Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahlungsanspruch des GmbH-Geschäftsführers. Pflichtwidrigkeit. Darlegungslast der Gesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Besteht Streit, ob eine Zahlung des Geschäftsführers an sich selbst pflichtgemäß war, muss die Gesellschaft nur darlegen, dass der Geschäftsführer auf einen möglicherweise nicht bestehenden Anspruch geleistet hat. Es ist danach Sache des Geschäftsführers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er einen Zahlungsanspruch hatte.

 

Normenkette

GmbHG § 43 Abs. 2

 

Verfahrensgang

OLG Dresden (Urteil vom 06.05.2008; Aktenzeichen 2 U 1885/07)

LG Leipzig (Entscheidung vom 24.10.2007; Aktenzeichen 5 O 6466/04)

 

Tenor

I. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des OLG Dresden vom 6.5.2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin die Klage i.H.v. 141.032,92 EUR nebst Zinsen abgewiesen ist.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen.

III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: Für die Gerichtskosten 102.979,99 EUR; für die außergerichtlichen Kosten 244.012,91 EUR

 

Gründe

[1] Die Beschwerde ist teilweise begründet und führt gem. § 544 Abs. 7 ZPO insoweit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, weil es den Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen des Ausschlusses aus der Abschleppgemeinschaft i.H.v. 135.920 EUR und wegen der Rückzahlung eines Darlehens an den Beklagten i.H.v. 5.112,92 EUR nebst Zinsen abgewiesen hat.

[2] 1. Das Berufungsgericht hat verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag der Klägerin zu ihrem durch den Ausschluss aus der Abschleppgemeinschaft entgangenen Gewinn gestellt. Es hat sich der Erkenntnis verschlossen, dass eine Partei ihre Darlegungslast bereits genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, und hat den Vortrag weiterer Einzelheiten verlangt. Eine solche nur scheinbar das Parteivorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich als Weigerung des Berufungsgerichts dar, in der nach 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen; sie ist deswegen nicht anders zu behandeln als ein kommentarloses Übergehen des Klägervortrags (BGH, Beschl. v. 21.5.2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524 Tz. 5).

[3] Die Klägerin hat ihren entgangenen Gewinn ausreichend vorgetragen. Sie hat den üblicherweise entstandenen Gewinn und Umsatz je Falschparkertransport und den üblicherweise in den Vorjahren getätigten, auch in den Folgejahren zu erwartenden Umsatz aus Falschparkertransporten über die Abschleppgemeinschaft konkret dargelegt. Entgegen der fehlerhaften Auffassung des Berufungsgerichts musste sie nicht zusätzlich alle Umsätze und Gewinne bis zum Ausschluss aus der Abschleppgemeinschaft und ihre seitherige Entwicklung vortragen. Der entgangene Gewinn kann abstrakt berechnet werden, eine konkrete Schadensberechnung ist nicht notwendig (§ 252 Satz 2 BGB). Nicht erforderlich war eine Darlegung, welche Kapazitäten infolge des Ausschlusses aus der Arbeitsgemeinschaft frei wurden, um andere Aufträge zu erledigen. Wenn der Geschädigte den Gewinnausfall durch andere Maßnahmen kompensiert, kommt das nicht dem Schädiger zugute; zudem wäre bei entsprechender Nachfrage eine Erweiterung der Kapazitäten nicht von vorneherein ausgeschlossen. Die Klägerin musste auch nicht vortragen, welche Personal- oder Sachmittel sie einsparen konnte, weil sie weniger Aufträge zu erledigen hatte. Bei der abstrakten Berechnung des Gewinns sind Generalunkosten nicht zu berücksichtigen, solange nicht der Schädiger darlegt und ggf. beweist, dass sie gerade durch die ausgefallene Leistung verursacht wurden (BGH, Urt. v. 1.3.2001 - III ZR 361/99, WM 2001, 1115).

[4] Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht außerdem Gelegenheit, sich mit den Einwendungen der Beschwerdeerwiderung zum Haftungsgrund auseinanderzusetzen.

[5] 2. Auch hinsichtlich des Schadensersatzanspruches der Klägerin wegen der Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens i.H.v. 10.000 DM (5.112,92 EUR) an den Beklagten hat das Berufungsgericht in entscheidungserheblicher Weise den Kern des Vortrags der Klägerin verkannt. Es hat die Klägerin für beweisfällig erachtet, weil sie nicht nachgewiesen habe, dass der behauptete Rechtsgrund eines zwischen Juli 2000 und Januar 2001 gewährten Darlehens nicht bestehe. Es hat verkannt, dass die Klägerin den Anspruch - worauf sie mehrfach hingewiesen hat - zumindest auch auf § 43 Abs. 2 GmbHG gestützt hat. Für einen Anspruch nach § 43 Abs. 2 GmbHG muss die klagende Gesellschaft nur darlegen und beweisen, dass ihr durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers ein Schaden entstanden ist, während der Geschäftsführer darlegen und beweisen muss, dass er die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt hat (BGH, Beschl. v. 18.2.2008 - II ZR 62/07, ZIP 2008, 736 m.w.N.). Besteht Streit, ob eine Zahlung des Geschäftsführers an sich selbst pflichtgemäß war, muss die Gesellschaft darlegen, dass der Geschäftsführer auf einen möglicherweise nicht bestehenden Anspruch geleistet hat. Diesen Anforderungen hat die Klägerin genügt. Sie hat dargelegt, dass kein Darlehensrückzahlungsanspruch des Beklagten bestanden habe, weder ein schriftlicher Darlehensvertrag vorliege noch eine Darlehensgewährung durch den Beklagten aus den ihr vorliegenden Unterlagen zu entnehmen sei. Es ist danach Sache des Beklagten, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er der Gesellschaft ein Darlehen über 10.000 DM gewährt hatte.

[6] 3. Im Übrigen ist die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Der Senat hat die insoweit erhobenen Verfahrensrügen geprüft und hinsichtlich der weitergehenden Ansprüche der Klägerin für nicht durchgreifend erachtet. Von einer näheren Begründung wird gem. § 544 Abs. 4 Satz 2 2. Halbs. ZPO abgesehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2189631

BB 2009, 1593

DStR 2009, 1709

WPg 2009, 1040

BGHR 2009, 991

EBE/BGH 2009

ZAP 2009, 893

ZIP 2009, 1467

MDR 2009, 1053

ZInsO 2009, 1455

GmbHR 2009, 993

GmbH-Stpr. 2009, 387

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