9, 11 und 12 erforderliche Aufwand sei jedoch so gering, dass für diese Wohnungen nur die Mindestgebühr von 35 EUR pro Stunde festzusetzen sei.

[8] Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

III.

[9] Die Beschwerde der Gläubigerin und die Beschwerde des Antragstellers sind zulässig. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe, da "insb. die Frage des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit im gegenständlichen Verfahren unter den gegebenen konkreten Umständen wesentlich" sei. Dem kann nicht entnommen werden, dass die Beschwerde allein insoweit zugelassen ist, als zum Nachteil der Gläubigerin entschieden worden ist. Dieser Auffassung der Gläubigerin steht schon das zur Begründung der Zulassung von dem Beschwerdegericht verwendete Wort "insb." entgegen, das ohne weitergehende - nicht ausformulierte - Überlegungen sinnlos wäre. Vor allem aber kann die Anzahl der zur Verwaltung erforderlichen Stunden nicht unabhängig davon bestimmt werden, ob es sich bei den sechs Wohnungen um einzelne Zwangsverwaltungsobjekte handelt, oder ob die Verwaltung der Wohnungen als Verwaltung eines einheitlichen Wirtschaftsgutes anzusehen ist.

IV.

[10] Beide Beschwerden führen zur Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts und zur Zurückverweisung des Verfahrens.

[11] 1. Die Vergütung des Zwangsverwalters nach §§ 17 ff. ZwVwV ist grundsätzlich für jedes Objekt festzusetzen, mit dessen Verwaltung er betraut ist. Das findet seinen Grund in der Aufgabe des Zwangsverwalters, jedes Objekt, zu dessen Verwaltung er bestellt ist, unabhängig von seiner Bestellung zur Verwaltung weiterer Objekte nutzbringend zu verwalten, d.h. in der Regel zu vermieten oder zu verpachten. Soweit dem Verwalter eine Vergütung hierfür gem. §§ 17 ff. ZwVwV zusteht, gilt dies grundsätzlich für jedes verwaltete Objekt (Senat, Beschl. v. 24.11.2005 - V ZB 133/05, MDR 2006, 837 = BGHReport 2006, 473 = ZfIR 2006, 342, 343).

[12] Eine Ausnahme von dem Grundsatz der Festsetzung objektbezogener Verwalterkosten ist nur zu machen, wenn mehrere Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte wie ein einziges Wirtschaftsgut vermietet oder verpachtet sind oder werden, ohne dass auf die Einzelobjekte bezogene Verträge abgeschlossen oder getrennte Miet- oder Pachtzinsanteile ausgewiesen werden. In diesem Fall führt die wirtschaftliche Zusammenfassung dazu, von einem einheitlichen Zwangsverwaltungsobjekt auszugehen, dessen Gesamtertrag für die Bemessung der Verwaltervergütung maßgeblich ist (Senat, Beschl. v. 24.11.2005, a.a.O.; BGH, Beschl. v. 5.11.2004 - IXa ZB 33/03, BGHReport 2005, 401 = MDR 2005, 476 = WM 2005, 47 ff.). Daran fehlt es, solange eine derartige Vermietung oder Verpachtung nicht eingeleitet ist oder erfolgt.

[13] Hieran ändert sich entgegen der Meinung der Gläubigerin nicht dadurch etwas, dass mehrere Zwangsverwaltungsobjekte aufgrund desselben Umstands nicht vermietbar sind und eine zur Vermietung eines Objekts notwendige Maßnahme, wie der Wiederanschluss der Heizung, zugleich die Vermietbarkeit der übrigen Objekte herbeiführt. Dass die Wirtschaftlichkeit einer zur Vermietung notwendigen Maßnahme im Hinblick auf eine Mehrzahl von Verwaltungsobjekten zu prüfen und ggf. zu veranlassen ist, reicht nicht aus, die betroffenen Verwaltungsobjekte als Gegenstand einer einheitlichen Bewirtschaftung anzusehen.

[14] Eine andere Entscheidung greift erst Platz, wenn eine Bewirtschaftung verschiedener Objekte durch den Abschluss eines einheitlichen Vertrages konkret vorbereitet wird oder tatsächlich erfolgt. Das wird bei Verhandlungen zum Abschluss eines Vertrages zur Vermietung einer Mehrzahl von Eigentumswohnungen nur dann in Betracht kommen, wenn sämtliche Wohnungen von dem Mieter in der Absicht angemietet werden, sie Dritten zu überlassen. Dass es dem Verwalter nicht gelingt, auch nur eine von mehreren Eigentumswohnungen in einem Gebäude zu vermieten, zu deren Verwalter er bestellt ist, und er damit keinen Ertrag aus der Verwaltung erzielt, bedeutet keine wirtschaftliche Zusammenfassung der verwalteten Einheiten, sondern den vollständigen Misserfolg der Verwaltung.

[15] Ohne Bedeutung für die Frage der Festsetzung der Verwaltergebühren ist auch die Absicht des Gläubigers, mehrere Objekte, deren Zwangsverwaltung er erwirkt hat, in einem Versteigerungsverfahren aufgrund eines Gesamtausgebots gem. § 63 ZVG zu verwerten. Inhalt und Umfang der Tätigkeit des Zwangsverwalters der einzelnen Objekte werden hiervon nicht berührt.

[16] 2. Die Vergütung des Antragstellers für die Verwaltung sämtlicher Wohnungen in der Haushälfte C. Nr. 12 ist nach §§ 19 Abs. 1 ZwVwV zu bestimmen, weil keine der Wohnungen während der Dauer der Zwangsverwaltung jemals vermietet war. Die nach Stunden abzurechnenden Gebühren werden von der zur Verwaltung erforderlichen Zeit bestimmt. Diese Zeit ist grundsätzlich mit sechs bis acht Stunden anzunehmen, soweit sich die Tätigkeit des Verwalters bis zur Aufhebung des Verfahrens auf die Inbesitznahme und die Ermittlung der für den Bericht nach § 3 Abs. 1 ZwVwV notwendigen Tatsachen beschränkt (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 20 ZwVwV Rz. 2). Kann der Verwalter den Besitz an einem Objekt zugleich mit dem Besitz an einem anderen Verwaltungsobjekt antreten und zur Verwaltung eines Objektes notwendige Erkenntnisse für die Verwaltung eines anderen Objektes nutzen, führt dies nicht dazu, dass an die Tätigkeit des Verwalters geringere Anforderungen zu stellen sind und die Vergütung aus diesem Grunde im unteren Bereich von § 19 Abs. 1 ZwVwV festzusetzen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 27.2.2004, IXa ZB 37/03, BGHReport 2004, 922 = MDR 2004, 773 = WM 2004, 840, 841; Wedekind ZfIR 2005, 348 ff.; Hintzen Rpfleger 2006, 57, 64 f.), sondern dazu, dass der für die Verwaltung aller Objekte erforderliche Zeitaufwand geringer als im Regelfall anzunehmen ist. Macht der Verwalter trotzdem einen regelmäßig für die Verwaltung eines einzelnen Objektes als angemessen erscheinenden Zeitaufwand zur Grundlage seines Festsetzungsantrags, obliegt es ihm, den geltend gemachten Zeitaufwand im Einzelnen darzustellen (vgl. LG Cottbus v. 2.12.2003 - 7 T 168/03, Rpfleger 2004, 174; LG Heilbronn v. 18.3.2005 - 1 T 113/05, Rpfleger 2005, 465; LG Frankenthal ZfIR 2006, 36, 37; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, a.a.O., § 19 ZwVwV Rz. 19; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 152a Rz. 5 Anm. 5.3). Daran fehlt es.

[17] Das ist von dem Beschwerdegericht nicht gesehen worden. Die Aufhebung der Entscheidung gibt den Beteiligten Gelegenheit, zum Umfang der Verwaltung näher vorzutragen. Darüber hinaus erhält der Zwangsverwalter Gelegenheit, die Inbesitznahme der Wohnung Nr. 11 darzustellen. Die bisher allein dokumentierte "Außenbesichtigung" der leer stehenden Wohnung bedeutet nicht, dass er die Wohnung in Besitz genommen hätte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1703765

BGHR 2007, 425

EBE/BGH 2007

NZM 2007, 261

ZIP 2007, 1340

ZfIR 2007, 501

InVo 2007, 300

MDR 2007, 802

Rpfleger 2007, 276

WuM 2007, 157

ZInsO 2007, 379

Info M 2007, 190

MietRB 2007, 174

RVGreport 2007, 320

IGZInfo 2007, 64

IMR 2007, 136

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